Bundesstrafgericht

Tribunal pénal fédéral Tribunale penale federale Tribunal penal federal

Geschäftsnummer: BG.2023.25

Beschluss vom 18. August 2023 Beschwerdekammer

Besetzung

Bundesstrafrichter Roy Garré, Vorsitz, Daniel Kipfer Fasciati und Felix Ulrich, Gerichtsschreiber Martin Eckner

Parteien

Kanton Aargau, Oberstaatsanwaltschaft, Gesuchsteller

gegen

CANTONE TICINO, Ministero pubblico, Gesuchsgegner

Gegenstand

Gerichtsstandskonflikt (Art. 40 Abs. 2
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 40 Gerichtsstandskonflikte - 1 Ist der Gerichtsstand unter Strafbehörden des gleichen Kantons streitig, so entscheidet die Ober- oder Generalstaatsanwaltschaft oder, wenn keine solche vorgesehen ist, die Beschwerdeinstanz dieses Kantons.17
1    Ist der Gerichtsstand unter Strafbehörden des gleichen Kantons streitig, so entscheidet die Ober- oder Generalstaatsanwaltschaft oder, wenn keine solche vorgesehen ist, die Beschwerdeinstanz dieses Kantons.17
2    Können sich die Strafverfolgungsbehörden verschiedener Kantone über den Gerichtsstand nicht einigen, so unterbreitet die Staatsanwaltschaft des Kantons, der zuerst mit der Sache befasst war, die Frage unverzüglich, in jedem Fall vor der Anklageerhebung, dem Bundesstrafgericht zum Entscheid.
3    Die zum Entscheid über den Gerichtsstand zuständige Behörde kann einen andern als den in den Artikeln 31-37 vorgesehenen Gerichtsstand festlegen, wenn der Schwerpunkt der deliktischen Tätigkeit oder die persönlichen Verhältnisse der beschuldigten Person es erfordern oder andere triftige Gründe vorliegen.
StPO)

Sachverhalt:

A. Die Staatsanwaltschaft des Kantons Tessin (nachfolgend «StA/TI») führte unter der Verfahrensnummer INC.2017.1307 seit 15. Februar 2017 ein Strafverfahren gegen A. wegen Menschenhandels (Art. 182 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 182 - 1 Wer als Anbieter, Vermittler oder Abnehmer mit einem Menschen Handel treibt zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung, der Ausbeutung seiner Arbeitskraft oder zwecks Entnahme eines Körperorgans, wird mit Freiheitsstrafe oder Geldstrafe bestraft. Das Anwerben eines Menschen zu diesen Zwecken ist dem Handel gleichgestellt.
1    Wer als Anbieter, Vermittler oder Abnehmer mit einem Menschen Handel treibt zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung, der Ausbeutung seiner Arbeitskraft oder zwecks Entnahme eines Körperorgans, wird mit Freiheitsstrafe oder Geldstrafe bestraft. Das Anwerben eines Menschen zu diesen Zwecken ist dem Handel gleichgestellt.
2    Handelt es sich beim Opfer um eine minderjährige256 Person oder handelt der Täter gewerbsmässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr.
3    ...257
4    Strafbar ist auch der Täter, der die Tat im Ausland verübt. Die Artikel 5 und 6 sind anwendbar.
StGB) sowie Beschäftigung von Ausländern ohne Bewilligung (Art. 117 Abs. 1
SR 142.20 Bundesgesetz vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration (Ausländer- und Integrationsgesetz, AIG) - Ausländer- und Integrationsgesetz
AIG Art. 117 Beschäftigung von Ausländerinnen und Ausländern ohne Bewilligung - 1 Wer als Arbeitgeberin oder Arbeitgeber vorsätzlich Ausländerinnen und Ausländer beschäftigt, die in der Schweiz nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigt sind, oder wer eine grenzüberschreitende Dienstleistung in der Schweiz in Anspruch nimmt, für welche der Dienstleistungserbringer keine Bewilligung besitzt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bestraft. In schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe. ...458
AuG mehrfach), Fälschung von Ausweisen (Art. 252
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 252 - Wer in der Absicht, sich oder einem andern das Fortkommen zu erleichtern,
StGB), Drohung (Art. 180
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 180 - 1 Wer jemanden durch schwere Drohung in Schrecken oder Angst versetzt, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
1    Wer jemanden durch schwere Drohung in Schrecken oder Angst versetzt, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
2    Der Täter wird von Amtes wegen verfolgt, wenn er:
a  der Ehegatte des Opfers ist und die Drohung während der Ehe oder bis zu einem Jahr nach der Scheidung begangen wurde; oder
abis  die eingetragene Partnerin oder der eingetragene Partner des Opfers ist und die Drohung während der eingetragenen Partnerschaft oder bis zu einem Jahr nach deren Auflösung begangen wurde; oder
b  der hetero- oder homosexuelle Lebenspartner des Opfers ist, sofern sie auf unbestimmte Zeit einen gemeinsamen Haushalt führen und die Drohung während dieser Zeit oder bis zu einem Jahr nach der Trennung begangen wurde.252
StGB) und Wuchers (Art. 157 Ziff. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 157 - 1. Wer die Zwangslage, die Abhängigkeit, die Unerfahrenheit oder die Schwäche im Urteilsvermögen einer Person dadurch ausbeutet, dass er sich oder einem anderen für eine Leistung Vermögensvorteile gewähren oder versprechen lässt, die zur Leistung wirtschaftlich in einem offenbaren Missverhältnis stehen,
1    Wer die Zwangslage, die Abhängigkeit, die Unerfahrenheit oder die Schwäche im Urteilsvermögen einer Person dadurch ausbeutet, dass er sich oder einem anderen für eine Leistung Vermögensvorteile gewähren oder versprechen lässt, die zur Leistung wirtschaftlich in einem offenbaren Missverhältnis stehen,
2    Handelt der Täter gewerbsmässig, so wird er mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft.218
StGB). Die StA/TI hat Anklage erhoben, die am 22. Februar 2021 vom Gericht ein zweites Mal zurückgewiesen wurde. Am 8. Juni 2021 eröffnete die StA/TI zusätzlich das Strafverfahren INC.2021.5345 gegen A. wegen Führens eines Motorfahrzeugs trotz Verweigerung, Entzugs oder Aberkennung des Ausweises (Art. 95 Abs. 1 lit. b
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 95 - 1 Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer:
1    Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer:
a  ohne den erforderlichen Führerausweis ein Motorfahrzeug führt;
b  ein Motorfahrzeug führt, obwohl ihm der Lernfahr- oder Führerausweis verweigert, entzogen oder aberkannt wurde;
c  ein Motorfahrzeug führt, obwohl der Führerausweis auf Probe verfallen ist;
d  ohne Lernfahrausweis oder ohne die vorgeschriebene Begleitung Lernfahrten ausführt;
e  ein Motorfahrzeug einem Führer überlässt, von dem er weiss oder bei pflichtgemässer Aufmerksamkeit wissen kann, dass er den erforderlichen Ausweis nicht hat.
2    Mit Geldstrafe wird bestraft, wer ein Motorfahrzeug führt, obwohl die Gültigkeitsdauer des Führerausweises auf Probe abgelaufen ist.250
3    Mit Busse wird bestraft, wer:
a  die mit dem Führerausweis im Einzelfall verbundenen Beschränkungen oder Auflagen missachtet;
b  bei einer Lernfahrt die Aufgabe des Begleiters übernimmt, ohne die Voraussetzungen zu erfüllen;
c  ohne Fahrlehrerausweis berufsmässig Fahrunterricht erteilt.
4    Mit Busse wird bestraft, wer:
a  ein Fahrrad führt, obwohl ihm das Radfahren untersagt wurde;
b  ein Fuhrwerk führt, obwohl ihm das Führen eines Tierfuhrwerks untersagt wurde.
SVG). Die Strafverfahren INC.2017.1307 und INC.2021.5345 werden nachfolgend auch als die «ursprünglichen Tessiner Strafverfahren» bezeichnet.

Am 30. März 2021 erstattete die Meldestelle für Geldwäscherei MROS der Kantonalen Staatsanwaltschaft Aargau (nachfolgend «StA/AG») zwei Verdachtsmeldungen zur B. AG, die A. und C. als mögliche Täter bezeichneten. Die Meldungen betrafen einen COVID-19-Kredit der Gesellschaft über Fr. 110'000.--, der mutmasslich missbräuchlich bezogen und verwendet worden sei. Die StA/AG eröffnete eine Strafuntersuchung wegen Betruges (Art. 146 Ziff. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 146 - 1 Wer in der Absicht, sich oder einen andern unrechtmässig zu bereichern, jemanden durch Vorspiegelung oder Unterdrückung von Tatsachen arglistig irreführt oder ihn in einem Irrtum arglistig bestärkt und so den Irrenden zu einem Verhalten bestimmt, wodurch dieser sich selbst oder einen andern am Vermögen schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
1    Wer in der Absicht, sich oder einen andern unrechtmässig zu bereichern, jemanden durch Vorspiegelung oder Unterdrückung von Tatsachen arglistig irreführt oder ihn in einem Irrtum arglistig bestärkt und so den Irrenden zu einem Verhalten bestimmt, wodurch dieser sich selbst oder einen andern am Vermögen schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
2    Handelt der Täter gewerbsmässig, so wird er mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft.206
3    Der Betrug zum Nachteil eines Angehörigen oder Familiengenossen wird nur auf Antrag verfolgt.
StGB), Urkundenfälschung (Art. 251 Ziff. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 251 - 1. Wer in der Absicht, jemanden am Vermögen oder an andern Rechten zu schädigen oder sich oder einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen,
1    Wer in der Absicht, jemanden am Vermögen oder an andern Rechten zu schädigen oder sich oder einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen,
2    ...332
StGB) und Geldwäscherei (Art. 305bis
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 305bis - 1. Wer eine Handlung vornimmt, die geeignet ist, die Ermittlung der Herkunft, die Auffindung oder die Einziehung von Vermögenswerten zu vereiteln, die, wie er weiss oder annehmen muss, aus einem Verbrechen oder aus einem qualifizierten Steuervergehen herrühren, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.423
1    Wer eine Handlung vornimmt, die geeignet ist, die Ermittlung der Herkunft, die Auffindung oder die Einziehung von Vermögenswerten zu vereiteln, die, wie er weiss oder annehmen muss, aus einem Verbrechen oder aus einem qualifizierten Steuervergehen herrühren, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.423
2    In schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe.427
a  als Mitglied einer kriminellen oder terroristischen Organisation (Art. 260ter) handelt;
b  als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Ausübung der Geldwäscherei zusammengefunden hat;
c  durch gewerbsmässige Geldwäscherei einen grossen Umsatz oder einen erheblichen Gewinn erzielt.
3    Der Täter wird auch bestraft, wenn die Haupttat im Ausland begangen wurde und diese auch am Begehungsort strafbar ist.429
StGB; Verfahren ST.2021.119). Die StA/AG ersuchte alsdann die StA/TI um Übernahme des Verfahrens.

