216 Staatsrecht.

handelt, und dieser durch analoge Gesetzesanwendung einenTatbestand unter
eine Strafbestimmung gestellt hat, der auch "bei weitester Auslegung
nicht darunter gebracht werden kann, so ist zudeIn der Grundsatz: Naila
poenu sind lege verletzt (vergl. Art. 5 KV).

3. Ob eine gesetzliche Bestimmung, wonach die Bekanntmachung
ausserkantonaler Ausverkäufe in kantonalen Zeitungen einer Bewilligung
unterliegt, mit dem Grundsatz der Handelsund Gewerbefreiheit im
Widerspruch stehe, braucht unter diesen Umständen nicht untersucht
zu werden.

Demnach erkennt das Bundesgericht :

Der Rekurs wird gutgeheissen und das Urteil des Polizeigerichtes des
Kantons Glarus vom 30. April 1920 aufgehoben.

29. Urteil vom 1. Oktober 1920 i. S. Schuler . gegen Graubünden. Art. 31
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 31 Freiheitsentzug - 1 Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden.
1    Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden.
2    Jede Person, der die Freiheit entzogen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich und in einer ihr verständlichen Sprache über die Gründe des Freiheitsentzugs und über ihre Rechte unterrichtet zu werden. Sie muss die Möglichkeit haben, ihre Rechte geltend zu machen. Sie hat insbesondere das Recht, ihre nächsten Angehörigen benachrichtigen zu lassen.
3    Jede Person, die in Untersuchungshaft genommen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich einer Richterin oder einem Richter vorgeführt zu werden; die Richterin oder der Richter entscheidet, ob die Person weiterhin in Haft gehalten oder freigelassen wird. Jede Person in Untersuchungshaft hat Anspruch auf ein Urteil innert angemessener Frist.
4    Jede Person, der die Freiheit nicht von einem Gericht entzogen wird, hat das Recht, jederzeit ein Gericht anzurufen. Dieses entscheidet so rasch wie möglich über die Rechtmässigkeit des Freiheitsentzugs.

BV. Der Verkauf deutscher Bücher auf Grund einer Bekanntmachung der
durch die Vährungsverhältnisse herbei-

geführten Preisvermihderung kann nicht als patentpflichtiger Ausverkauf
betrachtet werden.

A. Als letztes Jahr die Bücher aus deutschem Verlag wegen der
Währungsverhältnisse in Schweizerfranken billig zu stehen kamen und
nachdem der schweizerische Buchhändlerverband beschlossen hatte, dass ein
Teil der Differenz den Abnehmern zukommen solle,! versah der Buchhändler
Schuler in Chur die deutschen Bücher, die er im Schaufenster auslegte,
mit der Aufschrift : statt Fr. nur Fr. Er wurde deshalb im Februar 1920
wegen Verletzung des Hausiergesetzes verzeigt, da das Publikum glauben
müsse, es handle sich um besonders günstige Gelegenheitskäufe, und da
infolgedessen dieseHandelsund Gewerbefreiheit. N° 2.9. z 217

