Urteilskopf

89 II 192

28. Urteil der II. Zivllabteilung vom 25. April 1963 i.S. Etablissement Progress gegen Wolle AG
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Regesto (it):


Sachverhalt ab Seite 192

BGE 89 II 192 S. 192

A.- Der im Ausland wohnende Kaufmann D. Gross liess Ledervorräte aus Österreich im Zürcher Zollfreilager
BGE 89 II 192 S. 193

durch die Firma Frank AG, Internationale Transporte, Zürich, verwahren. Aus diesem Lager verpfändete er der Schweizerischen Bankgesellschaft und der Handelsbank in Zürich je fünf Kisten Boxcalfleder, die im Zollfreilager verwahrt blieben. Mit einem Schreiben vom 30. September 1960 aus Zürich räumte er sodann der Beklagten, Etablissement Progress, Mauren, Liechtenstein, an diesen beiden und weiteren dort eingelagerten Waren ein nachgehendes Pfandrecht ein. Den beiden Banken mit vorgehendem Pfandrecht zeigte er dies nicht an, wohl aber der Lagerhalterin Frank AG, mit einem Brief, den sie am Morgen des 5. Oktober 1960 erhielt.

B.- Tags darauf arrestierte das Betreibungsamt Zürich 9 die erwähnten zwei Warenposten (bezeichnet als Positionen 1 und 2) von je 1400 kg Leder, das Kilogramm geschätzt auf Fr. 1 -, und zwei weitere Posten Leder (Pos. 3 enthaltend ca. 27'000 kg, Pos. 4 enthaltend 542 kg) zu Gunsten der Klägerin, Wolle AG, Zürich, für eine gegen D. Gross geltend gemachte Forderung von Fr. 53'343.80 nebst Zins. Zu allen vier Positionen vermerkte die Arresturkunde "das Lagerrecht gemäss Art. 485
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 485 - 1 Der Lagerhalter hat Anspruch auf das verabredete oder übliche Lagergeld, sowie auf Erstattung der Auslagen, die nicht aus der Aufbewahrung selbst erwachsen sind, wie Frachtlohn, Zoll, Ausbesserung.
1    Der Lagerhalter hat Anspruch auf das verabredete oder übliche Lagergeld, sowie auf Erstattung der Auslagen, die nicht aus der Aufbewahrung selbst erwachsen sind, wie Frachtlohn, Zoll, Ausbesserung.
2    Die Auslagen sind sofort zu ersetzen, die Lagergelder je nach Ablauf von drei Monaten seit der Einlagerung und in jedem Fall bei der vollständigen oder teilweisen Zurücknahme des Gutes zu bezahlen.
3    Der Lagerhalter hat für seine Forderungen an dem Gute ein Retentionsrecht, solange er im Besitze des Gutes ist oder mit Warenpapier darüber verfügen kann.
OR" (Retentionsrecht) der Frank AG für Fr. 5637.15 auf den September 1960 und für die weiterhin auflaufenden Lagerspesen von monatlich Fr. 360.--. Zu Pos. 1 wurde das Pfandrecht der Schweizerischen Bankgesellschaft für eine Forderung von Fr. 11'939.05 ("Rohsaldo") vermerkt und zu Pos. 2 das Pfandrecht der Handelsbank in Zürich für eine Forderung von Fr. 10'000.-- nebst Zins und Spesen. An den Positionen 1 und 2 machte ferner die Beklagte ihr nachgehendes Pfandrecht geltend, das zuerst irrtümlicherweise als Eigentumsansprache vermerkt wurde, und das die Klägerin (Arrestgläubigerin) bestritten hat.

C.- Gemäss Vereinbarung der Parteien mit dem Schuldner wurden die in Pos. 2 enthaltenen fünf Kisten Boxcalfleder aus freier Hand für Fr. 18'480.-- verkauft. Aus diesem Erlös konnte die Pfandforderung der Handelsbank in Zürich abgelöst werden. Der Restbetrag von
BGE 89 II 192 S. 194

Fr. 8000. - floss als Ersatz für diesen Arrestgegenstand an das Betreibungsamt. Die Vereinbarung hielt fest, dass die Beklagte das von der Klägerin bestrittene Nachpfandrecht auch an diesem restlichen Erlös beanspruche.
D.- Der Einzelrichter des Bezirksgerichts Zürich wies die auf Aberkennung des Nachpfandrechts der Beklagten an den Gegenständen von Pos. 1 und 2 der Arresturkunde gehende Widerspruchsbeseitigungsklage der Arrestgläubigerin am 27. Februar 1962 ab und schützte das Nachpfandrecht der Beklagten für Forderungen von wenigstens $ 14'000. -. Das Obergericht des Kantons Zürich hat dagegen mit Urteil vom 12. September 1962 die Klage gutgeheissen und die Pfandrechtsansprache der Beklagten als unbegründet erklärt.
E.- Gegen dieses Urteil hat die Beklagte die vorliegende Berufung an das Bundesgericht eingelegt mit dem erneuten Antrag auf Abweisung der Klage. Die Klägerin hält die Berufung für unzulässig, weil der Streitwert im Zeitpunkt des obergerichtlichen Urteils nur Fr. 562.85 betragen habe. Der Eventualantrag geht auf Abweisung der Berufung und Bestätigung des obergerichtlichen Urteils. Auf eine Nichtigkeitsbeschwerde der Beklagten gegen dieses selbe Urteil ist das Kassationsgericht des Kantons Zürich am 8. November 1962 nicht eingetreten im Hinblick auf die von ihm als zulässig erachtete Berufung an das Bundesgericht. Falls sich dieses Rechtsmittel als unzulässig erweisen sollte, bleibe eine nachträgliche Beurteilung der Nichtigkeitsbeschwerde nach § 345 Abs. 2 der kantonalen ZPO vorbehalten.
Erwägungen

