Urteilskopf

102 Ib 21

5. Urteil der I. Zivilabteilung vom 7. April 1976 i.S. Schnydrig Hoch- und Tiefbau AG gegen Vorsteher des Justiz- und Polizeidepartements des Kantons Wallis
Regeste (de):

Regeste (fr):

Regesto (it):


Sachverhalt ab Seite 22

BGE 102 Ib 21 S. 22

A.- Die Aktionäre der Schnydrig Hoch- und Tiefbau AG beschlossen am 5. September 1975 in einer Universalversammlung, das Grundkapital der Gesellschaft von Fr. 185'000.-- durch Ausgabe von 315 Namenaktien zu Fr. 1'000.-- auf Fr. 500'000.-- zu erhöhen und die neuen Aktien aus offenen Reserven zu liberieren. Der Beschluss wurde am 19. September 1975 in das Handelsregister eingetragen und am 30. September 1975 im Schweizerischen Handelsamtsblatt veröffentlicht. Der Berater der Aktionäre soll kurz nachher festgestellt haben, dass sie die gratis übernommenen neuen Aktien als Einkommen versteuern müssten. Eine Universalversammlung vom 2. Dezember 1975 liess daher öffentlich beurkunden, die Kapitalerhöhung vom 5. September sei für die Aktionäre in Unkenntnis der steuerrechtlichen Folgen beschlossen worden;, sie werde rückgängig gemacht und das Grundkapital bleibe auf der Höhe von Fr. 185'000.--.
B.- Das Handelsregisteramt Oberwallis lehnte die Eintragung dieses Beschlusses am 22. Dezember 1975 mit der Begründung ab, das Grundkapital könne nur im Verfahren gemäss Art. 732 ff
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 732 - 1 Die Bestimmungen dieses Abschnitts gelten für Gesellschaften, deren Aktien an einer Börse kotiert sind.
1    Die Bestimmungen dieses Abschnitts gelten für Gesellschaften, deren Aktien an einer Börse kotiert sind.
2    Andere Gesellschaften können in ihren Statuten vorsehen, dass sie diesen Abschnitt teilweise oder vollständig anwenden.
. OR auf den früheren Betrag von Fr. 185'000.-- herabgesetzt werden. Eine von der Schnydrig Hoch- und Tiefbau AG geführte Beschwerde wurde vom Vorsteher des Justiz- und Polizeidepartementes des Kantons Wallis am 30. Januar 1976 abgewiesen.
C.- Die Schnydrig Hoch- und Tiefbau AG führt gegen diesen Entscheid Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Sie beantragt, ihn aufzuheben und den Handelsregisterführer anzuweisen, den Widerruf des Beschlusses auf Kapitalerhöhung einzutragen. Der Vorsteher des kantonalen Justiz- und Polizeidepartementes und das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement beantragen, die Beschwerde abzuweisen.
Erwägungen

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1. Die Beschwerdeführerin betrachtet den Beschluss vom 5. September 1975 als gültig angemeldet und eingetragen. Sie hat ihn am 2. Dezember 1975 durch einen neuen Beschluss förmlich "rückgängig gemacht", Art. 3
IR 0.732.012 Satzung vom 20. Dezember 1957 der Agentur der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung für Nuklearenergie (Beschluss)
Beschluss Art. 3 - Unter den in den folgenden Bestimmungen und anderen anwendbaren Beschlüssen des Rates festgelegten Voraussetzungen ist der Direktionsausschuss zuständig zur Behandlung sämtlicher Fragen, die in den Aufgabenbereich der Agentur fallen.
der Statuten entsprechend geändert und den neuen Beschluss zur Eintragung angemeldet.
BGE 102 Ib 21 S. 23

Die vom Bundesgericht am 11. Februar 1975 i.S. Höchst Aktiengesellschaft gegen Amt für geistiges Eigentum offengelassene Frage, ob eine gegenüber einer Registerbehörde abgegebene Erklärung - es handelte sich um den Rückzug eines Patentgesuches - unter Berufung auf Irrtum widerrufen werden könne, stellt sich daher nicht. Vielmehr ist zu entscheiden, ob die Art. 732
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 732 - 1 Die Bestimmungen dieses Abschnitts gelten für Gesellschaften, deren Aktien an einer Börse kotiert sind.
