96 I 24
5. Auszug aus dem Urteil vom 18. März 1970 i.S. von Euw gegen Staatsanwaltschaft und Obergericht des Kantons Luzern.
Regeste (de):
- Kantonales Strafrecht und Strafprozessrecht. Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
- Bedeutung der Bestimmung, wonach niemand gerichtlich verfolgt werden darf "ausser in den vom Gesetz vorgesehenen Fällen" (Erw. 2).
- Nulla poena sine lege:
- - Strafnormen als zulässiger Inhalt von Verordnungen (Erw. 4a).
- - Zuständigkeit der luzernischen Gemeinden zum Erlass von Strafbestimmungen, insbesondere auf dem Gebiete der Lärmbekämpfung, mit der sich auch § 46 des luzern. EGzStGB befasst (Erw. 4b-d).
- Ein kantonales Strafgesetz, das für seinen Bereich die allgemeinen Bestimmungen des eidg. StGB als anwendbar erklärt, verweist damit, wie ohne Willkür angenommen werden kann, nicht auf die beim Erlass des kantonalen Gesetzes bestehenden, sondern auf die jeweils geltenden Bestimmungen des StGB (Erw. 6).
Regeste (fr):
- Droit pénal cantonal et procédure pénale cantonale. Art. 4 Cst.
- Portée de la disposition selon laquelle nul ne peut être poursuivi judiciairement "en dehors des cas prévus par la loi" (consid. 2).
- Nulla poena sine lege:
- - des dispositions pénales peuvent être contenues dans des ordonnance de portée générale (consid. 4a);
- - compétence des communes lucernoises pour édicter des dispositions pénales, en particulier dans le domaine de la lutte contre le bruit, dont traite également l'art. 46 de la loi lucernoise d'introduction au CP (consid. 4b-d).
- On peut admettre sans arbitraire qu'une loi pénale cantonale, qui déclare applicables aux matières qu'elle régit les dispositions générales du CP, renvoie par là non pas aux dispositions en vigueur au moment de l'adoption de la loi cantonale, mais à celles qui sont en vigueur actuellement (consid. 6).
Regesto (it):
- Diritto penale cantonale e procedura penale cantonale (art. 4 CF).
- Portata della norma, secondo cui nessuno può essere perseguito giudizialmente "riservati i casi previsti dalla legge" (consid. 2).
- Nulla poena sine lege:
- - disposizioni penali possono essere contenute in ordinanze di portata generale (consid. 4a);
- - competenza delle autorità comunali lucernesi a promulgare disposizioni penali, segnatamente nell'ambito della prevenzione dei rumori, disciplinata anche dal § 46 della legge di applicazione del CP (consid. 4b-d).
- Si può ammettere senza arbitrio che la legge di un cantone, la quale dichiara applicabile alle materie riservate al diritto penale cantonale le disposizioni del CP, si riferisce alle norme attualmente in vigore, e non a quelle in vigore al momento della promulgazione della legge cantonale (consid. 6).
Sachverhalt ab Seite 25
BGE 96 I 24 S. 25
A.- 1935 trat eine von der Stadtgemeinde Luzern erlassene Verordnung betreffend die Lärmbekämpfung (LBV) in Kraft. Sie enthält unter anderem folgende Bestimmungen: "Art. 1. Jede übermässige, durch die Umstände nicht gerechtfertigte Störung der öffentlichen Ruhe ist verboten. Art. 13. Die Halter von Tieren haben diese so zu besorgen und zu verwahren, dass durch sie keine Ruhestörung verursacht werden kann. Tiere, durch welche die Nachtruhe fortgesetzt gestört wird, können durch die Polizeiorgane beseitigt werden. Das Halten von Hähnen ist in stark bewohnten Gebieten der Stadt untersagt. Art. 15. Von 22.00-7.00 Uhr ist jede Ruhestörung durch Lärmen, Singen, Johlen, Streiten oder durch andere fahrlässige, mutwillige oder böswillige Handlungen verboten. Art. 18. Verfehlungen gegen diese Verordnung werden nach Massgabe der Bestimmungen des § 42 des Polizeistrafgesetzes vom 29. November 1915 mit einer Geldbusse bis auf Fr. 200.-- oder mit Gefängnis von 1-20 Tagen bestraft."
