Urteilskopf

84 IV 15

7. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 14. Februar 1958 i.S. Bamert gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Schwyz.
Regeste (de):

Regeste (fr):

Regesto (it):


BGE 84 IV 15 S. 15

Der Schuldner, der sein Vermögen im Sinne des Art. 164 Ziff. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 164 - 1. Der Schuldner, der zum Schaden der Gläubiger sein Vermögen vermindert, indem er
1    Der Schuldner, der zum Schaden der Gläubiger sein Vermögen vermindert, indem er
2    Unter den gleichen Voraussetzungen wird der Dritte, der zum Schaden der Gläubiger eine solche Handlung vornimmt, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
StGB zum Nachteil eines Gläubigers vermindert, wird wegen Pfändungsbetruges nur bestraft, wenn gegen ihn em Verlustschein ausgestellt worden ist. Die Ausstellung eines Verlustscheins ist nicht Tatbestandsmerkmal, sondern objektive Bedingung der Strafbarkeit (BGE 72 IV 19, BGE 81 IV 30). Sie braucht nicht vom Vorsatz des Täters erfasst zu werden, und folglich ist die Frage, ob sie erfüllt sei, unabhängig vom Verschulden, allein nach objektiven Gesichtspunkten zu entscheiden. Es versteht sich von selbst, dass die Strafbestimmung des Art. 164
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 164 - 1. Der Schuldner, der zum Schaden der Gläubiger sein Vermögen vermindert, indem er
1    Der Schuldner, der zum Schaden der Gläubiger sein Vermögen vermindert, indem er
2    Unter den gleichen Voraussetzungen wird der Dritte, der zum Schaden der Gläubiger eine solche Handlung vornimmt, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
StGB (und entsprechend Art. 165 ff.) nicht schon anwendbar ist, wenn aus irgendeinem Grund ein Verlustschein ausgestellt wird, sondern nur dann, wenn der ausgestellte Verlustschein nach den Vorschriften des Schuldbetreibungsrechts gültig, d.h. weder nichtig noch anfechtbar ist. Daher muss ein Verlustschein, der wegen Nichtigkeit überhaupt nicht rechtskräftig werden kann, strafrechtlich auch dann unbeachtet bleiben, wenn er vom zuständigen Betreibungsamt oder von der ihm übergeordneten Aufsichtsbehörde nicht oder noch nicht aufgehoben wurde (vgl. BGE 78 III 51, BGE 70 IV 76). Nicht anders verhält es sich mit der Ausstellung eines Verlustscheins, der innert der Frist des Art. 17
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 17 - 1 Mit Ausnahme der Fälle, in denen dieses Gesetz den Weg der gerichtlichen Klage vorschreibt, kann gegen jede Verfügung eines Betreibungs- oder eines Konkursamtes bei der Aufsichtsbehörde wegen Gesetzesverletzung oder Unangemessenheit Beschwerde geführt werden.25
1    Mit Ausnahme der Fälle, in denen dieses Gesetz den Weg der gerichtlichen Klage vorschreibt, kann gegen jede Verfügung eines Betreibungs- oder eines Konkursamtes bei der Aufsichtsbehörde wegen Gesetzesverletzung oder Unangemessenheit Beschwerde geführt werden.25
2    Die Beschwerde muss binnen zehn Tagen seit dem Tage, an welchem der Beschwerdeführer von der Verfügung Kenntnis erhalten hat, angebracht werden.
3    Wegen Rechtsverweigerung oder Rechtsverzögerung kann jederzeit Beschwerde geführt werden.
4    Das Amt kann bis zu seiner Vernehmlassung die angefochtene Verfügung in Wiedererwägung ziehen. Trifft es eine neue Verfügung, so eröffnet es sie unverzüglich den Parteien und setzt die Aufsichtsbehörde in Kenntnis.26
SchKG angefochten und
BGE 84 IV 15 S. 16