1    Die Bestimmungen dieses Abschnitts gelten für Gesellschaften, deren Aktien an einer Börse kotiert sind.
2    Andere Gesellschaften können in ihren Statuten vorsehen, dass sie diesen Abschnitt teilweise oder vollständig anwenden.
-735
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 735 - 1 Die Generalversammlung stimmt über die Vergütungen ab, die der Verwaltungsrat, die Geschäftsleitung und der Beirat direkt oder indirekt von der Gesellschaft erhalten.
1    Die Generalversammlung stimmt über die Vergütungen ab, die der Verwaltungsrat, die Geschäftsleitung und der Beirat direkt oder indirekt von der Gesellschaft erhalten.
2    Die Statuten regeln die Einzelheiten zur Abstimmung. Sie können das weitere Vorgehen bei einer Ablehnung der Vergütungen durch die Generalversammlung regeln.
3    Die folgenden Regeln müssen eingehalten werden:
1  Die Generalversammlung stimmt jährlich über die Vergütungen ab.
2  Die Generalversammlung stimmt gesondert über den Gesamtbetrag der Vergütungen des Verwaltungsrats, der Geschäftsleitung und des Beirats ab.
3  Die Abstimmung der Generalversammlung hat bindende Wirkung.
4  Wird prospektiv über variable Vergütungen abgestimmt, so muss der Generalversammlung der Vergütungsbericht zur Konsultativabstimmung vorgelegt werden.
OR und Art. 84
SR 221.411 Handelsregisterverordnung vom 17. Oktober 2007 (HRegV)
HRegV Art. 84 Anmeldung und Belege - 1 Mit der Anmeldung zur Eintragung der Gründung einer Genossenschaft müssen dem Handelsregisteramt folgende Belege eingereicht werden:158
1    Mit der Anmeldung zur Eintragung der Gründung einer Genossenschaft müssen dem Handelsregisteramt folgende Belege eingereicht werden:158
a  die öffentliche Urkunde über die Errichtung;
b  die Statuten;
c  ein Nachweis, dass die Mitglieder der Verwaltung ihre Wahl angenommen haben;
d  gegebenenfalls ein Nachweis, dass die gesetzlich vorgeschriebene Revisionsstelle ihre Wahl angenommen hat;
e  bei Bestellung zur Vertretung berechtigter Personen: der entsprechende Beschluss der konstituierenden Versammlung oder der Verwaltung;
f  im Fall von Artikel 117 Absatz 3: die Erklärung der Domizilhalterin oder des Domizilhalters, dass sie oder er der Gesellschaft ein Rechtsdomizil am Ort von deren Sitz gewährt;
g  ...
h  falls die Statuten eine persönliche Haftung oder Nachschusspflicht vorsehen: das von einem Mitglied der Verwaltung unterzeichnete Verzeichnis der Genossenschafterinnen und Genossenschafter.
2    Für Angaben, die bereits in der öffentlichen Urkunde über die Errichtung festgehalten sind, ist kein zusätzlicher Beleg erforderlich.162
3    Bestehen Sacheinlagen, so müssen zusätzlich folgende Belege eingereicht werden:163
a  die Sacheinlageverträge mit den erforderlichen Beilagen;
b  ...
c  der von allen Gründerinnen und Gründern unterzeichnete Gründungsbericht.
HRegV nicht beachtet zu werden brauchen, wenn das Grundkapital einer Aktiengesellschaft nur deshalb herabgesetzt wird, weil eine vorausgegangene Erhöhung um den gleichen Betrag unter wesentlichem Irrtum zustande gekommen ist.
2. Der Wortlaut der erwähnten Bestimmungen spricht für die Verneinung dieser Frage. Nach Art. 732 Abs. 1
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 732 - 1 Die Bestimmungen dieses Abschnitts gelten für Gesellschaften, deren Aktien an einer Börse kotiert sind.
1    Die Bestimmungen dieses Abschnitts gelten für Gesellschaften, deren Aktien an einer Börse kotiert sind.
2    Andere Gesellschaften können in ihren Statuten vorsehen, dass sie diesen Abschnitt teilweise oder vollständig anwenden.
