S. 334 / Nr. 52 Obligationenrecht (d)

BGE 57 II 334

52. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 8. Juni 1931 i. S. Reich
gegen Verein der Bäckermeister von Zürich u. Kons.


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Regeste:
Boykott gegen einen nicht organisierten Bäckermeister wegen Lieferung von Brot
an die Migros A.-G. zu billigeren als den Verbandspreisen.
Unlauterer Wettbewerb liegt weder in der billigen Lieferung des Klägers, noch
in der Boykottierung durch die Beklagten. OR Art. 48 (Erw. 3).
Keine Pflicht des verbandsfremden Gewerbetreibenden, die aufgestellten
Verkaufsbedingungen innezuhalten (Erw. 4).
Unerlaubte Mittel bei grundsätzlicher Zulässigkeit des Boykottes: Überwachung
durch eine private Bewachungsgesellschaft während längerer Zeit, Abfangen
bestellter Rohstoffe auf offener Strasse, öffentliche Bezeichnung der noch
haltbaren Preisunterbietung als Schmutzkonkurrenz und Plötzlichkeit der
Einleitung des Boykotts (Erw. 5).
Gutheissung des Schadenersatzanapruches wegen Einheit des Unternehmens, auch
wenn der geltendgemachte Schaden nicht unmittelbar auf die Verwendung der
unerlaubten Mittel zurückzuführen ist. OR Art. 49 (Erw. 7).

A. - Der Kläger ist von Beruf Bäckermeister. Er betrieb in dem ihm zusammen
mit seiner Mutter gehörenden Haus Cypressenstrasse 59 in Zürich 4 eine
Bäckerei. Im Januar 1927 trat er mit der Migros A.-G. in Zürich in Verbindung,
die bekanntlich Lebensmittel aller Art von ihren Autos aus unmittelbar an die
Verbraucher verkauft und in verschiedenen Gegenden der Schweiz mit den
Lebensmittelhändlern in einem heftigen Konkurrenzkampf steht. Er lieferte ihr
Brot zu 45 Cts. per Kg., sodass sie in der Lage war, es zu 50 Cts. an ihre
Kunden abzugeben, während die Bäckermeister von Zürich damals 58 Cts. im
Detailhandel verlangten. Der Kläger berechnete aber auch für das Brot, das er
in seinem Ladengeschäft verkaufte, nur 50 Cts.
Der Bäckermeisterverein von Zürich, der Beklagte Nr. 1, ist eine Sektion des
Verbandes der Bäckermeistervereine

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des Kantons Zürich, der nach § 2 seiner Satzungen vom 28. September 1926 die
Förderung der Berufsinteressen seiner Mitglieder, die Wahrung der Standesehre
und die Pflege einer guten Berufskollegialität, sowie die Bekämpfung der
illoyalen Konkurrenz bezweckt. Der kantonale Verband hat durch ein Reglement
eine kantonale Brottaxenkommission, bestehend aus Abgeordneten der Sektionen,
geschaffen. Nach § 11 dieses Reglementes sollen die Mitglieder, aber auch die
Nichtmitglieder, welche den von der Brottaxenkommission festgesetzten Preis
nicht innehalten, «nach den jeweiligen Verträgen und Vorschriften bestraft
werden». In einem vom kantonalen Bäckerverband mit dem Zentralschweizerischen
Müllerverband im Jahre 1924 abgeschlossenen Interessengemeinschaftsvertrag
steht ferner folgende Bestimmung: «Die Kontrahenten bezeichnen je ohne
Einmischung der Gegenpartei diejenigen nichtorganisierten Firmen (Müller oder
Bäcker), welche als Vertragsgegner (Pfuscher) zu betrachten sind und geben sie
der andern Vertragspartei bekannt. Es ist strengstens verboten, von solchen
Müllern direkt oder indirekt Mehl zu beziehen, oder an solche Bäcker direkt
oder indirekt zu liefern.»
Der Beklagte Hans Buser ist Sekretär des städtischen und des kantonalen
Bäckerverbandes, der Beklagte Koch Präsident des Beklagten Nr. 1.
Wegen der erwähnten Preisunterbietung ergriffen die Bäckermeister von Zürich
durch ihren Verband im Verein mit der kantonalen Organisation eine Reihe von
Boykottmassnahmen gegen den Kläger, um ihn zur Einstellung seiner Lieferungen
an die Migros A.-G. zu zwingen. Im Einzelnen wird auf ihr Vorgehen und auf die
dabei verwendeten Mittel in den Erwägungen zurückzukommen sein. Sie
veranlassten insbesondere eine Mehl- und Presshefesperre, sie erreichten, dass
die Müller, die Grundpfandgläubiger des Klägers und seiner Mutter waren, ihre
Darlehen kündigten, sie liessen durch ihren Sekretär auf die Arbeiter des
Klägers einwirken, ihre Stellen zu