Die StA/TI übernahm das Strafverfahren ST.2021.119 am 7. April 2021 und führte es weiter. Am 24. November 2021 trennte die StA/TI das übernommene Strafverfahren ST.2021.119 wieder von ihren ursprünglichen Strafverfahren gegen A. (INC.2017.1307 Menschenhandel etc. und INC.2021.5345 SVG-Delikt) ab und führte es unter der Verfahrensnummer INC.2021.3385 weiter. Das Verfahren ST.2021.119/INC.2021.3385 wird nachfolgend auch als das «übernommene Verfahren» bezeichnet.

B. Am 20. März 2023 erstattete das Konkursamt Aargau der StA/AG erneut Strafanzeige gegen A. und C., erneut im Zusammenhang mit der Gesellschaft B. AG. Die Strafanzeige warf den Beschuldigten Misswirtschaft, ungetreue Geschäftsbesorgung und Gläubigerschädigung durch Kapitalentzug im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit als Geschäftsführer (A.) und Verwaltungsrat (C.) der B. AG vor. Die StA/AG eröffnete am 30. März 2023 das Strafverfahren ST.2023.92 gegen A. und C. wegen Misswirtschaft (Art. 165 Ziff. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 165 - 1. Der Schuldner, der in anderer Weise als nach Artikel 164, durch Misswirtschaft, namentlich durch ungenügende Kapitalausstattung, unverhältnismässigen Aufwand, gewagte Spekulationen, leichtsinniges Gewähren oder Benützen von Kredit, Verschleudern von Vermögenswerten oder arge Nachlässigkeit in der Berufsausübung oder Vermögensverwaltung,
1    Der Schuldner, der in anderer Weise als nach Artikel 164, durch Misswirtschaft, namentlich durch ungenügende Kapitalausstattung, unverhältnismässigen Aufwand, gewagte Spekulationen, leichtsinniges Gewähren oder Benützen von Kredit, Verschleudern von Vermögenswerten oder arge Nachlässigkeit in der Berufsausübung oder Vermögensverwaltung,
2    Der auf Pfändung betriebene Schuldner wird nur auf Antrag eines Gläubigers verfolgt, der einen Verlustschein gegen ihn erlangt hat.
StGB) und Unterlassung der Buchführung (Art. 166
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 166 - Der Schuldner, der die ihm gesetzlich obliegende Pflicht zur ordnungsmässigen Führung und Aufbewahrung von Geschäftsbüchern oder zur Aufstellung einer Bilanz verletzt, so dass sein Vermögensstand nicht oder nicht vollständig ersichtlich ist, wird, wenn über ihn der Konkurs eröffnet oder in einer gemäss Artikel 43 des Bundesgesetzes vom 11. April 1889224 über Schuldbetreibung- und Konkurs (SchKG) erfolgten Pfändung gegen ihn ein Verlustschein ausgestellt worden ist, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
StGB). Gleichen­tags ersuchte die StA/AG die StA/TI, ihr Verfahren ST.2023.92 zu übernehmen. Die StA/TI lehnte dies am 3. April 2023 ab. Die Staatsanwaltschaften tauschten Informationen zu den hier interessierenden Strafverfahren aus (Korrespondenz vom 12./18. April 2023). Die StA/AG ersuchte daraufhin am 2. Mai 2023 die StA/TI erneut um Übernahme ihres Verfahrens.

Die StA/TI gelangte daraufhin am 10. Mai 2023 an die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau. Sie lehnte es ab, das Aargauer Verfahren ST.2023.92 zu übernehmen und ersuchte vielmehr um Rückübernahme des übernommenen Verfahrens. Die Aargauer Oberstaatsanwaltschaft erachtete am 20. Juni 2023 unverändert den Kanton Tessin als zuständig und lehnte eine Rückübernahme ab. Der Kanton Tessin hielt am 21. Juni 2023 an seinen Ersuchen fest und ersuchte die Aargauer Oberstaatsanwaltschaft, das Bundesstrafgericht anzurufen.

C. Am 27. Juni 2023 ersuchte der Kanton Aargau die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts, es sei der Gerichtsstand zu bestimmen und die Zuständigkeit des Kantons Tessin festzustellen (act. 1). Für den Kanton Tessin liegt die Zuständigkeit für das von ihm übernommene Verfahren wie auch für das Verfahren ST.2023.92 beim Kanton Aargau (act. 3). Er lehnte seine Zuständigkeit mit Gesuchsantwort vom 7. Juli 2023 mit einlässlicher Begründung ab (act. 3). Das Gericht gab dem Kanton Aargau Gelegenheit zu einer freigestellten Gesuchsreplik (act. 2), wovon er keinen Gebrauch machte.

Auf die Ausführungen der Parteien und die eingereichten Akten wird, soweit erforderlich, in den nachfolgenden rechtlichen Erwägungen Bezug genommen.

Die Beschwerdekammer zieht in Erwägung:

1. Die Eintretensvoraussetzungen (vgl. Beschluss des Bundesstrafgerichts BG.2014.7 vom 21. März 2014 E. 1) sind vorliegend erfüllt.

2.

2.1 Der Kanton Aargau beruft sich darauf, dass der Kanton Tessin sein Verfahren ST.2021.119/INC.2021.3385 am 7. April 2021 übernommen habe. Dies entspreche Ziff. 9 der Gerichtsstandsempfehlungen der Schweizerischen Staatsanwälte-Konferenz SSK/CPS. Danach sei nach der Rückweisung einer Anklage eine Vereinigung wieder möglich. Der Kanton Tessin habe zur Zeit der Übernahme eine Strafuntersuchung gegen A. wegen Menschenhandels (Art. 182 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 182 - 1 Wer als Anbieter, Vermittler oder Abnehmer mit einem Menschen Handel treibt zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung, der Ausbeutung seiner Arbeitskraft oder zwecks Entnahme eines Körperorgans, wird mit Freiheitsstrafe oder Geldstrafe bestraft. Das Anwerben eines Menschen zu diesen Zwecken ist dem Handel gleichgestellt.
1    Wer als Anbieter, Vermittler oder Abnehmer mit einem Menschen Handel treibt zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung, der Ausbeutung seiner Arbeitskraft oder zwecks Entnahme eines Körperorgans, wird mit Freiheitsstrafe oder Geldstrafe bestraft. Das Anwerben eines Menschen zu diesen Zwecken ist dem Handel gleichgestellt.
2    Handelt es sich beim Opfer um eine minderjährige256 Person oder handelt der Täter gewerbsmässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr.
3    ...257
4    Strafbar ist auch der Täter, der die Tat im Ausland verübt. Die Artikel 5 und 6 sind anwendbar.
StGB) geführt. Dies sei vorliegend die mit der schwersten Strafe bedrohte Tat. Nach Ziff. 2 der Gerichtsstandsempfehlungen SSK werde eine einmal begründete Zuständigkeit ohne neue Tatsachen nachträglich nicht mehr geändert.

Der Kanton Tessin habe das vom Kanton Aargau übernommene Verfahren zwei Jahre lang weiter untersucht, auch nach der Abtrennung vom 24. November 2021, die in Widerspruch zu Art. 29
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 29 Grundsatz der Verfahrenseinheit - 1 Straftaten werden gemeinsam verfolgt und beurteilt, wenn:
1    Straftaten werden gemeinsam verfolgt und beurteilt, wenn:
a  eine beschuldigte Person mehrere Straftaten verübt hat; oder
b  Mittäterschaft oder Teilnahme vorliegt.
2    Handelt es sich um Straftaten, die teilweise in die Zuständigkeit des Bundes fallen oder die in verschiedenen Kantonen und von mehreren Personen begangen worden sind, so gehen die Artikel 25 und 33-38 vor.
StPO stehe. Sowohl beim übernommenen Strafverfahren wie auch beim neuen und hier strittigen Strafverfahren ST.2023.92 gehe es um Delikte im Zusammenhang mit der B. AG, weshalb sich der Sachverhalt gemäss dem Kanton Aargau zumindest teilweise überschneiden dürfte. Eine Übernahme des Verfahrens ST.2023.92 sei auch aus prozessökonomischen Gründen sinnvoll. Der Kanton Aargau habe anders als der Kanton Tessin in dieser Sache keine Ermittlungshandlungen getätigt. Die B. AG sei seit 19. November 2020 in Konkurs und die relevanten Akten seien dem Kanton Tessin bereits ediert worden. Es würden so mannigfaltige Gründe eine Tessiner Zuständigkeit erfordern, während keine Gründe für ein Abweichen vom einmal anerkannten Gerichtsstand und damit für eine Aargauer Zuständigkeit sprächen.

2.2 Der Kanton Tessin hält fest, die Anklage in seinen ursprünglichen Strafverfahren gegen A. sei am 23. Oktober 2017 und 22. Februar 2021 vom Gericht zurückgewiesen worden. Nach der zweiten Rückweisung habe der Kanton Tessin während nun wieder laufender Untersuchung am 7. April 2021 das Verfahren vom Kanton Aargau übernommen. Am 11. November 2021 habe die Beschwerdekammer des Kantons Tessin entschieden, dass die StA/TI bis Ende November 2021 Anklage in ihren ursprünglichen Verfahren zu erheben habe. Da nur diese anklagereif gewesen seien, habe der damals zuständige Staatsanwalt am 24. November 2021 davon das vom Kanton Aargau übernommene Verfahren abgetrennt.