OR braucht das für die Herabsetzung vorgesehene Verfahren nicht eingehalten zu werden, wenn eine Gesellschaft das Grundkapital herabsetzt und es gleichzeitig durch neues und voll einzubezahlendes Kapital ersetzt. Das ist zulässig, weil die Interessen der bisherigen Gläubiger nicht beeinträchtigt werden. Die Art. 732 ff
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 732 - 1 Die Bestimmungen dieses Abschnitts gelten für Gesellschaften, deren Aktien an einer Börse kotiert sind.
1    Die Bestimmungen dieses Abschnitts gelten für Gesellschaften, deren Aktien an einer Börse kotiert sind.
2    Andere Gesellschaften können in ihren Statuten vorsehen, dass sie diesen Abschnitt teilweise oder vollständig anwenden.
. OR bezwecken den Schutz der Gläubiger. Das ergibt sich nicht nur aus Abs. 1 des Art. 732
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 732 - 1 Die Bestimmungen dieses Abschnitts gelten für Gesellschaften, deren Aktien an einer Börse kotiert sind.
1    Die Bestimmungen dieses Abschnitts gelten für Gesellschaften, deren Aktien an einer Börse kotiert sind.
2    Andere Gesellschaften können in ihren Statuten vorsehen, dass sie diesen Abschnitt teilweise oder vollständig anwenden.
OR, sondern auch aus Abs. 2, wonach der Beschluss auf Herabsetzung des Grundkapitals nur gefasst werden darf, wenn durch einen besonderen Revisionsbericht festgestellt ist, dass die Forderungen der Gläubiger trotz der Herabsetzung des Kapitals voll gedeckt sind. Der gleiche Gedanke spricht aus Art. 732 Abs. 4, wonach ein aus der Kapitalherabsetzung allfällig sich ergebender Buchgewinn ausschliesslich zu Abschreibungen zu verwenden ist. Der Zweck des Gläubigerschutzes erhellt sodann namentlich aus Art. 733, der die Verwaltung verpflichtet, den Herabsetzungsbeschluss dreimal im Schweizerischen Handelsamtsblatt zu veröffentlichen und den Gläubigern bekanntzugeben, dass sie unter Anmeldung ihrer Forderungen Befriedigung oder Sicherstellung verlangen können, sowie aus Art. 734
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 734 - 1 Der Verwaltungsrat erstellt jährlich einen schriftlichen Vergütungsbericht.
1    Der Verwaltungsrat erstellt jährlich einen schriftlichen Vergütungsbericht.
2    Die Bestimmungen des zweiunddreissigsten Titels über die Grundsätze ordnungsmässiger Rechnungslegung, die Darstellung, Währung und Sprache und die Führung und Aufbewahrung der Geschäftsbücher sind für den Vergütungsbericht entsprechend anwendbar.
3    Für die Bekanntgabe und die Veröffentlichung des Vergütungsberichts sind die Bestimmungen über die Bekanntmachung und Veröffentlichung des Geschäftsberichts entsprechend anwendbar.
OR, wonach die Herabsetzung des Grundkapitals erst nach Ablauf der den Gläubigern gesetzten Frist von zwei Monaten und nach der Befriedigung oder Sicherstellung der angemeldeten Gläubiger durchgeführt und erst dann in das Handelsregister eingetragen werden darf, wenn durch öffentliche Urkunde festgestellt ist, dass die Vorschriften der Art. 732 ff
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 732 - 1 Die Bestimmungen dieses Abschnitts gelten für Gesellschaften, deren Aktien an einer Börse kotiert sind.
1    Die Bestimmungen dieses Abschnitts gelten für Gesellschaften, deren Aktien an einer Börse kotiert sind.
2    Andere Gesellschaften können in ihren Statuten vorsehen, dass sie diesen Abschnitt teilweise oder vollständig anwenden.
. erfüllt worden sind. Art. 735
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 735 - 1 Die Generalversammlung stimmt über die Vergütungen ab, die der Verwaltungsrat, die Geschäftsleitung und der Beirat direkt oder indirekt von der Gesellschaft erhalten.