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verlassen, sie bezeichneten den Kläger gegenüber den Müllern als Pfuscher und
sie erhoben in der Schweizerischen Bäcker- und Konditorzeitung öffentlich den
Vorwurf der Schmutzkonkurrenz.
B. - Am 2. Dezember 1927 hat Reich gegen den Verein der Bäckermeister von
Zürich, gegen Buser und gegen Koch drei getrennte Klagen mit dem
Rechtsbegehren erhoben, sie seien unter Solidarhaft zu verpflichten, ihm 9858
Fr. nebst 5% Zins seit 16. November 1927 zu bezahlen. Die Klagesumme setzt
sich zusammen aus einem Schadenersatz von 8858 Fr. für die Kosten der neuen
Grundpfandfinanzierung und aus 1000 Fr. Genugtuung.
C. - Das Bezirksgericht Zürich hat die Prozesse vereinigt und am 21. Juni 1930
die Klage nur im Betrage von 1000 Fr. nebst 5% Zins seit 16. November 1927
geschützt; soweit Schadenersatz geltend gemacht wurde, hat es sie abgewiesen,
ebenso das zürcherische Obergericht.
D. - Gegen das zweitinstanzliche Erkenntnis hat der Kläger rechtzeitig und in
der vorgeschriebenen Form die Berufung an das Bundesgericht ergriffen und den
Antrag auf Gutheissung der Klage in vollem Umfang gestellt
F. - Die Beklagten haben sich der Berufung angeschlossen und um Abweisung der
Klage ersucht.
G. - Der am 6. Juni 1931 über den Kläger eröffnete Konkurs ist laut
Bescheinigung des Konkursamtes Zürich-Aussersihl am 1. Juli nach Einstellung
mangels Aktiven als geschlossen erklärt worden.
H. - ...
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. - (Passivlegitimation)
2. - Die Parteien haben sowohl in nachträglichen schriftlichen Eingaben, als
vor den Schranken, der Tatsache, dass über Reich der Konkurs ausgebrochen und
mangels Aktiven wieder eingestellt worden ist, eine verschiedene, geradezu
entgegengesetzte Bedeutung beigemessen. Der Kläger führt seinen ökonomischen

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Niedergang auf die von den Beklagten inszenierten Veranstaltungen zurück,
während die Beklagten im Konkurs die notwendige Folge der Preisunterbietungen
des Klägers erblicken; Welche Umstände für den Konkurs den Ausschlag gegeben
haben, oder ob am Ende das Verhalten beider Parteien zusammengewirkt hat und
welche Faktoren allenfalls vorgewogen haben, kann in diesem Verfahren jedoch
nicht untersucht werden, auch nicht durch Anordnung einer Expertise oder
Rückweisung zur Einholung einer solchen; denn der Konkursausbruch ist eine
neue Tatsache, welche gemäss Art. 80 OG von keiner Partei vorgebracht werden
darf. Zu den ausgeschlossenen Nova gehören nämlich auch Tatsachen, die sich
nach Fällung des angefochtenen Urteils der letzten kantonalen Instanz ereignet
haben (vgl. WEISS, Berufung S. 158 ff.). Soweit der Konkurs nicht für die
materielle Entscheidung, aber für den Gang des Verfahrens, von Belang ist
(WEISS a.a.O. S. 159), ist ihm Rechnung getragen worden: Das Verfahren ist
sistiert worden, so lange der Gemeinschuldner in der Verfügung über sein
Vermögen eingestellt war; da seine Persönlichkeit jedoch durch den
Konkursausbruch nicht erloschen war, konnte er den Prozess nach Schluss des
Konkurses fortführen. (Vgl. BGE 46 II 411 .)
Aus einer am 24. Februar 1931, also vor Fällung des obergerichtlichen Urteils,
ausgestellten Bescheinigung des Betreibungsamtes Zürich 4 geht freilich
hervor, dass der Kläger schon seit 1. Januar 1930 von nicht weniger als 86
Gläubigern für grössere und kleinere Beträge betrieben worden war. Allein da
die genannte Bescheinigung dem Bundesgerichte am 7. Mai 1931 durch die
Beklagten eingereicht worden ist, kann ihr Inhalt ebenfalls nicht
berücksichtigt werden, denn neue Tatsachen im Sinne des Art. 80 OG sind auch
diejenigen, die sich vor Fällung des angefochtenen Entscheides ereignet haben,
selbst wenn sie der behauptenden Partei erst nach Mitteilung des kantonalen
Urteils bekannt geworden wären (BGE 26 II S. 103 ff., WEISS S. 158).

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Streitfrage des vorliegenden Prozesses ist überhaupt nicht, wer an der
heutigen finanziellen Lage des Klägersschuld und wer deshalb verantwortlich
ist, sondern, ob die Boykottmassnahmen der Beklagten erlaubt gewesen seien.
Die erfolgten Betreibungen und der Konkurs hätten daher allenfalls, selbst
wenn sie nach Prozessrecht hätten berücksichtigt werden dürfen, nur ein
entferntes Indiz dafür bilden können, dass der Kläger sein Brot zu billig
verkauft habe; als solches Indiz käme ihnen jedoch keine Bedeutung zu, da für
die Streitfrage, ob der Kläger bei seiner Kalkulation bestehen konnte, ein
unmittelbarer Beweis in Gestalt der vom Bezirksgericht erhobenen Expertise
vorliegt, deren Bemängelung im bundesgerichtlichen Berufungsverfahren
unstatthaft ist.
3. - Nach Art. 48
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 48
OR kann, wer durch unwahre Auskündigung oder andere Treu und
Glauben verletzende Veranstaltungen in seiner Geschäftskundschaft
beeinträchtigt oder in deren Besitz bedroht wird, die Einstellung dieses
Geschäftsgebahrens und im Falle des Verschuldens Schadenersatz verlangen. Es
frägt sich, ob diese Bestimmung über den unlautern Wettbewerb hier anwendbar
sei. Das Bundesgericht hat gegenüber Boykottmassnahmen, die darauf ausgingen,
Kunden durch Prämien und Rabatte abspenstig zu machen, den bei unlauterm
Wettbewerb vorgesehenen Unterlassungsanspruch wenigstens analog und unter
Hinweis auf Art. 28
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 28 - 1 Wer in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt wird, kann zu seinem Schutz gegen jeden, der an der Verletzung mitwirkt, das Gericht anrufen.
1    Wer in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt wird, kann zu seinem Schutz gegen jeden, der an der Verletzung mitwirkt, das Gericht anrufen.
2    Eine Verletzung ist widerrechtlich, wenn sie nicht durch Einwilligung des Verletzten, durch ein überwiegendes privates oder öffentliches Interesse oder durch Gesetz gerechtfertigt ist.
ZGB angewendet (BGE 56 II S. 437). Es ist nicht
zweifelhaft, dass auch im vorliegenden Fall der Kläger in einem weitern Sinn
in seiner Geschäftskundschaft beeinträchtigt und bedroht werden sollte,
bezweckten doch die Beklagten nichts anderes, als ihn zur Einstellung seiner
Beziehungen zu seiner Hauptkundin zu zwingen. Allein damit hatten sie es doch
nicht darauf abgesehen, auf diese Kundin einzuwirken, um sie für sich zu
gewinnen, sondern sie wollten gerade diese Kundin unschädlich machen. Die
gegen den Kläger gerichteten Massnahmen waren daher nicht solche des
gewöhnlichen Wettbewerbes, dessen