Am 15. Dezember 2021 habe die StA/TI in ihren ursprünglichen Verfahren Anklage erhoben wegen betrügerischen Konkurses (Art. 163 Ziff. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 163 - 1. Der Schuldner, der zum Schaden der Gläubiger sein Vermögen zum Scheine vermindert, namentlich
1    Der Schuldner, der zum Schaden der Gläubiger sein Vermögen zum Scheine vermindert, namentlich
2    Unter den gleichen Voraussetzungen wird der Dritte, der zum Schaden der Gläubiger eine solche Handlung vornimmt, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
StGB), eventualiter ungetreuer Geschäftsbesorgung (Art. 158 Ziff. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 158 - 1. Wer aufgrund des Gesetzes, eines behördlichen Auftrages oder eines Rechtsgeschäfts damit betraut ist, Vermögen eines andern zu verwalten oder eine solche Vermögensverwaltung zu beaufsichtigen, und dabei unter Verletzung seiner Pflichten bewirkt oder zulässt, dass der andere am Vermögen geschädigt wird, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
1    Wer aufgrund des Gesetzes, eines behördlichen Auftrages oder eines Rechtsgeschäfts damit betraut ist, Vermögen eines andern zu verwalten oder eine solche Vermögensverwaltung zu beaufsichtigen, und dabei unter Verletzung seiner Pflichten bewirkt oder zulässt, dass der andere am Vermögen geschädigt wird, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
2    Wer in der Absicht, sich oder einen andern unrechtmässig zu bereichern, die ihm durch das Gesetz, einen behördlichen Auftrag oder ein Rechtsgeschäft eingeräumte Ermächtigung, jemanden zu vertreten, missbraucht und dadurch den Vertretenen am Vermögen schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
3    Die ungetreue Geschäftsbesorgung zum Nachteil eines Angehörigen oder Familiengenossen wird nur auf Antrag verfolgt.
und 2
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 158 - 1. Wer aufgrund des Gesetzes, eines behördlichen Auftrages oder eines Rechtsgeschäfts damit betraut ist, Vermögen eines andern zu verwalten oder eine solche Vermögensverwaltung zu beaufsichtigen, und dabei unter Verletzung seiner Pflichten bewirkt oder zulässt, dass der andere am Vermögen geschädigt wird, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
1    Wer aufgrund des Gesetzes, eines behördlichen Auftrages oder eines Rechtsgeschäfts damit betraut ist, Vermögen eines andern zu verwalten oder eine solche Vermögensverwaltung zu beaufsichtigen, und dabei unter Verletzung seiner Pflichten bewirkt oder zulässt, dass der andere am Vermögen geschädigt wird, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
2    Wer in der Absicht, sich oder einen andern unrechtmässig zu bereichern, die ihm durch das Gesetz, einen behördlichen Auftrag oder ein Rechtsgeschäft eingeräumte Ermächtigung, jemanden zu vertreten, missbraucht und dadurch den Vertretenen am Vermögen schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
3    Die ungetreue Geschäftsbesorgung zum Nachteil eines Angehörigen oder Familiengenossen wird nur auf Antrag verfolgt.
StGB), eventualiter Misswirtschaft (Art. 165
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 165 - 1. Der Schuldner, der in anderer Weise als nach Artikel 164, durch Misswirtschaft, namentlich durch ungenügende Kapitalausstattung, unverhältnismässigen Aufwand, gewagte Spekulationen, leichtsinniges Gewähren oder Benützen von Kredit, Verschleudern von Vermögenswerten oder arge Nachlässigkeit in der Berufsausübung oder Vermögensverwaltung,
1    Der Schuldner, der in anderer Weise als nach Artikel 164, durch Misswirtschaft, namentlich durch ungenügende Kapitalausstattung, unverhältnismässigen Aufwand, gewagte Spekulationen, leichtsinniges Gewähren oder Benützen von Kredit, Verschleudern von Vermögenswerten oder arge Nachlässigkeit in der Berufsausübung oder Vermögensverwaltung,
2    Der auf Pfändung betriebene Schuldner wird nur auf Antrag eines Gläubigers verfolgt, der einen Verlustschein gegen ihn erlangt hat.
StGB), mehrfacher Unterlassung der Buchführung (Art. 166
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 166 - Der Schuldner, der die ihm gesetzlich obliegende Pflicht zur ordnungsmässigen Führung und Aufbewahrung von Geschäftsbüchern oder zur Aufstellung einer Bilanz verletzt, so dass sein Vermögensstand nicht oder nicht vollständig ersichtlich ist, wird, wenn über ihn der Konkurs eröffnet oder in einer gemäss Artikel 43 des Bundesgesetzes vom 11. April 1889224 über Schuldbetreibung- und Konkurs (SchKG) erfolgten Pfändung gegen ihn ein Verlustschein ausgestellt worden ist, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
StGB), mehrfacher Urkundenfälschung (Art. 251 Ziff. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 251 - 1. Wer in der Absicht, jemanden am Vermögen oder an andern Rechten zu schädigen oder sich oder einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen,
1    Wer in der Absicht, jemanden am Vermögen oder an andern Rechten zu schädigen oder sich oder einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen,
2    ...332
StGB), mehrfacher Geldwäscherei (Art. 305bis Ziff. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 305bis - 1. Wer eine Handlung vornimmt, die geeignet ist, die Ermittlung der Herkunft, die Auffindung oder die Einziehung von Vermögenswerten zu vereiteln, die, wie er weiss oder annehmen muss, aus einem Verbrechen oder aus einem qualifizierten Steuervergehen herrühren, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.423
1    Wer eine Handlung vornimmt, die geeignet ist, die Ermittlung der Herkunft, die Auffindung oder die Einziehung von Vermögenswerten zu vereiteln, die, wie er weiss oder annehmen muss, aus einem Verbrechen oder aus einem qualifizierten Steuervergehen herrühren, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.423
2    In schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe.427
a  als Mitglied einer kriminellen oder terroristischen Organisation (Art. 260ter) handelt;
b  als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Ausübung der Geldwäscherei zusammengefunden hat;
c  durch gewerbsmässige Geldwäscherei einen grossen Umsatz oder einen erheblichen Gewinn erzielt.
3    Der Täter wird auch bestraft, wenn die Haupttat im Ausland begangen wurde und diese auch am Begehungsort strafbar ist.429
StGB), Wuchers (Art. 157 Ziff. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 157 - 1. Wer die Zwangslage, die Abhängigkeit, die Unerfahrenheit oder die Schwäche im Urteilsvermögen einer Person dadurch ausbeutet, dass er sich oder einem anderen für eine Leistung Vermögensvorteile gewähren oder versprechen lässt, die zur Leistung wirtschaftlich in einem offenbaren Missverhältnis stehen,
1    Wer die Zwangslage, die Abhängigkeit, die Unerfahrenheit oder die Schwäche im Urteilsvermögen einer Person dadurch ausbeutet, dass er sich oder einem anderen für eine Leistung Vermögensvorteile gewähren oder versprechen lässt, die zur Leistung wirtschaftlich in einem offenbaren Missverhältnis stehen,
2    Handelt der Täter gewerbsmässig, so wird er mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft.218
StGB), Drohung (Art. 180 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 180 - 1 Wer jemanden durch schwere Drohung in Schrecken oder Angst versetzt, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
1    Wer jemanden durch schwere Drohung in Schrecken oder Angst versetzt, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
2    Der Täter wird von Amtes wegen verfolgt, wenn er:
a  der Ehegatte des Opfers ist und die Drohung während der Ehe oder bis zu einem Jahr nach der Scheidung begangen wurde; oder
abis  die eingetragene Partnerin oder der eingetragene Partner des Opfers ist und die Drohung während der eingetragenen Partnerschaft oder bis zu einem Jahr nach deren Auflösung begangen wurde; oder
b  der hetero- oder homosexuelle Lebenspartner des Opfers ist, sofern sie auf unbestimmte Zeit einen gemeinsamen Haushalt führen und die Drohung während dieser Zeit oder bis zu einem Jahr nach der Trennung begangen wurde.252
StGB), Bruches amtlicher Beschlagnahme (Art. 289
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 289 - Wer eine Sache, die amtlich mit Beschlag belegt ist, der amtlichen Gewalt entzieht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
StGB), Verfügung über mit Beschlag belegter Vermögenswerte (Art. 169
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 169 - Wer eigenmächtig zum Schaden der Gläubiger über einen Vermögenswert verfügt, der
StGB), Steuerdelikten, Verstosses gegen die AHV-Gesetzgebung, mehrfacher Delikte gegen die Ausländergesetzgebung sowie wegen Delikte des Strassenverkehrsgesetzes (act. 3.5). Es sei keine Anklage wegen Menschenhandels (Art. 182 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 182 - 1 Wer als Anbieter, Vermittler oder Abnehmer mit einem Menschen Handel treibt zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung, der Ausbeutung seiner Arbeitskraft oder zwecks Entnahme eines Körperorgans, wird mit Freiheitsstrafe oder Geldstrafe bestraft. Das Anwerben eines Menschen zu diesen Zwecken ist dem Handel gleichgestellt.
1    Wer als Anbieter, Vermittler oder Abnehmer mit einem Menschen Handel treibt zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung, der Ausbeutung seiner Arbeitskraft oder zwecks Entnahme eines Körperorgans, wird mit Freiheitsstrafe oder Geldstrafe bestraft. Das Anwerben eines Menschen zu diesen Zwecken ist dem Handel gleichgestellt.
2    Handelt es sich beim Opfer um eine minderjährige256 Person oder handelt der Täter gewerbsmässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr.
3    ...257
4    Strafbar ist auch der Täter, der die Tat im Ausland verübt. Die Artikel 5 und 6 sind anwendbar.
StGB) pendent.

Die StA/TI habe ins Auge gefasst, ungefähr Ende Juli 2023 Anklage im übernommenen Verfahren zu erheben, wenngleich der Zeitplan mit grossen Unsicherheiten behaftet sei. In zwei Jahren Untersuchung sei ihr zweierlei gelungen: D. rechtshilfeweise einvernehmen zu lassen, worauf sie über ein Jahr habe warten müssen, und die Finanzanalyse des kantonalen Kompetenzzentrums EFIN. In die Analyse müssten noch die Ergebnisse der Einvernahme einfliessen. Sodann sei noch C. als Auskunftsperson einzuvernehmen und die Schlusseinvernahme mit A. durchzuführen. Am 4. Mai 2023 habe der Kanton Aargau um Übernahme eines weiteren Verfahrens ersucht (ST.2023.92). Jedoch sei heute die Zuständigkeitsfrage nicht mehr gleich zu entscheiden wie anlässlich der Übernahme im April 2021. Die StA/TI habe jenes Verfahren nur übernommen, weil ihre ursprüngliche Untersuchung wieder bei ihr pendent gewesen sei und sie eine einzige Anklage habe erheben wollen. Jedoch sei das übernommene Verfahren, bedingt durch den Beschluss der kantonalen Beschwerdekammer, abgetrennt und im ursprünglich zuständigkeitsbegründenden Strafverfahren am 15. Dezember 2021 Anklage erhoben worden.

Das übernommene Strafverfahren und das strittige Verfahren ST.2023.92 seien zusammen zu untersuchen, jedoch im Kanton Aargau, wo die Gesellschaft B. AG ihren Sitz habe, wo Personen beschuldigt würden, wo sich die deliktische Tätigkeit (primär Konkursdelikte) abgespielt habe und wo lokale Behörden involviert seien. Im Kanton Aargau habe sich eine Serie von Konkursdelikten ereignet. Auch wenn A. im Kanton Tessin wohne, so befinde sich der Wohnsitz seines Sohnes C. im Kanton Aargau. Wie die Einvernahme von D. gezeigt habe, stosse sich eine rechtshilfeweise Untersuchung am Beschleunigungsgebot. Insgesamt sei daher der Kanton Aargau für das übernommene wie für das strittige Verfahren ST.2023.92 zuständig zu erklären.