1    Die Generalversammlung stimmt über die Vergütungen ab, die der Verwaltungsrat, die Geschäftsleitung und der Beirat direkt oder indirekt von der Gesellschaft erhalten.
2    Die Statuten regeln die Einzelheiten zur Abstimmung. Sie können das weitere Vorgehen bei einer Ablehnung der Vergütungen durch die Generalversammlung regeln.
3    Die folgenden Regeln müssen eingehalten werden:
1  Die Generalversammlung stimmt jährlich über die Vergütungen ab.
2  Die Generalversammlung stimmt gesondert über den Gesamtbetrag der Vergütungen des Verwaltungsrats, der Geschäftsleitung und des Beirats ab.
3  Die Abstimmung der Generalversammlung hat bindende Wirkung.
4  Wird prospektiv über variable Vergütungen abgestimmt, so muss der Generalversammlung der Vergütungsbericht zur Konsultativabstimmung vorgelegt werden.
OR sieht eine Vereinfachung des Verfahrens nur vor, wenn das Grundkapital zur
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Beseitigung einer durch Verluste entstandenen Unterbilanz herabgesetzt wird und der Betrag der Herabsetzung nicht grösser ist als der Fehlbetrag der Unterbilanz; in einem solchen Falle können die Aufforderung an die Gläubiger und deren Befriedigung oder Sicherstellung unterbleiben. Die Voraussetzung dieser Vereinfachung bestätigt den erwähnten Zweck der Art. 732 ff
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 732 - 1 Die Bestimmungen dieses Abschnitts gelten für Gesellschaften, deren Aktien an einer Börse kotiert sind.
1    Die Bestimmungen dieses Abschnitts gelten für Gesellschaften, deren Aktien an einer Börse kotiert sind.
2    Andere Gesellschaften können in ihren Statuten vorsehen, dass sie diesen Abschnitt teilweise oder vollständig anwenden.
. OR. Art. 84
SR 221.411 Handelsregisterverordnung vom 17. Oktober 2007 (HRegV)
HRegV Art. 84 Anmeldung und Belege - 1 Mit der Anmeldung zur Eintragung der Gründung einer Genossenschaft müssen dem Handelsregisteramt folgende Belege eingereicht werden:158
1    Mit der Anmeldung zur Eintragung der Gründung einer Genossenschaft müssen dem Handelsregisteramt folgende Belege eingereicht werden:158
a  die öffentliche Urkunde über die Errichtung;
b  die Statuten;
c  ein Nachweis, dass die Mitglieder der Verwaltung ihre Wahl angenommen haben;
d  gegebenenfalls ein Nachweis, dass die gesetzlich vorgeschriebene Revisionsstelle ihre Wahl angenommen hat;
e  bei Bestellung zur Vertretung berechtigter Personen: der entsprechende Beschluss der konstituierenden Versammlung oder der Verwaltung;
f  im Fall von Artikel 117 Absatz 3: die Erklärung der Domizilhalterin oder des Domizilhalters, dass sie oder er der Gesellschaft ein Rechtsdomizil am Ort von deren Sitz gewährt;
g  ...
h  falls die Statuten eine persönliche Haftung oder Nachschusspflicht vorsehen: das von einem Mitglied der Verwaltung unterzeichnete Verzeichnis der Genossenschafterinnen und Genossenschafter.
2    Für Angaben, die bereits in der öffentlichen Urkunde über die Errichtung festgehalten sind, ist kein zusätzlicher Beleg erforderlich.162
3    Bestehen Sacheinlagen, so müssen zusätzlich folgende Belege eingereicht werden:163
a  die Sacheinlageverträge mit den erforderlichen Beilagen;
b  ...
c  der von allen Gründerinnen und Gründern unterzeichnete Gründungsbericht.
HRegV sodann enthält nichts, was ihn zu widerlegen vermöchte. Ein Irrtum, in dem die Aktionäre befangen waren, als sie einen der Herabsetzung vorausgegangenen Beschluss auf Erhöhung des Grundkapitals fassten, kann daher nicht von der Einhaltung dieser Bestimmungen entbinden. Er ändert nichts daran, dass die Gläubiger sich seit der Eintragung der Statutenänderung über die Erhöhung des Grundkapitals auf dieses verlassen durften (Art. 647 Abs. 3
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 647 - Der Beschluss der Generalversammlung oder des Verwaltungsrats über eine Änderung der Statuten ist öffentlich zu beurkunden und ins Handelsregister einzutragen.
