254 Staatsrecht.

heraus vom Bundesgericht, sondern nach den jeweiligen Verhältnissen
Von den zuständigen kantonalen Behörden zu entscheiden ist. Es ist
dabei nicht ausgeschlossen, dass auch Rücksichten auf die richtige
Verwaltung eines Gemeindewerkes mitsprechen; so ist die Konsolidierung
eines solchen Unternehmens und die Sorge für einen angemessenen Ertrag
ebenfalls ein öffentliches Interesse, das in Betracht gezogen werden darf,
wenn es sich darum handelt, den zulässigen Umfang einer Beschränkung
des freien Gewerbetriebes zu bestimmen, dies jedenfalls dann, wenn es
sich, wie hier, im Grunde nicht um einen unmittelbaren Eingriff in die
Gewerbefreiheit handelt, sondern nur um eine Nebenwirkung der Ausdehnung
eines Gemeindebetriebes auf einen damit zusammenhängenden Zweig der für
die Versorgung der Gemeinde mit Elektrizität erforderlichen Arbeiten und
Lieferungen (vgl. nach beiden Richtungen die allgemeinen Betrachtungen am
Schlusse des Urteils in Sachen Walser, die auch heute noch als zutreffend
erscheinen).

Dass aber nach kanfonalem öffentlichen Rechte die Gemeinde Küsnacht
nicht berechtigt war, ihr Elektrizitätswerk mit diesem tatsächlichen
Monopole auszustatten, ist nicht behauptet, weshalb die Legitimation
des Rekurrenten zu einer solchen Rüge nicht untersucht zu werden braucht.

Auch die Betrachtung aus dem Gesichtspunkte der öffentlichreehtlichen
Natur der angefochtenen Beschränkung führt demnach nicht zur Gutheissung
der Beschwerde und zu einer Aenderung der bisherigen Rechtssprechung.
Es mag lediglich beigefügt werden, dass 2. B. in Deutschland derartige
Beschränkungen der freien Gewerbeausübung ebenfalls nicht als gegen den
in § I der Gewerbeordnung aufgestellten Grundsatz der Gewerbefreiheit
oder gegen das in § 10 derselben enthaltene Verbot von ausschliesslichen
Gewerbeberechtigungen verstossend angesehen werden. In diesemHandelsund
Gewerbetreiheit. N° 37. 255

Sinne haben nicht nur das preussische und das sächsische
Oberverwaltungsgericht in den bei REGER Bd. 13 S. 221 und Bd. 32
S. 196 mitgeteilten Entscheidungen sich ausgesprochen, sondern auch das
Reichsgericht in dem in Bd. 79 8.224 der Entscheidungen in Zivilsachen
veröffentlichten Urteil. Allerdings handelte es sich in den Fällen,
die zu den angeführten Entscheiden Anlass gaben, um die Zulässigkeit des
Konzessionssystems. Die Begründung, mit der die Zulässigkeit bejaht wurde,
treffen aber in gleicher Weise für das Regiesystem zu. In der Schweiz
hat sich das Installationsmonopol überall, wo es angefochten wurde,
durchgesetzt, derart, dass es gegenwärtig als rechtlich zulässig angesehen
werden muss. Nur zwingende Gründe rechtlicher oder volkswirtschaftlicher
Natur vermöchte es zu rechtfertigen, dass dieser Zustand geändert
würde. Solche liegen aber nicht vor.

Demnacherkennt das Bundesgericht : Die Beschwerde wird abgewiesen.