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Auswüchse der Gesetzgeber mit Art. 48
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 48
OR bekämpfen wollte, und es rechtfertigt
sich, sie als neue Formen des Interessenkampfes nicht unter dem Gesichtspunkt
der illoyalen Konkurrenz zu beurteilen, sondern unter dem allgemeinen der
unerlaubten Handlung, des Verstosses gegen die guten Sitten und des Eingriffes
in die Persönlichkeitssphäre. Art. 48
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 48
OR wäre allerdings in Frage gekommen,
wenn der Kläger behauptet hätte, durch die Veranstaltungen der Beklagten,
insbesondere durch den öffentlich erhobenen Vorwurf der Schmutzkonkurrenz, sei
er auch in der Kundschaft seines Ladengeschäftes betroffen worden; das hat er
aber nicht getan.
Auf der andern Seite fällt auch das Verhalten des Klägers, entgegen den
Anbringen der Beklagten, nicht etwa als unlauterer Wettbewerb in Betracht,
gegen den die Beklagten zur Notwehr berechtigt gewesen wären. Notwehr ist nur
gegenüber rechtswidrigen Angriffen zulässig. Das Bundesgericht hat es schon in
seinem Urteil vom 16. Juni 1906 i. S. Société coopérative des pharmacies
populaires de Genève (BGE 32 II S. 371) abgelehnt, in der Gründung von
billigen Volksapotheken rechtswidrige Angriffe zu erblicken, sondern es hat
dieses Vorgehen ausdrücklich und trotz der Schädigung der Privatapotheken als
erlaubte Konkurrenz bezeichnet. Auch die selbständige Preisgestaltung ist,
selbst wenn sie zu einer andauernden Unterbietung führt, ein Ausfluss des
Systems der freien Konkurrenz, das von Rechts wegen nicht aufgehoben ist. Das
Bundesgericht hat es denn auch weiter abgelehnt, den Verkauf durch
Aussenseiter zu niedrigeren als den Kartellpreisen als unerlaubte Handlungen
zu behandeln, und dies selbst dort, wo sich der Aussenseiter die Ware durch
Ausnützung eines Vertragsbruches eines Kartellmitgliedes, jedoch ohne
besonders gravierende Umstände, beschafft hatte (BGE 52 II S. 370 ff.). Die
Unterbietung wird schliesslich sogar dann nicht zur unerlaubten Handlung, wenn
sie zu eigentlichen Verlustpreisen geschieht (BGE 52 II S. 381).

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Daraus mögen, wenn es sich nicht bloss um einen vorübergehenden Wettbewerb
handelt, wegen der Schädigung der Gläubiger und Konkurrenten unerwünschte
volkswirtschaftliche Folgen entstehen. Weil sich die Rechtsordnung jedoch
nicht um die Richtigkeit des wirtschaftlichen Wollens der Rechtsgenossen
bekümmert, kann es auch nicht Sache des Richters sein, alle angeblich
ungünstigen Ausflüsse der freien Konkurrenz auf dem Boden des Zivilrechtes
auszuschalten; dazu würde es ihm auch an einem Masstab für die erforderliche
und zulässige Höhe des Geschäftsgewinnes gebrechen (MILLER, Der Boykott nach
schweiz. Recht, Zeitschrift f. schw. Recht n. F. 46 S. 211 a.).
Wenn daher in den Statuten des kantonalen Bäckermeisterverbandes und im
Anschluss daran in der Klageantwort der Beklagten von der Bekämpfung des
unerlaubten Wettbewerbes als Vereinszweck die Rede ist, so hängt das offenbar
mit einer gewissen Begriffsverwirrung zusammen: Die Berufsorganisation
verurteilt Handlungen als unlautere Konkurrenz, die der Richter auf Grund der
geltenden Rechtsordnung nach wie vor als erlaubt bezeichnen muss.
4. - Damit ist eigentlich auch schon gesagt, dass die Massnahmen auch nicht
deshalb als zulässig bezeichnet werden können, weil der Kläger sich gegen
Preisvereinbarungen vergangen hätte. Die Beschlüsse der kantonalen
Brottaxenkommission, die ihren offiziell anmutenden Titel eigentlich zu
Unrecht führt, sind nicht etwa auf Grund objektiven Rechtes erfolgt, sondern
gehen letztlich auf einen privatrechtlichen Vertrag zurück, durch den die
Mitglieder für die Preisgestaltung ein Organ geschaffen und sich verpflichtet
haben, dessen Beschlüsse zu beobachten. Der Kläger ist dem Verband und seinen
Vereinbarungen anerkanntermassen nicht beigetreten und er war frei, es nicht
zu tun. Als Drittperson aber konnte er ein vertragliches Recht auf Innehaltung
der Preise nicht verletzen, weil eben eine entsprechende obligatorische
Verpflichtung von ihm nicht abgemacht worden war,