BGE 96 I 24 S. 26
§ 46 des luzernischen Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch vom 18. Dezember 1940 (EGzStGB) lautet: "Wer durch Lärm oder Geschrei oder sonstigen Unfug die Nachtruhe stört oder wer sich öffentlich in einer Sitte und Anstand grob verletzenden Weise aufführt, wird mit Haft oder mit Busse bestraft."
B.- Eduard von Euw ist Eigentümer einer Hausliegenschaft im Wesemlinquartier in Luzern und hält auf seinem Grundstück mehrere Hunde. Auf Polizeianzeige hin führte das Amtsstatthalteramt von Luzern-Stadt gegen ihn eine Strafuntersuchung wegen Lärmbelästigung durch diese Hunde. Das Amtsgericht Luzern-Stadt erklärte von Euw am 29. Oktober 1968 schuldig der fortgesetzten Ruhestörung gemäss § 46 EGzStGB und der fortgesetzten Missachtung von Art. 1
SR 910.91 Verordnung vom 7. Dezember 1998 über landwirtschaftliche Begriffe und die Anerkennung von Betriebsformen (Landwirtschaftliche Begriffsverordnung, LBV) - Landwirtschaftliche Begriffsverordnung LBV Art. 1 - 1 Die in dieser Verordnung umschriebenen Begriffe gelten für das LwG und die gestützt darauf erlassenen Verordnungen.3 |
|
1 | Die in dieser Verordnung umschriebenen Begriffe gelten für das LwG und die gestützt darauf erlassenen Verordnungen.3 |
2 | Die Verordnung regelt zudem das Verfahren für: |
a | die Anerkennung von Betrieben und von Formen der überbetrieblichen Zusammenarbeit; |
b | die Überprüfung und Abgrenzung von Flächen. |
SR 910.91 Verordnung vom 7. Dezember 1998 über landwirtschaftliche Begriffe und die Anerkennung von Betriebsformen (Landwirtschaftliche Begriffsverordnung, LBV) - Landwirtschaftliche Begriffsverordnung LBV Art. 13 - Die Betriebsfläche (BF) setzt sich zusammen aus:32 |
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a | der landwirtschaftlichen Nutzfläche; |
b | dem Wald (ohne Weidefläche von Waldweiden) sowie übrigen bestockten Flächen; |
c | der landwirtschaftlich unproduktiven Vegetationsfläche; |
d | den unproduktiven Flächen wie Gebäudeplätzen, Hofraum, Wegen oder nicht kultivierbarem Land; |
e | den nicht landwirtschaftlich genutzten Flächen wie Kiesgruben, Steinbrüchen oder Gewässern. |
Von Euw appellierte an das Obergericht des Kantons Luzern. Dieses liess die Untersuchung durch Zeugeneinvernahmen vervollständigen und erklärte von Euw am 18. Juli 1969 schuldig der wiederholten Ruhestörung im Sinne von Art. 1
SR 910.91 Verordnung vom 7. Dezember 1998 über landwirtschaftliche Begriffe und die Anerkennung von Betriebsformen (Landwirtschaftliche Begriffsverordnung, LBV) - Landwirtschaftliche Begriffsverordnung LBV Art. 1 - 1 Die in dieser Verordnung umschriebenen Begriffe gelten für das LwG und die gestützt darauf erlassenen Verordnungen.3 |
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1 | Die in dieser Verordnung umschriebenen Begriffe gelten für das LwG und die gestützt darauf erlassenen Verordnungen.3 |
2 | Die Verordnung regelt zudem das Verfahren für: |
a | die Anerkennung von Betrieben und von Formen der überbetrieblichen Zusammenarbeit; |
b | die Überprüfung und Abgrenzung von Flächen. |
SR 910.91 Verordnung vom 7. Dezember 1998 über landwirtschaftliche Begriffe und die Anerkennung von Betriebsformen (Landwirtschaftliche Begriffsverordnung, LBV) - Landwirtschaftliche Begriffsverordnung LBV Art. 13 - Die Betriebsfläche (BF) setzt sich zusammen aus:32 |
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a | der landwirtschaftlichen Nutzfläche; |
b | dem Wald (ohne Weidefläche von Waldweiden) sowie übrigen bestockten Flächen; |
c | der landwirtschaftlich unproduktiven Vegetationsfläche; |
d | den unproduktiven Flächen wie Gebäudeplätzen, Hofraum, Wegen oder nicht kultivierbarem Land; |
e | den nicht landwirtschaftlich genutzten Flächen wie Kiesgruben, Steinbrüchen oder Gewässern. |
SR 910.91 Verordnung vom 7. Dezember 1998 über landwirtschaftliche Begriffe und die Anerkennung von Betriebsformen (Landwirtschaftliche Begriffsverordnung, LBV) - Landwirtschaftliche Begriffsverordnung LBV Art. 15 Spezialkulturen - 1 Als Spezialkulturen gelten Reben, Hopfen, Obstanlagen, Beeren, Gemüse ausser Konservengemüse, Tabak, Heil- und Gewürzpflanzen sowie Pilze.36 |
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1 | Als Spezialkulturen gelten Reben, Hopfen, Obstanlagen, Beeren, Gemüse ausser Konservengemüse, Tabak, Heil- und Gewürzpflanzen sowie Pilze.36 |
2 | Spezialkulturen belegen Flächen nach Artikel 14 Buchstaben a, d und e. |
C.- Gegen dieses Urteil hat von Euw staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung des Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
D.- Obergericht und Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern beantragen die Abweisung der Beschwerde. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
1. (Prozessuales).
