80 III 69
13. Entscheid vom 21. Mai 1954 i.S. Schwegler.
Regeste (de):
- Widerspruchsverfahren (Art. 106 ff. SchKG).
- Voraussetzungen.
- Behauptet der geschiedene Ehemann der betriebenen Schuldnerin, dass die Betreibung eine Sondergutsschuld betreffe und die gepfändeten Gegenstände eingebrachtes Gut der Schuldnerin seien, so ist deswegen kein Widerspruchsverfahren einzuleiten.
- Rechtsbehelfe der Schuldnerin und der Gläubiger konkurrierender Betreibungen.
Regeste (fr):
- Procédure de revendication (art. 106 et suiv. LP).
- Conditions.
- Le fait que le mari divorcé de la débitrice poursuivie allègue que la poursuite concerne une dette réservataire et que les biens saisis sont des apports de la femme n'est pas une raison pour introduire une procédure de revendication.
- Voies de droit ouvertes à la débitrice et aux créanciers dont les poursuites ont été mises au bénéfice de la saisie.
Regesto (it):
- Procedura di rivendicazione (art. 106 sgg. LEF).
- Presupposti.
- Non giustifica l'apertura d'una procedura di rivendicazione il fatto che il marito divorziato dalla debitrice escussa asserisca che l'esecuzione concerne un debito relativo a beni riservati eche sono stati invece pignorati beni apportati dalla moglie.
- Rimedi di diritto a disposizione della debitrice e dei creditori al beneficio del pignoramento.
Sachverhalt ab Seite 70
BGE 80 III 69 S. 70
In der Betreibung des Rekurrenten gegen Frau R. gesch. Z. pfändete das Betreibungsamt Jona auf Ersuchen des Betreibungsamtes Luzern, bei dem der Rekurrent ein spezifiziertes Nachpfändungsbegehren gestellt hatte, am 17. Dezember 1953 bei Z., dem geschiedenen Ehemann der Schuldnerin, 9 Gegenstände im Schätzungswerte von Fr. 10'450. Schon tags zuvor hatte Z. mit Schreiben an das Betreibungsamt Jona zu Handen des Betreibungsamtes Luzern geltend gemacht, "dass es sich bei der betriebenen Forderung um eine Sondergutsschuld handelt, für die das gepfändete, eingebrachte Gut der geschiedenen Ehefrau nicht haftet." Gleichzeitig hatte er für eine Forderung von Fr. 7500 Anschlusspfändung gemäss Art. 111
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SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 111 - 1 An der Pfändung können ohne vorgängige Betreibung innert 40 Tagen nach ihrem Vollzug teilnehmen: |
|
1 | An der Pfändung können ohne vorgängige Betreibung innert 40 Tagen nach ihrem Vollzug teilnehmen: |
1 | der Ehegatte, die eingetragene Partnerin oder der eingetragene Partner des Schuldners; |
2 | die Kinder des Schuldners für Forderungen aus dem elterlichen Verhältnis und volljährige Personen für Forderungen aus einem Vorsorgeauftrag (Art. 360-369 ZGB238); |
3 | die volljährigen Kinder und die Grosskinder des Schuldners für die Forderungen aus den Artikeln 334 und 334bis ZGB; |
4 | der Pfründer des Schuldners für seine Ersatzforderung nach Artikel 529 OR240. |
2 | Die Personen nach Absatz 1 Ziffern 1 und 2 können ihr Recht nur geltend machen, wenn die Pfändung während der Ehe, der eingetragenen Partnerschaft, des elterlichen Verhältnisses oder der Wirksamkeit des Vorsorgeauftrags oder innert eines Jahres nach deren Ende erfolgt ist; die Dauer eines Prozess- oder Betreibungsverfahrens wird dabei nicht mitgerechnet. Anstelle der Kinder oder einer Person unter einer Massnahme des Erwachsenenschutzes kann auch die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde die Anschlusserklärung abgeben.241 |
3 | Soweit dem Betreibungsamt anschlussberechtigte Personen bekannt sind, teilt es diesen die Pfändung durch uneingeschriebenen Brief mit. |
4 | Das Betreibungsamt gibt dem Schuldner und den Gläubigern von einem solchen Anspruch Kenntnis und setzt ihnen eine Frist von zehn Tagen zur Bestreitung. |
