S. 271 / Nr. 37 Gewaltentrennung (d)

BGE 54 I 271

37. Urteil vom 6. Oktober 1928 i.S. Traber und Mitbeteiligte gegen
Regierungsrat Zürich.

Regeste:
Bestimmung einer kantonalen Verfassung (Zürich), die gegenüber dem Grundsatz
der Gewerbefreiheit die «durch das öffentliche Wohl geforderten gesetzlichen
und polizeilichen Vorschriften» vorbehält. Annahme eines daraus folgenden
selbständigen (von gesetzlicher Delegation unabhängigen) Verordnungsrechts des
Regierungsrats als oberster Polizeibehörde auf dem Gebiete der Gewerbepolizei.
Beschränkungen der Gewerbeausübung, die demnach durch Verordnung verfügt
werden können. Bewilligungszwang und Einführung bestimmter persönlicher
Erfordernisse für die Ausübung eines bestimmten Berufes (Tanzunterricht) aus
sittenpolizeilichen Gründen; Gebühr für Erteilung der Bewilligung und
Kontrolle der Gewerbeausübung (Erw. 1). - Anfechtung der betr.
Verordnungsvorschriften aus Art. 31
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 31 Freiheitsentzug - 1 Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden.
1    Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden.
2    Jede Person, der die Freiheit entzogen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich und in einer ihr verständlichen Sprache über die Gründe des Freiheitsentzugs und über ihre Rechte unterrichtet zu werden. Sie muss die Möglichkeit haben, ihre Rechte geltend zu machen. Sie hat insbesondere das Recht, ihre nächsten Angehörigen benachrichtigen zu lassen.
3    Jede Person, die in Untersuchungshaft genommen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich einer Richterin oder einem Richter vorgeführt zu werden; die Richterin oder der Richter entscheidet, ob die Person weiterhin in Haft gehalten oder freigelassen wird. Jede Person in Untersuchungshaft hat Anspruch auf ein Urteil innert angemessener Frist.
4    Jede Person, der die Freiheit nicht von einem Gericht entzogen wird, hat das Recht, jederzeit ein Gericht anzurufen. Dieses entscheidet so rasch wie möglich über die Rechtmässigkeit des Freiheitsentzugs.
und 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
BV. Abweisung (Erw. 2 und 3).

A. - Am 20. Mai 1919 hat der Regierungsrat des Kantons Zürich eine Verordnung
betreffend die Erteilung von Tanzunterricht erlassen. Sie macht die Ausübung
dieses Gewerbes gegen Entgelt von einer schriftlichen Bewilligung des
Gemeinderates der Wohngemeinde abhängig (§§ 1 u. 2). Für die Erteilung
derselben sind bestimmte persönliche Erfordernisse aufgestellt (§ 3) und es
ist dafür eine Gebühr von 20-100 Fr. zu bezahlen (§ 4). Nach §§ 5 und 6 haben
die Tanzlehrer ein Register