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1. Den Streitwert bemass der erstinstanzliche Richter auf etwa Fr. 6000.-- bei Prozesseinleitung; bis zur Urteilsfällung
BGE 89 II 192 S. 195

sei er wegen der angewachsenen Lagergebühren mit Retentionsrecht auf wenig mehr als Fr. 2000.-- gesunken. Während das Obergericht die Streitwertfrage ungeprüft liess, hielt das kantonale Kassationsgericht dafür, Gegenstand des streitigen Nachpfandrechts sei in erster Linie der in betreibungsamtlicher Verfügung stehende Betrag von Fr. 8000.-- als Überschuss des Erlöses aus der freihändigen Verwertung der Waren von Pos. 2 der Arresturkunde. Auf diesem Betrag laste das Retentionsrecht der Lagerhalterin nicht; es sei infolge der Versilberung der ihm unterworfenen Waren jener Position untergegangen. Ausserdem sei aus gewissen Aktenstücken zu schliessen, die Frank AG sei aus andern Mitteln befriedigt worden. Jener Betrag stehe daher gänzlich der Beklagten zur Verfügung, falls deren Nachpfandrecht sich als begründet erweise. Der für die Berufung an das Bundesgericht erforderliche Streitwert sei somit gegeben, ohne dass man zu untersuchen brauche, inwieweit auch die Gegenstände von Pos. 1 der Arresturkunde bei Berücksichtigung vorgehender Pfandrechte noch für die Beklagte greifbar wären. Dem Kassationsgericht ist darin beizustimmen, dass der nach Tilgung der Pfandforderung der Handelsbank in Zürich an das Betreibungsamt überwiesene restliche Erlös von Fr. 8000. - als Gegenstand des streitigen Pfandrechtes in Betracht fällt, wie denn das Widerspruchsverfahren ebenso wie über die arrestierte oder gepfändete Sache über den noch nicht verteilten (hier eben mit Rücksicht auf die verschiedenen Ansprecher zurückbehaltenen) Erlös durchzuführen ist (vgl. Art. 107 Abs. 4
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 107 - 1 Schuldner und Gläubiger können den Anspruch des Dritten beim Betreibungsamt bestreiten, wenn sich der Anspruch bezieht auf:
1    Schuldner und Gläubiger können den Anspruch des Dritten beim Betreibungsamt bestreiten, wenn sich der Anspruch bezieht auf:
1  eine bewegliche Sache im ausschliesslichen Gewahrsam des Schuldners;
2  eine Forderung oder ein anderes Recht, sofern die Berechtigung des Schuldners wahrscheinlicher ist als die des Dritten;
3  ein Grundstück, sofern er sich nicht aus dem Grundbuch ergibt.
2    Das Betreibungsamt setzt ihnen dazu eine Frist von zehn Tagen.
3    Auf Verlangen des Schuldners oder des Gläubigers wird der Dritte aufgefordert, innerhalb der Bestreitungsfrist seine Beweismittel beim Betreibungsamt zur Einsicht vorzulegen. Artikel 73 Absatz 2 gilt sinngemäss.
4    Wird der Anspruch des Dritten nicht bestritten, so gilt er in der betreffenden Betreibung als anerkannt.
5    Wird der Anspruch bestritten, so setzt das Betreibungsamt dem Dritten eine Frist von 20 Tagen, innert der er gegen den Bestreitenden auf Feststellung seines Anspruchs klagen kann. Reicht er keine Klage ein, so fällt der Anspruch in der betreffenden Betreibung ausser Betracht.
SchKG). Gerade deshalb ist aber auch das Retentionsrecht der Lagerhalterin zu berücksichtigen. Es ist, soweit es an den Sachen begründet war, durch deren zwangsweise oder freihändige Verwertung keineswegs untergegangen. Vielmehr sind die betreffenden Sachen damit auch als Retentionsgegenstände verwertet worden, wie denn der Retentionsberechtigte
BGE 89 II 192 S. 196

die Sache gleich einem Faustpfande verwerten lassen kann (Art. 898
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 898 - 1 Kommt der Schuldner seiner Verpflichtung nicht nach, so kann der Gläubiger, wenn er nicht hinreichend sichergestellt wird, die zurückbehaltene Sache nach vorgängiger Benachrichtigung des Schuldners wie ein Faustpfand verwerten.
1    Kommt der Schuldner seiner Verpflichtung nicht nach, so kann der Gläubiger, wenn er nicht hinreichend sichergestellt wird, die zurückbehaltene Sache nach vorgängiger Benachrichtigung des Schuldners wie ein Faustpfand verwerten.
2    Zur Verwertung zurückbehaltener Namenpapiere hat in Vertretung des Schuldners der Betreibungs- oder der Konkursbeamte das Erforderliche vorzunehmen.
ZGB) und der Ausdruck "Faustpfand" im Betreibungsverfahren das Retentionsrecht mitumfasst (Art. 37 Abs. 2
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 37 - 1 Der Ausdruck «Grundpfandrecht» im Sinne dieses Gesetzes umfasst: die Grundpfandverschreibung, den Schuldbrief, die Grundpfandrechte des bisherigen Rechtes, die Grundlast und jedes Vorzugsrecht auf bestimmte Grundstücke sowie das Pfandrecht an der Zugehör eines Grundstücks.63
1    Der Ausdruck «Grundpfandrecht» im Sinne dieses Gesetzes umfasst: die Grundpfandverschreibung, den Schuldbrief, die Grundpfandrechte des bisherigen Rechtes, die Grundlast und jedes Vorzugsrecht auf bestimmte Grundstücke sowie das Pfandrecht an der Zugehör eines Grundstücks.63
2    Der Ausdruck «Faustpfand» begreift auch die Viehverpfändung, das Retentionsrecht und das Pfandrecht an Forderungen und anderen Rechten.
3    Der Ausdruck «Pfand» umfasst sowohl das Grundpfand als das Fahrnispfand.
SchKG). Dieses Recht der Lagerhalterin müsste allerdings dann ausser Betracht bleiben, wenn deren Forderung (ohne Übergang der Rechte auf einen Dritten) samt dem Retentionsrecht erloschen wäre. Die Unterlagen, auf welche das Kassationsgericht diese Annahme stützt, haben sich jedoch als trügerisch erwiesen. Aus dem im bundesgerichtlichen Verfahren zur Abklärung des Streitwertes gemäss Art. 36 Abs. 2
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 37 - 1 Der Ausdruck «Grundpfandrecht» im Sinne dieses Gesetzes umfasst: die Grundpfandverschreibung, den Schuldbrief, die Grundpfandrechte des bisherigen Rechtes, die Grundlast und jedes Vorzugsrecht auf bestimmte Grundstücke sowie das Pfandrecht an der Zugehör eines Grundstücks.63
1    Der Ausdruck «Grundpfandrecht» im Sinne dieses Gesetzes umfasst: die Grundpfandverschreibung, den Schuldbrief, die Grundpfandrechte des bisherigen Rechtes, die Grundlast und jedes Vorzugsrecht auf bestimmte Grundstücke sowie das Pfandrecht an der Zugehör eines Grundstücks.63
2    Der Ausdruck «Faustpfand» begreift auch die Viehverpfändung, das Retentionsrecht und das Pfandrecht an Forderungen und anderen Rechten.
3    Der Ausdruck «Pfand» umfasst sowohl das Grundpfand als das Fahrnispfand.
OG eingeholten Bericht der Lagerhalterin geht nämlich hervor, dass sie ein "heute offenes Guthaben" von Fr. 20'034.85 geltend macht und dafür das Retentionsrecht an den eingelagerten Waren in Anspruch nimmt, immerhin gemäss Vereinbarung mit der Klägerin an den Positionen 1, 2 und 4 der Arresturkunde bloss für 20% ihres jeweiligen Guthabens, also derzeit für Fr. 4007. - "zuzüglich anteiliger laufender Gebühren; dabei haftet natürlich jede dieser Positionen 1, 2 und 4 für 20% des jeweiligen Totals als Faustpfand". Auf dieser tatbeständlichen Grundlage berechnet sich der Streitwert wie folgt: a) Im allgemeinen kann sich der Richter im Widerspruchsverfahren bei der Bewertung der streitigen Gegenstände an die betreibungsamtliche Schätzung halten (sofern sie, wie im vorliegenden Falle, als solche unangefochten blieb). Indessen ist diese Schätzung für den Richter nicht bindend; er kann unabhängig davon den wahren Wert ermitteln (vgl.BGE 31 II 178ff. und 361/62) und insbesondere den allenfalls bereits erzielten Erlös berücksichtigen (vgl. BGE 83 II 246 /47). Dies führt zur Bewertung der Pos. 2 gemäss dem noch verfügbaren Mehrerlös von Fr. 8000. -. Was die noch nicht verwertete Pos. 1 betrifft, welche gleichviel Ware gleicher Art (und vermutlich auch gleicher Güte) enthält, so ist sie in entsprechender Weise aufzuwerten, wie es im erstinstanzlichen Urteil geschehen ist.
BGE 89 II 192 S. 197