von der Aufsichtsbehörde aufgehoben wird; auch ein solcher Verlustschein ist nie rechtskräftig geworden und deshalb als nicht ausgestellt zu behandeln. Daran ändert nichts, dass betreibungsamtliche Verfügungen schon vor Ablauf der Beschwerdefrist und trotz Anrufung der Aufsichtsbehörde, falls sie der Beschwerde nicht aufschiebende Wirkung erteilt, vollstreckbar sind (Art. 36
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 36 - Eine Beschwerde, Weiterziehung oder Berufung hat nur auf besondere Anordnung der Behörde, an welche sie gerichtet ist, oder ihres Präsidenten aufschiebende Wirkung. Von einer solchen Anordnung ist den Parteien sofort Kenntnis zu geben.
SchKG). Denn die Vollstreckbarkeit beeinflusst den Eintritt der Rechtskraft der betreibungsamtlichen Verfügung nicht, so wenig ein erstinstanzliches Konkurserkenntnis in Rechtskraft erwächst, wenn die obere Instanz, die es aufhebt, der Berufung keine aufschiebende Wirkung gemäss Art. 174 Abs. 2
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 174 - 1 Der Entscheid des Konkursgerichtes kann innert zehn Tagen mit Beschwerde nach der ZPO344 angefochten werden. Die Parteien können dabei neue Tatsachen geltend machen, wenn diese vor dem erstinstanzlichen Entscheid eingetreten sind.
1    Der Entscheid des Konkursgerichtes kann innert zehn Tagen mit Beschwerde nach der ZPO344 angefochten werden. Die Parteien können dabei neue Tatsachen geltend machen, wenn diese vor dem erstinstanzlichen Entscheid eingetreten sind.
2    Die Rechtsmittelinstanz kann die Konkurseröffnung aufheben, wenn der Schuldner seine Zahlungsfähigkeit glaubhaft macht und durch Urkunden beweist, dass inzwischen:
1  die Schuld, einschliesslich der Zinsen und Kosten, getilgt ist;
2  der geschuldete Betrag beim oberen Gericht zuhanden des Gläubigers hinterlegt ist; oder
3  der Gläubiger auf die Durchführung des Konkurses verzichtet.
3    Gewährt sie der Beschwerde aufschiebende Wirkung, so trifft sie gleichzeitig die zum Schutz der Gläubiger notwendigen vorsorglichen Massnahmen.
SchKG zuerkannt hat. Übrigens ist die Vollstreckbarkeit nur eine vorläufige, die mit dem aufhebenden Sachentscheid rückwirkend dahinfällt (BGE 56 III 111). Mit dem Hinweis, dass auch im Falle des Art. 163
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 163 - 1. Der Schuldner, der zum Schaden der Gläubiger sein Vermögen zum Scheine vermindert, namentlich
1    Der Schuldner, der zum Schaden der Gläubiger sein Vermögen zum Scheine vermindert, namentlich
2    Unter den gleichen Voraussetzungen wird der Dritte, der zum Schaden der Gläubiger eine solche Handlung vornimmt, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
StGB die Strafbarkeitsbedingung der Konkurseröffnung durch den nachträglichen Widerruf des Konkurses nicht entfalle, können Vorinstanz und Staatsanwaltschaft ihre Auffassung nicht stützen. Der Konkurswiderruf ist überhaupt erst nach Erlass eines rechtskräftigen Konkurserkenntnisses möglich, und er stellt die Gültigkeit der Konkurseröffnung keineswegs nachträglich in Frage; er gründet sich vielmehr auf neue, erst im Verlauf des Konkursverfahrens eingetretene Vorkommnisse (BGE 75 III 68). Mit dem Konkurswiderruf kann die Aufhebung eines Verlustscheines im Beschwerdeverfahren demnach nicht verglichen werden, wohl aber z.B. die nachträgliche Bezahlung einer Forderung, für die in einer Betreibung auf Pfändung ein rechtskräftiger Verlustschein ausgestellt worden ist. Hier wie dort sind die neuen Vorkehren ohne Bedeutung, weil die Bedingung der Strafbarkeit schon vorher erfüllt war (vgl. BGE 74 IV 97).
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 84 IV 15
Date : 14. Februar 1958
Published : 31. Dezember 1959
Source : Bundesgericht
Status : 84 IV 15
Subject area : BGE - Strafrecht und Strafvollzug
Subject : Art. 164 StGB setzt voraus, dass der ausgestellte Verlustschein rechtskräftig geworden ist.


Legislation register
SchKG: 17  36  174
StGB: 163  164
BGE-register
56-III-110 • 70-IV-74 • 72-IV-17 • 74-IV-95 • 75-III-65 • 78-III-49 • 81-IV-29 • 84-IV-15
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[noenglish] • bankruptcy proceeding • bee • certificate of loss • condition • court of cassation • debtor • decision • hamlet • intent • lower instance • nullity • prosecution for levy of execution • prosecution office • question • revocation of insolvency • time limit • time-limit for appeal