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mit den Namen der Schüler und mit andern Angaben zu fahren, und durch § 7 wird
ihr Geschäftsbetrieb einer besonderen polizeilichen Kontrolle unterstellt. § 8
bedroht Widerhandlungen gegen die Verordnung mit Polizeibussen bis auf 200 Fr.
und mit Patententzug. Der letztere kann nach § 9 auch eintreten, wenn die
persönlichen Erfordernisse nicht mehr erfüllt sind oder wenn der Tanzlehrer
wegen Übertretung der für seinen Beruf geltenden Vorschriften wiederholt
bestraft werden musste.
Während mehreren Jahren unterwarfen sich die Tanzlehrer von Zürich dem
Bewilligungszwang. Mit Urteil vom 29. Juni 1926 hiess dann aber das
Obergericht des Kantons Zürich eine Nichtigkeitsbeschwerde des Tanzlehrers
August Traber-Amiel gut, der vom Bezirksgericht wegen Zuwiderhandlung gegen
die §§ 6 und 7 der Tanzlehrerverordnung gebüsst worden war, und sprach den
Beklagten mit der Begründung frei, dass die Verordnung nicht zu Recht bestehe,
weil Gründe des öffentlichen Wohles dafür nicht angeführt werden könnten und
sie deshalb mit den Grundsätzen der Gewerbefreiheit nicht vereinbar sei. Im
gleichen Sinne erkannte das Bezirksgericht Zürich mit Urteil vom 11. November
1926 in Sachen des Andre Zimmermann, der ebenfalls der Zuwiderhandlung gegen
die Verordnung beschuldigt war, weil der Regierungsrat zum Erlass der
letzteren nicht zuständig gewesen sei. Die Tanzlehrer forderten darauf
zunächst die bereits unter Vorbehalt für das Jahr 1926 bezahlten Gebühren
zurück, wurden aber mit diesem Begehren letztinstanzlich durch (unangefochten
gebliebenen) Entscheid des Regierungsrates vom 8. September 1927 abgewiesen.
Sodann erklärte im Namen von 18 Tanzlehrern und -lehrerinnen Rechtsanwalt
Gloor in einer Eingabe vom 30. Dezember 1926 an das Gewerbekommissariat der
Stadt Zürich, dass die Tanzlehrerunion der Schweiz den Bewilligungszwang
bestreite und ihr Vertreter beauftragt sei, diesen Standpunkt bei den

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Verwaltungsbehörden und den Gerichten zu verfechten; letztere hätten sich
bereits in definitiver Weise zu Gunsten der Tanzlehrer ausgesprochen; die
endgültige Stellungnahme der Verwaltungsbehörden dagegen stehe noch aus. Das
Gesuch um Erteilung der Unterrichts-Bewilligung werde deshalb nur für den Fall
gestellt, dass der grundsätzliche Standpunkt der Tanzlehrer nicht geschützt
werden sollte.
Mit Verfügungen vom 5. März 1927 erteilte der Polizeivorstand von Zürich den
Gesuchstellern die Bewilligung zur Erteilung von Tanzunterricht für das Jahr
1927 und setzte die entsprechende Gebühr fest. Für die Erhebung der
Bewilligungsurkunde und die Bezahlung der Gebühr wurde eine Frist bestimmt.
Die Gesuchsteller zogen diese Verfügungen an die oberen Verwaltungsbehörden
weiter. Sowohl der Stadtrat von Zürich, als das Statthalteramt des Bezirkes
Zürich als der Regierungsrat des Kantons Zürich, letzterer durch Entscheid vom
16. Februar 1928, verwarfen indessen die Beschwerde. Der Regierungsrat verwies
dabei zunächst auf die Erwägungen seines früheren Entscheides vom 26.
September 1927, um sich anschliessend mit den von den Rekurrenten dazu
erhobenen Einwendungen auseinanderzusetzen.
B. - Gegen den Entscheid des Regierungsrates vom 16. Februar 1928 haben A.
Traber-Amiel und 13 Mitbeteiligte staatsrechtliche Beschwerde beim
Bundesgericht erhoben mit dem Antrag auf Aufhebung desselben sowie der
Vorentscheide. Als Beschwerdegründe werden Übergriff der Verwaltungsbehörde in
das Gebiet der gesetzgebenden Gewalt, Verletzung der Gewerbefreiheit und von
Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
BV geltend gemacht. Der Regierungsrat könne, so wird im wesentlichen
ausgeführt, nach zürcherischem Verfassungsrecht, nur Vollziehungsverordnungen,
nicht selbständige Rechtsverordnungen erlassen und Verordnungen praeter legem
widersprächen der Verfassung (STRÄULI, Verfassung des eidg. Standes Zürich