b) Geht das Widerspruchsverfahren um das von einem Dritten beanspruchte Eigentum, so ist das Streitinteresse gleich dem ganzen Wert der Sache, vorausgesetzt, dass die in Betreibung gesetzte Forderung nicht geringer ist, der betreibende Gläubiger also auf den ganzen zu erwartenden Erlös greifen will. Geht es um ein Pfandrecht, so muss ausserdem die Forderung des Pfandansprechers diesen Betrag erreichen (vgl.BGE 56 III 37ff.; BLUMENSTEIN, Handbuch S. 392). All dies trifft hier zu, da eine Forderung von mehr als Fr. 50'000.-- in Betreibung steht und die Beklagte ihrerseits das Nachpfandrecht für Forderungen von $ 45'296.35 in Anspruch nimmt. c) Gehen indessen dem streitigen Pfandrecht andere Pfandrechte im Range vor, so dass auf jenes nur ein nach deren Deckung sich ergebender Mehrerlös entfallen kann, so vermindert sich der Streitwert um den Betrag der vorgehenden Pfandforderungen (vgl.BGE 27 II 126,BGE 33 II 459,BGE 35 II 707, BGE 83 II 246 /47; BIRCHMEIER, zu Art. 36
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 109 - 1 Beim Gericht des Betreibungsortes sind einzureichen:
1    Beim Gericht des Betreibungsortes sind einzureichen:
1  Klagen nach Artikel 107 Absatz 5;
2  Klagen nach Artikel 108 Absatz 1, sofern der Beklagte Wohnsitz im Ausland hat.
2    Richtet sich die Klage nach Artikel 108 Absatz 1 gegen einen Beklagten mit Wohnsitz in der Schweiz, so ist sie an dessen Wohnsitz einzureichen.
3    Bezieht sich der Anspruch auf ein Grundstück, so ist die Klage in jedem Fall beim Gericht des Ortes einzureichen, wo das Grundstück oder sein wertvollster Teil liegt.
4    Das Gericht zeigt dem Betreibungsamt den Eingang und die Erledigung der Klage an. ...227
5    Bis zur Erledigung der Klage bleibt die Betreibung in Bezug auf die streitigen Gegenstände eingestellt, und die Fristen für Verwertungsbegehren (Art. 116) stehen still.
OG, S. 43; LEUCH, N. 11 zu Art. 138
SR 272 Schweizerische Zivilprozessordnung vom 19. Dezember 2008 (Zivilprozessordnung, ZPO) - Gerichtsstandsgesetz
ZPO Art. 138 Form - 1 Die Zustellung von Vorladungen, Verfügungen und Entscheiden erfolgt durch eingeschriebene Postsendung oder auf andere Weise gegen Empfangsbestätigung.
1    Die Zustellung von Vorladungen, Verfügungen und Entscheiden erfolgt durch eingeschriebene Postsendung oder auf andere Weise gegen Empfangsbestätigung.
2    Sie ist erfolgt, wenn die Sendung von der Adressatin oder vom Adressaten oder von einer angestellten oder im gleichen Haushalt lebenden, mindestens 16 Jahre alten Person entgegengenommen wurde. Vorbehalten bleiben Anweisungen des Gerichts, eine Urkunde dem Adressaten oder der Adressatin persönlich zuzustellen.
3    Sie gilt zudem als erfolgt:
a  bei einer eingeschriebenen Postsendung, die nicht abgeholt worden ist: am siebten Tag nach dem erfolglosen Zustellungsversuch, sofern die Person mit einer Zustellung rechnen musste;
b  bei persönlicher Zustellung, wenn die Adressatin oder der Adressat die Annahme verweigert und dies von der überbringenden Person festgehalten wird: am Tag der Weigerung.
4    Andere Sendungen kann das Gericht durch gewöhnliche Post zustellen.
der bernischen ZPO). Die Berufungsklägerin will dies freilich nicht gelten lassen. Sie wendet ein, beim Abzug der Pfandvorgänge sei mitunter rechnungsmässig gar kein Mehrerlös zu erwarten, alsdann wäre der Streitwert nach der geschilderten Methode auf Null zu bemessen, was nicht anginge. Darauf ist zu erwidern, dass bei einem solchen Rechnungsergebnis immerhin in den meisten Fällen mit Rücksicht auf allfällige Unsicherheitsfaktoren ein niedriger Streitwert noch anzunehmen ist. Denn solange ein auf das streitige Pfandrecht entfallender Überschuss nicht geradezu als ausgeschlossen erscheint, darf nicht jedes Streitinteresse verneint werden. Erweist sich aber ein solcher Überschuss bei allseitiger Würdigung der Berechnungsfaktoren als gänzlich ausgeschlossen, so ist das Streitinteresse in der Tat zu verneinen und auf die von vornherein unnütze Klage nicht einzutreten. Im vorliegenden Fall ergibt sich indessen folgender Nettowert der streitigen Positionen 1 und 2 der Arresturkunde:
BGE 89 II 192 S. 198

