82 II 259
38. Urteil der II. Zivilabteilung vom 18. Mai 1956 i.S. Luzio gegen Kobelt und Schultze.
Regeste (de):
- Erbbiologische Expertise (Ähnlichkeits- und Unähnlichkeitsbeweis) im Vaterschaftsprozess.
- 1. Was für eine Rolle kommt diesem Beweismittel im allgemeinen zu? (Erw. 2).
- 2. Gegenüber der Vermutung nach Art. 314 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 314 - 1 Die Bestimmungen über das Verfahren vor der Erwachsenenschutzbehörde sind sinngemäss anwendbar.
1 Die Bestimmungen über das Verfahren vor der Erwachsenenschutzbehörde sind sinngemäss anwendbar. 2 Die Kindesschutzbehörde kann in geeigneten Fällen die Eltern zu einem Mediationsversuch auffordern. 3 Errichtet die Kindesschutzbehörde eine Beistandschaft, so hält sie im Entscheiddispositiv die Aufgaben des Beistandes und allfällige Beschränkungen der elterlichen Sorge fest.
Regeste (fr):
- Expertise biologique sur les facteurs héréditaires (preuve de la ressemblance et de la dissemblance) dans le procès en paternité.
- 1. Quel est le rôle de ce moyen de preuve en général? (consid. 2).
- 2. Un rapport d'expertise biologique sur les facteurs héréditaires ne peut faire échec à la présomption de l'art. 314 al. 1 CC de même qu'à l'exceptio plurium fondée sur la preuve de la cohabitation de la mère avec un tiers pendant la période critique que si ses conclusions confinent à la certitude (consid. 1 et 3).
Regesto (it):
- Perizia biologica sui fattori ereditari (prova della somiglianza e della dissomiglianza) nel processo di paternità.
- 1. Quale importanza ha tale mezzo di prova? (consid. 2).
- 2. Una perizia biologica sui fattori ereditari distrugge la presunzione stabilita dall'art. 314 cp. 1 CC e infirma l'exceptio plurium fondata sulla prova del concubito con un terzo durante il periodo critico soltanto se le conclusioni peritali attestano una probabilità prossima alla certezza (consid. 1 e 3).
Sachverhalt ab Seite 260
BGE 82 II 259 S. 260
A.- Am 15. Januar 1952 gebar die damals ledige Elisabeth Schultze, geboren 1926, das Kind Esther Schultze. Mutter und Kind belangen den Beklagten Serafino Luzio auf Vaterschaft mit Standesfolge und bestimmte Vermögensleistungen. Luzio hatte die Erstklägerin 1947 kennen gelernt, mit ihr nach etwa einem halben Jahr intime Beziehungen aufgenommen und ihr zunächst formlos die Ehe versprochen. Die Heiratspläne begegneten dem Widerstand der reformierten Eltern der Erstklägerin gegen eine Heirat mit dem Katholiken Luzio, der Ehe und Familie seiner Konfession unterstellen wollte. Es kam auch zu Auseinandersetzungen und zeitweiligen Unterbrüchen der Beziehungen wegen anderer Männerbekanntschaften der Erstklägerin. Ungefähr Anfang 1950 verband diese sich, wieder mit Heiratsabsichten, mit Albert Uecker, erfuhr dann aber Ende März 1950, dass er schon verheiratet war. Sie näherte sich wieder dem Beklagten, der sie nach wie vor zu lieben erklärte. Es kam zu einer Versöhnung, zu regelmässigen Besuchen, meistens mit Geschlechtsverkehr, und im Herbst 1951 zur Verlobung und zu ernsthaften Heiratsvorbereitungen. Die Erstklägerin war inzwischen schwanger geworden, nach ihrer Darstellung Mitte April 1951, zu welchem Zeitpunkt (15. oder 16. April) der Beklagte sie, was er zugibt, besucht und ihr beigewohnt hatte. Erst im September 1951
BGE 82 II 259 S. 261
gestand ihm dann die Erstklägerin, infolge seiner Zweifel an ihrer Treue und auf sein Drängen, Uecker habe von ihr nicht lassen wollen, und sie habe sich von ihm bis zum Frühjahr 1951 nicht gänzlich lösen können, ihn Ende April noch einmal auf ihrem Zimmer empfangen und sich ihm hingegeben. Uecker bestätigte, dass dies am 28. April 1951 geschehen war.