37. Urteil vom 7. Oktober 1921 i. S. Held gegen Staatsanwaltschafl des
Kantons Aargau. _

Art. 31
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 31 Freiheitsentzug - 1 Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden.
1    Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden.
2    Jede Person, der die Freiheit entzogen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich und in einer ihr verständlichen Sprache über die Gründe des Freiheitsentzugs und über ihre Rechte unterrichtet zu werden. Sie muss die Möglichkeit haben, ihre Rechte geltend zu machen. Sie hat insbesondere das Recht, ihre nächsten Angehörigen benachrichtigen zu lassen.
3    Jede Person, die in Untersuchungshaft genommen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich einer Richterin oder einem Richter vorgeführt zu werden; die Richterin oder der Richter entscheidet, ob die Person weiterhin in Haft gehalten oder freigelassen wird. Jede Person in Untersuchungshaft hat Anspruch auf ein Urteil innert angemessener Frist.
4    Jede Person, der die Freiheit nicht von einem Gericht entzogen wird, hat das Recht, jederzeit ein Gericht anzurufen. Dieses entscheidet so rasch wie möglich über die Rechtmässigkeit des Freiheitsentzugs.
BV. Zulässigkeit einer speziellen, mit dem Patentzwang verbundenen
staatlichen Aufsicht über den Handel mit Prämienwerten. Begriff der
Prämienobligation. Dazu gehören auch solche Obligationen mit niedriger
Verzinsung, deren Inhabern der Schuldner Prämien zusichert, die allenfalls
auf ihm gehörende Prämienwertpapiere fallen sollten.

A. Die Rekurrentin veranlasste als Vertreterin des Bankgeschäftes Steiner
& Cie in Lausanne am 30. November 1920 den Fuhrknecht 'Otto Frischknecht
in Aarau, einen Zeichnungsschein für drei Obligationen der

256 ' . staats-seht

genannten Bank zu unterzeichnen und dafür eine Anzahlung von 60 Fr. zu
leisten. Der Zeichnungsschein lautet: Ich erkläre hiemit meinen Beitritt
zur Kapitalisierungsgesellschait La Semeuse, verwaltet durch die Bank
Steiner & Cie und zeichne auf Grund umstehenden Reglemente auf drei
Anteile von 500 Fr. nem. zum Preise von 480 Fr. pro Stück, zahlbar in
48 aufeinander folgenden Monatsraten von 10 Fr. für je einen Anteil .
Aus dem genannten Reglement sind folgende Bestimmungen hervorzuheben:
Art. 1 : Unter dem Namen La Semeuse hat sich eine Gesellschaft gebildet,
die den Zeitankauf von Obligationen (genannt Kassen scheine ) der
Bank Steiner & Cle bezweckt, Art. 2 : Die Gesellschaft besteht aus
100 Anteilen. Jeder derselben hat Anrecht auf eine Obligation von
500 Franken.

Art. 3: Die definitiven Obligationen sind auf eine Dauer .

von acht Jahren ausgestellt, die mit der gänzlichen Liberierung zu
laufen beginnt, (1. h., nach Zahlung der 48. Monatsrate. Sie sind
mit 16 Semestercoupons von je 12 Fr. 50 Cts. versehen. Art. 4: Jeder
Anteil gibt ausserdem Anspruch für einen Hundertstel auf die Teilnahme
an den Ziehungen von zehn durch die Bank Steiner & Cie in Lausanne der
Gesellschaft gratis zur

Verfügung gestellten Prämienobligationen, gemäss dem -

si oben genannten Ziehungsplan. Art. 6: Die Bank Steiner & Cie tritt zu
Gunsten der Gesellschaft nur ihr Recht auf die Treffer äh, die eventuell
durch Zie hungen auf die zur Verfügung gestellten Prämien werte fallen
könnten. Die genannten Prämienobliga tionen bleiben Eigentum der Bank,
sowohl was die Zinsen anbelangt, als auch bis zur Höhe des Nominal
wertes derselben. Art. 9: Während den ersten vier Jahren vergütet die Bank
einen einmaligen Zins von 20 Fr., welcher vom Nominalwert von 500 Fr. in
Äb zug gebracht wird, sodass der Preis jeden Anteils 480 Fr. beträgt.
Das Bezirksgericht Aarau erblickte im Verhalten der Rekurrentin einen
gewerbsmässigenHandelsund Gewerbefreiheit. N°' 37. 257