Erlös aus Pos. 2 netto Fr. 8'000.-- +Depotzins
Fr. 8'000.--
Nettowert der Pos. 1 nach Abzug der vor-
gehenden Pfandforderungen der SBG:
Fr. 18'480.-- minus Fr. 12'000.--=Fr. 6'480.--
zusammen Fr. 14'480.--
Davon sind nun noch die retentionsgesicher-
ten Lagergebühren der Frank AG abzu-
ziehen, also nach dem oben Ausgeführten
Fr. 4'007.-- (welcher Betrag nur einmal
einzusetzen ist, wobei er zu voller Geltung
kommt) Fr. 4'007.--
Restbetrag Fr. 10'473.--
Der für das schriftliche Berufungsverfahren erforderliche Streitwert von Fr. 8000.-- (gemäss Art. 46 und 62 OG in der geltenden Fassung) ist also erreicht. Es ergibt sich nicht etwa ein weiterer Abzug daraus, dass das ausstehende Guthaben der Frank AG seit dem obergerichtlichen Urteil noch angestiegen sein mag. Der Streitwert für das Berufungsverfahren bemisst sich nach dem Interesse, das für die Parteien unmittelbar vor der angefochtenen kantonalen Entscheidung auf dem Spiele stand (BGE 65 II 184), wie denn auch in materiellrechtlicher Beziehung in der Berufungsinstanz der Tatbestand zu beurteilen ist, wie er der letzten kantonalen Instanz vorlag, und neue Tatsachen nicht berücksichtigt werden können (Art. 55 Abs. 1 lit. c
SR 272 Schweizerische Zivilprozessordnung vom 19. Dezember 2008 (Zivilprozessordnung, ZPO) - Gerichtsstandsgesetz
ZPO Art. 138 Form - 1 Die Zustellung von Vorladungen, Verfügungen und Entscheiden erfolgt durch eingeschriebene Postsendung oder auf andere Weise gegen Empfangsbestätigung.
1    Die Zustellung von Vorladungen, Verfügungen und Entscheiden erfolgt durch eingeschriebene Postsendung oder auf andere Weise gegen Empfangsbestätigung.
2    Sie ist erfolgt, wenn die Sendung von der Adressatin oder vom Adressaten oder von einer angestellten oder im gleichen Haushalt lebenden, mindestens 16 Jahre alten Person entgegengenommen wurde. Vorbehalten bleiben Anweisungen des Gerichts, eine Urkunde dem Adressaten oder der Adressatin persönlich zuzustellen.
3    Sie gilt zudem als erfolgt:
a  bei einer eingeschriebenen Postsendung, die nicht abgeholt worden ist: am siebten Tag nach dem erfolglosen Zustellungsversuch, sofern die Person mit einer Zustellung rechnen musste;
b  bei persönlicher Zustellung, wenn die Adressatin oder der Adressat die Annahme verweigert und dies von der überbringenden Person festgehalten wird: am Tag der Weigerung.
4    Andere Sendungen kann das Gericht durch gewöhnliche Post zustellen.
OG).
2. In materieller Hinsicht hält das angefochtene Urteil das von der Beklagten geltend gemachte Nachpfandrecht - ohne dessen übrige Voraussetzungen zu prüfen - deshalb für unbegründet, weil sich der Schuldner mit der Anzeige der Nachverpfändung an die Lagerhalterin Frank AG begnügt und die Nachverpfändung nicht auch den beiden vorgehenden Pfandgläubigern, nämlich den erwähnten Banken, angezeigt hat. Das wäre nach Ansicht des Obergerichts gemäss Art. 886
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 886 - Ein nachgehendes Faustpfand wird dadurch bestellt, dass der Faustpfandgläubiger schriftlich von der Nachverpfändung benachrichtigt und angewiesen wird, nach seiner Befriedigung das Pfand an den nachfolgenden Gläubiger herauszugeben.
ZGB unerlässlich gewesen. Diese Vorschrift verlange nach ihrem Wortlaut unbedingt die Benachrichtigung des vorgehenden Pfandgläubigers, sehe
BGE 89 II 192 S. 199

also keine Ausnahme vor für den Fall, dass sich die Pfandsache bei einem Dritten befindet. Das vorgeschriebene Vorgehen sei denn auch notwendig, um den Zweck der Vorschrift zu erfüllen, der darin bestehe, den Nachpfandgläubiger vor nachteiligen Verfügungen über die Pfandsache zu schützen. Die Firma Frank AG habe die Anzeige nicht etwa als Stellvertreterin der beiden Banken empfangen; weder sei sie von diesen in solchem Sinne bevollmächtigt gewesen, noch habe der Schuldner die Anzeige zu Handen der Banken gemacht. Es sei an den Fall zu denken, dass die Banken nach Entrichtung der ausstehenden Lagerspesen die Herausgabe der Pfänder verlangt hätten, um sie selber zu verwahren (namentlich die Bankgesellschaft, die ein eigenes Lagerhaus besitze). Die Firma Frank AG hätte einem solchen Ansuchen entsprechen müssen, und der Schuldner hätte hierauf bei Bezahlung der Bankdarlehen sich die Pfandsachen herausgeben lassen können. Es sei keineswegs sicher, dass die Lagerhalterin von sich aus die Banken bei Auslieferung der Pfandsachen von der Nachverpfändung benachrichtigt hätte. Diese Betrachtungsweise wird dem wahren Sinn des Art. 886
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 886 - Ein nachgehendes Faustpfand wird dadurch bestellt, dass der Faustpfandgläubiger schriftlich von der Nachverpfändung benachrichtigt und angewiesen wird, nach seiner Befriedigung das Pfand an den nachfolgenden Gläubiger herauszugeben.
ZGB nicht gerecht. Über die rechtliche Bedeutung der vorgeschriebenen Anzeige der Nachverpfändung an den Faustpfandgläubiger bestehen freilich verschiedene Ansichten. LEEMANN (N. 1-3 zu Art. 886
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 886 - Ein nachgehendes Faustpfand wird dadurch bestellt, dass der Faustpfandgläubiger schriftlich von der Nachverpfändung benachrichtigt und angewiesen wird, nach seiner Befriedigung das Pfand an den nachfolgenden Gläubiger herauszugeben.
ZGB) hält dafür, diese Norm durchbreche das für die Verpfändung von Fahrnis im allgemeinen geltende Faustpfandprinzip (Art. 884
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 884 - 1 Fahrnis kann, wo das Gesetz keine Ausnahme macht, nur dadurch verpfändet werden, dass dem Pfandgläubiger der Besitz an der Pfandsache übertragen wird.
1    Fahrnis kann, wo das Gesetz keine Ausnahme macht, nur dadurch verpfändet werden, dass dem Pfandgläubiger der Besitz an der Pfandsache übertragen wird.
2    Der gutgläubige Empfänger der Pfandsache erhält das Pfandrecht, soweit nicht Dritten Rechte aus früherem Besitze zustehen, auch dann, wenn der Verpfänder nicht befugt war, über die Sache zu verfügen.
3    Das Pfandrecht ist nicht begründet, solange der Verpfänder die ausschliessliche Gewalt über die Sache behält.
ZGB) und sehe für die Nachverpfändung eine Fahrnisverschreibung, also eine Mobiliarhypothek, vor. Mit Recht sieht aber die vorherrschende Lehre in der von Art. 886
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 886 - Ein nachgehendes Faustpfand wird dadurch bestellt, dass der Faustpfandgläubiger schriftlich von der Nachverpfändung benachrichtigt und angewiesen wird, nach seiner Befriedigung das Pfand an den nachfolgenden Gläubiger herauszugeben.
ZGB vorgeschriebenen Anzeige einfach eine besondere Anwendungsform des Faustpfandprinzips, nämlich eine Besitzanweisung (vgl. WIELAND, Bem. 1, und OFTINGER, N. 43 des systematischen Teils und N. 3 zu Art. 886
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 886 - Ein nachgehendes Faustpfand wird dadurch bestellt, dass der Faustpfandgläubiger schriftlich von der Nachverpfändung benachrichtigt und angewiesen wird, nach seiner Befriedigung das Pfand an den nachfolgenden Gläubiger herauszugeben.
ZGB; HAFFTER, Das Fahrnispfandrecht und andere sachenrechtliche Sicherungsgeschäfte, Diss. 1928 S. 44/45: HOMBERGER und MARTI, Schweiz. Jur. Kartothek Nr. 672 S. 5). Dieser
BGE 89 II 192 S. 200