B.- Der Beklagte erhob gegenüber der Klage Einreden gemäss Art. 314 Abs. 2
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SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 314 - 1 Die Bestimmungen über das Verfahren vor der Erwachsenenschutzbehörde sind sinngemäss anwendbar. |
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1 | Die Bestimmungen über das Verfahren vor der Erwachsenenschutzbehörde sind sinngemäss anwendbar. |
2 | Die Kindesschutzbehörde kann in geeigneten Fällen die Eltern zu einem Mediationsversuch auffordern. |
3 | Errichtet die Kindesschutzbehörde eine Beistandschaft, so hält sie im Entscheiddispositiv die Aufgaben des Beistandes und allfällige Beschränkungen der elterlichen Sorge fest. |
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SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 315 - 1 Die Kindesschutzmassnahmen werden von der Kindesschutzbehörde am Wohnsitz des Kindes angeordnet.451 |
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1 | Die Kindesschutzmassnahmen werden von der Kindesschutzbehörde am Wohnsitz des Kindes angeordnet.451 |
2 | Lebt das Kind bei Pflegeeltern oder sonst ausserhalb der häuslichen Gemeinschaft der Eltern oder liegt Gefahr im Verzug, so sind auch die Behörden am Ort zuständig, wo sich das Kind aufhält. |
3 | Trifft die Behörde am Aufenthaltsort eine Kindesschutzmassnahme, so benachrichtigt sie die Wohnsitzbehörde. |
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SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 314 - 1 Die Bestimmungen über das Verfahren vor der Erwachsenenschutzbehörde sind sinngemäss anwendbar. |
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1 | Die Bestimmungen über das Verfahren vor der Erwachsenenschutzbehörde sind sinngemäss anwendbar. |
2 | Die Kindesschutzbehörde kann in geeigneten Fällen die Eltern zu einem Mediationsversuch auffordern. |
3 | Errichtet die Kindesschutzbehörde eine Beistandschaft, so hält sie im Entscheiddispositiv die Aufgaben des Beistandes und allfällige Beschränkungen der elterlichen Sorge fest. |
C.- Das Obergericht entsprach dem Begutachtungsantrag der Klägerschaft und liess durch Dr. Dora Pfannenstiel (Basel) nach anthropologisch-erbbiologischer Methode die Frage prüfen, ob Albert Uecker als Vater des Kindes Esther Schultze ausgeschlossen werden könne. Die Expertin erstattete darüber folgenden Befund: "Die Vaterschaft des Zeugen Albert Uecker zu dem Kinde Esther Schultze ist zwar nicht mit Sicherheit auszuschliessen, aber der Gesamtbefund spricht gegen seine Vaterschaft."
D.- In Würdigung dieses Gutachtens gelangte das Obergericht zur Gutheissung der Klage, da angenommen werden müsse, "dass die Zeugung auf den vom Beklagten zugegebenen Geschlechtsverkehr vom 15. oder 16. April 1951, der übrigens in die wahrscheinlichste Empfängniszeit fällt, zurückgeht". Einen Klageausschluss nach dem
BGE 82 II 259 S. 262
vom Beklagten ebenfalls angerufenen Art. 315
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SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 315 - 1 Die Kindesschutzmassnahmen werden von der Kindesschutzbehörde am Wohnsitz des Kindes angeordnet.451 |
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1 | Die Kindesschutzmassnahmen werden von der Kindesschutzbehörde am Wohnsitz des Kindes angeordnet.451 |
2 | Lebt das Kind bei Pflegeeltern oder sonst ausserhalb der häuslichen Gemeinschaft der Eltern oder liegt Gefahr im Verzug, so sind auch die Behörden am Ort zuständig, wo sich das Kind aufhält. |
3 | Trifft die Behörde am Aufenthaltsort eine Kindesschutzmassnahme, so benachrichtigt sie die Wohnsitzbehörde. |
E.- Auf eine Nichtigkeitsbeschwerde des Beklagten trat das kantonale Kassationsgericht am 22. Februar 1956 nicht ein.