2. Der Beschwerdeführer ruft ausser dem Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
BGE 96 I 24 S. 27
Die Vorschrift gewährt dem Bürger Schutz gegen eine gesetzwidrige Strafverfolgung und vor allem gegen die gesetzwidrige Anordnung bestimmter prozessualer Zwangsmassnahmen (Verhaftung, Hausdurchsuchung). Zwangsmassnahmen, wie sie in § 5 Abs. 2 KV genannt sind, wurden gegen den Beschwerdeführer nicht ergriffen. Es stellt sich deshalb bloss die Frage, ob er in gesetzwidriger Weise strafrechtlich verfolgt wurde, sei es, dass überhaupt keine Strafverfolgung zulässig gewesen wäre, sei es, dass sie nicht "auf die vom Gesetze vorgeschriebene Weise" durchgeführt worden wäre. Damit jemand gerichtlich verfolgt werden darf, bedarf es nach allgemeiner Lehre eines gewissen Verdachts, dass er eine mit Strafe bedrohte Tat begangen habe. Ein solcher Verdacht bestand im hier zu beurteilenden Fall. Nach der Strafanzeige führte das Bellen der Hunde des Beschwerdeführers zu einer Ruhestörung. Da § 46 des luzern. EGzStGB eine Ruhestörung bestimmter Art unter Strafe stellt und die LBV einen ähnlichen Straftatbestand enthält, bestand ein gewisser Verdacht, dass sich der Beschwerdeführer strafbar gemacht haben könnte, weshalb es gesetzlich zulässig war, gegen ihn eine Strafverfolgung zu eröffnen und durchzuführen. Er stellt sich auf den Standpunkt, er hätte auf Grund der städtischen Verordnung nicht gerichtlich verfolgt werden dürfen, da die LBV nicht als Gesetz im Sinne des § 5 Abs. 2 KV angesprochen werden könne. Diese Rüge ist schon deshalb unbegründet, weil die Strafverfolgung nicht bloss wegen Widerhandlung gegen die LBV durchgeführt wurde, sondern auch wegen Ruhestörung gemäss § 46 EGzStGB. Das Amtsgericht hat den Beschwerdeführer nach beiden Erlassen schuldig erklärt. Erst das Obergericht nahm an, der gesetzliche Tatbestand des § 46 EG sei nicht erfüllt. Dass er von der Appellationsinstanz in diesem Punkt freigesprochen wurde, besagt nicht, dass die Strafverfolgung gesetzwidrig gewesen wäre. Wäre es anders, so müsste in jedem Fall eine Verfassungsverletzung angenommen werden, wenn sich beim Abschluss des Strafverfahrens ergibt, dass das Verhalten, das einemBeschuldigten zur Last gelegt wurde, nicht die Merkmale eines gesetzlichen Straftatbestandes erfüllt. Dass das nicht dem Wortlaut und Sinn des § 5 Abs. 2 KV entspricht, bedarf keiner weiteren Erörterung. Wenn die Verfassungsregel im übrigen von den "vom Gesetze vorgesehenen Fällen" spricht, nimmt sie nicht Bezug auf das materielle Strafgesetz, sondern auf das Strafprozessgesetz.