2.3 Nach Art. 34 Abs. 2
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 34 - 1 Hat eine beschuldigte Person mehrere Straftaten an verschiedenen Orten verübt, so sind für die Verfolgung und Beurteilung sämtlicher Taten die Behörden des Ortes zuständig, an dem die mit der schwersten Strafe bedrohte Tat begangen worden ist. Bei gleicher Strafdrohung sind die Behörden des Ortes zuständig, an dem zuerst Verfolgungshandlungen vorgenommen worden sind.
1    Hat eine beschuldigte Person mehrere Straftaten an verschiedenen Orten verübt, so sind für die Verfolgung und Beurteilung sämtlicher Taten die Behörden des Ortes zuständig, an dem die mit der schwersten Strafe bedrohte Tat begangen worden ist. Bei gleicher Strafdrohung sind die Behörden des Ortes zuständig, an dem zuerst Verfolgungshandlungen vorgenommen worden sind.
2    Ist in einem beteiligten Kanton im Zeitpunkt des Gerichtsstandsverfahrens nach den Artikeln 39-42 wegen einer der Straftaten schon Anklage erhoben worden, so werden die Verfahren getrennt geführt.
3    Ist eine Person von verschiedenen Gerichten zu mehreren gleichartigen Strafen verurteilt worden, so setzt das Gericht, das die schwerste Strafe ausgesprochen hat, auf Gesuch der verurteilten Person eine Gesamtstrafe fest.
StPO werden die Verfahren getrennt geführt, wenn in einem beteiligten Kanton im Zeitpunkt des Gerichtsstandsverfahrens nach den Art. 39
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 39 Prüfung der Zuständigkeit und Einigung - 1 Die Strafbehörden prüfen ihre Zuständigkeit von Amtes wegen und leiten einen Fall wenn nötig der zuständigen Stelle weiter.
1    Die Strafbehörden prüfen ihre Zuständigkeit von Amtes wegen und leiten einen Fall wenn nötig der zuständigen Stelle weiter.
2    Erscheinen mehrere Strafbehörden als örtlich zuständig, so informieren sich die beteiligten Staatsanwaltschaften unverzüglich über die wesentlichen Elemente des Falles und bemühen sich um eine möglichst rasche Einigung.
–42 StPO wegen einer der Straftaten schon Anklage erhoben worden ist. Nach Art. 40 Abs. 2
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 40 Gerichtsstandskonflikte - 1 Ist der Gerichtsstand unter Strafbehörden des gleichen Kantons streitig, so entscheidet die Ober- oder Generalstaatsanwaltschaft oder, wenn keine solche vorgesehen ist, die Beschwerdeinstanz dieses Kantons.17
1    Ist der Gerichtsstand unter Strafbehörden des gleichen Kantons streitig, so entscheidet die Ober- oder Generalstaatsanwaltschaft oder, wenn keine solche vorgesehen ist, die Beschwerdeinstanz dieses Kantons.17
2    Können sich die Strafverfolgungsbehörden verschiedener Kantone über den Gerichtsstand nicht einigen, so unterbreitet die Staatsanwaltschaft des Kantons, der zuerst mit der Sache befasst war, die Frage unverzüglich, in jedem Fall vor der Anklageerhebung, dem Bundesstrafgericht zum Entscheid.
3    Die zum Entscheid über den Gerichtsstand zuständige Behörde kann einen andern als den in den Artikeln 31-37 vorgesehenen Gerichtsstand festlegen, wenn der Schwerpunkt der deliktischen Tätigkeit oder die persönlichen Verhältnisse der beschuldigten Person es erfordern oder andere triftige Gründe vorliegen.
StPO unterbreitet bei Nichteinigung die Staatsanwaltschaft des Kantons, der zuerst mit der Sache befasst war, die Frage unverzüglich, in jedem Fall vor der Anklageerhebung, dem Bundesstrafgericht zum Entscheid. Gemäss Art. 42 Abs. 3
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 42 Gemeinsame Bestimmungen - 1 Bis zur verbindlichen Bestimmung des Gerichtsstands trifft die zuerst mit der Sache befasste Behörde die unaufschiebbaren Massnahmen. Wenn nötig bezeichnet die zum Entscheid über den Gerichtsstand zuständige Behörde jene Behörde, die sich vorläufig mit der Sache befassen muss.
1    Bis zur verbindlichen Bestimmung des Gerichtsstands trifft die zuerst mit der Sache befasste Behörde die unaufschiebbaren Massnahmen. Wenn nötig bezeichnet die zum Entscheid über den Gerichtsstand zuständige Behörde jene Behörde, die sich vorläufig mit der Sache befassen muss.
2    Verhaftete Personen werden den Behörden anderer Kantone erst zugeführt, wenn die Zuständigkeit verbindlich bestimmt worden ist.
3    Ein nach den Artikeln 38-41 festgelegter Gerichtsstand kann nur aus neuen wichtigen Gründen und nur vor der Anklageerhebung geändert werden.
StPO kann ein nach den Art. 38–41 festgelegter Gerichtsstand nur aus neuen wichtigen Gründen und nur vor der Anklageerhebung geändert werden.

Nach der Praxis der Beschwerdekammer ist aus Effizienzgründen und gestützt auf das Beschleunigungsgebot eine Änderung des Gerichtsstandes kurz vor Abschluss der Strafuntersuchung nicht mehr möglich. Unter der Formulierung «vor der Anklageerhebung» ist die erstmalige Anklageerhebung zu verstehen, weshalb auch nach der Rückweisung der Anklage die Durchführung eines Gerichtsstandsverfahrens grundsätzlich nicht mehr möglich ist (TPF 2014 24 E. 1.3 f.; Beschlüsse des Bundesstrafgerichts BG.2020.27 vom 3. September 2020 E. 1.3; BG.2019.47 vom 29. Oktober 2019 E. 1.4; BG.2014.38 vom 29. April 2015 E. 1.3 f.; BG.2013.25 vom 25. Februar 2014 E. 1.3 f. und BG.2012.24 vom 18. Oktober 2012 E. 3.1 f. die letzten beiden Beschlüsse mit Hinweisen auf die Botschaft und bundesgerichtliche Rechtsprechung).

2.4 Der Kanton Tessin hat vorliegend das Verfahren ST.2021.119/ INC.2021.3385 am 7. April 2021 übernommen, da seine Staatsanwaltschaft nach der Rückweisung der Anklage wieder ein Strafverfahren gegen A. führte. Er hat sich damit an Ziff. 9 Abs. 2 der Gerichtsstandsempfehlungen SSK vom 1. Januar 2023 (und ihrer früheren Versionen) gehalten: «Wird in einem Verfahren die Anklage zurückgewiesen und entscheidet das Gericht, dass der Fall nicht bei ihm hängig bleibt, geht die Rechtshängigkeit an die Staatsanwaltschaft zurück (Art. 329 Abs. 2
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 329 Prüfung der Anklage; Sistierung und Einstellung des Verfahrens - 1 Die Verfahrensleitung prüft, ob:
1    Die Verfahrensleitung prüft, ob:
a  die Anklageschrift und die Akten ordnungsgemäss erstellt sind;
b  die Prozessvoraussetzungen erfüllt sind;
c  Verfahrenshindernisse bestehen.
2    Ergibt sich aufgrund dieser Prüfung oder später im Verfahren, dass ein Urteil zurzeit nicht ergehen kann, so sistiert das Gericht das Verfahren. Falls erforderlich, weist es die Anklage zur Ergänzung oder Berichtigung an die Staatsanwaltschaft zurück.
3    Das Gericht entscheidet, ob ein sistierter Fall bei ihm hängig bleibt.
4    Kann ein Urteil definitiv nicht ergehen, so stellt das Gericht das Verfahren ein, nachdem es den Parteien und weiteren durch die Einstellung beschwerten Dritten das rechtliche Gehör gewährt hat. Artikel 320 ist sinngemäss anwendbar.
5    Soll das Verfahren nur in einzelnen Anklagepunkten eingestellt werden, so kann die Einstellung zusammen mit dem Urteil ergehen.
und 3
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 329 Prüfung der Anklage; Sistierung und Einstellung des Verfahrens - 1 Die Verfahrensleitung prüft, ob:
1    Die Verfahrensleitung prüft, ob:
a  die Anklageschrift und die Akten ordnungsgemäss erstellt sind;
b  die Prozessvoraussetzungen erfüllt sind;
c  Verfahrenshindernisse bestehen.
2    Ergibt sich aufgrund dieser Prüfung oder später im Verfahren, dass ein Urteil zurzeit nicht ergehen kann, so sistiert das Gericht das Verfahren. Falls erforderlich, weist es die Anklage zur Ergänzung oder Berichtigung an die Staatsanwaltschaft zurück.
3    Das Gericht entscheidet, ob ein sistierter Fall bei ihm hängig bleibt.
4    Kann ein Urteil definitiv nicht ergehen, so stellt das Gericht das Verfahren ein, nachdem es den Parteien und weiteren durch die Einstellung beschwerten Dritten das rechtliche Gehör gewährt hat. Artikel 320 ist sinngemäss anwendbar.
5    Soll das Verfahren nur in einzelnen Anklagepunkten eingestellt werden, so kann die Einstellung zusammen mit dem Urteil ergehen.
StPO). Damit wird das Verfahren wieder gerichtsstandsrelevant».

Die Praxis der Beschwerdekammer (vgl. vorstehende Erwägung 2.3) stellt demgegenüber auf die erstmalige Anklage ab. Anklagerückweisungen verlängern bereits das Verfahren. Weitere, frische Strafuntersuchungen zu übernehmen und ins anklagereife Verfahren zu integrieren hilft nicht, das Beschleunigungsgebot einzuhalten. Vorliegend bestand die Lösung des Kantons Tessin darin, das übernommene Verfahren vor der erneuten Anklage vom 15. Dezember 2021 am 24. November 2021 wieder abzutrennen. Damit ist der Sinn der Übernahme des Strafverfahrens (gemeinsame Verfahrensführung), worauf der Kanton Tessin zurecht hinweist, teilweise hinfällig geworden.