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und er brauchte diese Preise überhaupt nicht zu beachten, wie das
Bundesgericht ebenfalls erkannt hat (BGE 52 II S. 376). Aus diesen Gründen hat
der § 11 des Reglementes über die Brottaxenkommission einen irrtümlichen
Wortlaut, wenn er bestimmt dass auch Nichtmitglieder wegen Missachtung der
festgesetzten Preise «bestraft» werden könnten. Die Verhängung von
Rechtsnachteilen wegen Verletzung eingegangener Verbindlichkeiten kann sich
ein Verein nur gegen seine Mitglieder anmassen, weil eben nur diese die
Verbindlichkeiten eingegangen sind. Gegen Nichtmitglieder kann er keine
verbindlichen Beschlüsse fassen oder eine Bussgewalt ausüben; geht er trotzdem
gegen sie vor, so kann er sich auf keine Vertragsverletzung berufen, und der
gesetzliche Richter hat das Vorgehen im Streitfall auch unter einem ganz
anderen Gesichtspunkt, als dem der Nichterfüllung einer Verpflichtung und der
Verhängung eines vereinsrechtlichen Rechtsnachteils zu beurteilen.
Auf der andern Seite ist der Boykott freilich nicht durchwegs unerlaubt; das
Bundesgericht ist im Gegenteil von jeher davon ausgegangen, dass die
Unzulässigkeit die Ausnahme bilde; da ein Kontrahierungszwang im Allgemeinen
nicht besteht, liegt namentlich in der Ablehnung der Aufnahme geschäftlicher
Beziehungen an sich keine Widerrechtlichkeit (BGE 30 II S. 237). Das
entscheidende Kriterium ist in der bundesgerichtlichen Praxis nicht immer
gleich aufgefasst worden; zuerst wurde auf den Rechtsmissbrauch abgestellt,
dann auf ein Recht auf Achtung der wirtschaftlichen Persönlichkeit, dann auf
die Verletzung der guten Sitten, und schliesslich wurde unter Anwendung oder
Ausdehnung dieser Grundsätze als entscheidend bezeichnet, ob der Boykott auf
eine Vernichtung der wirtschaftlichen Persönlichkeit abziele oder durch Mittel
bewirkt werde, die einen direkten Angriff gegen deren Achtung und Geltung im
gewerblichen Verkehr bedeuten oder an sich geeignet sind, diese
wirtschaftliche Persönlichkeit zu vernichten. (Vgl. über

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die Entwicklung der Rechtsprechung: BOLLA, Il boicotaggio nel diritto civile
svizzero, Zeitschr. f. schweiz. Recht n. F. 46 S. 230 a und eine
Zusammenstellung der Entscheide in BGE 56 11 S. 435 und bei MILLER a.a.O. S.
178 a ff.)
5. - Im vorliegenden Fall kann jedenfalls bei Beurteilung der
Genugtuungsforderung des Klägers davon abgesehen werden, das Kriterium einer
erneuten allgemeinen Prüfung zu unterziehen. Der Genugtuungsanspruch wird
nämlich vor allen Dingen damit begründet, dass die Beklagten unter anderen
auch unbedingt unerlaubte Mittel bei Durchführung des Boykottes verwendet
hätten. Nach dieser Richtung kann sich der Kläger in der Tat darauf berufen,
dass das Bundesgericht wiederholt erkannt hat, gewisse Mittel seien stets
widerrechtlich, d. h. selbst wenn der Boykott im Übrigen bei Anwendung der
massgebenden Merkmale oder bei vernünftiger Interessenabwägung als erlaubt zu
gelten hat (BGE 41 II S. 443 56 II S. 436). An dieser Auffassung, die auch im
Schrifttum vertreten wird, ist festzuhalten (vgl. BOLLA, a.a.O. S. 245 a,
BECKER, Kommentar Note 52 zu Art. 41
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 41 - 1 Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet.
1    Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet.
2    Ebenso ist zum Ersatze verpflichtet, wer einem andern in einer gegen die guten Sitten verstossenden Weise absichtlich Schaden zufügt.
OR, FICK, Kommentar S. 126 ff., SJZ
1919/20 S. 223 ff., VON TUHR, OR I S. 328, EGGER, Kommentar zum Personenrecht,
Note 67 zu Art. 28
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 28 - 1 Wer in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt wird, kann zu seinem Schutz gegen jeden, der an der Verletzung mitwirkt, das Gericht anrufen.
1    Wer in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt wird, kann zu seinem Schutz gegen jeden, der an der Verletzung mitwirkt, das Gericht anrufen.
2    Eine Verletzung ist widerrechtlich, wenn sie nicht durch Einwilligung des Verletzten, durch ein überwiegendes privates oder öffentliches Interesse oder durch Gesetz gerechtfertigt ist.
ZGB).
Der Kläger hat erstens behauptet, die Beklagten hätten einen Wächter der
Bewachungsgesellschaft «Sekuritas» angestellt, um ihn längere Zeit Tag und
Nacht überwachen zu lassen; die Beklagten haben diese Behauptung zugegeben und
sogar anerkannt dass diese Bewachung mehrere Wochen gedauert habe. Die
Kontrolle habe sich darauf erstreckt, von welchen Müllern der Kläger sein Mehl
bezogen habe und wie viel, ferner wie viel Brot er aus dem Hause geliefert
habe; sie sei unauffällig durch einen Mann in bürgerlicher Kleidung ausgeübt
worden, und die Nachbarschaft sei nicht darauf aufmerksam geworden, der Kläger
nicht belästigt worden. In dieser ständigen Beobachtung des Klägers während