, 653
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 653 - 1 Die Generalversammlung kann ein bedingtes Kapital beschliessen, indem sie den Aktionären, den Gläubigern von Anleihensobligationen oder ähnlichen Obligationen, den Arbeitnehmern, den Mitgliedern des Verwaltungsrats der Gesellschaft oder einer anderen Konzerngesellschaft oder Dritten das Recht einräumt, neue Aktien zu beziehen (Wandel- und Optionsrechte).
1    Die Generalversammlung kann ein bedingtes Kapital beschliessen, indem sie den Aktionären, den Gläubigern von Anleihensobligationen oder ähnlichen Obligationen, den Arbeitnehmern, den Mitgliedern des Verwaltungsrats der Gesellschaft oder einer anderen Konzerngesellschaft oder Dritten das Recht einräumt, neue Aktien zu beziehen (Wandel- und Optionsrechte).
2    Das Aktienkapital erhöht sich ohne Weiteres, sobald und soweit die Wandel- oder Optionsrechte ausgeübt und die Einlagepflichten durch Einzahlung oder durch Verrechnung erfüllt werden.
3    Die Bestimmungen zur Erhöhung des Aktienkapitals aus bedingtem Kapital sind sinngemäss auch im Fall einer Auferlegung von Wandel- und Erwerbspflichten anwendbar.
4    Vorbehalten bleiben die Vorschriften des Bankengesetzes vom 8. November 1934380 über das Wandlungskapital.
OR) und durch dasselbe bestimmt worden sein können, ihre Forderungen zu erwerben oder stehen zu lassen. Das Bundesgericht hat denn auch schon öfters entschieden, dass die Zeichnung von Aktien nicht mehr wegen Willensmängeln angefochten werden kann, sobald die Gesellschaft bzw. die Erhöhung ihres Grundkapitals in das Handelsregister eingetragen worden ist (BGE 32 II 102 Erw. 6, BGE 39 II 533 Erw. 3, BGE 41 II 726 Erw. 10, BGE 41 III 147 Erw. 3, BGE 49 II 497, 51 II 181, BGE 64 II 281). Auf dem gleichen Boden steht das Schrifttum (z.B. GUHL, SAG 7 165 ff., 185 ff.; SIEGWART, Vorbemerkungen zu Art. 629-639 N. 33; F. VON STEIGER, Das Recht der Aktiengesellschaft, 4. Aufl. 107, 302). Was aber der Zeichner von Aktien nicht tun kann, muss auch der Aktiengesellschaft verwehrt sein, wenn sie die neuen Aktien aus Reserven liberiert und sie den Aktionären gratis abgibt. Sobald die Erhöhung des Grundkapitals in das Handelsregister eingetragen worden ist, sind die zur Liberierung verwendeten Beträge auch Dritten gegenüber Teil des Grundkapitals und können daher nicht ohne Beachtung des Verfahrens nach Art. 732
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 732 - 1 Die Bestimmungen dieses Abschnitts gelten für Gesellschaften, deren Aktien an einer Börse kotiert sind.
1    Die Bestimmungen dieses Abschnitts gelten für Gesellschaften, deren Aktien an einer Börse kotiert sind.
2    Andere Gesellschaften können in ihren Statuten vorsehen, dass sie diesen Abschnitt teilweise oder vollständig anwenden.
OR wieder den Reserven zugeschlagen werden.
Die Auffassung der Beschwerdeführerin, die Interessen der Gläubiger würden dadurch nicht verletzt, hält nicht stand, denn die Gesellschaft kann über ihr Grundkapital - das den Gläubigern als Garantie gilt (BGE 65 I 148 f.) - nicht frei verfügen, wohl aber über ihre Reserven, soweit deren Verwendung nicht durch Art. 671 Abs. 3
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 671 - 1 Der gesetzlichen Kapitalreserve sind zuzuweisen:
1    Der gesetzlichen Kapitalreserve sind zuzuweisen:
1  der Erlös, der bei der Ausgabe von Aktien über den Nennwert und die Ausgabekosten hinaus erzielt wird;
2  die zurückbehaltene Einzahlung auf ausgefallene Aktien (Art. 681 Abs. 2), soweit für die dafür neu ausgegebenen Aktien kein Mindererlös erzielt wird;
3  weitere durch Inhaber von Beteiligungspapieren geleistete Einlagen und Zuschüsse.