2.5 Nach Art. 42 Abs. 3
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 42 Gemeinsame Bestimmungen - 1 Bis zur verbindlichen Bestimmung des Gerichtsstands trifft die zuerst mit der Sache befasste Behörde die unaufschiebbaren Massnahmen. Wenn nötig bezeichnet die zum Entscheid über den Gerichtsstand zuständige Behörde jene Behörde, die sich vorläufig mit der Sache befassen muss.
1    Bis zur verbindlichen Bestimmung des Gerichtsstands trifft die zuerst mit der Sache befasste Behörde die unaufschiebbaren Massnahmen. Wenn nötig bezeichnet die zum Entscheid über den Gerichtsstand zuständige Behörde jene Behörde, die sich vorläufig mit der Sache befassen muss.
2    Verhaftete Personen werden den Behörden anderer Kantone erst zugeführt, wenn die Zuständigkeit verbindlich bestimmt worden ist.
3    Ein nach den Artikeln 38-41 festgelegter Gerichtsstand kann nur aus neuen wichtigen Gründen und nur vor der Anklageerhebung geändert werden.
StPO kann ein festgelegter Gerichtsstand nur aus neuen wichtigen Gründen geändert werden. Anerkennt ein Kanton seinen Gerichtsstand, so ist er grundsätzlich dabei zu behaften (Beschluss des Bundesstrafgerichts BG.2021.5 vom 2. Juli 2021 E. 4.2). Neue wichtige Gründe können vorliegen, wenn sich aus verfahrensökonomischen Gründen ein Wechsel des Gerichtsstands gebieterisch aufdrängt (Urteil des Bundesgerichts 1B_457/2017 vom 22. November 2017 E. 3; Beschlüsse des Bundesstrafgerichts BG.2019.45 vom 16. Oktober 2019 E. 3.4; BG.2018.30 vom 14. November 2018 E. 3.3; BG.2018.21 vom 23. Juli 2018 E. 2.1; BG.2017.5 vom 9. März 2017 E. 2.7; Schlegel, Zürcher Kommentar, 3. Aufl. 2020, Art. 42
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 42 Gemeinsame Bestimmungen - 1 Bis zur verbindlichen Bestimmung des Gerichtsstands trifft die zuerst mit der Sache befasste Behörde die unaufschiebbaren Massnahmen. Wenn nötig bezeichnet die zum Entscheid über den Gerichtsstand zuständige Behörde jene Behörde, die sich vorläufig mit der Sache befassen muss.
1    Bis zur verbindlichen Bestimmung des Gerichtsstands trifft die zuerst mit der Sache befasste Behörde die unaufschiebbaren Massnahmen. Wenn nötig bezeichnet die zum Entscheid über den Gerichtsstand zuständige Behörde jene Behörde, die sich vorläufig mit der Sache befassen muss.
2    Verhaftete Personen werden den Behörden anderer Kantone erst zugeführt, wenn die Zuständigkeit verbindlich bestimmt worden ist.
3    Ein nach den Artikeln 38-41 festgelegter Gerichtsstand kann nur aus neuen wichtigen Gründen und nur vor der Anklageerhebung geändert werden.
StPO N. 6).

Wichtige Gründe können gemäss der Rechtsprechung zum Beispiel vor­liegen bei Ermessensüberschreitung durch die Kantone beim Abweichen vom gesetzlichen Gerichtsstand, beim Fehlen eines Anknüpfungspunktes im verfolgenden Kanton, wenn die Gerichtsstandsanerkennung auf einem Irrtum beruht, wenn trotz bereits anderweitig hängigen Strafverfahren wegen massiv schwererer Delikte die Zuständigkeit anerkannt wird oder wenn die neuen Delikte schwerer wiegen und ein deutlich anderes Schwergewicht ergeben. Dagegen liegen keine wichtigen Gründe für eine Neubeurteilung des Gerichtsstands vor, wenn ein Teil der in die Untersuchung einbezogenen Handlungen aus der Strafverfolgung ausscheidet, wenn die verfolgten Handlungen nachträglich rechtlich anders gewürdigt werden, wenn weitere gleichartige Delikte hinzukommen oder wenn die Untersuchung kurz vor dem Abschluss steht. Gleiches gilt, wenn nachträglich lediglich eine weitere mögliche Mittäterschaft bei Kriminaltouristen bekannt wird (zum ganzen Beschluss des Bundesstrafgerichts BG.2021.1 vom 17. Februar 2021 E. 3.2).

2.6 Vorliegend fehlen «neue wichtige Gründe» gemäss Art. 42 Abs. 3
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 42 Gemeinsame Bestimmungen - 1 Bis zur verbindlichen Bestimmung des Gerichtsstands trifft die zuerst mit der Sache befasste Behörde die unaufschiebbaren Massnahmen. Wenn nötig bezeichnet die zum Entscheid über den Gerichtsstand zuständige Behörde jene Behörde, die sich vorläufig mit der Sache befassen muss.
1    Bis zur verbindlichen Bestimmung des Gerichtsstands trifft die zuerst mit der Sache befasste Behörde die unaufschiebbaren Massnahmen. Wenn nötig bezeichnet die zum Entscheid über den Gerichtsstand zuständige Behörde jene Behörde, die sich vorläufig mit der Sache befassen muss.
2    Verhaftete Personen werden den Behörden anderer Kantone erst zugeführt, wenn die Zuständigkeit verbindlich bestimmt worden ist.
3    Ein nach den Artikeln 38-41 festgelegter Gerichtsstand kann nur aus neuen wichtigen Gründen und nur vor der Anklageerhebung geändert werden.
StPO, um den bereits festgelegten Gerichtsstand zu ändern.

2.6.1 Die Anerkennung des Gerichtsstands durch den Kanton Tessin vom 7. April 2021 beruhte nicht auf einem Irrtum. Der Kanton Tessin anerkannte seine Zuständigkeit am 7. April 2021, da er damals unbestritten die mit der schwersten Strafe bedrohte Tat gegen A. untersuchte. Die Anerkennung des Kantons Tessin entspricht der Regelung von Art. 34 Abs. 1
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 34 - 1 Hat eine beschuldigte Person mehrere Straftaten an verschiedenen Orten verübt, so sind für die Verfolgung und Beurteilung sämtlicher Taten die Behörden des Ortes zuständig, an dem die mit der schwersten Strafe bedrohte Tat begangen worden ist. Bei gleicher Strafdrohung sind die Behörden des Ortes zuständig, an dem zuerst Verfolgungshandlungen vorgenommen worden sind.
1    Hat eine beschuldigte Person mehrere Straftaten an verschiedenen Orten verübt, so sind für die Verfolgung und Beurteilung sämtlicher Taten die Behörden des Ortes zuständig, an dem die mit der schwersten Strafe bedrohte Tat begangen worden ist. Bei gleicher Strafdrohung sind die Behörden des Ortes zuständig, an dem zuerst Verfolgungshandlungen vorgenommen worden sind.
2    Ist in einem beteiligten Kanton im Zeitpunkt des Gerichtsstandsverfahrens nach den Artikeln 39-42 wegen einer der Straftaten schon Anklage erhoben worden, so werden die Verfahren getrennt geführt.
3    Ist eine Person von verschiedenen Gerichten zu mehreren gleichartigen Strafen verurteilt worden, so setzt das Gericht, das die schwerste Strafe ausgesprochen hat, auf Gesuch der verurteilten Person eine Gesamtstrafe fest.
StPO. Sie lag damit klar innerhalb seines Ermessensspielraums. Die Abtrennung vom 24. November 2021 stellt keinen wichtigen Grund dar. Ebenso wenig, dass der Kanton Aargau am 4. Mai 2023 um eine weitere Verfahrensübernahme ersuchte oder dass sich die übernommene Untersuchung im fortgeschrittenen Stadium befinde. Letzteres spricht im Gegenteil gegen einen Handwechsel. Auch verfängt nicht, auf eine Serie von Konkursdelikten zu verweisen, die sich im Kanton Aargau ereignet hätten. Es geht um nur zwei Delikte. Der Kanton Aargau hat die Konkursakten dazu dem Kanton Tessin bereits ediert und der Kanton Tessin hatte in seinem ursprünglichen Verfahren selbst Anklage wegen Konkursdelikten erhoben.

2.6.2 Neue wichtige Gründe können auch vorliegen, wenn sich aus verfahrensökonomischen Gründen ein Wechsel des Gerichtsstands gebieterisch aufdrängt (vgl. Erwägung 2.5 oben). Der Kanton Tessin verweist dafür zunächst auf die rechtshilfeweise Einvernahme von D., die über ein Jahr gedauert habe. Er habe die Staatsanwaltschaft Winterthur / Unterland am 28. Januar 2022 ersucht, das Einvernahmeprotokoll aber erst am 1. Februar 2023 nach zahlreichen Rückfragen erhalten (act. 3 S. 2 Ziff. 5). Es wäre hier sach­dienlich gewesen zu erwähnen, dass die Zürcher Staatsanwaltschaft dem Kanton Tessin am 22. März 2022 auf Italienisch mitteilte, sie führe selbst eine Strafuntersuchung gegen D., im Zusammenhang mit der B. AG, und könne sie zurzeit nicht einvernehmen, ohne diese Strafuntersuchung zu kompromittieren. Diese Verzögerung hätte auch den Kanton Aargau getroffen. Der Kanton Aargau seinerseits erfüllte das Ersuchen des Kantons Tessin vom 2. Februar 2022 um eine rechtshilfeweise Einvernahme am 4. April 2022. Aus der Notwendigkeit innerstaatlicher Rechtshilfe ergeben sich vorliegend keine wichtigen Gründe für einen Wechsel des Gerichtsstands.

Verfahrensökonomische Gründe sprechen vielmehr wesentlich gegen einen Handwechsel in der Zuständigkeit. Der Kanton Tessin führt das übernommene Verfahren bereits seit zwei Jahren. Er hat sich zahlreiche Bank- und Behördenunterlagen edieren lassen und analysiert. Der Beschuldigte A., dessen Einvernahme noch ausstehe, wohnt im Kanton Tessin und die StA/TI hat ihn am 22. Oktober 2021 in vorliegendem Zusammenhang bereits einvernommen. Die StA/TI ist schliesslich aus ihren ursprünglichen Verfahren mit A. und C. und den Umständen vertraut.

2.7

2.7.1 Der Kanton Tessin führt sodann aus, auch die italienische Amtssprache sei ein Grund gegen die Tessiner Zuständigkeit: Die umfangreiche Dokumentation sei in Deutsch. Dies und ihre Analyse würden eine schwere administrative Belastung darstellen. Weder die Tessiner Staatsanwaltschaft noch die Gerichte würden über genügend deutsche Sprachkompetenzen für diesen komplexen Fall verfügen. Umgekehrt würde der Kanton Aargau auch durch Rechtshilfeersuchen auf Italienisch belastet.