5 | Wird der Anspruch bestritten, so findet die Teilnahme nur mit dem Recht einer provisorischen Pfändung statt, und der Ansprecher muss innert 20 Tagen beim Gericht des Betreibungsortes klagen; nutzt er die Frist nicht, so fällt seine Teilnahme dahin. ...242 |
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SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 109 - 1 Beim Gericht des Betreibungsortes sind einzureichen: |
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1 | Beim Gericht des Betreibungsortes sind einzureichen: |
1 | Klagen nach Artikel 107 Absatz 5; |
2 | Klagen nach Artikel 108 Absatz 1, sofern der Beklagte Wohnsitz im Ausland hat. |
2 | Richtet sich die Klage nach Artikel 108 Absatz 1 gegen einen Beklagten mit Wohnsitz in der Schweiz, so ist sie an dessen Wohnsitz einzureichen. |
3 | Bezieht sich der Anspruch auf ein Grundstück, so ist die Klage in jedem Fall beim Gericht des Ortes einzureichen, wo das Grundstück oder sein wertvollster Teil liegt. |
4 | Das Gericht zeigt dem Betreibungsamt den Eingang und die Erledigung der Klage an. ...233 |
5 | Bis zur Erledigung der Klage bleibt die Betreibung in Bezug auf die streitigen Gegenstände eingestellt, und die Fristen für Verwertungsbegehren (Art. 116) stehen still. |
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SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 109 - 1 Beim Gericht des Betreibungsortes sind einzureichen: |
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1 | Beim Gericht des Betreibungsortes sind einzureichen: |
1 | Klagen nach Artikel 107 Absatz 5; |
2 | Klagen nach Artikel 108 Absatz 1, sofern der Beklagte Wohnsitz im Ausland hat. |
2 | Richtet sich die Klage nach Artikel 108 Absatz 1 gegen einen Beklagten mit Wohnsitz in der Schweiz, so ist sie an dessen Wohnsitz einzureichen. |
3 | Bezieht sich der Anspruch auf ein Grundstück, so ist die Klage in jedem Fall beim Gericht des Ortes einzureichen, wo das Grundstück oder sein wertvollster Teil liegt. |
4 | Das Gericht zeigt dem Betreibungsamt den Eingang und die Erledigung der Klage an. ...233 |
5 | Bis zur Erledigung der Klage bleibt die Betreibung in Bezug auf die streitigen Gegenstände eingestellt, und die Fristen für Verwertungsbegehren (Art. 116) stehen still. |
BGE 80 III 69 S. 71
das Betreibungsamt an, dem Gläubiger im Sinne der Motive Frist zur Klage gemäss Art. 109
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SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 109 - 1 Beim Gericht des Betreibungsortes sind einzureichen: |
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1 | Beim Gericht des Betreibungsortes sind einzureichen: |
1 | Klagen nach Artikel 107 Absatz 5; |
2 | Klagen nach Artikel 108 Absatz 1, sofern der Beklagte Wohnsitz im Ausland hat. |
2 | Richtet sich die Klage nach Artikel 108 Absatz 1 gegen einen Beklagten mit Wohnsitz in der Schweiz, so ist sie an dessen Wohnsitz einzureichen. |
3 | Bezieht sich der Anspruch auf ein Grundstück, so ist die Klage in jedem Fall beim Gericht des Ortes einzureichen, wo das Grundstück oder sein wertvollster Teil liegt. |
4 | Das Gericht zeigt dem Betreibungsamt den Eingang und die Erledigung der Klage an. ...233 |
5 | Bis zur Erledigung der Klage bleibt die Betreibung in Bezug auf die streitigen Gegenstände eingestellt, und die Fristen für Verwertungsbegehren (Art. 116) stehen still. |
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SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 109 - 1 Beim Gericht des Betreibungsortes sind einzureichen: |
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1 | Beim Gericht des Betreibungsortes sind einzureichen: |
1 | Klagen nach Artikel 107 Absatz 5; |
2 | Klagen nach Artikel 108 Absatz 1, sofern der Beklagte Wohnsitz im Ausland hat. |