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S. 175; RUEGG, Die Verordnung nach zürcherischem Staatsrecht S. 71 ff.;
Entscheid des zürcherischen Kassationsgerichts i. d. Blättern für zürch.
Rechtsprechung Bd. 26 Nr. 47). Das gelte auch für das Gebiet des
Gewerbewesens. Die Stellung des Regierungsrates als oberste Polizeibehörde
ermächtige ihn auch hier nicht, über das Gesetz hinauszugehen; ebensowenig
könne eine solche Befugnis aus Art. 21 der Kantonsverfassung hergeleitet
werden. Die Theorie von Rüegg, auf die sich der angefochtene Entscheid
ebenfalls berufe und wonach dem Regierungsrat eine allgemeine, historisch
bedingte, provisorische Rechtsverordnungskompetenz zukommen würde, erwecke von
vorneherein erhebliche Bedenken, indem sie nur die in ältern Gesetzen fehlende
Delegation ersetzen wolle. Neue Probleme müssten aber im Kanton Zürich durch
die Gesetzgebung bewältigt werden. Auch auf dem Boden jener Theorie hätte
übrigens der Regierungsrat nicht das Recht Verordnungen zu erlassen, die sich
überhaupt nicht auf ein Gesetz gründen, sondern sich eines Gebietes
bemächtigen, mit welchem der Gesetzgeber es bisher nicht zu tun hatte. Die
Tanzlehrerverordnung könne sich aber weder auf eine Gesetzesdelegation stützen
noch diene sie zur Vollziehung irgend eines Gesetzes. Selbst bei Annahme eines
polizeilichen Verordnungsrechts des Regierungsrats würden zudem höchstens die
Bestimmungen der angefochtenen Verordnung über die Kontrolle der Tanzlehrer
als zulässig erscheinen, nicht diejenigen über den Bewilligungszwang und die
Gebührenpflicht, §§ 1-4 (FLEINER, Institutionen des deutschen
Verwaltungsrechts, 4. Aufl. S. 366, 376 und 378). Zum mindesten mit Bezug auf
die Konzessionsgebühren gehe die Verordnung über die Kompetenzen der Polizei
hinaus (FLEINER, S. 396). Die Festsetzung einer Patentpflicht stehe überdies
nicht allein neben dem Gesetz, sondern gehe direkt gegen ein kant. Gesetz,
nämlich den § 1 des Gesetzes über das Gewerbewesen vom 9. Mai 1832. Seit den
oben erwähnten Urteilen des

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Obergerichts Zürich vom 29. Juni und des Bezirksgerichtes Zürich vom 11.
November 1926 habe denn auch der Audienzrichter von Zürich in einem weiteren
Entscheide vom 9. Dezember 1927 die Rechtsöffnung für die einem Tanzlehrer
auferlegte und von ihm nicht bezahlte Bewilligungsgebühr wegen Ungültigkeit
der Verordnung vom 20. Mai 1919 verweigert und das Obergericht eine dagegen
erhobene Nichtigkeitsbeschwerde am 27. Januar 1928 verworfen. Gegen Art. 31
der Bundesverfassung verstosse die Tanzlehrerverordnung deshalb, weil das
allgemeine Wohl die dadurch eingeführte Beschränkung der Gewerbefreiheit nicht
fordere; jedenfalls sei die Konzessionsgebühr in den vorgesehenen und in den
vorliegenden Fällen angewendeten Ansätzen unzulässig, indem sie durch ihre
Höhe Steuercharakter annehme. Und Art. 4 der Bundesverfassung sei verletzt,
weil eine Menge ähnlicher Berufsarten, die vom sittenpolizeilichen Standpunkt
aus mindestens ebensosehr Veranlassung zum polizeilichen Einschreiten gäben,
so insbesondere der Unterricht in verschiedenen Sportarten nicht der
Patentpflicht unterstehen; insbesondere verstosse auch in dieser Beziehung die
Auferlegung einer Konzessionsgebühr gegen die Rechtsgleichheit.
C. - Der Regierungsrat von Zürich trägt auf Abweisung der Beschwerde an.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.- Ob der Regierungsrat mit dem Erlass der angefochtenen Verordnung seine
Befugnisse überschritten und in die gesetzgebende Gewalt übergegriffen habe,
die nach Art. 28 der zürcherischen KV dem Volke unter Mitwirkung des
Kantonsrates zusteht, hängt davon ab, ob die Aufstellung allgemeiner
Rechtssätze durch diese Verfassungsvorschrift auf allen Gebieten der
Gesetzgebung vorbehalten worden sei. Der Regierungsrat verneint dies, indem er
in seinen Entscheiden vom 8. September 1927 und 16. Februar 1928 in Anlehnung
an die