2    Die gesetzliche Kapitalreserve darf an die Aktionäre zurückbezahlt werden, wenn die gesetzlichen Kapital- und Gewinnreserven, abzüglich des Betrags allfälliger Verluste, die Hälfte des im Handelsregister eingetragenen Aktienkapitals übersteigen.
3    Gesellschaften, deren Zweck hauptsächlich in der Beteiligung an anderen Unternehmen besteht (Holdinggesellschaften), dürfen die gesetzliche Kapitalreserve an die Aktionäre zurückbezahlen, wenn die gesetzlichen Kapital- und Gewinnreserven 20 Prozent des im Handelsregister eingetragenen Aktienkapitals überschreiten.
4    Für die Berechnung der Grenzwerte nach den Absätzen 2 und 3 dürfen die gesetzliche Gewinnreserve für eigene Aktien im Konzern (Art. 659b) und die gesetzliche Gewinnreserve aus Aufwertungen (Art. 725c) nicht berücksichtigt werden.
OR beschränkt ist (F. VON
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STEIGER, a.a.O. 293). Die Beschwerdeführerin und ihre Aktionäre haben kein schutzwürdiges Interesse, das Verfahren nach Art. 732 ff
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 732 - 1 Die Bestimmungen dieses Abschnitts gelten für Gesellschaften, deren Aktien an einer Börse kotiert sind.
1    Die Bestimmungen dieses Abschnitts gelten für Gesellschaften, deren Aktien an einer Börse kotiert sind.
2    Andere Gesellschaften können in ihren Statuten vorsehen, dass sie diesen Abschnitt teilweise oder vollständig anwenden.
. OR zu umgehen. Das Interesse, Kosten einzusparen, kann nicht berücksichtigt werden, und ebensowenig kommt auf das allfällige fiskalische Interesse der Aktionäre an der rückwirkenden Aufhebung der Kapitalerhöhung etwas an.
3. Die Beschwerdeführerin hat das Verfahren nach Art. 732 ff
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 732 - 1 Die Bestimmungen dieses Abschnitts gelten für Gesellschaften, deren Aktien an einer Börse kotiert sind.
1    Die Bestimmungen dieses Abschnitts gelten für Gesellschaften, deren Aktien an einer Börse kotiert sind.
2    Andere Gesellschaften können in ihren Statuten vorsehen, dass sie diesen Abschnitt teilweise oder vollständig anwenden.
. OR nicht eingehalten. Die vorgelegten Erklärungen einiger Hauptgläubiger, sie hätten gegen die Aufhebung der Kapitalerhöhung nichts einzuwenden, und das Angebot der Beschwerdeführerin, auch von den übrigen Gläubigern solche Erklärungen beizubringen, vermögen die vom Gesetz vorgeschriebenen Massnahmen nicht zu ersetzen. Die Beschwerdeführerin verkennt insbesondere, dass eine Anfrage an Personen, die sie als Gläubiger betrachtet, nicht genügt. Durch öffentliche Bekanntmachung muss jedermann Gelegenheit erhalten, auch allfällige der Beschwerdeführerin nicht bekannte Forderungen anzumelden und deren Befriedigung oder Sicherstellung zu verlangen.