Handel mit Pränüenobligationen, wofür nach § 10 der aargauischen
Verordnung über das Lotteriewesen vom 4. Juli 1913 ein Patent erforderlich
ist, und verurteilte sie, da sie ein solches nicht besass, auf Grund
des § 14 der Verordnung zu 100 Fr. Busse. Aus der Begründung des
Urteils ist folgendes hervorzuheben : Das typische Kennzeichen der
Prämienobligationen haftet diesen Kassascheinen an. Sie stellen in
der Hauptsache mit Bezug auf den Nominalbetrag einen Darlehens- oder
Kaufvertrag dar, der dem Erwerber. einen bis zu jenem Betrage sichern
Gegenwert bietet. Ausserdem ist aber eine weitergehende Leistung des
Erwerbers daran geknüpft, die im Verzicht auf die vollständige oder
normale Verzinsung des Kapitals liegt und der die blosse Hoffnung
auf Prämiengewinn gegenüber steht. Abgesehen davon, dass eine 5 %
Verzinsung unter den heutigen Verhältnissen, wo mindestens ebenso
sichere Kapitalanlagen zu höherem Zinsfuss sozusagen die Regel bilden,
nicht als Hoher Zins ertrag angesehen werden kann, ist zu beachten,
dass nach den Bestimmungen des Reglementes die Bank

, während der ersten vier Jahre nur einen einmaligen

Zins von 20 Fr. vergütet. Bei normaler Bezahlung der 48 Monatsraten
bedeutet das für den Zeichner des Kassascheines während dieser ersten
vier Jahre einen Zinsverlust von 16 Fr. auf den einbezahlten Beträgen,
den die Bank an sich zieht und als Gegenleistung dafür den Anteil
an einem allfälligen Prämiengewinn gewährt von zu diesem Zwecke den
Mitgliedern der Kapitalisierungsgesellschaft aus ihrem Effektenbe
stand gratis zur Verfügung gestellten Prämien werten. Diese Beteiligung
an erhofften Gewinnen erfolgt somit nicht gratis, sie ist die Prämie für
den Verzicht des Kassascheingläubigers auf die voll ständige und normale
Verzinsung seines Anlageka pitals. Eine Beschwerde gegen dieses Urteil
wies das Obergericht des Kantons Aargau (II. Abteilung)

238 Staatsrecht.

am 20. Mai 1921 mit folgender Begründung ab: Es fragt sich nur, ob die
Beklagte gewerbsmässig Handel mit Priimienlosen oder Prämienobligationen
betrieben l1al)e.. Über das Requisit der Gewerbsmässigkeit be Steht
keine Meinungsverschiedenheit. Dagegen be streitet die Beklagte,
Prämienlose oder Prämienobliga tionen ausgeboten, bezw. in Handel
gebracht zu haben. Nun ist aber nach dieser Richtung den Erwägungen
der Vorinstanz durchaus beizustimmen. Ausschlag gehend kann nicht
sein, dass die Prämienobligationen im Besitze und Eigentum der Firma
Steiner & Cie verblieben und dass in erster Linie 5%ige Obligationen
angeboten wurden. Mit dem Besitze der Obligationen wurde dem Abnehmer
eine Gewinnehanee auf Prämien obligationen, die speziell aufgeführt
waren, offeriert. Dass diese Gewinnbeteiligung einen Gegenwert, wenn
auch nur einen teilweisen, für die von Frischknecht zu leistenden
Zahlungen bildeten, ist ohne weiteres klar. denn es kann doch nicht
ernstlich behauptet werden, diese Chancen seien gratis auf die Erwerber
übertragen worden. Zu beachten ist auch. dass die Beklagte mit dem blossen
Angebot von összigen Obli gationen eines den Abnehmern völlig unbekannten
Bankhauscs wohl wenig Glück gehabt hätte. Ganz abgesehen davon, dass
zur Zeit dieses Angebotes der Zinsluss auf derartige Wertpapiere ein
wesent lieh höherer war, wäre auf dem Wege, den die Beklagte

einschlng, wohl kaum ein Erfolg zu erzielen gewesen, .