F.- Mit der vorliegenden Berufung hält der Beklagte an den Einreden des Mehrverkehrs und des unzüchtigen Lebenswandels fest und beantragt Abweisung der Klage. Die Klägerinnen lassen auf Abweisung der Berufung und Bestätigung des vorinstanzlichen Urteils antragen.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Die Einrede des Mehrverkehrs ist an und für sich begründet, da die Erstklägerin innerhalb der Empfängniszeit, und zwar innert höchstens 13 Tagen (15. oder 16. April - 28. April 1951), sowohl mit dem Beklagten als auch mit dem Zeugen Uecker geschlechtlich verkehrt hat. Durch die serologische Untersuchung (klassische Blutgruppen A B 0, Untergruppen A1 und A2, Blutfaktoren M und N, Rhesusfaktoren) ist Uecker als Vater nicht auszuschliessen. Das angefochtene Urteil stützt sich auf die zweite Expertise, die dargetan hat, dass eine Reihe von erbbiologischen Merkmalen auf die Vaterschaft des Beklagten hindeuten, während solche Merkmale hinsichtlich einer Vaterschaft Ueckers praktisch fehlen. Das im Gutachten in der erwähnten Weise formulierte Ergebnis rechtfertigt nach Ansicht des Obergerichtes hinlänglich die Annahme, der Beklagte sei der Vater. In dieser Annahme liegt indessen keine für das Bundesgericht nach Art. 63 Abs. 2
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SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 315 - 1 Die Kindesschutzmassnahmen werden von der Kindesschutzbehörde am Wohnsitz des Kindes angeordnet.451 |
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1 | Die Kindesschutzmassnahmen werden von der Kindesschutzbehörde am Wohnsitz des Kindes angeordnet.451 |
2 | Lebt das Kind bei Pflegeeltern oder sonst ausserhalb der häuslichen Gemeinschaft der Eltern oder liegt Gefahr im Verzug, so sind auch die Behörden am Ort zuständig, wo sich das Kind aufhält. |
3 | Trifft die Behörde am Aufenthaltsort eine Kindesschutzmassnahme, so benachrichtigt sie die Wohnsitzbehörde. |
BGE 82 II 259 S. 263
gemäss Art. 43 Abs. 4
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1 | Die Kindesschutzmassnahmen werden von der Kindesschutzbehörde am Wohnsitz des Kindes angeordnet.451 |
2 | Lebt das Kind bei Pflegeeltern oder sonst ausserhalb der häuslichen Gemeinschaft der Eltern oder liegt Gefahr im Verzug, so sind auch die Behörden am Ort zuständig, wo sich das Kind aufhält. |
3 | Trifft die Behörde am Aufenthaltsort eine Kindesschutzmassnahme, so benachrichtigt sie die Wohnsitzbehörde. |
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SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 314 - 1 Die Bestimmungen über das Verfahren vor der Erwachsenenschutzbehörde sind sinngemäss anwendbar. |
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1 | Die Bestimmungen über das Verfahren vor der Erwachsenenschutzbehörde sind sinngemäss anwendbar. |
2 | Die Kindesschutzbehörde kann in geeigneten Fällen die Eltern zu einem Mediationsversuch auffordern. |
3 | Errichtet die Kindesschutzbehörde eine Beistandschaft, so hält sie im Entscheiddispositiv die Aufgaben des Beistandes und allfällige Beschränkungen der elterlichen Sorge fest. |
BGE 82 II 259 S. 264
Im Bestreben, dem Kinde wenn möglich "einen Vater zu geben", geht sie darauf aus, die von der Praxis an die Entkräftung der Mehrverkehrseinrede gestellten strengen Anforderungen zu mildern. Diesem Bestreben kommt das Gesetz selber in anderer Weise entgegen: indem es in Art. 314 Abs. 1
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1 | Die Bestimmungen über das Verfahren vor der Erwachsenenschutzbehörde sind sinngemäss anwendbar. |
2 | Die Kindesschutzbehörde kann in geeigneten Fällen die Eltern zu einem Mediationsversuch auffordern. |
3 | Errichtet die Kindesschutzbehörde eine Beistandschaft, so hält sie im Entscheiddispositiv die Aufgaben des Beistandes und allfällige Beschränkungen der elterlichen Sorge fest. |
BGE 82 II 259 S. 265