Offerten als patentpflichtige Ausverkäufe zu qualifizieren seien. Schuler
machte in seiner Vernehmlassung darauf aufmerksam, dass es sich dabei
nur um die in Anzeigen, Katalogen usw. bekannt gegebene Kursvergütung
handle ; er erbot sieh, der Aufschrift beizufügen abzüglich oder
mit Kursvergiitung . Mit Erkenntnis vom 3·. Mai verfällte der
Kleine Rat des Kantons Graubünden den Schuler in eine Busse von 10
Franken und verpflichtete ihn ferner, die umgangcne Patentgebühr
mit 45 Fr. nachzuzahlen, die auf 3/3 reduziert werden könne, wenn
die Ankündigung in dieser Form nicht weiter erfolge. Schuler stellte
ein Wiedererwägungsgesuch, in dem er ausführte, es handle sich weder
um einen Ausverkauf, noch um eine willkürliche Preisermässigung,
sondern um die durch den Stand der Valuta bedingte Kursvergütung auf
Bücher deutschen Ursprungs. Jeder Bücherkäufer wisse, dass eine solche
Vergütung gewährt werde, er habe deshalb ein Interesse daran zu wissen,
wie hoch sich dieselbe belaufe. Die Gegenübeistellung der Preise sei
denn auch in der ganzen Schweiz üblich. Die Bruttound Nettopreise
seien in den Bücherofferten und Inseraten veröffentlicht, das gleiche
zu tun könne dem einheimischen Buchhandel nicht untersagt sein. Seit
der Anzeige habe er den Aufschriften den. Vermerk beigefügt abzüglich
Kursvergütung . Der Kleine Rat wies 'mit Beschluss vom 12. Juni 1920 das
Wiedererwägungsgesueh ab mit der Begründung: Das Marktund Hausiergesetz
bezweckt die Einschränkung des Wettbewerbes im Handelsverkehr, soweit er
für die allgemeinen Berufsinteressen zum Schaden gereicht. Die Ausverkäufe
sind deswegen durch Auferlegung einer Patenttaxe erschwert, weil diese
durch die billiger-en Preise das kauflustige Publikum zum Schaden anderer
Konkurrenzgeschäfte anlocken sollen. Unter diesen Begriff sind durch die
Praxis auch andere Fälle subsumiert worden, bei denen im Handelsverkehr
infolge Ankündigung billigerer Preise der Er-

218 Staatsrecht.

folg der Anlockung des Publikums zum Nachteil anderer Geschäfte
verlag, ohne dass dabei ausdrücklich die Ankündigung eines Ausverkaufs
erfolgt wäre. Dieser Erfolg muss auch bei der Art von Ankündigung,
deren sich Herr Schuler bedient (statt Fr. nur Fr.) wenigstens zum Teil
eintreten. Diese Ankündigung unterschied sich äusserlich in keiner Weise
von der Ankündigung eines Ausverkaufes oder eines Verkaufes zu billigeren
Preisen. Das Publikum musste zum grossen Teil im Glauben sein, es handle
sich wirklich um Ausnahmepreise gegenüber denen anderer Geschäfte. Hätte
Herr Schuler bei Gegenüberstellung der Preise deutlich gemacht, dass es'
sich um die gewöhnlichen normalen Verkaufspreise handelte, so hätte er
den Intentionen des Marktund Hausiergesetzes nicht entgegengehandelt.

B. Gegen den kleinrätlichen Entscheid vom 26. April, mitgeteilt am 3. Mai,
hat schuler rechtzeitig staatsrechtliche Beschwerde beim Bundesgericht
erhoben wegen Verletzung der Gewerbefreiheit, der Rechtsgleichheit, des
Grundsatzes nulla poena sine lege und der sogenannten gesetzmässigen
Verwaltung. Er stellt den Antrag, es sei der angefochtene Entscheid
aufzuheben, und begründet diesen Antrag im wesentlichen mit der
Behauptung, dass die beanstandete Auskündigung unter keinen Umständen
als Ausverkauf im Sinne des Art. 3 des bündnerischen Gesetzes über den
Markt-und Hansierverkehr betrachtet werden könne. Er legt eine Anzahl
Inserate und Anzeigen vor, in denen die frihrern und dié jetzigen
Verkaufspreise deutscher Bücher einander gegenübergestellt sind, ferner
verschiedene Zuschriften von Buchhändlern anderer Schweizerstädte, die
die fragliche Aufschrift als erlaubt betrachten, endlich eine Erklärung
von vier Buchhändlern von Chur, dass sie eine solche Anskündigung nicht
als unzulässig, sondern als zweckdienlich ansehen und darin absolut
keine illoyale Konkurrenz erblicken.