wenn das alcatorische Moment der Gewinnchance dabei gefehlt
hätte. Derartige Geschäfte aber wollten aus wirtschaftlichen und
moralischen Gründen der öffentlichen Aufsicht unterstellt werden

B. Gegen diesen Entscheid hat Frau Held am 1. August 1921 die
staatsrechtliche Beschwerde an d,as Bundesgericht ergriffen mit dem
Antrag auf Aufhebung der beiden Strafurteile.

Sie macht geltend : § 10 der aargauisehen Lotterie-Handelsund
Gewerbetreiheit. N° 37. 259

verordnung sei bundesrechtlich zulässig. Ein Handel mit Prämienlosen
liege aber nicht vor. Die Kassenscheine des Bankhauses Steiner & Cle
hätten keinen aleatorischen Charakter und seien normal verzinslich.
Bei der Einzahlung eines Betrages von 480 Fr. in 48 Monatsraten entständen
notwendigerweise grosse Spesen (Postcheckgebühren, Portoauslagen etc.),
so dass zur Vermeidung eines Verlustes während dieser Zeit nicht der volle
Zins bezahlt werden könne. Die geringe Verzinsung während der ersten
vier Jahre stehe also nicht im Zusammenhang mit der den Abnehmern der
Obligationen gewährten Gewinnchance, die eine unentgeltliche Vergünstigung
bilde. Dass der von der Rekurrentin betriebene Obligationenhandel der
aargauischen Lotterieverordnung unterstellt werde, stelle sich daher als
Verletzung des Art. 31
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 31 Freiheitsentzug - 1 Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden.
1    Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden.
2    Jede Person, der die Freiheit entzogen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich und in einer ihr verständlichen Sprache über die Gründe des Freiheitsentzugs und über ihre Rechte unterrichtet zu werden. Sie muss die Möglichkeit haben, ihre Rechte geltend zu machen. Sie hat insbesondere das Recht, ihre nächsten Angehörigen benachrichtigen zu lassen.
3    Jede Person, die in Untersuchungshaft genommen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich einer Richterin oder einem Richter vorgeführt zu werden; die Richterin oder der Richter entscheidet, ob die Person weiterhin in Haft gehalten oder freigelassen wird. Jede Person in Untersuchungshaft hat Anspruch auf ein Urteil innert angemessener Frist.
4    Jede Person, der die Freiheit nicht von einem Gericht entzogen wird, hat das Recht, jederzeit ein Gericht anzurufen. Dieses entscheidet so rasch wie möglich über die Rechtmässigkeit des Freiheitsentzugs.
BV dar. Zugleich werde der Satz nulla poena sine
lege missachtet und damit Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
BV verletzt.

C. Das Obergerieht hat auf Gegenbemerkungen verzichtet.

D. Die Staatsanwaltschaft hat Abweisung der Beschwerde beantragt.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung :

Das Bundesgericht hat sich im Anschluss an die frühere Praxis des
Bundesrates stets auf den Standpunkt gestellt, dass einerseits die
Kantone die Veranstaltung von Lotterien und den Vertrieb ihrer Lose
nach. Art. 35
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 35 Verwirklichung der Grundrechte - 1 Die Grundrechte müssen in der ganzen Rechtsordnung zur Geltung kommen.
1    Die Grundrechte müssen in der ganzen Rechtsordnung zur Geltung kommen.
2    Wer staatliche Aufgaben wahrnimmt, ist an die Grundrechte gebunden und verpflichtet, zu ihrer Verwirklichung beizutragen.
3    Die Behörden sorgen dafür, dass die Grundrechte, soweit sie sich dazu eignen, auch unter Privaten wirksam werden.
BV allgemein verbieten können und dass andrerseits
der Handel mit Prämienwerten grundsätzlich den Schutz des Art. 31
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 31 Freiheitsentzug - 1 Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden.
1    Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden.
2    Jede Person, der die Freiheit entzogen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich und in einer ihr verständlichen Sprache über die Gründe des Freiheitsentzugs und über ihre Rechte unterrichtet zu werden. Sie muss die Möglichkeit haben, ihre Rechte geltend zu machen. Sie hat insbesondere das Recht, ihre nächsten Angehörigen benachrichtigen zu lassen.
3    Jede Person, die in Untersuchungshaft genommen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich einer Richterin oder einem Richter vorgeführt zu werden; die Richterin oder der Richter entscheidet, ob die Person weiterhin in Haft gehalten oder freigelassen wird. Jede Person in Untersuchungshaft hat Anspruch auf ein Urteil innert angemessener Frist.
4    Jede Person, der die Freiheit nicht von einem Gericht entzogen wird, hat das Recht, jederzeit ein Gericht anzurufen. Dieses entscheidet so rasch wie möglich über die Rechtmässigkeit des Freiheitsentzugs.
BV
geniesse, also nur aus polizeilichen Gründen, Speziell um das Publikum
vor Benachteiligung durch unredliches oder unsolides Geschäftsgebahren
zu schützen, eingeschränkt werden dürfe (AS 41 I S. 37; 42 I S. 7). Als
zulässige Schranken sind dabei angesehen worden eine spezielle, mit dem
Patentzwang verbundene staatliche Aufsicht und das Verbot ge-

260 Staatsrecht.

wisser für das Publikum besonders gefährlicher Arten des erwähnten
Handels (AS 48 I S. 3). Demnach ist, wie auch die Rekurrentin zugibt,
vom Standpunkt des Art. 31
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 31 Freiheitsentzug - 1 Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden.
1    Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden.
2    Jede Person, der die Freiheit entzogen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich und in einer ihr verständlichen Sprache über die Gründe des Freiheitsentzugs und über ihre Rechte unterrichtet zu werden. Sie muss die Möglichkeit haben, ihre Rechte geltend zu machen. Sie hat insbesondere das Recht, ihre nächsten Angehörigen benachrichtigen zu lassen.
3    Jede Person, die in Untersuchungshaft genommen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich einer Richterin oder einem Richter vorgeführt zu werden; die Richterin oder der Richter entscheidet, ob die Person weiterhin in Haft gehalten oder freigelassen wird. Jede Person in Untersuchungshaft hat Anspruch auf ein Urteil innert angemessener Frist.
4    Jede Person, der die Freiheit nicht von einem Gericht entzogen wird, hat das Recht, jederzeit ein Gericht anzurufen. Dieses entscheidet so rasch wie möglich über die Rechtmässigkeit des Freiheitsentzugs.
BV aus nichts dagegen einzuwenden, dass der
Kanton Aargau in den §§ 10 und 14 seiner Verordnung vom 4. Juli 1913 den
Handel mit Prämienwerten an eine staatliche Bewilligung knüpft und ihn,
sofern er ohne solche betrieben wird, für strafbar erklärt. Wenn sich
daher das von der Rekurrentin mit Frischknecht abgeschlossene Geschäft
als Vertrieb von Prämienwerten im Sinne der bundesgen'chtlicben Praxis
darstellt, so konnte die Reknrrentin ohne Verletzung des Art. 31
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 31 Freiheitsentzug - 1 Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden.
1    Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden.
2    Jede Person, der die Freiheit entzogen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich und in einer ihr verständlichen Sprache über die Gründe des Freiheitsentzugs und über ihre Rechte unterrichtet zu werden. Sie muss die Möglichkeit haben, ihre Rechte geltend zu machen. Sie hat insbesondere das Recht, ihre nächsten Angehörigen benachrichtigen zu lassen.
3    Jede Person, die in Untersuchungshaft genommen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich einer Richterin oder einem Richter vorgeführt zu werden; die Richterin oder der Richter entscheidet, ob die Person weiterhin in Haft gehalten oder freigelassen wird. Jede Person in Untersuchungshaft hat Anspruch auf ein Urteil innert angemessener Frist.
4    Jede Person, der die Freiheit nicht von einem Gericht entzogen wird, hat das Recht, jederzeit ein Gericht anzurufen. Dieses entscheidet so rasch wie möglich über die Rechtmässigkeit des Freiheitsentzugs.
BV
deswegen bestraft werden, da sie hiefür kein Patent besass. Es ist somit
zuuntersuchen, ob die erwähnte Voraussetzung zutrifft (vgl. AS 42 I S. 7).