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Wochen durch einen privaten Polizeimann liegt jedoch, selbst wenn sie nicht
besonders auffiel, entgegen der unverständlichen Ansicht der kantonalen
Gerichte, schlechthin und ohne Rücksicht auf eine allfällige Berechtigung des
mit dem Boykott verfolgten Endzieles ein schwerer Eingriff in die persönlichen
Verhältnisse des Betroffenen, der für sich allein schon gemäss Art. 49
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 49 - 1 Wer in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt wird, hat Anspruch auf Leistung einer Geldsumme als Genugtuung, sofern die Schwere der Verletzung es rechtfertigt und diese nicht anders wiedergutgemacht worden ist.
1    Wer in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt wird, hat Anspruch auf Leistung einer Geldsumme als Genugtuung, sofern die Schwere der Verletzung es rechtfertigt und diese nicht anders wiedergutgemacht worden ist.
2    Anstatt oder neben dieser Leistung kann der Richter auch auf eine andere Art der Genugtuung erkennen.
OR zur
Leistung einer Genugtuung verpflichtet, da es auch an der Schwere des
Verschuldens nicht fehlt. Auch die wirtschaftliche Persönlichkeit besitzt in
ihren Bezugsquellen und in ihrer Abnehmerschaft ihre besondere Geheimsphäre,
die ein anerkanntes Persönlichkeitsrecht ist und nicht durch die Mittel des
Erlauschens und Ausspionierens gestört werden darf (EGGER, Kommentar zum
Personenrecht, Noten 41 und 43 zu Art. 28
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 28 - 1 Wer in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt wird, kann zu seinem Schutz gegen jeden, der an der Verletzung mitwirkt, das Gericht anrufen.
1    Wer in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt wird, kann zu seinem Schutz gegen jeden, der an der Verletzung mitwirkt, das Gericht anrufen.
2    Eine Verletzung ist widerrechtlich, wenn sie nicht durch Einwilligung des Verletzten, durch ein überwiegendes privates oder öffentliches Interesse oder durch Gesetz gerechtfertigt ist.
ZGB). Selbst beim Verdachte eines
Verbrechens kann es unter Umständen anstössig werden, wenn der Geschädigte
eine ständige private Bewachung anordnet, statt sich der gesetzlichen Mittel
der Polizei und des Strafprozessrechtes zu bedienen, Die Persönlichkeit, die
jedoch nicht im Geringsten eines Vergehens bezichtigt wird, braucht eine
solche Überwachung, auch wenn sie ausser dem Hause geschieht, unter keinen
Umständen zu dulden; sie hat einen Anspruch darauf, in diesem ihrem eigenen
Bereich nicht unter dem Druck einer Beobachtung durch fremde Leute zu stehen
und überdies, auch in den Augen der Nachbarschaft, unter der sich zahlreiche
Kunden befinden mögen, zum Missetäter gestempelt zu werden, dem man auf der
Spur ist. Man braucht sich nur vorzustellen, zu welcher unerträglichen
Einengung der persönlichen Freiheit und welcher Förderung des Spitzeltums es
führen würde, wenn alle, die in einem wirtschaftlichen Kampf miteinander
stehen, zu solchen Mitteln greifen würden. Eben weil die Beklagten ohne solche
Überlegungen vorgegangen sind, muss ihr Verschulden auch als schwer bezeichnet
werden.
Der Kläger hat sodann geltend gemacht, am 16. Januar 1927 hätten ihm die
Müller Meyerhans und Haab je 50 q

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Mehl zu liefern gehabt. Die Lastwagen seien schon unterwegs gewesen, als sie
auf Veranlassung aller drei Beklagten angehalten worden sein, der eine in
Oerlikon, der andere in Horgen. Man habe dann die beiden Müller telephonisch
aufgefordert, die Lieferungen an den Kläger sofort einzustellen, und die
beiden Sendungen seien dann an andere Bäcker in Oerlikon und Zürich umgeleitet
worden. Auch diese Darstellung ist von den Beklagten nicht bestritten und
durch die Zeugnisse Meyerhans und Haab überdies bestätigt worden; Haab hat
sogar ausgesagt, dass der Beklagte Buser das Aufhalten der Wagen veranlasst
habe. Durch mehr oder weniger Gewalt und Beeinflussung der Fuhrleute wurden
also Sendungen mitten auf dem Wege durch Unbefugte angehalten und der Absender
darauf veranlasst, seinen Vertrag nicht zu erfüllen. Auch dieses Vorgehen muss
nun als ein Verstoss und zwar gegen die guten Sitten, bezeichnet werden,
gleichgültig, ob die beteiligten Müller nach der telephonischen Kenntnisnahme
des Vorgegangenen ihre Entschlüsse, der Umleitung zuzustimmen, ohne Rücksicht
auf die zu gewärtigenden Repressalien und auf die in der
Interessengemeinschaft allenfalls eingegangenen Verbindlichkeiten fassten oder
nicht. Das Vorgehen bedeutete im Gegensatz zu dem schon zitierten Fall (BGE 52
II S. 381
, vgl. auch MUTZNER, Zur Frage der rechtlichen Wirksamkeit von
Kartellabreden gegenüber Aussenseitern, SJZ Jahrgang 1923 S. 151) nicht etwa
bloss eine zulässige Ausnützung eines Kartellbruches durch einen Aussenseiter,
sondern umgekehrt die Veranstaltung eines Bruches eines nicht kartellmässigen
sondern gewöhnlichen Kaufvertrages zwischen dem angeblichen Mitglied eines
Interessenverbandes und einem Aussenseiter. Es kann offen bleiben, ob dieser
Fall trotzdem jenem gleichzustellen sei und ob Meyerhans und Haab dem
zentralschweizerischen Müllerverband angehörten, der die
Interessengemeinschaft mit den Bäckern eingegangen ist, und ob sie
infolgedessen, was der Kläger bestritten hat, die Pflicht gehabt hätten,