Der Kleine Rat von Graubünden trägt auf Abweisung'Handelsund
Gewerbefreiheit. N° 29. 219

der Beschwerde an. Durch die Praxis sei die Ankündigung einer
ausserordentlichen Preisermässigung einem Ausverkauf gleichgestellt
worden. Bei Gegenüberstellungen, Wie hier eine vorliege, werde das
Publikum in den Glauben versetzt, dass es sich um eine besonders günstige
Kaufsgelegenheit handle. Der Kleine Rat habe den Begriff des freiwilligen
Ausverkaufs stets so ausgelegt, das entspreche dem Sinn des Gesetzes und
sei nicht verfassungswidrig Die vom Rekurrenten erst dem Bundesgericht
vorgelegten Bescheinigungen und Erklärungen von andern Buchhändlern
seien nicht zu berücksichtigen. seinerseits legt der Kleine Rat die
Auskünfte ein, die er von dem Polizeidepartement von St. Gallen und der
Polizeidirektion von Zürich über die Frage eingeholt hat und die dahin
lauten, dass die Auskündigungen als patentpflichtig betrachtet würden.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1. Das bündnerische Gesetz über den Marktund Hausierverkehr, in
Kraft seit 1. Januar 1900, erklärt die Ausübung des Hausiergewerbes
patentpflichtig. Nach Art. 2 Ziff. I ist dem Hausierverkehr gleichgestellt
der freiwillige Ausverkauf, der nicht näher gekennzeichnet wird. Diese
Bestimmungen sind an sich nicht verfassungs_ widrig; insbesondere
verstossen sie nicht gegen die durch die Bundesverfassung gewährleistete
Handelsund Gewerbefreiheit, indem stets angenommen worden ist, diese lasse
es zu, nicht nur dass einzelne Gewerbe mit besondern Abgaben belastet
(Art. 31 litt
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 31 Freiheitsentzug - 1 Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden.
1    Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden.
2    Jede Person, der die Freiheit entzogen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich und in einer ihr verständlichen Sprache über die Gründe des Freiheitsentzugs und über ihre Rechte unterrichtet zu werden. Sie muss die Möglichkeit haben, ihre Rechte geltend zu machen. Sie hat insbesondere das Recht, ihre nächsten Angehörigen benachrichtigen zu lassen.
3    Jede Person, die in Untersuchungshaft genommen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich einer Richterin oder einem Richter vorgeführt zu werden; die Richterin oder der Richter entscheidet, ob die Person weiterhin in Haft gehalten oder freigelassen wird. Jede Person in Untersuchungshaft hat Anspruch auf ein Urteil innert angemessener Frist.
4    Jede Person, der die Freiheit nicht von einem Gericht entzogen wird, hat das Recht, jederzeit ein Gericht anzurufen. Dieses entscheidet so rasch wie möglich über die Rechtmässigkeit des Freiheitsentzugs.
. e BV), sondern dass auch besondere Formen und Arten der
Gewerbeausühung aus polizeilichen Gründen als patentpflichtig erklärt
werden dürfen. Das ist insbesondere zugelassen Worden beim Hausierhandel
und bei Ausverkäufen. Es kann sich daher nur fragen, ob im vorliegenden
Falle eine solche besondere Art oder Form der Gewerbeausübung angenommen
werden könne.