Als Prämienobligation wird in der Regel ein Wert-

papier bezeichnet, das sich dadurch von einer gewöhnlichen Obligation
unterscheidet, dass an die Stelle der Verzinsung ganz oder teilweise
die blosse, mehr . oder weniger wahrscheinliche Möglichkeit, einen
von einer Verlosung abhängigen Gewinn zu erhalten, tritt, und somit die
Hoffnung auf eine aleatorische Prämie beim Kauf des Papiers mitbestimmend
wirkt. Das ist nun bei den von Frischknecht gezeichneten Titeln der
Fall, obwohl sie nicht ausdrücklich als Prämienobligationen bezeichnet
werden. Die Bank Steiner & Cle bezahlt den Inhabern solcher Titel keinen
für die heutige Zeit normalen Obligationenzins. Schon der Zinsfuss von
5 % erscheint als ausserordentlich niedrig, wenn man von der Prämie
absieht. Wie das Obergericht mit Recht bemerkt, muss ein Bankgeschäft
von der Art, wie es hier vorliegt, dessen Kapital und Reserven im Handel
nicht angegeben werden und das nicht zu den grossen allgemein als solid
bekannten Bankunter-nehmungen gehört, heutzutage auf alle Fälle für
von ihm ausgegebene gewöhnliche, auf acht Jahre feste Obligationen
erheblich mehr Zins als 5 % gewähren, zumal da schon ganzHandelsund
Gewerbefreibeit. N° 37. 261

erstklassige Papiere einen höhern Zins abwerken. Dazu kommt, dass die
Käufer der hier in Frage stehenden Titel für die ersten Vier Jahre,
während denen die Ratenzahlungen zu leisten sind, eine noch bedeutendere
Zinseinbnsse erleiden als später. Geht man nur von einem Zinsfnss von 6 %
aus, der zweifellos gegenwärtig ein Minimum für gewöhnliche langfristige
Obligationen eines Institutes wie der Bank Steiner & Cie bildet, so
ergibt sich, dass die 48 Rateneinzahlungen von je 10 Fr. bis am Ende
des 4. Jahres einen Zins von über 55 Fr. abwerfen sollten oder noch
etwas mehr, wenn Zinseszinsen berechnet werden. Die Bank zahlt aber
für diese Zeit bloss 20 Fr. Zins, also mehr als die Hälfte zu wenig.
Dabei handelt es sich keineswegs darum, sie für ihre Auslagen angemessen
zu entschädigen. Die Kosten, die die Einzahlungen auf den Postcheekkonto
oder alifällige Nachnahmen oder Mahnungen bei Verzug der übrigens zu
Verzugszinsen verpflichtet mit sich bringen, können nur ganz unbedeutend
sein und in keinem Fall ein paar Franken übersteigen.