Ansicht hat das Bundesgericht sich angeschlossen und ausgesprochen, die Anzeige habe zum Zweck, den vorgehenden Pfandgläubiger, "in dessen Gewahrsam sich das Pfand gewöhnlich befindet", zum Pfandhalter für den nachgehenden zu machen (BGE 72 II 355). Der nachgehende Pfandgläubiger erhält einen vom mittelbaren Besitz des Verpfänders abgeleiteten, gleichfalls mittelbaren Besitz, "während der unmittelbare Besitz einstweilen beim vorgehenden Pfandgläubiger bleibt" (BGE 81 II 342 Erw. 3). Daran ist festzuhalten. Die Besitzanweisung genügt bereits der grundlegenden Norm des Art. 884
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 884 - 1 Fahrnis kann, wo das Gesetz keine Ausnahme macht, nur dadurch verpfändet werden, dass dem Pfandgläubiger der Besitz an der Pfandsache übertragen wird.
1    Fahrnis kann, wo das Gesetz keine Ausnahme macht, nur dadurch verpfändet werden, dass dem Pfandgläubiger der Besitz an der Pfandsache übertragen wird.
2    Der gutgläubige Empfänger der Pfandsache erhält das Pfandrecht, soweit nicht Dritten Rechte aus früherem Besitze zustehen, auch dann, wenn der Verpfänder nicht befugt war, über die Sache zu verfügen.
3    Das Pfandrecht ist nicht begründet, solange der Verpfänder die ausschliessliche Gewalt über die Sache behält.
ZGB betreffend die Verpfändung von Fahrnis. Eine solche Verpfändung ist nur gültig, wenn dem Pfandgläubiger der Besitz an der Pfandsache übertragen wird und dem Verpfänder die Möglichkeit genommen ist, allein über die Sache körperlich zu verfügen. Es gilt also das sachenrechtliche Traditionsprinzip mit dem Erfordernis der Einräumung eines qualifizierten Pfandbesitzes. Dieser lässt sich nicht nur durch persönliche Übergabe an den Pfandgläubiger, sondern ebenso durch Besitzanweisung herbeiführen, nicht aber durch Besitzeskonstitut, das dem Verpfänder die Möglichkeit, über die Sache körperlich zu verfügen, belassen würde. Bei der Nachverpfändung stellt sich nun gegenüber den Parteien dieses Rechtsgeschäftes der Faustpfandgläubiger als Drittbesitzer dar, sofern er, wie es gewöhnlich zutrifft, seinen Pfandbesitz selber ausübt. Ist dies aber nicht der Fall, sondern befindet sich das Pfand bei einem Dritten, der den Verpfänder (Eigentümer) wie auch den Faustpfandgläubiger als Mittelsmann im Besitze zu vertreten, also den Besitz für sie beide auszuüben und die Sache dem einen nur mit Zustimmung des andern herauszugeben hat (vgl. OFTINGER, N. 216/17 und LEEMANN, N. 68 zu Art. 884
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 884 - 1 Fahrnis kann, wo das Gesetz keine Ausnahme macht, nur dadurch verpfändet werden, dass dem Pfandgläubiger der Besitz an der Pfandsache übertragen wird.
1    Fahrnis kann, wo das Gesetz keine Ausnahme macht, nur dadurch verpfändet werden, dass dem Pfandgläubiger der Besitz an der Pfandsache übertragen wird.
2    Der gutgläubige Empfänger der Pfandsache erhält das Pfandrecht, soweit nicht Dritten Rechte aus früherem Besitze zustehen, auch dann, wenn der Verpfänder nicht befugt war, über die Sache zu verfügen.
3    Das Pfandrecht ist nicht begründet, solange der Verpfänder die ausschliessliche Gewalt über die Sache behält.
ZGB, HOMBERGER, N. 9 zu Art. 924
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 924 - 1 Ohne Übergabe kann der Besitz einer Sache erworben werden, wenn ein Dritter oder der Veräusserer selbst auf Grund eines besonderen Rechtsverhältnisses im Besitz der Sache verbleibt.
1    Ohne Übergabe kann der Besitz einer Sache erworben werden, wenn ein Dritter oder der Veräusserer selbst auf Grund eines besonderen Rechtsverhältnisses im Besitz der Sache verbleibt.
2    Gegenüber dem Dritten ist dieser Besitzesübergang erst dann wirksam, wenn ihm der Veräusserer davon Anzeige gemacht hat.
3    Der Dritte kann dem Erwerber die Herausgabe aus den gleichen Gründen verweigern, aus denen er sie dem Veräusserer hätte verweigern können.
ZGB), so ist die Anzeige nach Art. 886
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 886 - Ein nachgehendes Faustpfand wird dadurch bestellt, dass der Faustpfandgläubiger schriftlich von der Nachverpfändung benachrichtigt und angewiesen wird, nach seiner Befriedigung das Pfand an den nachfolgenden Gläubiger herauszugeben.
ZGB nach den die Besitzanweisung beherrschenden Grundsätzen sinngemäss an den wahren Drittbesitzer zu richten. Dieser vertritt den Faustpfandgläubiger im Besitz, und
BGE 89 II 192 S. 201