Der Kanton Tessin führte bei Gerichtsstandskonflikten mit Kantonen, die über eine deutsche Amtssprache verfügen, verschiedentlich seine Amtssprache Italienisch an, die gegen eine Verfahrensübernahme spreche (z.B. Beschlüsse der Beschwerdekammer BG.2022.46 vom 30. Januar 2023 E. 3.2; BG.2021.24 vom 4. Oktober 2021 E. 5.2; BG.2020.14 vom 10. Juli 2020 E. 2.2; BG.2018.1 vom 2. März 2018 E. 2.5; BG.2013.16 vom 18. Juli 2013 E. 2.2; BG.2013.9 vom 28. Mai 2013 E. 2.2; BG.2013.1 vom 6. Februar 2013 E. 2; BG.2009.25 vom 16. November 2009 E. 2.3).

2.7.2 Bund und Kantone bestimmen die Verfahrenssprachen ihrer Strafbehörden (Art. 67 Abs. 1
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 67 Verfahrenssprache - 1 Bund und Kantone bestimmen die Verfahrenssprachen ihrer Strafbehörden.
1    Bund und Kantone bestimmen die Verfahrenssprachen ihrer Strafbehörden.
2    Die Strafbehörden der Kantone führen alle Verfahrenshandlungen in ihren Verfahrenssprachen durch; die Verfahrensleitung kann Ausnahmen gestatten.
StPO; dazu BGE 143 IV 117 E. 2.1). Nach ständiger Rechtsprechung haben Bundesbehörden zur Untersuchungsführung sowie Entscheidfällung in allen drei Amtssprachen fähig zu sein (TPF 2015 93 E. 5.2; TPF 2014 161; TPF 2011 68 E. 2), was sich insbesondere aus dem Sprachengesetz ergibt (dazu Beschluss des Bundesstrafgerichts BB.2012.11 vom 30. Oktober 2012 E. 1.3). Verkehren Private mit kantonalen Behörden, ist die Sprachenfreiheit durch die Amtssprache eingeschränkt. Dies entspricht dem Territorial- oder Sprachgebietsprinzip (Kägi-Diener, St. Galler Kommentar, 3. Aufl. 2014, Art. 18
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 18 Sprachenfreiheit - Die Sprachenfreiheit ist gewährleistet.
BV N. 33). Entsprechend gibt es kein Recht, mit kantonalen Behörden in einer anderen Sprache als der Amtssprache zu verkehren (BGE 136 I 149 E. 4.3). Im Verkehr der gleichgeordneten Kantone untereinander kommt keiner Amtssprache Vorrang zu. Insoweit lässt sich aus den Amtssprachen nichts für Gerichtsstandskonflikte zwischen Kantonen ableiten.

Die kantonalen Amtssprachen, seien sie deutsch, italienisch oder französisch, dürfen kein Hindernis für die interkantonale Zusammenarbeit in der Strafverfolgung sein; für die Zusammenarbeit (wozu auch das Weiterführen von übernommenen Strafverfahren gehört) genügt zumeist eine nur passive d.h. rezeptive Sprachkompetenz. Von in der Schweiz tätigen Anwälten ist zu erwarten, dass sie die Amtssprachen kennen (Urteile des Bundesgerichts 1A.71.2005 vom 11. Mai 2005 E. 4.1; 1A.87/2004 vom 3. Juni 2004 E. 3 mit Verweis auf BGE 126 II 258) bzw. zumindest passiv verstehen (TPF 2009 3 E. 1.4.3; im Detail bezüglich Sprachkompetenz TPF 2004 48 E. 2.4).

Mehrsprachiges Arbeiten zeichnet die juristische Tätigkeit in der Schweiz aus. Das Schweizer Recht ist ein Recht in mehreren Sprachen – bei der Auslegung von Gesetzestexten, bei der Anwendung mehrsprachiger Judikatur, Lehre und Hilfsmitteln und darüber hinaus (Garré, Un solo diritto, più lingue: il multilinguismo interpretativo elvetico, LeGes 30 [2019] 3 S. 2 ff.; Egger, A norma di (chi) legge, 2019, S. 34 ff.; Keshelava, Der Methodenpluralismus und die ratio legis, 2012, S. 32 f.; Borghi/Previtali, Droit suisse des langues, Bildungs-, Kultur- und Sprachenrecht, Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht Band IX, 2018, N. 15–30, 141 ff.; Caroni, Einleitungsartikel des Zivilgesetzbuches, 1996, S. 104–106). Verstehen Juristen ihr Handwerk – ob sie nun in der Privatwirtschaft oder Verwaltung, bei der Staatsanwaltschaft oder Gerichten arbeiten – so wissen sie ihr mehrsprachiges Handwerkzeug zu gebrauchen. Es gilt dies in allen Kantonen gleichermassen. Sprachkenntnisse sind eine Grundlage der sachgerechten Zusammenarbeit der Strafbehörden. Die Verfahrenssprache ist daher im Normalfall kein triftiger Grund für einen abweichenden Gerichtsstand (Art. 40 Abs. 3
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 40 Gerichtsstandskonflikte - 1 Ist der Gerichtsstand unter Strafbehörden des gleichen Kantons streitig, so entscheidet die Ober- oder Generalstaatsanwaltschaft oder, wenn keine solche vorgesehen ist, die Beschwerdeinstanz dieses Kantons.17
1    Ist der Gerichtsstand unter Strafbehörden des gleichen Kantons streitig, so entscheidet die Ober- oder Generalstaatsanwaltschaft oder, wenn keine solche vorgesehen ist, die Beschwerdeinstanz dieses Kantons.17
2    Können sich die Strafverfolgungsbehörden verschiedener Kantone über den Gerichtsstand nicht einigen, so unterbreitet die Staatsanwaltschaft des Kantons, der zuerst mit der Sache befasst war, die Frage unverzüglich, in jedem Fall vor der Anklageerhebung, dem Bundesstrafgericht zum Entscheid.
3    Die zum Entscheid über den Gerichtsstand zuständige Behörde kann einen andern als den in den Artikeln 31-37 vorgesehenen Gerichtsstand festlegen, wenn der Schwerpunkt der deliktischen Tätigkeit oder die persönlichen Verhältnisse der beschuldigten Person es erfordern oder andere triftige Gründe vorliegen.
StPO) und kein wichtiger Grund, um den bereits festgelegten Gerichtsstand zu ändern (Art. 42 Abs. 3
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 42 Gemeinsame Bestimmungen - 1 Bis zur verbindlichen Bestimmung des Gerichtsstands trifft die zuerst mit der Sache befasste Behörde die unaufschiebbaren Massnahmen. Wenn nötig bezeichnet die zum Entscheid über den Gerichtsstand zuständige Behörde jene Behörde, die sich vorläufig mit der Sache befassen muss.
1    Bis zur verbindlichen Bestimmung des Gerichtsstands trifft die zuerst mit der Sache befasste Behörde die unaufschiebbaren Massnahmen. Wenn nötig bezeichnet die zum Entscheid über den Gerichtsstand zuständige Behörde jene Behörde, die sich vorläufig mit der Sache befassen muss.
2    Verhaftete Personen werden den Behörden anderer Kantone erst zugeführt, wenn die Zuständigkeit verbindlich bestimmt worden ist.
3    Ein nach den Artikeln 38-41 festgelegter Gerichtsstand kann nur aus neuen wichtigen Gründen und nur vor der Anklageerhebung geändert werden.
StPO).

2.7.3 Was den Kanton Tessin betrifft, so ist es notorisch, dass sehr viele seiner Behördenmitglieder über ausgezeichnete Kenntnisse der deutschen Sprache verfügen (Beschlüsse des Bundesstrafgerichts BG.2013.9 vom 28. Mai 2013 E. 2.2; BG.2013.1 vom 6. Februar 2013 E. 2). Das kantonale Tessiner Kompetenzzentrum für Finanzfragen EFIN konnte denn auch im übernommenen Fall Unterlagen in Deutsch ohne weiteres analysieren. Die Amtssprache des Kantons Tessin ist kein Grund für einen Zuständigkeitswechsel.

2.8 Fehlen somit wichtige Gründe für einen Zuständigkeitswechsel, so bleibt es beim vom Kanton Tessin am 7. April 2021 anerkannten Gerichtsstand (ST.2021.119/INC.2021.3385). Vorliegend ist unstrittig, dass dieses übernommene Strafverfahren gemeinsam mit dem neuen Strafverfahren ST.2023.92 zu führen ist. Dies führt vorliegend zur Zuständigkeit des Kantons Tessin.

2.9 Dies bedeutet indes nicht, dass die Zuständigkeit des Kantons Tessin die einzige oder gar beste Lösung ist. Dass der Kanton Tessin am 24. November 2021 das übernommene Verfahren abtrennte, widerspricht im Verständnis der Beschwerdekammer nicht den Verteidigungsrechten: Die Tessiner und Aargauer Strafverfahren betreffen verschiedene Sachverhaltskomplexe, insbesondere Handlungen im Zusammenhang mit unterschiedlichen Gesellschaften. Es drängt sich insoweit keine einheitliche Beurteilung aller Strafverfahren durch dieselbe Behörde auf wegen mittäterschaftlich verbundenen Beschuldigten. Bei objektiver Betrachtung wäre es sinnvoll gewesen, wenn der Kanton Aargau die Sachverhalte in seinem Kanton selbst untersucht hätte. Die kantonalen Staatsanwaltschaften haben denn auch Freiräume, um Gerichtsstände sinnvoll zu vereinbaren (vgl. Schweri/Bänziger, Interkantonale Gerichtsstandsbestimmung in Strafsachen, 2. Aufl. 2004, S. 149 ff. wenngleich nicht mehr in allen Teilen aktuell). Es ist fraglich, ob die StA/TI mit Blick auf das Beschleunigungsgebot gut beraten war, nach Rückweisung der Anklage das Strafverfahren vom Kanton Aargau zu übernehmen.

2.10 Insgesamt sind die Behörden des Kantons Tessin berechtigt und verpflichtet, die A. und C. in den Strafverfahren ST.2021.119/ INC.2021.3385 sowie ST.2023.92 zur Last gelegten Straftaten zu verfolgen und zu beurteilen.