Für die Zinseinbusse erhält nun der Abnehmer einer solchen Obligation,
wie sie hier in Frage steht, nichts anderes als einen Anteil an der
Gewinnchance, die an zehn Prämienwertpapiere geknüpft ist, und nicht
etwa einen Anspruch auf diese Papiere selbst, auf das dem Nominalwert
entsprechende, bei der Verlosung zurückbezahlte Kapital und die dafür
entrichteten Zinsen, was beides ausschliesslich der Bank zukommt. Die
Ge-winnchance bildet denn auch der Grund, weshalb diese für die
vorliegenden Obligationen Abnehmer finden kann, obwohl die Verzinsung
ausserordentlich gering ist und die Käufer sich in der Regel über den
Grad der Sicherheit, die die Bank für die Erfüllung ihrer Verpflichtungen
bietet, ganz im Dunkeln befinden. Übrigens zeigt der-Prospekt, den diese
für die in Frage stehenden Obligationen herausgegeben hat, deutlich,
dass sie deren Absatz hauptsächlich durch Erweckung

Staatsrecht

lo

26 der Hoffnung auf eine Prämie herbeizuführen sucht.,

Allerdings besteht zwischen diesen Titeln und den gewöhnlichen
Prämienobligationen insofern ein Unterschied, als jene nicht selbst zur
Verlosung gelangen, sondern die auf sie fallenden Prämien durch Ziehungen,
die für andere Anleihen erfolgen, bestimmt werden. Allein das ist vom
Standpunkt des Art. 31
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 31 Freiheitsentzug - 1 Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden.
1    Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden.
2    Jede Person, der die Freiheit entzogen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich und in einer ihr verständlichen Sprache über die Gründe des Freiheitsentzugs und über ihre Rechte unterrichtet zu werden. Sie muss die Möglichkeit haben, ihre Rechte geltend zu machen. Sie hat insbesondere das Recht, ihre nächsten Angehörigen benachrichtigen zu lassen.
3    Jede Person, die in Untersuchungshaft genommen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich einer Richterin oder einem Richter vorgeführt zu werden; die Richterin oder der Richter entscheidet, ob die Person weiterhin in Haft gehalten oder freigelassen wird. Jede Person in Untersuchungshaft hat Anspruch auf ein Urteil innert angemessener Frist.
4    Jede Person, der die Freiheit nicht von einem Gericht entzogen wird, hat das Recht, jederzeit ein Gericht anzurufen. Dieses entscheidet so rasch wie möglich über die Rechtmässigkeit des Freiheitsentzugs.
BV aus als durchaus unerheblich anzusehen. Die
Bank Steiner & Cle macht ihre Obligationen dadurch zu Prämienwerten,
dass sie den Zeichnern die ihr kraft ihres Eigentums an gewissen Titeln
zustehenden Rechte auf allfällige Prämien überträgt. Daher können die
in dieser Weise vertriebenen Obligationen auch ohne Verletzung des
Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
BV als Prämienobligationen im Sinn des § 10 der aargauischen
Lotterieverordnung angesehen werden.

Betrachtet man eine" Serie von 100 Obligationeninhabern, so ergibt sich
folgendes : Diese 100 Personen, die der Bank für ein Jahr ein von 1000
auf 12,000 Fr., für das folgende ein von 12,000 auf 24,000 Fr., für
das dritte Jahr ein von 24,000 auf 36,000 Fr., für das vierte ein von
36,000 auf 48,000 Fr. anwachsendes Kapital und diese Summe von 48,000
Fr. noch für weitere acht Jahre zur Verfügung stellen, erhalten dafür
ausser der Verzinsung lediglich die Rechte auf diejenigen Prämien, die
allenfalls Während 12 Jahren 10 Wertpapieren im Nominalbetrage von 2000
französischen Franken, 75 Schweizerfranken und 15 holländischen Gulden
zufallen. Andrerseits gewinnt die Bank durch die geringe Verzinsung
während der ersten vier Jahre von 100 Obligationären mehr als 3500 Fr. und
Während der folgenden acht Jahre allermindestens noch 1 %Zins auf den
48,000 Fr., sodass ihr Gesamtgewinn für die 12 Jahre jedenfalls mehr als
7000 Fr. beträgt, dem als Gegenwert lediglich die Chance gegenübersteht,
Prämien auf Werttitel zu erhalten, deren Kurswerl: zur Zeit nicht einmal
1000 Schweizerfranken betragen dürfte. Zudem macht die Bank auch einen
Gewinn, wenn einGarantie des Bürgerrechts N° 38. 263