zwar wegen seiner Besitzmittlerstellung zwischen Pfandgläubiger und Verpfänder in einer Weise, dass jenem die selbständige körperliche Verfügung über die Sache versagt ist (vgl. OFTINGER, N. 136 zu Art. 884
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 884 - 1 Fahrnis kann, wo das Gesetz keine Ausnahme macht, nur dadurch verpfändet werden, dass dem Pfandgläubiger der Besitz an der Pfandsache übertragen wird.
1    Fahrnis kann, wo das Gesetz keine Ausnahme macht, nur dadurch verpfändet werden, dass dem Pfandgläubiger der Besitz an der Pfandsache übertragen wird.
2    Der gutgläubige Empfänger der Pfandsache erhält das Pfandrecht, soweit nicht Dritten Rechte aus früherem Besitze zustehen, auch dann, wenn der Verpfänder nicht befugt war, über die Sache zu verfügen.
3    Das Pfandrecht ist nicht begründet, solange der Verpfänder die ausschliessliche Gewalt über die Sache behält.
ZGB mit Hinweisen). Nichts Abweichendes lässt sich daraus herleiten, dass die Besitzanweisung nicht unbedingt unmittelbaren Besitz des angewiesenen Dritten voraussetzt (vgl. HOMBERGER, N. 3 zu Art. 924
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 924 - 1 Ohne Übergabe kann der Besitz einer Sache erworben werden, wenn ein Dritter oder der Veräusserer selbst auf Grund eines besonderen Rechtsverhältnisses im Besitz der Sache verbleibt.
1    Ohne Übergabe kann der Besitz einer Sache erworben werden, wenn ein Dritter oder der Veräusserer selbst auf Grund eines besonderen Rechtsverhältnisses im Besitz der Sache verbleibt.
2    Gegenüber dem Dritten ist dieser Besitzesübergang erst dann wirksam, wenn ihm der Veräusserer davon Anzeige gemacht hat.
3    Der Dritte kann dem Erwerber die Herausgabe aus den gleichen Gründen verweigern, aus denen er sie dem Veräusserer hätte verweigern können.
ZGB). Ist bei der Faustpfandbestellung kein Pfandhalter bezeichnet worden, sondern hat der Faustpfandgläubiger die Sache zu unmittelbarem Besitz übertragen erhalten, und hat er sie hierauf zur Aufbewahrung für sich selbst einem Dritten anvertraut, so bleibt bei derart abgestuftem unselbständigem Besitz er der massgebende Adressat einer Nachverpfändung. In einem solchen Falle übt er den Pfandbesitz selber aus, wenn auch zeitweilig aus eigenem Entschluss nicht unmittelbar, und kann die Sache immer wieder an sich ziehen, ohne der Mitwirkung des Verpfänders zu bedürfen. Hier aber befanden sich die Pfandsachen schon bei der Verpfändung an die beiden Banken bei einem Dritten, dem die wahre Stellung eines Pfandhalters im oben umschriebenen Sinne zukam, und dem daher auch die Nachverpfändung, wie es geschehen ist, anzuzeigen war.
3. Dass diese Lösung dem nachgehenden Gläubiger geringeren Schutz biete als eine Anzeige an den vorgehenden Pfandgläubiger selbst, kann nicht zugegeben werden. Der Pfandhalter ist besser in der Lage, die Rechte des nachgehenden Gläubigers zu wahren, als der den Pfandbesitz nicht selber ausübende vorgehende Gläubiger. Zu Unrecht nimmt die Vorinstanz an, die Lagerhalterin hätte die Pfandsachen den beiden Banken auf deren einseitiges Begehren herausgeben müssen. Als Pfandhalterin hatte sie vielmehr, wie dargetan, auch den Schuldner (Eigentümer) im Besitze zu vertreten und durfte die Sachen nicht ohne dessen Zustimmung herausgeben. Eine Frage für sich ist, ob der Schuldner (Eigentümer)

BGE 89 II 192 S. 202

bei der Nachpfandbestellung auf die Stellung eines mittelbaren Besitzers gegenüber der Lagerhalterin verzichtet habe. Er verband nämlich mit der Nachverpfändungsanzeige die Erklärung, die Lagerhalterin möge die im Freilager auf seinen Namen eingelagerten Waren auf den Namen der Beklagten überschreiben und von nun an diese mit den Lagerspesen belasten. Sollte er mit dieser Erklärung als Mitbesitzer ausgeschieden sein, so geschah es jedoch zu Gunsten der Beklagten, die auf diese Weise in die Besitzesrechte des Eigentümers eintrat. Bei einer solchen Sachlage hatte die Lagerhalterin nunmehr vor einer Herausgabe der Pfandsachen die Beklagte an Stelle des Eigentümers um ihre Zustimmung anzugehen. Ob es ausserdem einer Zustimmung der Beklagten in ihrer Eigenschaft als nachgehender Gläubigerin bedurft hätte, kann dahingestellt bleiben. Wären dagegen, wie dies die Vorinstanz für richtig hält, die beiden Banken, und zwar sie allein, von der Nachverpfändung benachrichtigt worden, so hätte sich - wenn man von der durch die Arrestnahme geschaffenen neuen Lage absieht - die Gefahr erhoben, die Lagerhalterin könnte die Waren dem Schuldner bei Vorweisung einer Quittung der beiden Banken herausgeben. Man hätte damit rechnen müssen, dass die den Pfandbesitz nicht selber ausübenden Banken sich nicht veranlasst gesehen hätten, vor der Ausstellung einer Schlussquittung die Lagerhalterin oder die Beklagte über das Erlöschen ihrer vorgehenden Pfandrechte zu orientieren. Sie hätten wohl angenommen, die Lagerhalterin sei zweifellos von der Nachverpfändung ebenfalls benachrichtigt worden.
4. Endlich ist Art. 886
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 886 - Ein nachgehendes Faustpfand wird dadurch bestellt, dass der Faustpfandgläubiger schriftlich von der Nachverpfändung benachrichtigt und angewiesen wird, nach seiner Befriedigung das Pfand an den nachfolgenden Gläubiger herauszugeben.
ZGB nicht dahin auszulegen, im Fall einer Besitzesstellvertretung durch einen Pfandhalter sei sowohl dieser wie auch der durch ihn vertretene vorgehende Pfandgläubiger von der Nachverpfändung zu benachrichtigen. Das Gesetz verlangt als Form der Nachpfandbestellung eine einzige Anzeige, und diese ist nach dem Ausgeführten im gegebenen Falle an den Pfandhalter
BGE 89 II 192 S. 203