2. Die Preisangaben, wegen deren der Rekurrent

220 Staatsrecht.

patentpflichtig erklärt, zur Nachzahlung einer Patenttaxe verhalten und
in eine Busse verfäiltworden ist, zeigten, wie feststeht, weder einen
Ausverkauf, noch einen vorübergehenden Gelegenheitskauf zu billigern
als den normalen Preisen an, sondern wollten rimdiejenigen, welche die
Auslagen betrachteten, darauf hinweisen, dass die damit bezeichneten
Bücher gegenüber früher zu einem niedrigem Preise verkauft werden. Der
Grund dafür lag nicht in dem Bestreben, mit einem Stock Ware aufzuräumen
oder durch Gewährung abnormal billiger Preise einen höhern Absatz als die
Berufsgenossen zu erzielen, sondern in der Absicht, die Buchliebhaber
darauf aufmerksam zu machen, dass und um wie viel die deutschen Bücher
wegen der Währungsverhältnisse gegenüber früher billiger zu stehen
kommen und dass, was längere Zeit als ungehörig empfunden werden war,
die Buchhändler nicht mehr den ganzen Kursgewinn für sich behielten,
sondern einen Teil davon den Käufern zukommen liessen. Das ist nun
selbstverständlich kein Ausverkauf, der voraussetzt, dass ein Lager
ganz oder teilweise abgestossen oder 'zu billigern Preisen abgesetzt
werden will. Höchstens kann gesagt werden, dass bei Personen, die
die Verhältnisse des Büchermarktes nicht kennen, durch jene Angaben
die Meinung erweckt werden mochte, es handle sich um einen Ausoder
Gelegenheitsverkauf. Das kann aber nicht dazu führen, solche Angaben
unter die Patentpflicht zu stellen. Diese trifft nach bündnerischem
Recht nur Ausverkäufe, worunter doch nur das wirklich vor sich gehende
oder beabsichtigte Geschäft verstanden werden kann, das einen abnormalen
Charakter trägt. Wenn nun auch durch die Aufschriften, die der Rekurrent
brauchte, bei einem Teil des Publikums die Auffassung erweckt werden
mochte, dass es sich um eine besonders günstige Kaufgelegenheit handle,
so war dies, wie auch der Kleine Rat zugibt, nicht allgemein der Fall,
da ein Teil der Käufer und zwar wohl die Mehrzahl jedenfalls den Grund
der Anzeigen kannte, und esHandelsund Gcwerbefreiheit. N° 29. 221

war auch nicht die Absicht des Rekurrenten, einen Irrtum in dieser
Richtung zu erregen, wie sich daraus ergibt, dass er sich gleich nach
der Verzeigung erbeten hat, die Aufschrift in einer Weise zu ändern,
dass der Grund der Preisdifferenz für jedermann ersichtlich war.
Davon, dass die Auferlegung einer Patenttaxe zum Schutze der Käufer
gerechtfertigt war, kann danach von vornherein keine Rede sein. Aber auch
die "Kankurrenten sehen in den Aufschriften nicht die Ankundignng eines
Ausverkaufs oder auch nur den Versuch einer unehrlichen Konkurrenz, wie
sich aus den vomuRekurrenten vorgelegten Bescheinigungen und Erklarungen
ergibt. Diese können vom Bundesgericht, da es die Verfassungsmässigkeit
der angefochtenen Auflagen frei zu prüfen hat, berücksichtigt werden,
trotzdem sie dem Kleinen Rate nicht vorlagen. Was vom gewerbepohzeilichen
Standpunkt aus verlangt werden konnte, war nicht die Erlegung einer
Patenttaxe, sondern nur die Änderung der Form der Aufschriften
in dem. Sinne, dass der Grund der Preisdifferenz daraus ersichtlich
war. Dazu hat sich der Rekurrent bereit erklart. Wenn der Kleine Rat sich
damit nicht begnügte, sondern den Rekurrenten patentpflichtig erklärte
und ihm wegen Nichtbeachtung der Patentpflicht eine Busse auferlegte,
so ist er damit offensichtlich über das Gesetz hinaus gegangen und
hat damit gleichzeitig den Grundsatz der . Handelsund Gewerbefreiheit
verletzt.. Hier steht der Erhebung einer Patenttaxe kein allgemeines
offenthches, sondern nur ein fiskalisches Interesse zur Seite, da die
beanstandeten Aufschriften weder emen Ausverkauf i oder einen ähnlichen
Vorgang anzeigen, noch darauf berechnet sind, eine derartige Vorstellung
zu. erwecken, dem. Publikum vielmehr nur erwünscht sein kennen und den
Konkurrenten nicht schaden. Dass die kleinrätliche Praxis in weitgehendem
Masse _die Ankündigung von Preisermässigungen patentpflichtig erklart
haben mag, ist für die bundesgerichtliche _Beurteiinng des vor -

222 Staatsrecbt.

liegenden Falles ohne Belang, wie auch die Ansichtsäusserungen des
Polizeidepartements St._ Gallen und der

Polizeidirektion Zürich dafür nicht massgebend sein können..