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erwähnte Arbeit von RUEGG (insbes. S. 62 ff.)~ für sich eine durch die
Unvollständigkeit und langsame Entwicklung der Gesetzgebung geforderte,
historisch bedingte, von gesetzlicher Ermächtigung unabhängige provisorische
Rechtsverordnungskompetenz in Anspruch nimmt, angesichts deren sich nur noch
die Frage der Zweckmässigkeit eines solchen Eingreifens stelle, die vom
Regierungsrat zu beantworten und für die Tanzlehrerverordnung zu bejahen sei.
Es kann dahingestellt bleiben, wie es sich hiemit verhält. Denn jedenfalls
lässt sich für das heute in Frage stehende Gebiet der Gewerbepolizei die in
Anspruch genommene Kompetenz in dem Umfange, wie sie durch die angefochtene
Verordnung ausgeübt wird, aus Art. 21 der KV und der Stellung des
Regierungsrates als oberste Polizeibehörde herleiten, worauf sich dieser denn
auch ebenfalls berufen hat. Wenn die erwähnte Verfassungsvorschrift zwar
zunächst «die Ausübung jeder Berufsart in Kunst und Wissenschaft, Handel und
Gewerbe» grundsätzlich als frei erklärt, im Anschluss daran dann aber beifügt:
· «Vorbehalten sind die gesetzlichen und polizeilichen Vorschriften, welche
das öffentliche Wohl erfordert», so ist darin die Anerkennung eines
selbständigen Verordnungsrechts der Polizeibehörde auf diesem Gebiete
eingeschlossen, das in Materien, die allgemein als solche der Polizei
angesehen werden, auch praktischen Bedürfnissen entspricht (vgl. hiezu AS 32 I
S. 109 Erw. 3). Das Gesetz über das Gewerbewesen vom 9. Mai 1832 steht dieser
Annahme nicht entgegen. Art. 1 Satz 2 desselben lautet freilich: «Demzufolge
ist jede Art von Handel, von Fabrikation oder von sonstigem erlaubtem Erwerb,
wofür nicht durch gegenwärtiges Gesetz ausdrücklich eine Ausnahme verordnet
ist, als ein freies Gewerbe anzusehen, dessen Betreibung Jedem ohne
Unterschied gestattet ist;» indessen hat diese Bestimmung schon nach der
Entstehungszeit des Gesetzes doch wohl in erster Linie die Beseitigung von
Vorrechten