zu richten. Wenn der Verpfänder sich nicht damit begnügen will und daher noch weitere Personen benachrichtigt, so handelt es sich um Vorsichtsmassnahmen, die über die gesetzlichen Erfordernisse hinausgehen und für die Frage der formgültigen Nachpfandbestellung unwesentlich sind. 5. - Zur Beurteilung der im angefochtenen Urteil offen gelassenen weitern Voraussetzungen des streitigen Nachpfandrechtes bedarf es ergänzender tatsächlicher Feststellungen. Die Angelegenheit ist daher zur neuen Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen (Art. 64
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 886 - Ein nachgehendes Faustpfand wird dadurch bestellt, dass der Faustpfandgläubiger schriftlich von der Nachverpfändung benachrichtigt und angewiesen wird, nach seiner Befriedigung das Pfand an den nachfolgenden Gläubiger herauszugeben.
OG).
Dispositiv

Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird dahin gutgeheissen, dass das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, III. Zivilkammer, vom 12. September 1962 aufgehoben und die Sache zu neuer Beurteilung im Sinne der Erwägungen an das Obergericht zurückgewiesen wird.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 89 II 192
Datum : 25. April 1963
Publiziert : 31. Dezember 1964
Quelle : Bundesgericht
Status : 89 II 192
Sachgebiet : BGE - Zivilrecht
Gegenstand : Widerspruchsklage um ein Pfandrecht, Streitwert: a) Der Richter ist nicht an die betreibungsamtliche Schätzung gebunden.