2 | Richtet sich die Klage nach Artikel 108 Absatz 1 gegen einen Beklagten mit Wohnsitz in der Schweiz, so ist sie an dessen Wohnsitz einzureichen. |
3 | Bezieht sich der Anspruch auf ein Grundstück, so ist die Klage in jedem Fall beim Gericht des Ortes einzureichen, wo das Grundstück oder sein wertvollster Teil liegt. |
4 | Das Gericht zeigt dem Betreibungsamt den Eingang und die Erledigung der Klage an. ...233 |
5 | Bis zur Erledigung der Klage bleibt die Betreibung in Bezug auf die streitigen Gegenstände eingestellt, und die Fristen für Verwertungsbegehren (Art. 116) stehen still. |
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SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 109 - 1 Beim Gericht des Betreibungsortes sind einzureichen: |
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1 | Beim Gericht des Betreibungsortes sind einzureichen: |
1 | Klagen nach Artikel 107 Absatz 5; |
2 | Klagen nach Artikel 108 Absatz 1, sofern der Beklagte Wohnsitz im Ausland hat. |
2 | Richtet sich die Klage nach Artikel 108 Absatz 1 gegen einen Beklagten mit Wohnsitz in der Schweiz, so ist sie an dessen Wohnsitz einzureichen. |
3 | Bezieht sich der Anspruch auf ein Grundstück, so ist die Klage in jedem Fall beim Gericht des Ortes einzureichen, wo das Grundstück oder sein wertvollster Teil liegt. |
4 | Das Gericht zeigt dem Betreibungsamt den Eingang und die Erledigung der Klage an. ...233 |
5 | Bis zur Erledigung der Klage bleibt die Betreibung in Bezug auf die streitigen Gegenstände eingestellt, und die Fristen für Verwertungsbegehren (Art. 116) stehen still. |
Erwägungen
Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:
Das Widerspruchsverfahren gemäss Art. 106 ff
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SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 106 - 1 Wird geltend gemacht, einem Dritten stehe am gepfändeten Gegenstand das Eigentum, ein Pfandrecht oder ein anderes Recht zu, das der Pfändung entgegensteht oder im weitern Verlauf des Vollstreckungsverfahrens zu berücksichtigen ist, so merkt das Betreibungsamt den Anspruch des Dritten in der Pfändungsurkunde vor oder zeigt ihn, falls die Urkunde bereits zugestellt ist, den Parteien besonders an. |
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1 | Wird geltend gemacht, einem Dritten stehe am gepfändeten Gegenstand das Eigentum, ein Pfandrecht oder ein anderes Recht zu, das der Pfändung entgegensteht oder im weitern Verlauf des Vollstreckungsverfahrens zu berücksichtigen ist, so merkt das Betreibungsamt den Anspruch des Dritten in der Pfändungsurkunde vor oder zeigt ihn, falls die Urkunde bereits zugestellt ist, den Parteien besonders an. |
2 | Dritte können ihre Ansprüche anmelden, solange der Erlös aus der Verwertung des gepfändeten Gegenstandes noch nicht verteilt ist. |
3 | Nach der Verwertung kann der Dritte die Ansprüche, die ihm nach Zivilrecht bei Diebstahl, Verlust oder sonstigem Abhandenkommen einer beweglichen Sache (Art. 934 und 935 ZGB229) oder bei bösem Glauben des Erwerbers (Art. 936 und 974 Abs. 3 ZGB) zustehen, ausserhalb des Betreibungsverfahrens geltend machen. Als öffentliche Versteigerung im Sinne von Artikel 934 Absatz 2 ZGB gilt dabei auch der Freihandverkauf nach Artikel 130 dieses Gesetzes. |
BGE 80 III 69 S. 72