4. Die Beschwerde wäre übrigens auch abzuweisen, wenn an sich ein Beschluss auf Kapitalerhöhung unter Berufung auf Art. 24
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 24 - 1 Der Irrtum ist namentlich in folgenden Fällen ein wesentlicher:
1    Der Irrtum ist namentlich in folgenden Fällen ein wesentlicher:
1  wenn der Irrende einen andern Vertrag eingehen wollte als denjenigen, für den er seine Zustimmung erklärt hat;
2  wenn der Wille des Irrenden auf eine andere Sache oder, wo der Vertrag mit Rücksicht auf eine bestimmte Person abgeschlossen wurde, auf eine andere Person gerichtet war, als er erklärt hat;
3  wenn der Irrende eine Leistung von erheblich grösserem Umfange versprochen hat oder eine Gegenleistung von erheblich geringerem Umfange sich hat versprechen lassen, als es sein Wille war;
4  wenn der Irrtum einen bestimmten Sachverhalt betraf, der vom Irrenden nach Treu und Glauben im Geschäftsverkehr als eine notwendige Grundlage des Vertrages betrachtet wurde.
2    Bezieht sich dagegen der Irrtum nur auf den Beweggrund zum Vertragsabschlusse, so ist er nicht wesentlich.
3    Blosse Rechnungsfehler hindern die Verbindlichkeit des Vertrages nicht, sind aber zu berichtigen.
OR ohne Beachtung des vorgeschriebenen Verfahrens rückgängig gemacht werden könnte. Der behauptete Irrtum der Aktionäre betraf nur den Beweggrund, was auch die Beschwerdeführerin annimmt, beruft sie sich doch nur auf Art. 24 Ziff. 1 Abs. 4
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 24 - 1 Der Irrtum ist namentlich in folgenden Fällen ein wesentlicher:
1    Der Irrtum ist namentlich in folgenden Fällen ein wesentlicher:
1  wenn der Irrende einen andern Vertrag eingehen wollte als denjenigen, für den er seine Zustimmung erklärt hat;
2  wenn der Wille des Irrenden auf eine andere Sache oder, wo der Vertrag mit Rücksicht auf eine bestimmte Person abgeschlossen wurde, auf eine andere Person gerichtet war, als er erklärt hat;
3  wenn der Irrende eine Leistung von erheblich grösserem Umfange versprochen hat oder eine Gegenleistung von erheblich geringerem Umfange sich hat versprechen lassen, als es sein Wille war;
4  wenn der Irrtum einen bestimmten Sachverhalt betraf, der vom Irrenden nach Treu und Glauben im Geschäftsverkehr als eine notwendige Grundlage des Vertrages betrachtet wurde.
2    Bezieht sich dagegen der Irrtum nur auf den Beweggrund zum Vertragsabschlusse, so ist er nicht wesentlich.
3    Blosse Rechnungsfehler hindern die Verbindlichkeit des Vertrages nicht, sind aber zu berichtigen.
OR. Nach dieser Bestimmung wäre der Irrtum nur wesentlich, wenn die Irrenden den Sachverhalt, den sie sich vorstellten, nach Treu und Glauben im Geschäftsverkehr als eine notwendige Grundlage des "Vertrages" betrachten durften (BGE 97 II 45 mit Hinweisen auf frühere Urteile). Wollte man den Beschluss auf Erhöhung des Kapitals einem Vertrag gleichsetzen, so wären die Gesellschaftsgläubiger die Gegenpartei der Beschwerdeführerin oder der sich irrenden Aktionäre. Nach Treu und Glauben im Geschäftsverkehr ist aber die Nichtbesteuerung von Gratisaktien als Einkommen der Aktionäre nicht eine notwendige Grundlage der Kapitalerhöhung. Die Gesellschaftsgläubiger dürfen gegenteils voraussetzen, die Kapitalerhöhung werde nicht wegen des Interesses der Aktionäre, für die Gratisaktien nicht besteuert zu werden, ohne Beachtung des Verfahrens nach Art. 732 ff
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 732 - 1 Die Bestimmungen dieses Abschnitts gelten für Gesellschaften, deren Aktien an einer Börse kotiert sind.
1    Die Bestimmungen dieses Abschnitts gelten für Gesellschaften, deren Aktien an einer Börse kotiert sind.
2    Andere Gesellschaften können in ihren Statuten vorsehen, dass sie diesen Abschnitt teilweise oder vollständig anwenden.
. OR zu Fall gebracht. Da nur die Gesellschaft ihre
BGE 102 Ib 21 S. 26

Schuldnerin ist, können private Interessen der Aktionäre ihnen gegenüber keine Rolle spielen.
Dispositiv

Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird abgewiesen.