Seite: 345
an den als sogenannten Pfuscher bezeichneten Kläger nicht mehr zu liefern.
Diese Pflicht hätte sich nämlich nur auf den Abschluss künftiger Verkäufe
beziehen können, da eine Vertragsbestimmung, die eine Partei zum Vertragsbruch
gegenüber Dritten verpflichtet, keine Gültigkeit beanspruchen kann; es mag in
diesem Zusammenhang aber dahingestellt bleiben, ob Meyerhans und Haab, wie der
Kläger behauptet, sogar Sukzessivlieferungsverträge mit ihm hatten, oder ob
ihm, wie die Beklagten dartun, nur eine Mehlabnahmepflicht, aber kein
vertraglicher Anspruch auf Belieferung zustand. Es kommt hier lediglich auf
die Umstände beim Aufhalten der beiden Wagen an. Diese müssen aber als
gravierend bezeichnet werden. Auch hier braucht man sich nur die Konsequenzen
zu vergegenwärtigen, um einzusehen, dass ein solches Vorgehen an das
Faustrecht erinnert und den richterlichen Schutz nicht verdient. Mehl und Brot
sind die wichtigsten Volksnahrungsmittel, und der Kampf auf offener Strasse,
kurz vor der Verarbeitung und Abgabe an die darauf angewiesenen Verbraucher,
hat nach dem herrschenden Volksbewusstsein, auf das es ankommt (OSER,
Kommentar, Note 98 zu Art. 41
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 41 - 1 Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet.
1    Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet.
2    Ebenso ist zum Ersatze verpflichtet, wer einem andern in einer gegen die guten Sitten verstossenden Weise absichtlich Schaden zufügt.
OR), etwas Anstössiges an sich. Es ist auch in
der Literatur anerkannt, dass die Vereitelung der Rechte eines
Vertragsberechtigten durch einen Dritten, wenn sie durch eine Überrumpelung
geschieht, als Eingriff in das Recht der Persönlichkeit zu werten ist (EGGER,
Kommentar, Note 69 zu Art. 28
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 28 - 1 Wer in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt wird, kann zu seinem Schutz gegen jeden, der an der Verletzung mitwirkt, das Gericht anrufen.
1    Wer in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt wird, kann zu seinem Schutz gegen jeden, der an der Verletzung mitwirkt, das Gericht anrufen.
2    Eine Verletzung ist widerrechtlich, wenn sie nicht durch Einwilligung des Verletzten, durch ein überwiegendes privates oder öffentliches Interesse oder durch Gesetz gerechtfertigt ist.
ZGB). Da sowohl der Eingriff, als das
Verschulden schwer sind, ist auch bei diesem Vorhalten die Voraussetzung der
Zusprechung einer Genugtuung gegeben.
In einem durch den Beklagten Nr. 1 unterzeichneten Artikel in Nr. 12 der
schweizerischen Bäcker- und Konditorzeitung von 1927 wurde der Kläger wegen
seiner Lieferungen an die Migros A.-G. «zum ewigen Andenken an unsere lieben
Freunde vom fahrenden Laden und die Helfershelfer» als Schmutzkonkurrent
bezeichnet, und

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es wurden gleichzeitig die Namen seiner Gesellen mit den Adressen «zur
Vormerkung in der ganzen Schweiz» publiziert. Bei Beurteilung dieses Vorgehens
durch die Presse ist nun freilich ein Eintreten auf die damaligen
Brotpreisverhältnisse in Zürich und in der Schweiz und auf den Tatbestand des
Konkurrenzkampfes zwischen den Bäckern und der Migros A.-G., soweit er für das
Bundesgericht aus den Akten hervorgeht, in einem beschränkten Umfang
unerlässlich, wie denn auch die kantonalen Gerichte in diesem Zusammenhang dem
Wettbewerb in der Preisgestaltung an Hand einer erhobenen Expertise
nachgegangen sind. Es bleibt aber auch hiebei zu beachten, dass die
Preisverhältnisse nicht etwa den Masstab für die Zulässigkeit des Boykottes
abgeben, sondern dass ausschliesslich die engere Rechtsfrage, ob der Vorwurf
der, Schmutzkonkurrenz begründet war, darnach zu entscheiden ist.
Schmutzkonkurrenten können im Allgemeinen nur jene Gewerbetreibenden geheissen
werden, die sich eines unlautern Wettbewerbes im Sinne des Art. 48
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 48
OR schuldig
gemacht haben, die also jemand durch unwahre Auskündungen oder andere Treu und
Glauben verletzende Veranstaltungen in seiner Geschäftskundschaft
beeinträchtigt oder bedroht haben. Dass dies beim Kläger offenbar nicht
zutrifft, ist oben ausgeführt worden. Wenn die Kreise der Berufsorganisationen
darüber hinaus die blosse Preisunterbietung als Schmutzkonkurrenz brandmarken,
so kann darin nur dann keine Ehrverletzung liegen, wenn bei der Abwägung der
beteiligten Interessen schwerwiegende Gründe gegen die vom Verbandsgegner
innegehaltenen Preise sprechen, insbesondere auch Gründe, denen auch die
Allgemeinheit und die Verbraucher vernünftigerweise zustimmen müssen. Solche
Gründe werden dann vorliegen, wenn der Gegner, gegen den sich der Vorwurf der
Schmutzkonkurrenz richtet, jeden Solidaritätsgefühles bar, in blinder
Niederkonkurrenzierung und ohne sorgfältige Kalkulation Preise festgesetzt
hat, die ihn binnen kurz oder lang in das

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finanzielle Verderben stürzen, die die Konkurrenten schwer schädigen und darum
letztlich auch unmöglich von der Rücksichtnahme auf die Allgemeinheit und die
Konsumenten diktiert sein können.
Der vom Bezirksgericht beigezogene Sachverständige, Oberst Bolliger, I.
Sektionschef des eidgenössischen Oberkriegskommissariates hat in seinem
Gutachten auf welches die Vorinstanzen abgestellt haben, die Gestehungskosten
und Lieferungsbedingungen des vom Kläger der Migros A.-G. gelieferten Brotes
eingehend geprüft. Er hat den vom Kläger berechneten Preis als angemessen
bezeichnet, insbesondere, da auch der Militärbedarf von den Bäckern zu diesem
Preis gedeckt wird. Den täglichen Nettogewinn bei einem Tagesumsatz von 1000
Kg., bei einem Backmehlpreis von 49 Fr. 50 Cts. per q und einem Backergebnis
von 135 Kg. Brot aus 100 Kg. Mehl hat der Experte auf 22 Fr. 08 Cts.
berechnet; bei den Preisen von 45 Cts. und 50 Cts. und dem ungewöhnlich höhen
Umsatz habe der Kläger richtig liefern und bestehen können, zumal ja noch der
Gewinn aus dem Verkauf von Kleingebäck hinzukommt. Die von den Beklagten gegen
dieses Gutachten erhobenen Einwendungen sind tatsächlicher Art, schon durch
die I. Instanz widerlegt worden und können vor Bundesgericht nicht gehört
werden. Das Bezirksgericht hat gegenüber den Einwendungen der Beklagten auf
dem Wege der durch das Bundesgericht nicht nachzuprüfenden Beweiswürdigung
übrigens darauf hingewiesen, dass bei dem von den Zeugen Gehri und Kline
bestätigten Backergebnis von 138 Kg. der Nettogewinn noch grösser gewesen
wäre, und dass der zu Grunde gelegte Umsatz ebenfalls auf glaubwürdigen
Zeugenaussagen beruhe.
Angesichts der vorliegenden tatsächlichen Feststellungen, die von den
Beklagten mit Recht nicht als aktenwidrig angefochten worden und die daher
gemäss OG Art. 81 für das Bundesgericht verbindlich sind, kam von einer
Schmutzkonkurrenz des Klägers in dem oben

