S. 133 / Nr. 33 Schuldbetreibungs- und Konkursrecht (d)

BGE 73 III 133

33. Entscheid vom 28. Oktober 1947 i.S. Hegner.


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Regeste:
Kosten, die nach Art. 97 2 /275 SchKG durch Arrest oder Pfändung zu decken
sind: nur die Betreibungs- inkl. Rechtsöffnungskosten, sowie allenfalls die
Kosten von Arrestbefehl und -vollzug; ausser Betracht fallen die Kosten
ordentlicher Prozesse, z. B. des Aberkennungsprozesses, sowie eines
Arrestaufhebungs-, Widerspruchs- oder Kollokationsprozesses.
Les frais qui doivent être couverts par le séquestre ou la saisie en vertu des
art. 97 al. 2 et 275 LP sont uniquement les frais de la poursuite, y compris
ceux de la mainlevée, les frais do l'ordonnance de séquestre et de l'exécution
dudit. Ne sont pas compris dans les frais dont parle l'art. 97 al. 2 les frais
des procès ordinaires (par ex. le procès en libération de dette) du procès en
contestation du cas de séquestre, du procès en revendication et du procès en
contestation de l'état de collocation.
Le spese che debbono essere coperte dal sequestro o pignoramento in virtù
dogli art. 97 cp. 2 e 275 LEF sono unicamente le spese d'esecuzione, incluso
quelle di rigetto, le spese del decreto di sequestro e dell'effettuazione di
esso. Non sono incluse nelle spese di cui parla l'art. 97 cp. 2 le spese dei
processi ordinari, quali il processo di disconoscimento di debito, il processo
di contestazione della causa di sequestro, il processo di rivendicazione e il
processo di contestazione della graduatoria.

A. ­ Über die Arrestierung von insgesamt auf Fr. 7500.­ geschätzten
Gegenständen für eine Forderung von Fr. 3445. beschwerte sich der Schuldner
Hegner mit dem Antrag, der Arrest sei hinsichtlich der als Dritteigentum
bezeichneten Gegenstände Nr. 1-3 der Arresturkunde, geschätzt auf Fr. 3500.-,
und des Gegenstandes Nr. 4, geschätzt auf Fr. 200.­ aufzuheben, und die
Arrestierung des Heues von 80 Zentnern (Nr. S), geschätzt auf Fr. 800.­, sei
auf 50 Zentner zu verringern.
B. ­ Die untere Aufsichtsbehörde entsprach der Beschwerde im letztern Punkte
und wies sie im übrigen ab. Des Schuldners Rekurs an die obere kantonale
Instanz blieb erfolglos. In deren Entscheid vom 23. Juli 1947 wird ausgeführt:
einerseits müsse dem Gläubiger für die zu erwartenden beträchtlichen Kosten
Deckung geboten werden, wozu auch die Kosten zu rechnen seien, «die aus der
Durchführung von Arrestaufhebungs-, Aberkennungs- und

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Widerspruchsklagen resultieren (vgl. JAEGER I N. 1 zu Art. 68 und N. 7 zu Art.
144 SchKG; BGE 24 I 127 ff.; 36 I 786 ff.; 48 III 198 ff.)»; anderseits könne
nicht unbedingt auf die amtliche Schätzung abgestellt werden, da die
arrestierten Gegenstände Wertverminderungen wegen Abnützung und sonstigen
Wertschwankungen ausgesetzt seien.
C. ­ Mit dem vorliegenden Rekurse hält der Schuldner an seiner Beschwerde
fest.
Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer
zieht in Erwägung:
Gleichwie bei der Pfändung sind auch (schon) bei der Arrestierung neben der
Forderung samt Zinsen die Kosten zu berücksichtigen (Art. 97 Abs. 2 in
Verbindung mit Art. 275 SchKG). Unter den Kosten sind jedoch nur die (in Art.
68 und 144 Abs. 4 SchKG ausdrücklich so genannten) Betreibungskosten zu
verstehen. Prozesskosten fallen grundsätzlich nicht in Betracht, ausser
solchen, die bereits vor der Betreibung entstanden sind und eben als Forderung
in Betreibung stehen. Kommt es nach Anhebung der Betreibung, insbesondere
infolge Rechtsvorschlages, zum ordentlichen Forderungsprozesse, und erwächst
dem Gläubiger daraus eine Kostenforderung gegen den Schuldner, so ist sie
nicht zu den Kosten der laufenden Betreibung zu zählen, sondern muss
Gegenstand einer besondern Betreibung bilden. Nur für Rechtsöffnungskosten ist
vorgesehen, dass der Gläubiger sie bei Fortsetzung der Betreibung
gewissermassen als zusätzliche Kosten derselben geltend machen kann (nicht
etwa muss): Art. 7 lit. d der Verordnung I zum SchKG vom 18. Dezember 1891, wo
anderseits diese Art der Geltendmachung von Kosten ordentlicher
Prozessverfahren ausdrücklich ausgeschlossen wird (so auch BGE 45 III 126). Zu
den ordentlichen Prozessen gehört, wie der vom Gläubiger nach Art. 79 SchKG
angehobene Forderungsprozess, so auch der nach provisorischer Rechtsöffnung
vom Schuldner anzuhebende Aberkennungsprozess

