S. 181 / Nr. 43 Schuldbetreibungs- und Konkursrecht (d)

BGE 59 III 181

43. Entscheid vom 19. Juni 1933 i. S. Zahn.

Regeste:
Pfändung auf Grund eines nur der Ehefrau zugestellten Zahlungsbefehls: Will
der Ehemann geltend machen, die gepfändete Sache gehöre nicht zum Sondergut
der Ehefrau, so kann er nicht mit Beschwerde die Aufhebung der Pfändung,
sondern nur die Einleitung des Widerspruchsverfahrens (gemäss Art. 109
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 109 - 1 Beim Gericht des Betreibungsortes sind einzureichen:
1    Beim Gericht des Betreibungsortes sind einzureichen:
1  Klagen nach Artikel 107 Absatz 5;
2  Klagen nach Artikel 108 Absatz 1, sofern der Beklagte Wohnsitz im Ausland hat.
2    Richtet sich die Klage nach Artikel 108 Absatz 1 gegen einen Beklagten mit Wohnsitz in der Schweiz, so ist sie an dessen Wohnsitz einzureichen.
3    Bezieht sich der Anspruch auf ein Grundstück, so ist die Klage in jedem Fall beim Gericht des Ortes einzureichen, wo das Grundstück oder sein wertvollster Teil liegt.
4    Das Gericht zeigt dem Betreibungsamt den Eingang und die Erledigung der Klage an. ...226
5    Bis zur Erledigung der Klage bleibt die Betreibung in Bezug auf die streitigen Gegenstände eingestellt, und die Fristen für Verwertungsbegehren (Art. 116) stehen still.
SchKG)
verlangen.
Saisie opérée sur la base d'un commandement de payer notifié seulement à la
femme: Le mari qui entend soutenir que le bien saisi ne fait pas partie des
biens réservés de la femme ne doit pas conclure par voie de plainte à
l'annulation de la saisie, mais demander l'ouverture de la procédure de
revendication prévue à l'art. 109 LP.

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Pignoramento eseguito in base ad un precetto esecutivo notificato solo alla
moglie: il marito che intende far valere che il bene pignorato non fa parte
dei beni riservati della maglie non deve chiedere l'annullamento del
pignoramento mediante - reclamo, ma domandare che venga iniziata la procedura
di rivendicazione prevista all'art. 109 LEF.