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gekennzeichneten Sinn keine Rede sein. Allerdings kann umgekehrt nach den
Ausführungen des Experten auch der Preis der Bäcker von 58 Cts. für die
damaligen Verhältnisse nicht als übersetzt oder auch nur als unangemessen
bezeichnet werden, wiewohl er beinahe der höchste der ganzen Schweiz war; der
Experte versteht sogar bis zu einem gewissen Grad die unter den Bäckern damals
entstandene Beunruhigung wegen des billigen Verkaufes der Migros A.-G., da
deren Preise vom Bäckergewerbe nicht allgemein tragbar gewesen wären. Daraus
geht nur hervor, dass es sich bei dem Kampfe um Vor- und Nachteil der grossen
und der kleinen Produktion handelte, wie denn auch nach ausdrücklicher
Anerkennung der Beklagten die organisierten Bäcker befugt sind, bei Abnahme
des Brotes in grossen Mengen Rabatte zu gewähren. Die erwähnte Beunruhigung
infolge der Preisdifferenz gab den Beklagten kein Recht, als Schmutzkonkurrenz
zu bezeichnen, was sich als blosse alltägliche Konkurrenz herausgestellt hat,
zumal beim Brot die breite Bevölkerung ein Interesse am Bestande dieser
Konkurrenz hat. Selbst wenn die Preise des Klägers entgegen der Expertise zu
knapp gewesen wären, wenn er sich also geirrt hätte und auf die Dauer nicht
hätte bestehen können, müssen seine Beziehungen mit der Migros A.-G. als ein
Versuch gewertet werden. Wenn die Beklagten wiederholt haben ausführen lassen,
es sei kein Eingriff in die Persönlichkeitsrechte, wenn man ein Verhalten bei
seinem richtigen Namen nenne, so ist entgegenzuhalten, dass die Bezeichnung
als Schmutzkonkurrenz für das Verhalten des Klägers unter allen Umständen
nicht der richtige Name und eine grobe Ehrverletzung war. Schmutzig ist
schliesslich nicht ein Konkurrenzpreis, sondern die Gesinnung, aus der heraus
er festgesetzt wurde; diese war aber eben beim Kläger nicht minderwertig oder
gar schmutzig. Im Übrigen muss mit den Vorinstanzen, welche die Klage in
diesem Punkt ebenfalls gutgeheissen haben, erkannt werden,

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dass der Vorwurf öffentlich in der Fachpresse im Zusammenhang mit einem
weittragenden Boykott erhoben worden ist und dass von einem schweren Angriff
gegen die Berufsehre des Klägers und einem schweren Verschulden gesprochen
werden muss. Das Bundesgericht hat schon ausgeführt (BGE 48 II S. 327 ff.),
dass ein unter unrichtigen Angaben veranlasster Boykott stets widerrechtlich
sei, und es hat insbesondere beigefügt, dass bei Kampfmitteln, die in so
empfindlicher Weise in das wirtschaftliche Leben einschneiden, ein strenger
Masstab an die Sorgfaltspflicht derjenigen angelegt werden müsse, welche
öffentlich derartige Verrufserklärungen erlassen.
Eine Verletzung der persönlichen Verhältnisse des Klägers liegt schliesslich
in der mit dem Zweck nicht mehr in einem vernünftigen Verhältnis stehenden
Plötzlichkeit, mit welcher der Boykott gegen ihn begonnen wurde.
Hinsichtlich der Beeinflussung der Arbeiter steht fest, dass der Beklagte
Buser auch an zwei Arbeiter des Klägers schriftlich gelangt ist, um ihnen die
Gegnerschaft des Verbandes anzudrohen, wenn sie weiterhin beim Kläger arbeiten
würden. Dem Zeugen Bölsterli soll man nach seiner Aussage sogar bedeutet
haben, dass er auf einer schwarzen Liste sei, weil er beim Kläger gearbeitet
habe, und der vom Bäckermeisterverein angestellte Placeur Brupbacher ist
entlassen worden, weil er dem Kläger einen Gehilfen zugehalten hatte. Nach der
verbindlichen Feststellung der ersten Instanz hat das Beweisverfahren jedoch
nicht ergeben, dass die Beklagten Arbeiter zum eigentlichen Vertragsbruch
verleitet hätten, sodass die allerdings sehr schroffen und einschneidenden
Massnahmen der Beklagten nach dieser Richtung das Mass des Erlaubten noch
nicht überschritten haben.
Der Betrag der eingeklagten Genugtuung von 1000 Fr. ist in Anbetracht des
geschilderten Verhaltens der Beklagten und der Tatsache, dass mehrere der
angewandten Boykottmittel unbedingt verwerflich waren, als niedrig
einzuschätzen und ohne Weiteres gutzuheissen. Daraus