3. Praxisgemäss ist bei interkantonalen Gerichtsstandskonflikten in der Regel (Schweri/Bänziger, a.a.O., S. 208 f.) keine Gerichtsgebühr zu erheben (vgl. Art. 423 Abs. 1
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 423 Grundsätze - 1 Die Verfahrenskosten werden vom Bund oder dem Kanton getragen, der das Verfahren geführt hat; abweichende Bestimmungen dieses Gesetzes bleiben vorbehalten.
1    Die Verfahrenskosten werden vom Bund oder dem Kanton getragen, der das Verfahren geführt hat; abweichende Bestimmungen dieses Gesetzes bleiben vorbehalten.
2    und 3 ...274
StPO i.V.m. Art. 66 Abs. 4
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 66 Erhebung und Verteilung der Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
1    Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
2    Wird ein Fall durch Abstandserklärung oder Vergleich erledigt, so kann auf die Erhebung von Gerichtskosten ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Unnötige Kosten hat zu bezahlen, wer sie verursacht.
4    Dem Bund, den Kantonen und den Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen dürfen in der Regel keine Gerichtskosten auferlegt werden, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis, ohne dass es sich um ihr Vermögensinteresse handelt, das Bundesgericht in Anspruch nehmen oder wenn gegen ihre Entscheide in solchen Angelegenheiten Beschwerde geführt worden ist.
5    Mehrere Personen haben die ihnen gemeinsam auferlegten Gerichtskosten, wenn nichts anderes bestimmt ist, zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung zu tragen.
BGG per analogiam; vgl. schon BGE 87 IV 145).

Demnach erkennt die Beschwerdekammer:

1. Die Behörden des Kantons Tessin sind berechtigt und verpflichtet, die A. und C. zur Last gelegten Straftaten zu verfolgen und zu beurteilen.

2. Es wird keine Gerichtsgebühr erhoben.

Bellinzona, 18. August 2023

Im Namen der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Zustellung an

- Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau

- Ministero pubblico del Cantone Ticino

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Entscheid ist kein ordentliches Rechtsmittel gegeben.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : BG.2023.25
Datum : 18. August 2023
Publiziert : 27. September 2023
Quelle : Bundesstrafgericht
Status : Publiziert als TPF 2023 156
Sachgebiet : Beschwerdekammer: Strafverfahren
Gegenstand : Gerichtsstandskonflikt (Art. 40 Abs. 2 StPO)