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(Gewerbeprivilegien) im Auge, wie sie damals noch bestanden: sodann steht sie,
wie sich aus dem Zusammenhang ergibt, wiederum unter dem gleichen Vorbehalt,
unter dem im ersten Satz des Artikels die Freiheit des Handels und der Gewerbe
allgemein als Grundsatz aufgestellt ist, nämlich: «soweit sie mit dem Wohl der
Gesamtbürgerschaft und demjenigen der Handel-, gewerbe- und handwerktreibenden
Klassen vereinbar ist». So wird Art. 21 KV denn auch in der Abhandlung von
SCHURTER, Das Verordnungsrecht im Kanton Zürich S. 19 unten, und von SCHINDLER
in der Schw. Jur.-Ztg. Bd. 23, S. 288 aufgefasst. Auch das zürcherische
Obergericht hat sich in seinem Urteil vom 29. Juni 1926 dieser Auffassung
angeschlossen und ist nur deshalb dazu gekommen, die Tanzlehrerverordnung
trotzdem als ungültig zu erklären, weil es die Frage nachprüfte und verneinte,
ob das «öffentliche Wohl» es erforderte, die Tanzlehrer konzessionspflichtig
zu erklären und sie allgemein einer polizeilichen Kontrolle zu unterstellen.
Damit ist nun aber doch wohl eher der kantonale Richter seinerseits über die
Schranken seiner Überprüfungsbefugnis hinausgegangen, da die Notwendigkeit
oder Zweckmässigkeit polizeilichen Einschreitens aus Gründen des öffentlichen
Wohls in erster Linie den zur Handhabung der öffentlichen Ordnung zuständigen
Polizeibehörden zur Beurteilung überlassen bleiben muss und von den Gerichten
kaum frei nachgeprüft werden kann. Jedenfalls hat das Bundesgericht in dieser
Beziehung sich nur zu fragen, ob die Gründe für die polizeiliche Beschränkung
der Ausübung des Tanzlehrergewerbes ernsthaft und an sich geeignet seien, ein
polizeiliches Einschreiten zu rechtfertigen. Das ist aber zweifellos der Fall.
Im Entscheid vom 8. September 1927 führt der Regierungsrat aus, es seien die
sich mehrenden Veranstaltungen von öffentlichen Tanzbelustigungen unter der
Maske von Repetitionskursen und Schlusskränzchen gewesen, geleitet von
zweifelhaften Elementen und unter Beteiligung

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des Dirnen- und Zuhältertums, also vor allem gesundheits- und
sittenpolizeiliche Erwägungen, die ihn veranlasst hätten, Vorschriften über
den Tanzunterricht zu erlassen. Und mit Bezug auf den Bewilligungszwang und
die Gebührenpflicht im besondern erklärt er, dass vor Erlass der Verordnung
allgemein über die im Tanzunterricht eingerissene Sittenlosigkeit geklagt
worden sei und dass man diesen Klagen nur durch Vorschriften über die
moralische Eignung der Tanzlehrer habe gerecht werden können. Es handelt sich
danach um eine Beschränkung aus wesentlich sittenpolizeilichen Rücksichten,
die sich jedenfalls da rechtfertigt, wo Veranstaltungen in Frage stehen, die
für jedermann zugänglich sind und so leicht zu andern Zwecken benutzt werden
können als zu denen, welchen sie dem Namen nach dienen sollen.
Sittenpolizeiliche Erwägungen dieser Art bilden aber einen genügenden Grund,
um die Ausübung des Gewerbes an eine vorherige Bewilligung zu knüpfen und
deren Erteilung von einer Prüfung der Eignung und Zuverlässigkeit des
Bewerbers in Hinsicht auf die Gefahr von Missbräuchen abhängig zu machen. Die
Pflicht zur Bezahlung einer Kontrollgebühr sodann steht mit dem
Bewilligungszwang in engstem Zusammenhange. Auch sie konnte infolgedessen auf
dem Verordnungswege eingeführt werden, soweit man es noch mit einer Gebühr,
nicht mit einer Steuer zu tun hat. Das trifft aber hier zu; die Höhe der
vorgesehenen Abgabe hebt sie nicht über das für Gebühren zulässige Mass hinaus
und auch die Abstufung nach dem Umfange der vorauszusehenden Kontrolle ist
zulässsig (BGE 53 I S.482 ff. und die dort erwähnten früheren Entscheide).
2.- Die durch die Bundesverfassung gewährleistete Gewerbefreiheit steht der
Einführung einer Patentpflicht und besondern polizeilichen Kontrolle über
einzelne Gewerbe nicht entgegen, sobald dafür Gründe des öffentlichen Wohles
angeführt werden können (vgl. BURCKHARDT Komm. zur BV S. 269, ferner BGE 38 I
72
; 42 I 7, 42 I 15 und 127; 46 I 219, 46 I 332; 47 I 259; 48 I 274;