A. - In der Betreibung des J. Sulger gegen Frau Zahn-Market, in welcher dem
Ehemanne der Betriebenen keine Ausfertigung des Zahlungsbefehles zugestellt
worden war, pfändete das Betreibungsamt Speicher einen Schrankgramophon
«Adler» mittel-eichen, 108 cm hoch.
B. Mit der vorliegenden Beschwerde verlangen die Ehegatten Zahn-Market
Aufhebung der Pfändung aus dem Grunde, dass die gepfändete Sache nicht zum
Sondergut der Ehefrau gehöre.
C. - Die kantonale Aufsichtsbehörde hat am 6. Juni 1933 die Beschwerde in dem
Sinne geschützt, dass sie das Betreibungsamt anwies, das Verfahren nach Art.
106
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 106 - 1 Wird geltend gemacht, einem Dritten stehe am gepfändeten Gegenstand das Eigentum, ein Pfandrecht oder ein anderes Recht zu, das der Pfändung entgegensteht oder im weitern Verlauf des Vollstreckungsverfahrens zu berücksichtigen ist, so merkt das Betreibungsamt den Anspruch des Dritten in der Pfändungsurkunde vor oder zeigt ihn, falls die Urkunde bereits zugestellt ist, den Parteien besonders an.
1    Wird geltend gemacht, einem Dritten stehe am gepfändeten Gegenstand das Eigentum, ein Pfandrecht oder ein anderes Recht zu, das der Pfändung entgegensteht oder im weitern Verlauf des Vollstreckungsverfahrens zu berücksichtigen ist, so merkt das Betreibungsamt den Anspruch des Dritten in der Pfändungsurkunde vor oder zeigt ihn, falls die Urkunde bereits zugestellt ist, den Parteien besonders an.
2    Dritte können ihre Ansprüche anmelden, solange der Erlös aus der Verwertung des gepfändeten Gegenstandes noch nicht verteilt ist.
3    Nach der Verwertung kann der Dritte die Ansprüche, die ihm nach Zivilrecht bei Diebstahl, Verlust oder sonstigem Abhandenkommen einer beweglichen Sache (Art. 934 und 935 ZGB222) oder bei bösem Glauben des Erwerbers (Art. 936 und 974 Abs. 3 ZGB) zustehen, ausserhalb des Betreibungsverfahrens geltend machen. Als öffentliche Versteigerung im Sinne von Artikel 934 Absatz 2 ZGB gilt dabei auch der Freihandverkauf nach Artikel 130 dieses Gesetzes.
SchKG einzuleiten.
D. - Diesen Entscheid haben die Beschwerdeführer an das Bundesgericht
weitergezogen mit dem Antrag, der gepfändete Schrankgramophon sei aus der
Pfändung zu entlassen.
Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer
zieht in Erwägung:
Ist ein Zahlungsbefehl ausschliesslich an eine verheiratete Frau und nicht
ebenfalls an deren Ehemann zugestellt worden, so können gestützt darauf
freilich nur solche Vermögensstücke gepfändet werden, die zu ihrem Sondergute
gehören, dagegen nicht sonstiges Frauenvermögen, ausgenommen in dem hier nicht
zutreffenden Falle der im Güterrechtsregister des Wohnortes eingetragenen
Gütertrennung. Ob ein Vermögensstück zum Sondergut der Ehefrau gehöre und
nicht zu ihrem eingebrachten Gut (oder gar zum Mannesgut), ist nach den
Vorschriften der Art. 190
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 190 - 1 Das Begehren richtet sich gegen beide Ehegatten.
1    Das Begehren richtet sich gegen beide Ehegatten.
2    ...238
und 191
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 191 - 1 Sind die Gläubiger befriedigt, so kann das Gericht auf Begehren eines Ehegatten die Wiederherstellung der Gütergemeinschaft anordnen.
1    Sind die Gläubiger befriedigt, so kann das Gericht auf Begehren eines Ehegatten die Wiederherstellung der Gütergemeinschaft anordnen.
2    Die Ehegatten können durch Ehevertrag Errungenschaftsbeteiligung vereinbaren.
ZGB bezw. in Auslegung der hier