Gesetzesregister
AuG: 117
SR 142.20 Bundesgesetz vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration (Ausländer- und Integrationsgesetz, AIG) - Ausländer- und Integrationsgesetz
AIG Art. 117 Beschäftigung von Ausländerinnen und Ausländern ohne Bewilligung - 1 Wer als Arbeitgeberin oder Arbeitgeber vorsätzlich Ausländerinnen und Ausländer beschäftigt, die in der Schweiz nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigt sind, oder wer eine grenzüberschreitende Dienstleistung in der Schweiz in Anspruch nimmt, für welche der Dienstleistungserbringer keine Bewilligung besitzt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bestraft. In schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe. ...458
BGG: 66
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 66 Erhebung und Verteilung der Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
1    Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
2    Wird ein Fall durch Abstandserklärung oder Vergleich erledigt, so kann auf die Erhebung von Gerichtskosten ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Unnötige Kosten hat zu bezahlen, wer sie verursacht.
4    Dem Bund, den Kantonen und den Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen dürfen in der Regel keine Gerichtskosten auferlegt werden, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis, ohne dass es sich um ihr Vermögensinteresse handelt, das Bundesgericht in Anspruch nehmen oder wenn gegen ihre Entscheide in solchen Angelegenheiten Beschwerde geführt worden ist.
5    Mehrere Personen haben die ihnen gemeinsam auferlegten Gerichtskosten, wenn nichts anderes bestimmt ist, zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung zu tragen.
BV: 18
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 18 Sprachenfreiheit - Die Sprachenfreiheit ist gewährleistet.
SVG: 95
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 95 - 1 Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer:
1    Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer:
a  ohne den erforderlichen Führerausweis ein Motorfahrzeug führt;
b  ein Motorfahrzeug führt, obwohl ihm der Lernfahr- oder Führerausweis verweigert, entzogen oder aberkannt wurde;
c  ein Motorfahrzeug führt, obwohl der Führerausweis auf Probe verfallen ist;
d  ohne Lernfahrausweis oder ohne die vorgeschriebene Begleitung Lernfahrten ausführt;
e  ein Motorfahrzeug einem Führer überlässt, von dem er weiss oder bei pflichtgemässer Aufmerksamkeit wissen kann, dass er den erforderlichen Ausweis nicht hat.
2    Mit Geldstrafe wird bestraft, wer ein Motorfahrzeug führt, obwohl die Gültigkeitsdauer des Führerausweises auf Probe abgelaufen ist.250
3    Mit Busse wird bestraft, wer:
a  die mit dem Führerausweis im Einzelfall verbundenen Beschränkungen oder Auflagen missachtet;
b  bei einer Lernfahrt die Aufgabe des Begleiters übernimmt, ohne die Voraussetzungen zu erfüllen;
c  ohne Fahrlehrerausweis berufsmässig Fahrunterricht erteilt.
4    Mit Busse wird bestraft, wer:
a  ein Fahrrad führt, obwohl ihm das Radfahren untersagt wurde;
b  ein Fuhrwerk führt, obwohl ihm das Führen eines Tierfuhrwerks untersagt wurde.
StGB: 146 
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 146 - 1 Wer in der Absicht, sich oder einen andern unrechtmässig zu bereichern, jemanden durch Vorspiegelung oder Unterdrückung von Tatsachen arglistig irreführt oder ihn in einem Irrtum arglistig bestärkt und so den Irrenden zu einem Verhalten bestimmt, wodurch dieser sich selbst oder einen andern am Vermögen schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
1    Wer in der Absicht, sich oder einen andern unrechtmässig zu bereichern, jemanden durch Vorspiegelung oder Unterdrückung von Tatsachen arglistig irreführt oder ihn in einem Irrtum arglistig bestärkt und so den Irrenden zu einem Verhalten bestimmt, wodurch dieser sich selbst oder einen andern am Vermögen schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
2    Handelt der Täter gewerbsmässig, so wird er mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft.206
3    Der Betrug zum Nachteil eines Angehörigen oder Familiengenossen wird nur auf Antrag verfolgt.
157 
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 157 - 1. Wer die Zwangslage, die Abhängigkeit, die Unerfahrenheit oder die Schwäche im Urteilsvermögen einer Person dadurch ausbeutet, dass er sich oder einem anderen für eine Leistung Vermögensvorteile gewähren oder versprechen lässt, die zur Leistung wirtschaftlich in einem offenbaren Missverhältnis stehen,
1    Wer die Zwangslage, die Abhängigkeit, die Unerfahrenheit oder die Schwäche im Urteilsvermögen einer Person dadurch ausbeutet, dass er sich oder einem anderen für eine Leistung Vermögensvorteile gewähren oder versprechen lässt, die zur Leistung wirtschaftlich in einem offenbaren Missverhältnis stehen,
2    Handelt der Täter gewerbsmässig, so wird er mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft.218
158 
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 158 - 1. Wer aufgrund des Gesetzes, eines behördlichen Auftrages oder eines Rechtsgeschäfts damit betraut ist, Vermögen eines andern zu verwalten oder eine solche Vermögensverwaltung zu beaufsichtigen, und dabei unter Verletzung seiner Pflichten bewirkt oder zulässt, dass der andere am Vermögen geschädigt wird, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
1    Wer aufgrund des Gesetzes, eines behördlichen Auftrages oder eines Rechtsgeschäfts damit betraut ist, Vermögen eines andern zu verwalten oder eine solche Vermögensverwaltung zu beaufsichtigen, und dabei unter Verletzung seiner Pflichten bewirkt oder zulässt, dass der andere am Vermögen geschädigt wird, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
2    Wer in der Absicht, sich oder einen andern unrechtmässig zu bereichern, die ihm durch das Gesetz, einen behördlichen Auftrag oder ein Rechtsgeschäft eingeräumte Ermächtigung, jemanden zu vertreten, missbraucht und dadurch den Vertretenen am Vermögen schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
3    Die ungetreue Geschäftsbesorgung zum Nachteil eines Angehörigen oder Familiengenossen wird nur auf Antrag verfolgt.
163 
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 163 - 1. Der Schuldner, der zum Schaden der Gläubiger sein Vermögen zum Scheine vermindert, namentlich
1    Der Schuldner, der zum Schaden der Gläubiger sein Vermögen zum Scheine vermindert, namentlich
2    Unter den gleichen Voraussetzungen wird der Dritte, der zum Schaden der Gläubiger eine solche Handlung vornimmt, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
165 
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 165 - 1. Der Schuldner, der in anderer Weise als nach Artikel 164, durch Misswirtschaft, namentlich durch ungenügende Kapitalausstattung, unverhältnismässigen Aufwand, gewagte Spekulationen, leichtsinniges Gewähren oder Benützen von Kredit, Verschleudern von Vermögenswerten oder arge Nachlässigkeit in der Berufsausübung oder Vermögensverwaltung,
1    Der Schuldner, der in anderer Weise als nach Artikel 164, durch Misswirtschaft, namentlich durch ungenügende Kapitalausstattung, unverhältnismässigen Aufwand, gewagte Spekulationen, leichtsinniges Gewähren oder Benützen von Kredit, Verschleudern von Vermögenswerten oder arge Nachlässigkeit in der Berufsausübung oder Vermögensverwaltung,
2    Der auf Pfändung betriebene Schuldner wird nur auf Antrag eines Gläubigers verfolgt, der einen Verlustschein gegen ihn erlangt hat.
166 
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 166 - Der Schuldner, der die ihm gesetzlich obliegende Pflicht zur ordnungsmässigen Führung und Aufbewahrung von Geschäftsbüchern oder zur Aufstellung einer Bilanz verletzt, so dass sein Vermögensstand nicht oder nicht vollständig ersichtlich ist, wird, wenn über ihn der Konkurs eröffnet oder in einer gemäss Artikel 43 des Bundesgesetzes vom 11. April 1889224 über Schuldbetreibung- und Konkurs (SchKG) erfolgten Pfändung gegen ihn ein Verlustschein ausgestellt worden ist, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
169 
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 169 - Wer eigenmächtig zum Schaden der Gläubiger über einen Vermögenswert verfügt, der
180 
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 180 - 1 Wer jemanden durch schwere Drohung in Schrecken oder Angst versetzt, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
1    Wer jemanden durch schwere Drohung in Schrecken oder Angst versetzt, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
2    Der Täter wird von Amtes wegen verfolgt, wenn er:
a  der Ehegatte des Opfers ist und die Drohung während der Ehe oder bis zu einem Jahr nach der Scheidung begangen wurde; oder
abis  die eingetragene Partnerin oder der eingetragene Partner des Opfers ist und die Drohung während der eingetragenen Partnerschaft oder bis zu einem Jahr nach deren Auflösung begangen wurde; oder
b  der hetero- oder homosexuelle Lebenspartner des Opfers ist, sofern sie auf unbestimmte Zeit einen gemeinsamen Haushalt führen und die Drohung während dieser Zeit oder bis zu einem Jahr nach der Trennung begangen wurde.252
182 
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 182 - 1 Wer als Anbieter, Vermittler oder Abnehmer mit einem Menschen Handel treibt zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung, der Ausbeutung seiner Arbeitskraft oder zwecks Entnahme eines Körperorgans, wird mit Freiheitsstrafe oder Geldstrafe bestraft. Das Anwerben eines Menschen zu diesen Zwecken ist dem Handel gleichgestellt.
1    Wer als Anbieter, Vermittler oder Abnehmer mit einem Menschen Handel treibt zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung, der Ausbeutung seiner Arbeitskraft oder zwecks Entnahme eines Körperorgans, wird mit Freiheitsstrafe oder Geldstrafe bestraft. Das Anwerben eines Menschen zu diesen Zwecken ist dem Handel gleichgestellt.
2    Handelt es sich beim Opfer um eine minderjährige256 Person oder handelt der Täter gewerbsmässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr.
3    ...257
4    Strafbar ist auch der Täter, der die Tat im Ausland verübt. Die Artikel 5 und 6 sind anwendbar.
251 
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 251 - 1. Wer in der Absicht, jemanden am Vermögen oder an andern Rechten zu schädigen oder sich oder einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen,
1    Wer in der Absicht, jemanden am Vermögen oder an andern Rechten zu schädigen oder sich oder einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen,
2    ...332
252 
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 252 - Wer in der Absicht, sich oder einem andern das Fortkommen zu erleichtern,
289 
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 289 - Wer eine Sache, die amtlich mit Beschlag belegt ist, der amtlichen Gewalt entzieht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
305bis
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 305bis - 1. Wer eine Handlung vornimmt, die geeignet ist, die Ermittlung der Herkunft, die Auffindung oder die Einziehung von Vermögenswerten zu vereiteln, die, wie er weiss oder annehmen muss, aus einem Verbrechen oder aus einem qualifizierten Steuervergehen herrühren, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.423
1    Wer eine Handlung vornimmt, die geeignet ist, die Ermittlung der Herkunft, die Auffindung oder die Einziehung von Vermögenswerten zu vereiteln, die, wie er weiss oder annehmen muss, aus einem Verbrechen oder aus einem qualifizierten Steuervergehen herrühren, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.423
2    In schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe.427
a  als Mitglied einer kriminellen oder terroristischen Organisation (Art. 260ter) handelt;
b  als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Ausübung der Geldwäscherei zusammengefunden hat;
c  durch gewerbsmässige Geldwäscherei einen grossen Umsatz oder einen erheblichen Gewinn erzielt.
3    Der Täter wird auch bestraft, wenn die Haupttat im Ausland begangen wurde und diese auch am Begehungsort strafbar ist.429
StPO: 29 
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 29 Grundsatz der Verfahrenseinheit - 1 Straftaten werden gemeinsam verfolgt und beurteilt, wenn:
1    Straftaten werden gemeinsam verfolgt und beurteilt, wenn:
a  eine beschuldigte Person mehrere Straftaten verübt hat; oder
b  Mittäterschaft oder Teilnahme vorliegt.
2    Handelt es sich um Straftaten, die teilweise in die Zuständigkeit des Bundes fallen oder die in verschiedenen Kantonen und von mehreren Personen begangen worden sind, so gehen die Artikel 25 und 33-38 vor.
34 
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 34 - 1 Hat eine beschuldigte Person mehrere Straftaten an verschiedenen Orten verübt, so sind für die Verfolgung und Beurteilung sämtlicher Taten die Behörden des Ortes zuständig, an dem die mit der schwersten Strafe bedrohte Tat begangen worden ist. Bei gleicher Strafdrohung sind die Behörden des Ortes zuständig, an dem zuerst Verfolgungshandlungen vorgenommen worden sind.
1    Hat eine beschuldigte Person mehrere Straftaten an verschiedenen Orten verübt, so sind für die Verfolgung und Beurteilung sämtlicher Taten die Behörden des Ortes zuständig, an dem die mit der schwersten Strafe bedrohte Tat begangen worden ist. Bei gleicher Strafdrohung sind die Behörden des Ortes zuständig, an dem zuerst Verfolgungshandlungen vorgenommen worden sind.
2    Ist in einem beteiligten Kanton im Zeitpunkt des Gerichtsstandsverfahrens nach den Artikeln 39-42 wegen einer der Straftaten schon Anklage erhoben worden, so werden die Verfahren getrennt geführt.
3    Ist eine Person von verschiedenen Gerichten zu mehreren gleichartigen Strafen verurteilt worden, so setzt das Gericht, das die schwerste Strafe ausgesprochen hat, auf Gesuch der verurteilten Person eine Gesamtstrafe fest.
39 
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 39 Prüfung der Zuständigkeit und Einigung - 1 Die Strafbehörden prüfen ihre Zuständigkeit von Amtes wegen und leiten einen Fall wenn nötig der zuständigen Stelle weiter.
1    Die Strafbehörden prüfen ihre Zuständigkeit von Amtes wegen und leiten einen Fall wenn nötig der zuständigen Stelle weiter.
2    Erscheinen mehrere Strafbehörden als örtlich zuständig, so informieren sich die beteiligten Staatsanwaltschaften unverzüglich über die wesentlichen Elemente des Falles und bemühen sich um eine möglichst rasche Einigung.
40 
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 40 Gerichtsstandskonflikte - 1 Ist der Gerichtsstand unter Strafbehörden des gleichen Kantons streitig, so entscheidet die Ober- oder Generalstaatsanwaltschaft oder, wenn keine solche vorgesehen ist, die Beschwerdeinstanz dieses Kantons.17
1    Ist der Gerichtsstand unter Strafbehörden des gleichen Kantons streitig, so entscheidet die Ober- oder Generalstaatsanwaltschaft oder, wenn keine solche vorgesehen ist, die Beschwerdeinstanz dieses Kantons.17
2    Können sich die Strafverfolgungsbehörden verschiedener Kantone über den Gerichtsstand nicht einigen, so unterbreitet die Staatsanwaltschaft des Kantons, der zuerst mit der Sache befasst war, die Frage unverzüglich, in jedem Fall vor der Anklageerhebung, dem Bundesstrafgericht zum Entscheid.
3    Die zum Entscheid über den Gerichtsstand zuständige Behörde kann einen andern als den in den Artikeln 31-37 vorgesehenen Gerichtsstand festlegen, wenn der Schwerpunkt der deliktischen Tätigkeit oder die persönlichen Verhältnisse der beschuldigten Person es erfordern oder andere triftige Gründe vorliegen.
42 
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 42 Gemeinsame Bestimmungen - 1 Bis zur verbindlichen Bestimmung des Gerichtsstands trifft die zuerst mit der Sache befasste Behörde die unaufschiebbaren Massnahmen. Wenn nötig bezeichnet die zum Entscheid über den Gerichtsstand zuständige Behörde jene Behörde, die sich vorläufig mit der Sache befassen muss.
1    Bis zur verbindlichen Bestimmung des Gerichtsstands trifft die zuerst mit der Sache befasste Behörde die unaufschiebbaren Massnahmen. Wenn nötig bezeichnet die zum Entscheid über den Gerichtsstand zuständige Behörde jene Behörde, die sich vorläufig mit der Sache befassen muss.
2    Verhaftete Personen werden den Behörden anderer Kantone erst zugeführt, wenn die Zuständigkeit verbindlich bestimmt worden ist.
3    Ein nach den Artikeln 38-41 festgelegter Gerichtsstand kann nur aus neuen wichtigen Gründen und nur vor der Anklageerhebung geändert werden.
67 
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 67 Verfahrenssprache - 1 Bund und Kantone bestimmen die Verfahrenssprachen ihrer Strafbehörden.
1    Bund und Kantone bestimmen die Verfahrenssprachen ihrer Strafbehörden.
2    Die Strafbehörden der Kantone führen alle Verfahrenshandlungen in ihren Verfahrenssprachen durch; die Verfahrensleitung kann Ausnahmen gestatten.
329 
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 329 Prüfung der Anklage; Sistierung und Einstellung des Verfahrens - 1 Die Verfahrensleitung prüft, ob:
1    Die Verfahrensleitung prüft, ob:
a  die Anklageschrift und die Akten ordnungsgemäss erstellt sind;
b  die Prozessvoraussetzungen erfüllt sind;
c  Verfahrenshindernisse bestehen.
2    Ergibt sich aufgrund dieser Prüfung oder später im Verfahren, dass ein Urteil zurzeit nicht ergehen kann, so sistiert das Gericht das Verfahren. Falls erforderlich, weist es die Anklage zur Ergänzung oder Berichtigung an die Staatsanwaltschaft zurück.
3    Das Gericht entscheidet, ob ein sistierter Fall bei ihm hängig bleibt.
4    Kann ein Urteil definitiv nicht ergehen, so stellt das Gericht das Verfahren ein, nachdem es den Parteien und weiteren durch die Einstellung beschwerten Dritten das rechtliche Gehör gewährt hat. Artikel 320 ist sinngemäss anwendbar.
5    Soll das Verfahren nur in einzelnen Anklagepunkten eingestellt werden, so kann die Einstellung zusammen mit dem Urteil ergehen.
423
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 423 Grundsätze - 1 Die Verfahrenskosten werden vom Bund oder dem Kanton getragen, der das Verfahren geführt hat; abweichende Bestimmungen dieses Gesetzes bleiben vorbehalten.
1    Die Verfahrenskosten werden vom Bund oder dem Kanton getragen, der das Verfahren geführt hat; abweichende Bestimmungen dieses Gesetzes bleiben vorbehalten.
2    und 3 ...274
BGE Register
126-II-258 • 136-I-149 • 143-IV-117 • 87-IV-144
Weitere Urteile ab 2000
1A.87/2004 • 1B_457/2017
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
aargau • anklage • bundesstrafgericht • amtssprache • beschwerdekammer • strafuntersuchung • beschuldigter • menschenhandel • beschleunigungsgebot • sachverhalt • bundesgericht • misswirtschaft • sprache • entscheid • unterlassung der buchführung • wucher • strafanzeige • serie • gerichtsschreiber • irrtum
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BstGer Leitentscheide
TPF 2004 48 • TPF 2009 3 • TPF 2011 68 • TPF 2014 161 • TPF 2014 24 • TPF 2015 93
Entscheide BstGer
BG.2009.25 • BG.2013.1 • BG.2013.16 • BG.2012.24 • BG.2013.25 • BG.2022.46 • BG.2017.5 • BG.2018.30 • BG.2013.9 • BG.2019.45 • BG.2014.38 • BG.2018.1 • BG.2018.21 • BG.2023.25 • BB.2012.11 • BG.2021.1 • BG.2020.14 • BG.2019.47 • BG.2021.24 • BG.2014.7 • BG.2021.5 • BG.2020.27