Zeichner vom Vertrage zurücktritt. Einem Geschäftsgebahrenwie es hier
vorliegt, entgegenzutreten, rechtfertigt sich umsomehr, als heutzutage
die Kurse rasch wechseln, infolgedessen das Risiko von Verlusten bei den
Operationen mit Wertpapieren grösser ist als sonst, und daher die kleinen
Sparer in erhöhtem Masse des Schutzes des Staates vor der Ausbeutung
durch Finanzinstitute bedürfen.

Demnach erkennt das Bundesgericht : Der Rekurs wird abgewiesen.

III. GARANTIE DES BÙRGERRECHTS

GARANTIE DU DROIT DE CITÉ

38. met du 21 mai 1921 dans la cause Joseph Berti contre Tribunal du
autentico.: du canton du Valais.

(fonflits relatifs au droit de cité: Competence du Tribunal federal pour
connaître, comme Cour de droit public, des recents dirigés contre des
décisions cantonales en tant que ces décisions résultent de la solution
d'une question préjudicielle. de droit federal ou international.

Competence de l'autorité réguliérement saisie quant au fond pour trancher
également les questions préjudicielles qui peuvent influer sur le sort
du litige.

Force probante des inseriptions d'un registre d'état civil francais :
Possibilité pour un demandeur plaidant en Suisse de se mettre au bénéfice
de la faculté reconnue par le droit francais de combattre ces inscriptions
par la preuve contraire. _

A. Joseph-Antoine Corti est né le 30 juillet 1865

à Saint-Jean de Maurienne (Savoie) et a été inscrit dans
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 47 I 255
Datum : 07. Oktober 1921
Publiziert : 31. Dezember 1921
Quelle : Bundesgericht
Status : 47 I 255
Sachgebiet : BGE - Verfassungsrecht
Gegenstand : 254 Staatsrecht. heraus vom Bundesgericht, sondern nach den jeweiligen Verhältnissen


Gesetzesregister
BV: 4 
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
31 
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 31 Freiheitsentzug - 1 Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden.
1    Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden.
2    Jede Person, der die Freiheit entzogen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich und in einer ihr verständlichen Sprache über die Gründe des Freiheitsentzugs und über ihre Rechte unterrichtet zu werden. Sie muss die Möglichkeit haben, ihre Rechte geltend zu machen. Sie hat insbesondere das Recht, ihre nächsten Angehörigen benachrichtigen zu lassen.
3    Jede Person, die in Untersuchungshaft genommen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich einer Richterin oder einem Richter vorgeführt zu werden; die Richterin oder der Richter entscheidet, ob die Person weiterhin in Haft gehalten oder freigelassen wird. Jede Person in Untersuchungshaft hat Anspruch auf ein Urteil innert angemessener Frist.
4    Jede Person, der die Freiheit nicht von einem Gericht entzogen wird, hat das Recht, jederzeit ein Gericht anzurufen. Dieses entscheidet so rasch wie möglich über die Rechtmässigkeit des Freiheitsentzugs.
35
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 35 Verwirklichung der Grundrechte - 1 Die Grundrechte müssen in der ganzen Rechtsordnung zur Geltung kommen.
1    Die Grundrechte müssen in der ganzen Rechtsordnung zur Geltung kommen.
2    Wer staatliche Aufgaben wahrnimmt, ist an die Grundrechte gebunden und verpflichtet, zu ihrer Verwirklichung beizutragen.
3    Die Behörden sorgen dafür, dass die Grundrechte, soweit sie sich dazu eignen, auch unter Privaten wirksam werden.
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
stein • zins • bundesgericht • aargau • zeichner • wert • stelle • beklagter • eigentum • wertpapier • frage • nominalwert • unternehmung • lausanne • aarau • treffen • gemeinde • zinsfuss • entscheid • begründung des entscheids
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