Demnach erkennt das Bundesgericht:

Der Rekuis wird gutgeheissen und der Entscheid des Kleinen Rates des
Kantons Graubünden vom 26. April 1920 aufgehoben

III. N IEDERLASSUNGSFREI HEIT

LIBERTÉ D'ÉTABLISSEMENT

30. Urteil vom 14. Mai 1920 i. S. Wichert gegen Appenzell A-Rh. Art. 45
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 45 Mitwirkung an der Willensbildung des Bundes - 1 Die Kantone wirken nach Massgabe der Bundesverfassung an der Willensbildung des Bundes mit, insbesondere an der Rechtsetzung.
1    Die Kantone wirken nach Massgabe der Bundesverfassung an der Willensbildung des Bundes mit, insbesondere an der Rechtsetzung.
2    Der Bund informiert die Kantone rechtzeitig und umfassend über seine Vorhaben; er holt ihre Stellungnahmen ein, wenn ihre Interessen betroffen sind.

BV. Der Verlust der bürgerlichen Ehren und ,Rechte

infolge fruchtloser Pfändung kann die Verweigerung der Niederlassung
nicht rechtfertigen.

** A. Dem Rekurrenten, Bürger des Kantons Schwyz, wurde von der
Polizeidirektion des Kantons Appenzell A._-Rh. die Niederlassung in
Herisau verweigert, und diese Verfügung hat der Regierungsrat am 31. März
1920 bestätigt, weil der Rekurrent im Kanton St. Gallen, wo er früher
wohnte, schon wiederholt gerichtlich bestraft worden war. si

B. Gegen diesen Entscheid hat Wichert am 13. April 1920 die
staats-rechtliche Beschwerde an das Bundesgericht ergriffen mit dem
Antrage, der Entscheid sei aufzuheben und der Gemeinderat von Herisau
anzuweisen, ihm die Niederlassung zu gewähren.

Er beruft sich auf Art. 45
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 45 Mitwirkung an der Willensbildung des Bundes - 1 Die Kantone wirken nach Massgabe der Bundesverfassung an der Willensbildung des Bundes mit, insbesondere an der Rechtsetzung.
1    Die Kantone wirken nach Massgabe der Bundesverfassung an der Willensbildung des Bundes mit, insbesondere an der Rechtsetzung.
2    Der Bund informiert die Kantone rechtzeitig und umfassend über seine Vorhaben; er holt ihre Stellungnahmen ein, wenn ihre Interessen betroffen sind.
BV, indem er geltend macht,

dass er im vollen Besitz der bürgerlichen Rechte und Ehren sei.

Niederlassungsfreiheit. N ° 30. 223

C. Der Regierungsrat beantragt Abweisung der Beschwerde, indem er
ausführt: Wie aus dem bei liegenden Vorstrafenbericht hervorgeht, hat
Wichert wegen Betrug, Untérschlagung, Hehlerei und Urkun denfälschung
mehrere nicht unbedeutende Vorstrafen erlitten. Letztmals wurde er vom
Kantonsgericht St. Gallen am 6. Juli 1917 wegen fortgesetztem Betrug,
Begünstigung zum Betrug, Gebrauch einer falschen Privaturkunde' zu
einem Jahr Arbeitshaus verurteilt. Ferner ist Wichert wegen fruchtloser
Pfändung bis zum 18. August 1920 in den bürgerlichen Ehren und Rechten
eingestellt. Anlässlich seiner Anmeldung in Herisau hat Wichert sich
als Sticker eintragen lassen, während aus dem beiliegenden Inserat,
das er schon wiederholt in der ,Appenzeller-Zeitung einrücken liess,
hervorgeht, dass derselbe bereits schon als Arztner tätig ist. Es besteht
wohl kein Zweifel, dass wir, es hier mit einem höchst unsauberen Element
zu tun haben und es bestünde daher bei einer allfälligen Erteilung der
Niederlassungsbewilligung, die in diesem Falle denn auch die Ausübung
der ärztlichen Praxis in sich schlies-

sen würde, die Wahrscheinlichkeit, dass Wichert den

hiesigen Behörden bald genug zu schaffen ma hen müsste.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung :

Nach Art. 45 Abs. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 45 Mitwirkung an der Willensbildung des Bundes - 1 Die Kantone wirken nach Massgabe der Bundesverfassung an der Willensbildung des Bundes mit, insbesondere an der Rechtsetzung.
1    Die Kantone wirken nach Massgabe der Bundesverfassung an der Willensbildung des Bundes mit, insbesondere an der Rechtsetzung.
2    Der Bund informiert die Kantone rechtzeitig und umfassend über seine Vorhaben; er holt ihre Stellungnahmen ein, wenn ihre Interessen betroffen sind.
BV kann die Niederlassung einem Schweizerbürger
nur dann verweigert werden, wenn er infolge eines strafgeriohtlichen
Urteils nicht im Besitze der bürgerlichen Rechte und Ehrs-n ist. Diese
Vor-aussetzung ist im vorliegenden Falle offenbar nicht vorhenden. Dei
Rekurrent ist zwar übel bileumdet und schon wiederholt, zum Teil für
schwere Vergehen, gerichtlich bestraft worden, aber unter den Strafen,
die ihn getroffen haben, befindet sich der Verlust der bürgerlieben
Rechte und Ehren nicht.

AS 46 l 1920 15
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 46 I 216
Datum : 30. April 1920
Publiziert : 31. Dezember 1920
Quelle : Bundesgericht
Status : 46 I 216
Sachgebiet : BGE - Verfassungsrecht
Gegenstand : 216 Staatsrecht. handelt, und dieser durch analoge Gesetzesanwendung einenTatbestand


Gesetzesregister
BV: 31 
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 31 Freiheitsentzug - 1 Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden.
1    Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden.
2    Jede Person, der die Freiheit entzogen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich und in einer ihr verständlichen Sprache über die Gründe des Freiheitsentzugs und über ihre Rechte unterrichtet zu werden. Sie muss die Möglichkeit haben, ihre Rechte geltend zu machen. Sie hat insbesondere das Recht, ihre nächsten Angehörigen benachrichtigen zu lassen.
3    Jede Person, die in Untersuchungshaft genommen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich einer Richterin oder einem Richter vorgeführt zu werden; die Richterin oder der Richter entscheidet, ob die Person weiterhin in Haft gehalten oder freigelassen wird. Jede Person in Untersuchungshaft hat Anspruch auf ein Urteil innert angemessener Frist.
4    Jede Person, der die Freiheit nicht von einem Gericht entzogen wird, hat das Recht, jederzeit ein Gericht anzurufen. Dieses entscheidet so rasch wie möglich über die Rechtmässigkeit des Freiheitsentzugs.
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SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 45 Mitwirkung an der Willensbildung des Bundes - 1 Die Kantone wirken nach Massgabe der Bundesverfassung an der Willensbildung des Bundes mit, insbesondere an der Rechtsetzung.
1    Die Kantone wirken nach Massgabe der Bundesverfassung an der Willensbildung des Bundes mit, insbesondere an der Rechtsetzung.
2    Der Bund informiert die Kantone rechtzeitig und umfassend über seine Vorhaben; er holt ihre Stellungnahmen ein, wenn ihre Interessen betroffen sind.
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
ausverkauf • bundesgericht • ehre • schaden • inserat • busse • betrug • herisau • entscheid • veröffentlichung • angabe • chur • zeitung • wissen • bescheinigung • weiler • fruchtlose pfändung • frage • regierungsrat • kommunikation
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