BGE 96 I 24 S. 28
Dem Bürger soll gewährleistet sein, dass er nicht ausserhalb des gesetzlichen Verfahrens verfolgt wird und die Verfolgung sich im Rahmen dieses Verfahrensrechts hält (sog. Garantie des richterlichen Verfahrens; vgl. GERMANN, Kommentar zu Art. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 1 - Eine Strafe oder Massnahme darf nur wegen einer Tat verhängt werden, die das Gesetz ausdrücklich unter Strafe stellt. |
3. (Abweisung der Rüge willkürlicher Beweiswürdigung).
4. a) Der Beschwerdeführer macht geltend, er sei bestraft worden, ohne dass dafür eine gesetzliche Grundlage bestehe, womit das Obergericht den Grundsatz "Keine Strafe ohne Gesetz" verletzt habe. Dieser Grundsatz ist ein Ausfluss des Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 1 - Eine Strafe oder Massnahme darf nur wegen einer Tat verhängt werden, die das Gesetz ausdrücklich unter Strafe stellt. |
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 1 - Eine Strafe oder Massnahme darf nur wegen einer Tat verhängt werden, die das Gesetz ausdrücklich unter Strafe stellt. |
BGE 96 I 24 S. 29
Der genannte Grundsatz besagt, dass nur strafbar ist, wer eine Tat begeht, die das Gesetz ausdrücklich mit Strafe bedroht. Die Vorschrift, auf Grund welcher der Beschwerdeführer mit einer Busse belegt wurde, findet sich nicht in einem Gesetz im formellen Sinn, sondern in einer Verordnung. Nach der ständiden Rechtsprechung des Bundesgerichts genügt eine Verordnung, die sich im Rahmen von Verfassung und Gesetz hält, als Grundlage für eine Bestrafung (BGE 64 I 375,BGE 63 I 329). Das Bundesgericht hat darauf hingewiesen, dass der Erlass polizeistrafrechtlicher Bestimmungen in Verordnungsform in der Schweiz eine verbreitete Erscheinung sei (BGE 64 I 330), und in § 7 des luzernischen EGzStGB wird denn auch auf die in den kantonalen Gesetzen, Verordnungen und Reglementen aufgestellten Strafbestimmungen hingewiesen. Der Beschwerdeführer behauptet seinerseits mit Recht nicht, dass es an sich dem Grundsatz "Keine Strafe ohne Gesetz" zuwiderlaufe, wenn jemand auf Grund einer in einer Verordnung enthaltenen Norm bestraft wird. Er macht indessen geltend, die Strafbestimmung der städtischen LBV habe nach dem kantonalen Recht keinen Bestand. Ob das zutrifft, ist nur unter dem beschränkten Gesichtswinkel der Willkür zu prüfen, da der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang keine Verletzung kantonalen Verfassungsrechts rügt (BGE 80 I 115). b) Der Beschwerdeführer behauptet, der Kanton Luzern kenne kein Gemeindestrafrecht. Er schliesst das zunächst aus verschiedenen Vorschriften der StPO und des EGzStGB, in denen wohl von eidgenössischem und kantonalem, nicht aber von kommunalem Strafrecht die Rede ist (§§ 1, 8, 193 StPO, 1-3, 7, 60, 113 EGzStGB). Es lassen sich indes diese Vorschriften ohne Willkür dahin auslegen, dass das kantonale Recht gegenüber dem eidgenössischen abgegrenzt werden soll und in jenem auch das kommunale eingeschlossen ist. Vom Bundesrecht her gesehen gehört auch Gemeindestrafrecht zum kantonalen Recht. Art. 335
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 335 - 1 Den Kantonen bleibt die Gesetzgebung über das Übertretungsstrafrecht insoweit vorbehalten, als es nicht Gegenstand der Bundesgesetzgebung ist. |
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1 | Den Kantonen bleibt die Gesetzgebung über das Übertretungsstrafrecht insoweit vorbehalten, als es nicht Gegenstand der Bundesgesetzgebung ist. |
2 | Die Kantone sind befugt, die Widerhandlungen gegen das kantonale Verwaltungs- und Prozessrecht mit Sanktionen zu bedrohen. |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 335 - 1 Den Kantonen bleibt die Gesetzgebung über das Übertretungsstrafrecht insoweit vorbehalten, als es nicht Gegenstand der Bundesgesetzgebung ist. |