der Mutter des Kindes mit dem Beklagten - vom Fall eines nachgewiesenen Mehrverkehrs der Mutter abgesehen - eine nur mit klarem Gegenbeweis widerlegbare Vermutung zu Lasten des Beklagten, so erwächst dann aber diesem aus einem nachgewiesenen Mehrverkehr der Mutter eine ebenso schwer widerlegbare Einrede. Anders entscheiden hiesse den Beklagten rechtsungleich behandeln. Hat er einerseits als Vater zu gelten, wenn er keinen Mehrverkehr der Mutter als solchen nachzuweisen vermag und die durch seine eigene Beiwohnung begründete Vermutung sich nicht mit hinlänglicher Sicherheit nach der in dieser Hinsicht strengen Praxis entkräften lässt, so muss anderseits die durch nachgewiesenen Mehrverkehr der Mutter begründete exceptio plurium aufrecht bleiben, wenn sie nicht nach den gleichen Grundsätzen entkräftet wird. Dem weitgehenden Schutz der sich aus Art. 314 Abs. 1
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SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 314 - 1 Die Bestimmungen über das Verfahren vor der Erwachsenenschutzbehörde sind sinngemäss anwendbar. |
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1 | Die Bestimmungen über das Verfahren vor der Erwachsenenschutzbehörde sind sinngemäss anwendbar. |
2 | Die Kindesschutzbehörde kann in geeigneten Fällen die Eltern zu einem Mediationsversuch auffordern. |
3 | Errichtet die Kindesschutzbehörde eine Beistandschaft, so hält sie im Entscheiddispositiv die Aufgaben des Beistandes und allfällige Beschränkungen der elterlichen Sorge fest. |
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SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 314 - 1 Die Bestimmungen über das Verfahren vor der Erwachsenenschutzbehörde sind sinngemäss anwendbar. |
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1 | Die Bestimmungen über das Verfahren vor der Erwachsenenschutzbehörde sind sinngemäss anwendbar. |
2 | Die Kindesschutzbehörde kann in geeigneten Fällen die Eltern zu einem Mediationsversuch auffordern. |
3 | Errichtet die Kindesschutzbehörde eine Beistandschaft, so hält sie im Entscheiddispositiv die Aufgaben des Beistandes und allfällige Beschränkungen der elterlichen Sorge fest. |
2. Zur Begründung der von der Praxis geprägten Regel, wonach die Vaterschaftsvermutung nach Art. 314 Abs. 1 wie auch die Mehrverkehrseinrede nur dann entfällt, wenn es so gut wie ausgeschlossen ist, dass das Kind dem betreffenden Verkehr entstammt, wurde unter anderm auf die Tatsache verwiesen, dass die biologischen Gesetze, auf die es hier ankommt, immer noch unvollkommen bekannt sind (BGE 68 II 153). Das gilt besonders von den Vererbungsgesetzen, auf die sich im vorliegenden Falle das Gutachten und das angefochtene Urteil stützen. Es ist in der Fachwissenschaft noch durchaus umstritten, ob und wie weit einzelne Merkmale einigermassen sichere Schlüsse
BGE 82 II 259 S. 266
auf die Abstammung zulassen. SCHWEIZER, Die Leistung des Beweises im Vaterschaftsprozess ... (1936), führt eine Reihe von Fachleuten an, die den Vererbungsrückschlüssen vom Kind auf den Vater noch skeptisch gegenüberstehen, namentlich auch inbezug auf die Beweiskraft der Papillarlinien der Finger, auf die das vorinstanzliche Urteil das grösste Gewicht legt. In der ausländischen Rechtsprechung wird denn auch die erbbiologische Beweisführung in vielen Fällen nur als zusätzliches Indiz benützt oder doch nur bei einer diese Untersuchung nahelegenden sonstigen Beweislage angeordnet (vgl. das von D. PFANNENSTIEL, SJZ 50 S. 220 angeführte österreichische Urteil). Als entscheidend fällt eine erbbiologische Begutachtung, vom schon erwähnten Falle typischer Rassenmerkmale abgesehen, etwa bei seltenen auf Vererbung beruhenden Anomalien in Betracht (vgl. ein Urteil des Bezirksgerichtes Kulm vom 23. September 1941, SJZ 39 S. 29, und dazu D. PFANNENSTIEL, SJZ 50 S. 221/2, die den Ausspruch des damaligen Experten hervorhebt: "Mit der Einzigartigkeit der Merkmalsverbindung ist der Nachweis der Heredität bereits erbracht"). Führt die erbbiologische Untersuchung zu einem praktisch als sicher zu erachtenden Ergebnis, sei es im Sinne des Ausschlusses eines von mehreren in Betracht kommenden Beischläfers, sei es gar im Sinn eines positiven Vaterschaftsnachweises (vgl. D. PFANNENSTIEL in SJZ 49 S. 101), so ist sie als taugliches Beweismittel zu berücksichtigen. Fraglich ist allerdings, ob jede Partei im Vaterschaftsprozess, um eine gegen sie bestehende Rechtsvermutung zu beseitigen, ohne weiteres die Anordnung einer erbbiologischen Expertise verlangen könne, auch ohne dass sie sich bereits auf auffallende, zu ihren Gunsten sprechende Merkmale zu berufen vermag. Die der erbkundlichen Begutachtung weiten Raum gewährende deutsche Rechtsprechung (vgl. Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen 160 S. 63 und ebenso des Bundesgerichtshofes 7 S. 116) dürfte für schweizerische Vaterschaftsprozesse schon deshalb nicht wegleitend sein,