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vorgesehenen Rechtsgeschäfte zu beurteilen, also eine Frage des materiellen
Zivilrechtes, deren Entscheidung nicht von den Aufsichtsbehörden getroffen
werden kann, sondern den Zivilgerichten vorbehalten werden muss (BGE 53 III S.
1
; 56 III S. 128; 58 III S. 101, 184). Wird gegen die bereits vollzogene
Pfändung einer Sache Beschwerde geführt, sei es dass sie von der Ehefrau als
zu ihrem eingebrachten Gute gehörend bezeichnet oder vom Ehemann als zum
eingebrachten Frauengut gehörend beansprucht werde, so steht es daher den
Aufsichtsbehörden nicht zu, die Pfändung aufzuheben, sondern sie müssen sich
darauf beschränken, die Einleitung des Widerspruchsverfahrens anzuordnen,
sofern sie noch nicht stattgefunden hat (vgl. BGE a.a.O.). Zutreffend hat
somit die Vorinstanz der Beschwerde nur in diesem beschränkten Sinne Folge
gegeben. Unbehelflich ist der Einwand der Rekurrenten, die dem Ehemanne
zustehende Einrede, es handle sich nicht um eine Vollschuld, sondern um eine
Sondergutsschuld, sei nicht identisch mit der Frage des ehemännlichen
Nutzniessungsrechtes; denn die erstere Frage spielt hier keine Rolle, wo der
Gläubiger dem Ehemanne keine Ausfertigung des Zahlungsbefehles hat zustellen
lassen, was darauf hinausläuft, dass er gar nicht daran gedacht hat, eine
Vollschuld der Ehefrau geltend zu machen. Ebensowenig ist das Bedenken der
Rekurrenten begründet, auch im Falle des Obsiegens des Ehemannes im
Widerspruchsverfahren oder -prozess würde es zur Versteigerung der streitigen
Sache, freilich unter Vorbehalt seiner Rechte daran, kommen; denn die
Weiterdauer dieser Rechte wäre unvereinbar mit dem Ausscheiden der Sache aus
dem Frauengut, weil es sich dabei eben nicht um ein eigentliches
Nutzniessungsrecht handelt, wie die Rekurrenten zu meinen scheinen.
Bei der Anordnung des Widerspruchsverfahrens gemäss Art. 106
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 106 - 1 Wird geltend gemacht, einem Dritten stehe am gepfändeten Gegenstand das Eigentum, ein Pfandrecht oder ein anderes Recht zu, das der Pfändung entgegensteht oder im weitern Verlauf des Vollstreckungsverfahrens zu berücksichtigen ist, so merkt das Betreibungsamt den Anspruch des Dritten in der Pfändungsurkunde vor oder zeigt ihn, falls die Urkunde bereits zugestellt ist, den Parteien besonders an.
1    Wird geltend gemacht, einem Dritten stehe am gepfändeten Gegenstand das Eigentum, ein Pfandrecht oder ein anderes Recht zu, das der Pfändung entgegensteht oder im weitern Verlauf des Vollstreckungsverfahrens zu berücksichtigen ist, so merkt das Betreibungsamt den Anspruch des Dritten in der Pfändungsurkunde vor oder zeigt ihn, falls die Urkunde bereits zugestellt ist, den Parteien besonders an.
2    Dritte können ihre Ansprüche anmelden, solange der Erlös aus der Verwertung des gepfändeten Gegenstandes noch nicht verteilt ist.
3    Nach der Verwertung kann der Dritte die Ansprüche, die ihm nach Zivilrecht bei Diebstahl, Verlust oder sonstigem Abhandenkommen einer beweglichen Sache (Art. 934 und 935 ZGB222) oder bei bösem Glauben des Erwerbers (Art. 936 und 974 Abs. 3 ZGB) zustehen, ausserhalb des Betreibungsverfahrens geltend machen. Als öffentliche Versteigerung im Sinne von Artikel 934 Absatz 2 ZGB gilt dabei auch der Freihandverkauf nach Artikel 130 dieses Gesetzes.
SchKG muss es das
Bewenden haben, weil die Rekurrenten auch nicht eventuell den Antrag gestellt
haben, es sei das Widerspruchsverfahren gemäss Art. 109
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 109 - 1 Beim Gericht des Betreibungsortes sind einzureichen:
1    Beim Gericht des Betreibungsortes sind einzureichen:
1  Klagen nach Artikel 107 Absatz 5;
2  Klagen nach Artikel 108 Absatz 1, sofern der Beklagte Wohnsitz im Ausland hat.
2    Richtet sich die Klage nach Artikel 108 Absatz 1 gegen einen Beklagten mit Wohnsitz in der Schweiz, so ist sie an dessen Wohnsitz einzureichen.
3    Bezieht sich der Anspruch auf ein Grundstück, so ist die Klage in jedem Fall beim Gericht des Ortes einzureichen, wo das Grundstück oder sein wertvollster Teil liegt.
4    Das Gericht zeigt dem Betreibungsamt den Eingang und die Erledigung der Klage an. ...226
5    Bis zur Erledigung der Klage bleibt die Betreibung in Bezug auf die streitigen Gegenstände eingestellt, und die Fristen für Verwertungsbegehren (Art. 116) stehen still.