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1 | Den Kantonen bleibt die Gesetzgebung über das Übertretungsstrafrecht insoweit vorbehalten, als es nicht Gegenstand der Bundesgesetzgebung ist. |
2 | Die Kantone sind befugt, die Widerhandlungen gegen das kantonale Verwaltungs- und Prozessrecht mit Sanktionen zu bedrohen. |
BGE 96 I 24 S. 30
unter dem kantonalen Recht regelmässig auch das kommunale verstanden. Soweit in den erwähnten Regeln der StPO und des EG von kantonalem Recht die Rede ist, ist es in gleichem Sinn zulässig, auf jeden Fall nicht willkürlich, darunter auch das kommunale Recht zu verstehen. Für diese Auslegung spricht überdies der Umstand, dass in § 7 EGzStGB von den "in den kantonalen Gesetzen, in Verordnungen und Reglementen aufgestellten" Strafbestimmungen die Rede ist. Kantonale Erlasse, welche Strafnormen enthalten, werden in der Regel nicht als Reglemente bezeichnet. Diese Bezeichnung ist im allgemeinen den entsprechenden Gemeindeerlassen vorbehalten. Können die genannten Vorschriften der StPO und des EG füglich in der Weise ausgelegt werden, wie es das Obergericht getan hat, so ist die auf Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
BGE 96 I 24 S. 31
Anspruch genommen hätte (auf § 46 EGzStGB ist zurückzukommen). Es lässt sich deshalb mit Grund die Ansicht vertreten, auch ohne ausdrückliche gesetzliche Delegation stehe es den luzernischen Gemeinden zu, für ihr Gebiet Vorschriften gegen übermässigen Lärm zu erlassen. Steht ihnen diese Befugnis zu, so dürfen sie die Übertretung der Vorschriften auch mit Strafe bedrohen. Nach der ständigen bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist nämlich in der Befugnis zum Aufstellen polizeilicher Gebote und Verbote beim Fehlen einer abweichenden positiven Anordnung die Kompetenz eingeschlossen, auf die Übertretung dieser Vorschriften Strafe anzudrohen (BGE 63 I 330mit Hinweis auf frühere Entscheide). Hätte der zum Erlass von Verordnungen Berechtigte nicht die Möglichkeit, für den Fall der Übertretung Strafe anzudrohen, könnten sich die Verordnungen vielfach praktisch nicht auswirken (GIACOMETTI, Staatsrecht der Kantone, S. 490). Der Regierungsrat des Kantons Luzern hat sich freilich auf den Standpunkt gestellt, die Gemeinden seien nach luzernischem Recht nicht zum Erlass von Strafbestimmungen zuständig (vgl. ZBl 48/1947, S. 559 f.; im gleichen Sinn DUSS, a.a.O., S. 38 f.; vgl. auch das nicht veröffentlichte Urteil des Bundesgerichts vom 11. Juli 1951 i.S. Tschan und Kons. gegen Luzern). Die Gründe, welche das Obergericht gegen diese Ansicht vorbringt, sind nicht von vorneherein von der Hand zu weisen, vor allem dann nicht, wenn berücksichtigt wird, dass der Regierungsrat seinerzeit die LBV der Stadt Luzern genehmigt und damit die Stadtgemeinde als zum Erlass von Strafnormen befugt erachtet hat. Der Regierungsrat stützte sich bei seiner Argumentation vor allem auf den aufgehobenen § 194 des kantonalen Organisationsgesetzes von 1899, der nach der haltbaren Auffassung des Obergerichts nicht die Kompetenz zum Erlass von Strafnormen durch die Gemeinden regelte. Auch unter diesem Gesichtspunkt erscheint das angefochtene Urteil jedenfalls nicht als schlechthin unhaltbar. d) Der Beschwerdeführer macht geltend, der Kanton habe mit § 46 EGzStGB über die Strafbarkeit der Ruhestörung abschliessend legiferiert, so dass für Gemeindestrafrecht in diesem Bereich kein Raum bleibe. Erfasst § 46 EG alle strafbaren Angriffe auf das Rechtsgut der öffentlichen Ruhe, so hat daneben in der Tat in diesem Bereich Gemeindestrafrecht keinen Bestand. Dass die LBV vor Inkrafttreten des EG erlassen wurde, ist dabei ohne Bedeutung. Soweit die LBV mit dem EG in