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nach Art. 83 Abs. 2 SchKG. Die von der Vorinstanz angerufenen Kommentarstellen
besagen nichts Abweichendes.
Hinsichtlich der allfälligen Kostenforderung des Gläubigers aus einem
Arrestaufhebungsprozesse ist die Frage umstritten. Die einen möchten dem
Gläubiger das Vorzugsrecht nach Art. 281 Abs. 2 SchKG auch für solche
Prozesskosten zuerkennen (so eine kantonale Entscheidung laut Archiv 12 N. 23,
ferner BLUMENSTEIN, Handbuch 851), die andern verneinen dies und wollen als
«vom Arreste herrührende Kosten» nur diejenigen von Arrestbewilligung und
-vollzug betrachten (so JAEGER, zu Art. 281 N. 5, gerade mit Hinweis auf das
Aberkennungsverfahren). Wäre der erstern Ansicht beizutreten, so müssten die
allfälligen Kosten des Arrestaufhebungsprozesses auch bei Bemessung des
Arrestsubstrates berücksichtigt werden. Indessen verdient die engere Auslegung
den Vorzug. Mit der eventuellen Arrestkautionspflicht des Gläubigers nach Art.
273 SchKG liesse sich eine derartige Erweiterung des Arrestbeschlages im
Hinblick auf Prozesskosten des Gläubigers schwer vereinbaren. Sodann sind eben
grundsätzlich Prozesskosten keine Betreibungskosten, und der Gebührentarif zum
SchKG befasst sich denn auch nicht mit dem Arrestaufhebungsprozess (im
Gegensatz zum Rechtsöffnungsverfahren). Es wäre nicht wohl zu rechtfertigen,
dem Gläubiger eine Arrestnahme für solche noch ganz ungewisse und schwer
bestimmbare zukünftige Prozesskosten zu gestatten.
Noch weniger können Kosten eines Widerspruchsprozesses bei der Bemessung des
Arrestsubstrates berücksichtigt werden. Zwar gehören die Kosten der dem
Betreibungsamt obliegenden Mitteilung von Drittansprachen zu den
Betreibungskosten (BGE 38 I 709 = Sep.-Ausg. 15 S. 289), nicht aber die Kosten
des Prozesses selbst. Eine Kostenforderung des Gläubigers gegen den
betriebenen Schuldner, der ja höchstens auf seiner Seite am Prozesse teilnimmt
(Art. 106/107), ist übrigens nicht wohl denkbar.

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Auf die von der Vorinstanz angeführten Entscheidungen lässt sich deren Ansicht
auch nicht stützen. Wenn danach ein als Kläger in einem Kollokationsprozess
nach Art. 148 SchKG obsiegender Gläubiger seine Kostenforderung, soweit sie
beim Prozessgegner nicht einbringlich ist, vorweg aus dem Prozessgewinne
decken darf, so wird diese Forderung damit nicht zum Bestandteil der
Betreibungskosten. Nur der Prozessgewinn, keineswegs der übrige
Verwertungserlös steht dafür zur Verfügung, weil es sich gerade nicht um
Betreibungskosten im Sinne von Art. 144 Abs. 4 SchKG handelt.
Die auf unzutreffender Rechtsgrundlage beruhende Entscheidung ist aufzuheben.
Die Vorinstanz hat auf richtiger Grundlage neu zu entscheiden..
Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer:
Der Rekurs wird dahin gutgeheissen, dass der angefochtene Entscheid aufgehoben
und die Sache zu neuer Beurteilung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz
zurückgewiesen wird.
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 73 III 133
Date : 01. Januar 1947
Published : 28. Oktober 1947
Source : Bundesgericht
Status : 73 III 133
Subject area : BGE - Schuldbetreibungs- und Konkursrecht
Subject : Kosten, die nach Art. 97 2 /275 SchKG durch Arrest oder Pfändung zu decken sind: nur die...


Legislation register
SchKG: 7  68  79  83  97  144  148  273  275  281
BGE-register
24-I-127 • 36-I-786 • 38-I-709 • 45-III-126 • 48-III-198 • 73-III-133
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