Gegenständen ein die Pfändung ausschliessendes oder zurückdrängendes (d.h. bei der Verwertung und Verteilung zu berücksichtigendes) Recht geltend macht (BGE 48 III 221 und dort zit. Entscheide, BGE 58 III 89, BGE 59 III 123 /24). Die Betreibungsbehörden dürfen die Einleitung des Widerspruchsverfahrens nicht mit der Begründung ablehnen, dass der angemeldete Anspruch nicht bestehe, selbst wenn ihnen klar zu sein scheint, dass es sich so verhalte. Dagegen bleibt ihnen die Prüfung der Frage vorbehalten, ob überhaupt von einem Dritten ein Anspruch geltend gemacht worden sei, der, wenn er gerichtlich festgestellt würde, die Pfändung ausschlösse oder doch bei der Verwcrtung und Verteilung berücksichtigt werdcn müsste. Diese Frage ist im vorliegenden Falle zu verneinen. Mit der Behauptung, dass die vom Rekurrenten angehobene Betreibung eine Sondergutsschuld der Schuldnerin betreffe, hat der Beschwerdeführer kein Recht an den gepfändeten Gegenständen geltend gemacht. Aber auch mit der weitern Behauptung, dass die gepfändeten Gegenstände zum eingebrachten Gut der Schuldnerin gehören, hat er dies nicht getan. Während bestehender Ehe hat zwar der Ehemann die Möglichkeit, in einer gegen die Ehefrau allein gerichteten Betreibung auf dem Wege des Widerspruchsverfahrens geltend zu machen, dass die gepfändeten Gegenstände zum eingebrachten Gut der Frau gehören (BGE 53 III 4, BGE 59 III 182 f., BGE 62 III 139, BGE 66 III 35; vgl. BGE 76 III 93 ff.). Diese Möglichkeit dient ihm aber nur zur Wahrung seines Nutzungsrechts am eingebrachten Gute, das die Pfändung der zu dieser Vermögensmasse gehörenden Gegenstände zugunsten von Sondergutsgläubigern ausschliesst (vgl. BGE 59 III 183). Der Beschwerdeführer ist nach seinen Angaben seit 28. April 1953 von der Schuldnerin geschieden und behauptet nicht etwa, dass er dennoch weiterhin Anspruch auf die Nutzung des eingebrachten Gutes habe, sondern lässt (ohne Zweifel mit Recht) gelten, dass ihm das ehemännliche Nutzungsrecht nicht mehr zusteht. Bei dieser Sachlage würde mit der gerichtlichen Feststellung,
BGE 80 III 69 S. 73
dass die gepfändeten Gegenstände zum eingebrachten Gut der Schuldnerin gehören (oder vielmehr gehörten), nicht zugleich ein die Pfändung ausschliessendes Recht des Beschwerdeführers festgestellt, sondern müsste die Betreibung ohne Rücksicht auf diese Feststellung ihren Fortgang nehmen. Aus diesen Gründen ist die Frage, ob man es mit einer Sonderguts- oder einer Vollschuld der Schuldnerin zu tun habe und ob die gepfändeten Gegenstände Sondergut oder eingebrachtes Gut bildeten, nicht zum Gegenstand eines Widerspruchsverfahrens zu machen. Es wäre Sache der Schuldnerin gewesen, durch Rechtsvorschlag und hernach durch Einrede im Prozess über die Fordcrung dcs Rekurrcnten geltcnd zu machen, dass dic Betreibung eine Sondergutsschuld betreffe und ihre Schuldpflicht sich daher auf den Betrag beschränke, für den das Sondergut die Forderung im Zeitpunkt der Auflösung der Ehe deckte (BGE 64 III 159 ff.). Der Beschwerdeführer kann diese Beschränkung der Schuldpflicht seiner geschiedenen Ehefrau höchstens auf dem Wege der Kollokationsklage gegen den Rekurrenten (Art. 148
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SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 148 - 1 Will ein Gläubiger die Forderung oder den Rang eines andern Gläubigers bestreiten, so muss er gegen diesen innert 20 Tagen nach Empfang des Auszuges beim Gericht des Betreibungsortes Kollokationsklage erheben.293 |
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1 | Will ein Gläubiger die Forderung oder den Rang eines andern Gläubigers bestreiten, so muss er gegen diesen innert 20 Tagen nach Empfang des Auszuges beim Gericht des Betreibungsortes Kollokationsklage erheben.293 |
2 | ...294 |
3 | Heisst das Gericht die Klage gut, so weist es den nach der Verteilungsliste auf den Beklagten entfallenden Anteil am Verwertungserlös dem Kläger zu, soweit dies zur Deckung seines in der Verteilungsliste ausgewiesenen Verlustes und der Prozesskosten nötig ist. Ein allfälliger Überschuss verbleibt dem Beklagten.295 |
Dispositiv
Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer:
In Gutheissung des Rekurses werden der angefochtene Entscheid und die Verfügung des Betreibungsamtes Luzern vom 29. März 1954 aufgehoben.