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SchKG einzuleiten, wie es nach BGE 58 III S. 4 richtig gewesen wäre.
Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer: Der Rekurs wird abgewiesen.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 59 III 181
Datum : 01. Januar 1932
Publiziert : 19. Juni 1933
Quelle : Bundesgericht
Status : 59 III 181
Sachgebiet : BGE - Schuldbetreibungs- und Konkursrecht
Gegenstand : Pfändung auf Grund eines nur der Ehefrau zugestellten Zahlungsbefehls: Will der Ehemann geltend...


Gesetzesregister
SchKG: 106 
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 106 - 1 Wird geltend gemacht, einem Dritten stehe am gepfändeten Gegenstand das Eigentum, ein Pfandrecht oder ein anderes Recht zu, das der Pfändung entgegensteht oder im weitern Verlauf des Vollstreckungsverfahrens zu berücksichtigen ist, so merkt das Betreibungsamt den Anspruch des Dritten in der Pfändungsurkunde vor oder zeigt ihn, falls die Urkunde bereits zugestellt ist, den Parteien besonders an.
1    Wird geltend gemacht, einem Dritten stehe am gepfändeten Gegenstand das Eigentum, ein Pfandrecht oder ein anderes Recht zu, das der Pfändung entgegensteht oder im weitern Verlauf des Vollstreckungsverfahrens zu berücksichtigen ist, so merkt das Betreibungsamt den Anspruch des Dritten in der Pfändungsurkunde vor oder zeigt ihn, falls die Urkunde bereits zugestellt ist, den Parteien besonders an.
2    Dritte können ihre Ansprüche anmelden, solange der Erlös aus der Verwertung des gepfändeten Gegenstandes noch nicht verteilt ist.
3    Nach der Verwertung kann der Dritte die Ansprüche, die ihm nach Zivilrecht bei Diebstahl, Verlust oder sonstigem Abhandenkommen einer beweglichen Sache (Art. 934 und 935 ZGB222) oder bei bösem Glauben des Erwerbers (Art. 936 und 974 Abs. 3 ZGB) zustehen, ausserhalb des Betreibungsverfahrens geltend machen. Als öffentliche Versteigerung im Sinne von Artikel 934 Absatz 2 ZGB gilt dabei auch der Freihandverkauf nach Artikel 130 dieses Gesetzes.
109
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 109 - 1 Beim Gericht des Betreibungsortes sind einzureichen:
1    Beim Gericht des Betreibungsortes sind einzureichen:
1  Klagen nach Artikel 107 Absatz 5;
2  Klagen nach Artikel 108 Absatz 1, sofern der Beklagte Wohnsitz im Ausland hat.
2    Richtet sich die Klage nach Artikel 108 Absatz 1 gegen einen Beklagten mit Wohnsitz in der Schweiz, so ist sie an dessen Wohnsitz einzureichen.
3    Bezieht sich der Anspruch auf ein Grundstück, so ist die Klage in jedem Fall beim Gericht des Ortes einzureichen, wo das Grundstück oder sein wertvollster Teil liegt.
4    Das Gericht zeigt dem Betreibungsamt den Eingang und die Erledigung der Klage an. ...226
5    Bis zur Erledigung der Klage bleibt die Betreibung in Bezug auf die streitigen Gegenstände eingestellt, und die Fristen für Verwertungsbegehren (Art. 116) stehen still.
ZGB: 190 
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 190 - 1 Das Begehren richtet sich gegen beide Ehegatten.
1    Das Begehren richtet sich gegen beide Ehegatten.
2    ...238
191
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 191 - 1 Sind die Gläubiger befriedigt, so kann das Gericht auf Begehren eines Ehegatten die Wiederherstellung der Gütergemeinschaft anordnen.
1    Sind die Gläubiger befriedigt, so kann das Gericht auf Begehren eines Ehegatten die Wiederherstellung der Gütergemeinschaft anordnen.
2    Die Ehegatten können durch Ehevertrag Errungenschaftsbeteiligung vereinbaren.
BGE Register
53-III-1 • 58-III-3 • 59-III-181
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
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