Gesetzesregister
OG: 36  46  55  62  64
OR: 485
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 485 - 1 Der Lagerhalter hat Anspruch auf das verabredete oder übliche Lagergeld, sowie auf Erstattung der Auslagen, die nicht aus der Aufbewahrung selbst erwachsen sind, wie Frachtlohn, Zoll, Ausbesserung.
1    Der Lagerhalter hat Anspruch auf das verabredete oder übliche Lagergeld, sowie auf Erstattung der Auslagen, die nicht aus der Aufbewahrung selbst erwachsen sind, wie Frachtlohn, Zoll, Ausbesserung.
2    Die Auslagen sind sofort zu ersetzen, die Lagergelder je nach Ablauf von drei Monaten seit der Einlagerung und in jedem Fall bei der vollständigen oder teilweisen Zurücknahme des Gutes zu bezahlen.
3    Der Lagerhalter hat für seine Forderungen an dem Gute ein Retentionsrecht, solange er im Besitze des Gutes ist oder mit Warenpapier darüber verfügen kann.
SchKG: 37 
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 37 - 1 Der Ausdruck «Grundpfandrecht» im Sinne dieses Gesetzes umfasst: die Grundpfandverschreibung, den Schuldbrief, die Grundpfandrechte des bisherigen Rechtes, die Grundlast und jedes Vorzugsrecht auf bestimmte Grundstücke sowie das Pfandrecht an der Zugehör eines Grundstücks.63
1    Der Ausdruck «Grundpfandrecht» im Sinne dieses Gesetzes umfasst: die Grundpfandverschreibung, den Schuldbrief, die Grundpfandrechte des bisherigen Rechtes, die Grundlast und jedes Vorzugsrecht auf bestimmte Grundstücke sowie das Pfandrecht an der Zugehör eines Grundstücks.63
2    Der Ausdruck «Faustpfand» begreift auch die Viehverpfändung, das Retentionsrecht und das Pfandrecht an Forderungen und anderen Rechten.
3    Der Ausdruck «Pfand» umfasst sowohl das Grundpfand als das Fahrnispfand.
97 
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 97 - 1 Der Beamte schätzt die gepfändeten Gegenstände, nötigenfalls mit Zuziehung von Sachverständigen.
1    Der Beamte schätzt die gepfändeten Gegenstände, nötigenfalls mit Zuziehung von Sachverständigen.
2    Es wird nicht mehr gepfändet als nötig ist, um die pfändenden Gläubiger für ihre Forderungen samt Zinsen und Kosten zu befriedigen.
106 
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 106 - 1 Wird geltend gemacht, einem Dritten stehe am gepfändeten Gegenstand das Eigentum, ein Pfandrecht oder ein anderes Recht zu, das der Pfändung entgegensteht oder im weitern Verlauf des Vollstreckungsverfahrens zu berücksichtigen ist, so merkt das Betreibungsamt den Anspruch des Dritten in der Pfändungsurkunde vor oder zeigt ihn, falls die Urkunde bereits zugestellt ist, den Parteien besonders an.
1    Wird geltend gemacht, einem Dritten stehe am gepfändeten Gegenstand das Eigentum, ein Pfandrecht oder ein anderes Recht zu, das der Pfändung entgegensteht oder im weitern Verlauf des Vollstreckungsverfahrens zu berücksichtigen ist, so merkt das Betreibungsamt den Anspruch des Dritten in der Pfändungsurkunde vor oder zeigt ihn, falls die Urkunde bereits zugestellt ist, den Parteien besonders an.
2    Dritte können ihre Ansprüche anmelden, solange der Erlös aus der Verwertung des gepfändeten Gegenstandes noch nicht verteilt ist.
3    Nach der Verwertung kann der Dritte die Ansprüche, die ihm nach Zivilrecht bei Diebstahl, Verlust oder sonstigem Abhandenkommen einer beweglichen Sache (Art. 934 und 935 ZGB223) oder bei bösem Glauben des Erwerbers (Art. 936 und 974 Abs. 3 ZGB) zustehen, ausserhalb des Betreibungsverfahrens geltend machen. Als öffentliche Versteigerung im Sinne von Artikel 934 Absatz 2 ZGB gilt dabei auch der Freihandverkauf nach Artikel 130 dieses Gesetzes.
107 
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 107 - 1 Schuldner und Gläubiger können den Anspruch des Dritten beim Betreibungsamt bestreiten, wenn sich der Anspruch bezieht auf:
1    Schuldner und Gläubiger können den Anspruch des Dritten beim Betreibungsamt bestreiten, wenn sich der Anspruch bezieht auf:
1  eine bewegliche Sache im ausschliesslichen Gewahrsam des Schuldners;
2  eine Forderung oder ein anderes Recht, sofern die Berechtigung des Schuldners wahrscheinlicher ist als die des Dritten;
3  ein Grundstück, sofern er sich nicht aus dem Grundbuch ergibt.
2    Das Betreibungsamt setzt ihnen dazu eine Frist von zehn Tagen.
3    Auf Verlangen des Schuldners oder des Gläubigers wird der Dritte aufgefordert, innerhalb der Bestreitungsfrist seine Beweismittel beim Betreibungsamt zur Einsicht vorzulegen. Artikel 73 Absatz 2 gilt sinngemäss.
4    Wird der Anspruch des Dritten nicht bestritten, so gilt er in der betreffenden Betreibung als anerkannt.
5    Wird der Anspruch bestritten, so setzt das Betreibungsamt dem Dritten eine Frist von 20 Tagen, innert der er gegen den Bestreitenden auf Feststellung seines Anspruchs klagen kann. Reicht er keine Klage ein, so fällt der Anspruch in der betreffenden Betreibung ausser Betracht.
109
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 109 - 1 Beim Gericht des Betreibungsortes sind einzureichen:
1    Beim Gericht des Betreibungsortes sind einzureichen:
1  Klagen nach Artikel 107 Absatz 5;
2  Klagen nach Artikel 108 Absatz 1, sofern der Beklagte Wohnsitz im Ausland hat.
2    Richtet sich die Klage nach Artikel 108 Absatz 1 gegen einen Beklagten mit Wohnsitz in der Schweiz, so ist sie an dessen Wohnsitz einzureichen.
3    Bezieht sich der Anspruch auf ein Grundstück, so ist die Klage in jedem Fall beim Gericht des Ortes einzureichen, wo das Grundstück oder sein wertvollster Teil liegt.
4    Das Gericht zeigt dem Betreibungsamt den Eingang und die Erledigung der Klage an. ...227
5    Bis zur Erledigung der Klage bleibt die Betreibung in Bezug auf die streitigen Gegenstände eingestellt, und die Fristen für Verwertungsbegehren (Art. 116) stehen still.
ZGB: 884 
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 884 - 1 Fahrnis kann, wo das Gesetz keine Ausnahme macht, nur dadurch verpfändet werden, dass dem Pfandgläubiger der Besitz an der Pfandsache übertragen wird.
1    Fahrnis kann, wo das Gesetz keine Ausnahme macht, nur dadurch verpfändet werden, dass dem Pfandgläubiger der Besitz an der Pfandsache übertragen wird.
2    Der gutgläubige Empfänger der Pfandsache erhält das Pfandrecht, soweit nicht Dritten Rechte aus früherem Besitze zustehen, auch dann, wenn der Verpfänder nicht befugt war, über die Sache zu verfügen.
3    Das Pfandrecht ist nicht begründet, solange der Verpfänder die ausschliessliche Gewalt über die Sache behält.
886 
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 886 - Ein nachgehendes Faustpfand wird dadurch bestellt, dass der Faustpfandgläubiger schriftlich von der Nachverpfändung benachrichtigt und angewiesen wird, nach seiner Befriedigung das Pfand an den nachfolgenden Gläubiger herauszugeben.
898 
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 898 - 1 Kommt der Schuldner seiner Verpflichtung nicht nach, so kann der Gläubiger, wenn er nicht hinreichend sichergestellt wird, die zurückbehaltene Sache nach vorgängiger Benachrichtigung des Schuldners wie ein Faustpfand verwerten.
1    Kommt der Schuldner seiner Verpflichtung nicht nach, so kann der Gläubiger, wenn er nicht hinreichend sichergestellt wird, die zurückbehaltene Sache nach vorgängiger Benachrichtigung des Schuldners wie ein Faustpfand verwerten.
2    Zur Verwertung zurückbehaltener Namenpapiere hat in Vertretung des Schuldners der Betreibungs- oder der Konkursbeamte das Erforderliche vorzunehmen.
924
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 924 - 1 Ohne Übergabe kann der Besitz einer Sache erworben werden, wenn ein Dritter oder der Veräusserer selbst auf Grund eines besonderen Rechtsverhältnisses im Besitz der Sache verbleibt.
1    Ohne Übergabe kann der Besitz einer Sache erworben werden, wenn ein Dritter oder der Veräusserer selbst auf Grund eines besonderen Rechtsverhältnisses im Besitz der Sache verbleibt.
2    Gegenüber dem Dritten ist dieser Besitzesübergang erst dann wirksam, wenn ihm der Veräusserer davon Anzeige gemacht hat.
3    Der Dritte kann dem Erwerber die Herausgabe aus den gleichen Gründen verweigern, aus denen er sie dem Veräusserer hätte verweigern können.
ZPO: 138
SR 272 Schweizerische Zivilprozessordnung vom 19. Dezember 2008 (Zivilprozessordnung, ZPO) - Gerichtsstandsgesetz
ZPO Art. 138 Form - 1 Die Zustellung von Vorladungen, Verfügungen und Entscheiden erfolgt durch eingeschriebene Postsendung oder auf andere Weise gegen Empfangsbestätigung.
1    Die Zustellung von Vorladungen, Verfügungen und Entscheiden erfolgt durch eingeschriebene Postsendung oder auf andere Weise gegen Empfangsbestätigung.
2    Sie ist erfolgt, wenn die Sendung von der Adressatin oder vom Adressaten oder von einer angestellten oder im gleichen Haushalt lebenden, mindestens 16 Jahre alten Person entgegengenommen wurde. Vorbehalten bleiben Anweisungen des Gerichts, eine Urkunde dem Adressaten oder der Adressatin persönlich zuzustellen.
3    Sie gilt zudem als erfolgt:
a  bei einer eingeschriebenen Postsendung, die nicht abgeholt worden ist: am siebten Tag nach dem erfolglosen Zustellungsversuch, sofern die Person mit einer Zustellung rechnen musste;
b  bei persönlicher Zustellung, wenn die Adressatin oder der Adressat die Annahme verweigert und dies von der überbringenden Person festgehalten wird: am Tag der Weigerung.
4    Andere Sendungen kann das Gericht durch gewöhnliche Post zustellen.
BGE Register
27-II-123 • 33-II-457 • 35-II-707 • 65-II-183 • 72-II-351 • 81-II-339 • 83-II-245 • 89-II-192
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
beklagter • streitwert • retentionsrecht • schuldner • pfandhalter • bundesgericht • arresturkunde • betreibungsamt • besitzanweisung • mittelbarer besitz • unmittelbarer besitz • wille • vorinstanz • faustpfand • pfand • wert • sachverhalt • zins • norm • sachenrecht
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