BGE 96 I 24 S. 32
Widerspruch steht, ist sie aufgehoben (§§ 7 und 200 EG). Es fragt sich demnach, ob in § 46 EG die strafbaren Ruhestörungshandlungen abschliessend umschrieben sind oder ob der kantonale Gesetzgeber nur einen Teil dieser Handlungen unter Strafe stellen und es den Gemeinden überlassen wollte, je nach ihren besondern Bedürfnissen weitergehende Ruhestörungen mit Strafe zu bedrohen. Das Problem ist das gleiche, wie es sich in Anwendung des Art. 335
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 335 - 1 Den Kantonen bleibt die Gesetzgebung über das Übertretungsstrafrecht insoweit vorbehalten, als es nicht Gegenstand der Bundesgesetzgebung ist. |
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1 | Den Kantonen bleibt die Gesetzgebung über das Übertretungsstrafrecht insoweit vorbehalten, als es nicht Gegenstand der Bundesgesetzgebung ist. |
2 | Die Kantone sind befugt, die Widerhandlungen gegen das kantonale Verwaltungs- und Prozessrecht mit Sanktionen zu bedrohen. |
BGE 96 I 24 S. 33
Beschwerdeführers nicht zu einem widersinnigen Resultat führen muss. Es lässt sich demnach ohne Willkür annehmen, § 46 EG schliesse die Geltung der LBV nicht aus. Würde man übrigens § 46 EG nicht so eng auslegen, wie es das Obergericht tat, sondern der Vorschrift eine umfassende Bedeutung beilegen in dem Sinn, dass sie jeden (vermeidbaren, übermässigen) Nachtlärm erfasst, würde jedenfalls auch der das zulässige Mass überschreitende Hundelärm darunter fallen, so dass bei solcher Betrachtung der Mangel des obergerichtlichen Urteils einzig darin läge, dass das Gericht den Beschwerdeführer nach der LBV statt nach der strengern Vorschrift des § 46 EG bestrafte. Dass in Art. 18
SR 910.91 Verordnung vom 7. Dezember 1998 über landwirtschaftliche Begriffe und die Anerkennung von Betriebsformen (Landwirtschaftliche Begriffsverordnung, LBV) - Landwirtschaftliche Begriffsverordnung LBV Art. 18 Ackerfläche - 1 Als Ackerfläche gilt die Fläche, welche in eine Fruchtfolge einbezogen ist. Sie setzt sich aus der offenen Ackerfläche und den Kunstwiesen zusammen. |
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1 | Als Ackerfläche gilt die Fläche, welche in eine Fruchtfolge einbezogen ist. Sie setzt sich aus der offenen Ackerfläche und den Kunstwiesen zusammen. |
2 | Als offene Ackerfläche gilt die Fläche, auf der einjährige Acker-, Gemüse- und Beerenkulturen sowie einjährige Gewürz- und Medizinalpflanzen angebaut werden. Buntbrache, Rotationsbrache, Säume auf Ackerland sowie auf offener Ackerfläche angelegte Nützlingsstreifen zählen zur offenen Ackerfläche.50 |
3 | Als Kunstwiese gilt die als Wiese angesäte Fläche, die innerhalb einer Fruchtfolge während mindestens einer Vegetationsperiode bewirtschaftet wird. |
5. (Abweisung der Rüge, die LBV sei nicht rechtsgültig zustandegekommen, weil sie vom Grossen Stadtrat nicht erlassen, sondern bloss genehmigt worden sei.)
6. Der Beschwerdeführer wirft dem Obergericht schliesslich vor, es habe es unterlassen, die Verjährungsvorschrift des Art. 109
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 109 - Die Strafverfolgung und die Strafe verjähren in drei Jahren. |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 109 - Die Strafverfolgung und die Strafe verjähren in drei Jahren. |
BGE 96 I 24 S. 34
weshalb die Ansicht des Beschwerdeführers nicht von vorneherein als verfehlt erscheint. Es lässt sich indessen, wie ausgeführt, § 1 EG mit vertretbaren Gründen in dem Sinn auslegen, dass die jeweils geltenden allgemeinen Bestimmungen des StGB auch im Bereich des kantonalen Rechts anwendbar sind, da das ein nach dem Willen des Gesetzgebers unerwünschtes Auseinanderklaffen von eidgenössischem und kantonalem Recht verhindert.