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285, 457; 49 I 91; 51 I 292; 52 I 225; 53 I 118, 197). Solche Gründe lagen
aber hier, wie bereits ausgeführt, vor. Ebensowenig wie der Bewilligungszwang
verstösst die Gebührenpflicht gegen Art. 31
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 31 Freiheitsentzug - 1 Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden.
1    Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden.
2    Jede Person, der die Freiheit entzogen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich und in einer ihr verständlichen Sprache über die Gründe des Freiheitsentzugs und über ihre Rechte unterrichtet zu werden. Sie muss die Möglichkeit haben, ihre Rechte geltend zu machen. Sie hat insbesondere das Recht, ihre nächsten Angehörigen benachrichtigen zu lassen.
3    Jede Person, die in Untersuchungshaft genommen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich einer Richterin oder einem Richter vorgeführt zu werden; die Richterin oder der Richter entscheidet, ob die Person weiterhin in Haft gehalten oder freigelassen wird. Jede Person in Untersuchungshaft hat Anspruch auf ein Urteil innert angemessener Frist.
4    Jede Person, der die Freiheit nicht von einem Gericht entzogen wird, hat das Recht, jederzeit ein Gericht anzurufen. Dieses entscheidet so rasch wie möglich über die Rechtmässigkeit des Freiheitsentzugs.
der BV, der sogar die Erhebung
besonderer Gewerbesteuern zulässt.
3.- Bei der Ausübung der anderen, von den Rekurrenten angeführten Gewerbe
haben sich ähnliche sittenpolizeiliche Missstände, wie der Regierungsrat in
seiner Vernehmlassung feststellt, bis jetzt nicht ergeben, womit der Vorwurf
rechtsungleicher Behandlung entfällt.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 54 I 271
Datum : 01. Januar 1927
Publiziert : 06. Oktober 1928
Quelle : Bundesgericht
Status : 54 I 271
Sachgebiet : BGE - Verfassungsrecht
Gegenstand : Bestimmung einer kantonalen Verfassung (Zürich), die gegenüber dem Grundsatz der Gewerbefreiheit...


Gesetzesregister
BV: 4 
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
31
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 31 Freiheitsentzug - 1 Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden.
1    Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden.
2    Jede Person, der die Freiheit entzogen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich und in einer ihr verständlichen Sprache über die Gründe des Freiheitsentzugs und über ihre Rechte unterrichtet zu werden. Sie muss die Möglichkeit haben, ihre Rechte geltend zu machen. Sie hat insbesondere das Recht, ihre nächsten Angehörigen benachrichtigen zu lassen.
3    Jede Person, die in Untersuchungshaft genommen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich einer Richterin oder einem Richter vorgeführt zu werden; die Richterin oder der Richter entscheidet, ob die Person weiterhin in Haft gehalten oder freigelassen wird. Jede Person in Untersuchungshaft hat Anspruch auf ein Urteil innert angemessener Frist.
4    Jede Person, der die Freiheit nicht von einem Gericht entzogen wird, hat das Recht, jederzeit ein Gericht anzurufen. Dieses entscheidet so rasch wie möglich über die Rechtmässigkeit des Freiheitsentzugs.
BGE Register
38-I-66 • 42-I-1 • 42-I-11 • 46-I-216 • 46-I-328 • 47-I-255 • 48-I-269 • 49-I-87 • 51-I-289 • 52-I-222 • 53-I-114 • 53-I-472 • 54-I-271
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
regierungsrat • weiler • frage • bundesgericht • bundesverfassung • kv • verfassung • handel und gewerbe • gewerbepolizei • 1919 • gesuchsteller • veranstalter • entscheid • bewilligung oder genehmigung • verfassungsrecht • autonomie • gemeinderat • gesetzesdelegation • rechtsgleiche behandlung • kantonsgericht
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