BGE 82 II 259 S. 267
weil es sich mit der kurzen Klagefrist des Art. 308
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SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 308 - 1 Erfordern es die Verhältnisse, so ernennt die Kindesschutzbehörde dem Kind einen Beistand, der die Eltern in ihrer Sorge um das Kind mit Rat und Tat unterstützt. |
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1 | Erfordern es die Verhältnisse, so ernennt die Kindesschutzbehörde dem Kind einen Beistand, der die Eltern in ihrer Sorge um das Kind mit Rat und Tat unterstützt. |
2 | Sie kann dem Beistand besondere Befugnisse übertragen, namentlich die Vertretung des Kindes bei der Feststellung der Vaterschaft, bei der Wahrung seines Unterhaltsanspruches und anderer Rechte und die Überwachung des persönlichen Verkehrs.426 |
3 | Die elterliche Sorge kann entsprechend beschränkt werden. |
3. Wie das Obergericht selbst ausführt, vermag dieses Ergebnis die exceptio plurium nicht zu entkräften, wenn man, wie es nach dem oben Gesagten richtig ist, an den von der Praxis aufgestellten Schranken der Entkräftungsmöglichkeit festhält. Der Richter muss sich auf einem solchen Sachgebiete, auf dem er nicht selber Fachmann sein kann, an die vom Experten vorgenommene Gesamtwertung der erhobenen Befunde halten. Es steht ihm nicht zu, Einzelbefunden eine höhere Bedeutung beizumessen und so zugunsten der (gegen-) beweisbelasteten Partei eine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit bzw. an Unmöglichkeit grenzende Unwahrscheinlichkeit anzunehmen, die der Experte nicht zu bejahen vermochte. Wäre die Expertin im vorliegenden Falle zu einem so entschiedenen Gesamtbefund gelangt, so hätte sie das Schlussergebnis anders formuliert. Es ist ihr ja durchaus geläufig, dass der Grad der Wahrscheinlichkeit bei der Gesamtbeurteilung zum Ausdrucke zu kommen hat (vgl. ihre Ausführungen in SJZ 49 S. 105, wonach die Beurteilung je nach dem Ergebnis abzustufen ist von "Vaterschaft unwahrscheinlich" bis "im höchsten Grade unwahrscheinlich"; im letztern Falle könne die Vaterschaft "praktisch nicht mehr vermutet werden"; siehe im übrigen Neue
BGE 82 II 259 S. 268
Juristische Wochenschrift 1950 S. 563/4 über die Benennung von sechs Stufen der Wahrscheinlichkeit nach den Richtlinien der Deutschen Gesellschaft für Anthropologie). Das vorliegende Gutachten vermochte nur auszusagen, die Vaterschaft des Dritten, Uecker, müsse "als unwahrscheinlich bezeichnet werden" (also nicht "im höchsten Grade" oder "äusserst" unwahrscheinlich). Das entspricht dem Befund über den Beklagten, wonach es "sehr unwahrscheinlich" ist, "dass diese Ähnlichkeiten vom Zufall geprägt sind". Somit bleibt es bei dem im Gutachten angegebenen Schlussergebnis, dem die exceptio plurium bei Anwendung der zutreffenden Rechtsgrundsätze standhält.
Ist die Klage daher auf Grund dieser Einrede abzuweisen, so erübrigt sich eine Prüfung der vom Beklagten erhobenen Einrede aus Art. 315
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SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 315 - 1 Die Kindesschutzmassnahmen werden von der Kindesschutzbehörde am Wohnsitz des Kindes angeordnet.451 |
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1 | Die Kindesschutzmassnahmen werden von der Kindesschutzbehörde am Wohnsitz des Kindes angeordnet.451 |
2 | Lebt das Kind bei Pflegeeltern oder sonst ausserhalb der häuslichen Gemeinschaft der Eltern oder liegt Gefahr im Verzug, so sind auch die Behörden am Ort zuständig, wo sich das Kind aufhält. |
3 | Trifft die Behörde am Aufenthaltsort eine Kindesschutzmassnahme, so benachrichtigt sie die Wohnsitzbehörde. |
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird gutgeheissen, das Urteil des Obergerichtes des Kantons Zürich vom 21. Juni 1955 aufgehoben und die Klage abgewiesen.