Bundesstrafgericht
Tribunal pénal fédéral Tribunale penale federale Tribunal penal federal
Geschäftsnummer: BG.2013.25
Beschluss vom 25. Februar 2014 Beschwerdekammer
Besetzung
Bundesstrafrichter Stephan Blättler, Vorsitz, Emanuel Hochstrasser und Nathalie Zufferey Franciolli, Gerichtsschreiber Miro Dangubic
Parteien
Kanton Basel-Stadt,
Gesuchsteller
gegen
1. Kanton Basel-Landschaft,
2. Kanton Wallis,
Gesuchsgegner
Gegenstand
Gerichtsstandskonflikt (Art. 40 Abs. 2

SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 40 Gerichtsstandskonflikte - 1 Ist der Gerichtsstand unter Strafbehörden des gleichen Kantons streitig, so entscheidet die Ober- oder Generalstaatsanwaltschaft oder, wenn keine solche vorgesehen ist, die Beschwerdeinstanz dieses Kantons.17 |
Sachverhalt:
A. Mit Schreiben an die Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt (nachfolgend "StA BS") vom 3. April 2012 zeigte die A. AG mit Sitz in Z. (Kanton Bern) B. wegen Veruntreuung, evtl. ungetreuer Geschäftsbesorgung an (Verfahrensakten, S. 34 ff.).
B. Dieser Strafanzeige liegt folgender Sachverhalt zu Grunde: Die A. AG beauftragte die C. SA mit Sitz in Y. (Kanton Wallis) mit der Lagerung von Dünger. Die C. SA lagerte diesen Dünger in einem Lager der D. AG. Die D. AG hat Sitz und Lager in X. (Kanton Basel-Land), verfügt jedoch auch über eine Filiale in W. (Kanton Basel-Stadt). B. ist Präsident des Verwaltungsrates der C. SA. Ihm wird vorgeworfen, die Umetikettierung von der A. AG gehörenden Harnstoffsäcken (insgesamt 42.475 t Harnstoff) durch die D. AG veranlasst zu haben. Auf den Säcken sollen die Etiketten der A. AG entfernt und neu Etiketten der C. SA angebracht worden sein. Als die A. AG die Säcke in X. (Kanton Basel-Land) im Lager der D. AG abholen wollte, verweigerte diese die Herausgabe.
C. In der Folge eröffnete die StA BS eine Strafuntersuchung gegen B. (Verfahrensakten, S. 3). Nach deren Abschluss erliess die StA BS am 23. Juli 2012 einen Strafbefehl wegen unrechtmässiger Aneignung, wogegen B. Einsprache erhob (Verfahrensakten, S. 86 ff.). Die StA BS hielt an ihrem Strafbefehl fest und überwies diesen samt Verfahrensakten gemäss Art. 356 Abs. 1

SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 356 Verfahren vor dem erstinstanzlichen Gericht - 1 Entschliesst sich die Staatsanwaltschaft, am Strafbefehl festzuhalten, so überweist sie die Akten unverzüglich dem erstinstanzlichen Gericht zur Durchführung des Hauptverfahrens. Der Strafbefehl gilt als Anklageschrift. |
D. Mit Verfügung vom 5. September 2013 wies das Strafgericht Basel-Stadt (nachfolgend "Strafgericht BS") das Verfahren zwecks Klärung des Gerichtsstandes an die StA BS zurück. Das Strafgericht BS begründete die Rückweisung folgendermassen: "Die örtliche Zuständigkeit ist von Amtes wegen zu prüfen. Aufgrund der Akten ergibt sich, dass die Umetikettierung nicht bei der A. AG in W. (Kanton Basel-Stadt) stattfand, sondern in X. (Kanton Basel-Land) erfolgte. Der Auftrag dafür kam aus der Romandie. Der Gerichtsstand bestimmt sich grundsätzlich nach dem Tatort, allenfalls nach dem Erfolgsort (Art. 31

SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 31 Gerichtsstand des Tatortes - 1 Für die Verfolgung und Beurteilung einer Straftat sind die Behörden des Ortes zuständig, an dem die Tat verübt worden ist. Liegt nur der Ort, an dem der Erfolg der Straftat eingetreten ist, in der Schweiz, so sind die Behörden dieses Ortes zuständig. |
E. Gemäss Gerichtsstandsanfrage vom 6. September 2013 fragte die StA BS die Staatsanwaltschaft Basel-Landschaft (nachfolgend "StA BL") betreffend Verfahrensübernahme an (Verfahrensakten, S. 31A). Die StA BL lehnte diese mit Schreiben vom 13. September 2013 ab (Verfahrensakten, S. 31B und 31C), worauf die StA BS die Staatsanwaltschaft des Kanton Wallis (nachfolgend "StA VS") betreffend Übernahme anfragte (Verfahrensakten, S. 31D und 31E). Diese teilte mit Schreiben vom 1. Oktober 2013 mit, dass sie den Gerichtsstand ablehne (Verfahrensakten, S. 31F und 31G).
F. Mit Gesuch vom 3. Oktober 2013 beantragt der Kanton Basel-Stadt, die Strafverfolgungsbehörden des Kantons Basel-Landschaft, eventualiter diejenigen des Kantons Wallis seien im vorliegenden Fall für die Strafverfolgung als zuständig zu erklären (act. 1). Mit Gesuchsantwort vom 11. Oktober 2013 stellt der Kanton Basel-Landschaft den Antrag, es seien die Strafverfolgungsbehörden des Kantons Basel-Stadt für zuständig zu erklären (act. 3). Der Kanton Wallis hat auf die Einreichung einer Gesuchsantwort verzichtet (act. 4). Die Eingaben der Kantone Basel-Landschaft und Wallis wurden dem Kanton Basel-Stadt zur Kenntnis gebracht (act. 5).
Auf die Vorbringen der Parteien und die eingereichten Akten wird, soweit notwendig, im Rahmen der nachstehenden rechtlichen Erwägungen eingegangen.
Die Beschwerdekammer zieht in Erwägung:
1.
1.1 Die Strafbehörden prüfen ihre Zuständigkeit von Amtes wegen und leiten einen Fall wenn nötig der zuständigen Stelle weiter (Art. 39 Abs. 1

SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 39 Prüfung der Zuständigkeit und Einigung - 1 Die Strafbehörden prüfen ihre Zuständigkeit von Amtes wegen und leiten einen Fall wenn nötig der zuständigen Stelle weiter. |

SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 39 Prüfung der Zuständigkeit und Einigung - 1 Die Strafbehörden prüfen ihre Zuständigkeit von Amtes wegen und leiten einen Fall wenn nötig der zuständigen Stelle weiter. |

SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 40 Gerichtsstandskonflikte - 1 Ist der Gerichtsstand unter Strafbehörden des gleichen Kantons streitig, so entscheidet die Ober- oder Generalstaatsanwaltschaft oder, wenn keine solche vorgesehen ist, die Beschwerdeinstanz dieses Kantons.17 |

SR 173.71 Bundesgesetz vom 19. März 2010 über die Organisation der Strafbehörden des Bundes (Strafbehördenorganisationsgesetz, StBOG) - Strafbehördenorganisationsgesetz StBOG Art. 37 Zuständigkeiten - 1 Die Beschwerdekammern des Bundesstrafgerichts treffen die Entscheide, für welche die StPO13 die Beschwerdeinstanz oder das Bundesstrafgericht als zuständig bezeichnet. |
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1 | Die Beschwerdekammern des Bundesstrafgerichts treffen die Entscheide, für welche die StPO13 die Beschwerdeinstanz oder das Bundesstrafgericht als zuständig bezeichnet. |
2 | Sie entscheiden zudem über: |
a | Beschwerden in internationalen Rechtshilfeangelegenheiten gemäss: |
a1 | dem Rechtshilfegesetz vom 20. März 198114, |
a2 | dem Bundesgesetz vom 21. Dezember 199515 über die Zusammenarbeit mit den internationalen Gerichten zur Verfolgung schwerwiegender Verletzungen des humanitären Völkerrechts, |
a3 | dem Bundesgesetz vom 22. Juni 200116 über die Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof, |
a4 | dem Bundesgesetz vom 3. Oktober 197517 zum Staatsvertrag mit den Vereinigten Staaten von Amerika über gegenseitige Rechtshilfe in Strafsachen; |
b | Beschwerden, die ihnen das Bundesgesetz vom 22. März 197418 über das Verwaltungsstrafrecht zuweist; |
c | Beschwerden gegen Verfügungen des Bundesverwaltungsgerichts über das Arbeitsverhältnis seiner Richter und Richterinnen und seines Personals sowie des Personals der ständigen Sekretariate der eidgenössischen Schätzungskommissionen; |
d | Konflikte über die Zuständigkeit der militärischen und der zivilen Gerichtsbarkeit; |
e | Anstände, die ihnen das Bundesgesetz vom 21. März 199720 über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit zum Entscheid zuweist; |
f | Anstände, die ihnen das Bundesgesetz vom 7. Oktober 199421 über kriminalpolizeiliche Zentralstellen des Bundes zum Entscheid zuweist; |
g | Konflikte über die Zuständigkeit nach dem Geldspielgesetz vom 29. September 201723. |
1.2 Vorliegend wurde das Verfahren aufgrund der Einsprache gegen einen Strafbefehl durch die StA BS an das Strafgericht BS überwiesen. Gemäss Art. 356 Abs. 1

SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 356 Verfahren vor dem erstinstanzlichen Gericht - 1 Entschliesst sich die Staatsanwaltschaft, am Strafbefehl festzuhalten, so überweist sie die Akten unverzüglich dem erstinstanzlichen Gericht zur Durchführung des Hauptverfahrens. Der Strafbefehl gilt als Anklageschrift. |

SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 39 Prüfung der Zuständigkeit und Einigung - 1 Die Strafbehörden prüfen ihre Zuständigkeit von Amtes wegen und leiten einen Fall wenn nötig der zuständigen Stelle weiter. |

SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 40 Gerichtsstandskonflikte - 1 Ist der Gerichtsstand unter Strafbehörden des gleichen Kantons streitig, so entscheidet die Ober- oder Generalstaatsanwaltschaft oder, wenn keine solche vorgesehen ist, die Beschwerdeinstanz dieses Kantons.17 |

SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 356 Verfahren vor dem erstinstanzlichen Gericht - 1 Entschliesst sich die Staatsanwaltschaft, am Strafbefehl festzuhalten, so überweist sie die Akten unverzüglich dem erstinstanzlichen Gericht zur Durchführung des Hauptverfahrens. Der Strafbefehl gilt als Anklageschrift. |

SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 40 Gerichtsstandskonflikte - 1 Ist der Gerichtsstand unter Strafbehörden des gleichen Kantons streitig, so entscheidet die Ober- oder Generalstaatsanwaltschaft oder, wenn keine solche vorgesehen ist, die Beschwerdeinstanz dieses Kantons.17 |
1.3 Vor Inkrafttreten der StPO war das Vorgehen bei einem zwischen den Kantonen streitigen Gerichtsstand nur sehr summarisch in Artikel 345

SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 40 Gerichtsstandskonflikte - 1 Ist der Gerichtsstand unter Strafbehörden des gleichen Kantons streitig, so entscheidet die Ober- oder Generalstaatsanwaltschaft oder, wenn keine solche vorgesehen ist, die Beschwerdeinstanz dieses Kantons.17 |

SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 40 Gerichtsstandskonflikte - 1 Ist der Gerichtsstand unter Strafbehörden des gleichen Kantons streitig, so entscheidet die Ober- oder Generalstaatsanwaltschaft oder, wenn keine solche vorgesehen ist, die Beschwerdeinstanz dieses Kantons.17 |

SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 39 Prüfung der Zuständigkeit und Einigung - 1 Die Strafbehörden prüfen ihre Zuständigkeit von Amtes wegen und leiten einen Fall wenn nötig der zuständigen Stelle weiter. |

SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 42 Gemeinsame Bestimmungen - 1 Bis zur verbindlichen Bestimmung des Gerichtsstands trifft die zuerst mit der Sache befasste Behörde die unaufschiebbaren Massnahmen. Wenn nötig bezeichnet die zum Entscheid über den Gerichtsstand zuständige Behörde jene Behörde, die sich vorläufig mit der Sache befassen muss. |
1.4 Unter der Formulierung "vor der Anklageerhebung" kann nur die erstmalige Anklageerhebung verstanden werden, eine Folgerung, die sich gestützt auf den Sinn und Zweck des Vorbehalts – Verfahrenseffizienz und Beschleunigung – offensichtlich aufdrängt. Die alternative Auslegung, wonach wegen dem Vorbehalt "vor der Anklageerhebung" die Anrufung der Beschwerdekammer nur bei Rechtshängigkeit beim Gericht nicht möglich sein soll, würde der Bestimmung ihren Sinn rauben.
1.5 Vorliegendenfalls hat das Strafgericht BS die Anklage zur Durchführung eines Meinungsaustausches an die StA BS zurückgewiesen, und diese leitete das vorliegende Verfahren somit nach der Anklageerhebung ein. Die Möglichkeit dieses Vorgehens war jedoch im Zeitpunkt von dessen Einleitung gestützt auf Art. 40 Abs. 2

SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 40 Gerichtsstandskonflikte - 1 Ist der Gerichtsstand unter Strafbehörden des gleichen Kantons streitig, so entscheidet die Ober- oder Generalstaatsanwaltschaft oder, wenn keine solche vorgesehen ist, die Beschwerdeinstanz dieses Kantons.17 |
2. Es sind keine Gerichtskosten zu erheben (Art. 423 Abs. 1

SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 423 Grundsätze - 1 Die Verfahrenskosten werden vom Bund oder dem Kanton getragen, der das Verfahren geführt hat; abweichende Bestimmungen dieses Gesetzes bleiben vorbehalten. |
Demnach erkennt die Beschwerdekammer:
1. Auf das Gesuch wird nicht eingetreten.
2. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
Bellinzona, 25. Februar 2014
Im Namen der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
Zustellung an
- Staatsanwaltschaft Basel-Stadt
- Staatsanwaltschaft Basel-Landschaft
- Staatsanwaltschaft des Kantons Wallis
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Entscheid ist kein ordentliches Rechtsmittel gegeben.