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ergibt sich, dass die Anschlussberufung der Beklagten abgewiesen werden muss.
6. - Der Schaden von 8858 Fr., dessen Ersatz Reich eingeklagt hat, besteht
nach seiner eigenen Darstellung laut Protokoll der ersten Instanz
ausschliesslich aus den Kosten, die ihm erwachsen seien, als ihm seine Müller
und Gläubiger Meyerhans und Haab ihre grundpfandversicherten Darlehen infolge
des Boykottes gekündigt hätten und als er deshalb zu einer neuen Ordnung
seiner Hypothekarschulden genötigt gewesen sei.... Aus dieser Darstellung muss
geschlossen werden, dass Reich wegen Mehl-, Presshefe- und Arbeitersperre
keinen Schaden erlitten hat. Das Obergericht hat denn auch ausgeführt, er habe
zugeben müssen, dass er sich die erforderlichen Betriebsmittel und
Arbeitskräfte stets habe beschaffen können, indem die Müller- und
Bäckerorganisation nicht so geschlossen und lückenlos sei, dass ihm der Bezug
je verunmöglicht worden wäre.... Daran wird auch durch den Umstand nichts
geändert, dass Reich die Klagesumme «unter allen Titeln» verlangt hat. Wenn er
damit hätte sagen wollen, dass ihm der Betrag, wenn nicht wegen Entzuges der
Finanzierung, so doch wegen Veranstaltung der Mehlsperre geschuldet sei, wäre
er gehalten gewesen, den Schaden wegen der Mehlsperre zu substanzieren, wie er
es mit der Aufzählung des Schadens bei der Neufinanzierung getan hat. Da
darüber jeder Anhaltspunkt fehlt, obwohl ihm nähere Angaben über die Art der
schlechteren Bedienung durch die neuen Lieferanten durchaus zuzumuten gewesen
wären, muss die Klage unter diesen «andern Titeln» abgewiesen werden.
7. - Es frägt sich daher zum Schluss nur noch, wie es sich mit den Kosten der
Neuplacierung der Grundpfandschulden verhält, d. h. ob diese wirklich auf den
Boykott zurückzuführen und ob die Beklagten dafür verantwortlich sind.
Die kantonalen Gerichte haben übereinstimmend gefunden, Meyerhans und Haab
hätten bei der Kündigung

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ihrer Darlehen - es handelt sich um drei Forderungen von 6000 Fr. und von
20000 Fr. von Meyerhans und von 35000 Fr. von Haab - nur von dem ihnen
zustehenden gesetzlichen Rechte Gebrauch gemacht und nichts Unerlaubtes getan.
Dieser Erwägung kann zum Vorneherein Dicht beigepflichtet werden. Darauf
hätten allenfalls Meyerhans und Haab hinweisen können, wenn sie durch den
Kläger verantwortlich gemacht worden wären. Für die Beklagten aber frägt es
sich nicht, ob die Gläubiger ein Recht zur Kündigung hatten, sondern, ob die
Gläubiger auch gekündigt hätten, wenn der Boykott gegen Reich unterlassen
worden wäre. Es kommt also schliesslich auf die Motivierung der Kündigung an.
Diese ist nun an Hand der Akten nachzuprüfen, wie denn auch schon das
Bezirksgericht nicht unterlassen hatte, die beiden Müller als Zeugen darüber
zu befragen, warum sie zur Kündigung geschritten seien. Die Untersuchung ist
freilich nicht leicht, da bei der Kündigung das eigene Ermessen der beiden
Müller und die eigene Beurteilung der Lieferungen des Klägers an die Migros
A.-G. mit Einwirkungen des Beklagten zusammengespielt haben können, ohne dass
diese inneren Vorgänge in den Beweismitteln deutlich zum Ausdruck kämen.
Meyerhans hat in seinen drei Briefen an den Kläger vom 24. Januar, 26. Januar
und 1. Februar 1927, mit denen er die Darlehen kündigte und die Mehlsperre
anzeigte, nichts von Beeinflussungen und Drohungen der Bäckermeister
geschrieben; in den Kapitalkündigungsschreiben steht überhaupt nichts von den
Lieferungen an die Migros A.-G., sondern es ist darin nur von den
«Vorkommnissen der letzten Zeit» die Rede, während in dem letzten Brief über
die Einstellung der Mehllieferungen allerdings gesagt ist, dass der Schreiber
sich in der Angelegenheit der Migros A.-G. konsequent auf die Seite
der:Bäckermeister stelle. Als Zeuge hat Meyerhans ausgesagt, er habe bei den
vom Reich inngehaltenen Preisen für sein Kapital gefürchtet, und er hat
beigefügt: «Ich

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wurde vom Bäckermeisterverband darüber, ob ich an den Kläger noch liefere,
erst angefragt, als ich die Lieferungen bereits aus freien Stücken eingestellt
hatte. In dieser Hinsicht ist weder von diesem, noch von einem andern Verband
irgend ein Druck auf mich ausgeübt worden.» Anders liegt die Sache bei Haab,
der dem Kläger am 24. Januar 1927 schrieb: «Der Bäckermeisterverband droht mir
mit Boykott, d. h. er werde meine bisherigen Mehlabnehmer, welche alle dem
Verband angehören, veranlassen, jeglichen Geschäftsverkehr mit mir
abzubrechen, wenn ich nicht in obigem Sinne (durch Mehlsperre) gegen sie
vorgehe. Ausserdem wird verlangt und macht man es mir zur Bedingung, dass ich
meine Verpflichtungen gegen Sie zurückziehe und Ihnen das Kapital sofort
kündige. Sie werden es begreifen, dass ich mich solchen Massregeln nicht
aussetzen kann und ich bin daher gezwungen usw... Bei diesem Anlasse möchte
ich Sie in Ihrem eigenen Interesse wiederholt dringend ersuchen, den
Geschäftsverkehr mit bewusster Firma durch Ihre willkürlich herabgesetzten
Preise... raschmöglichst aufzuheben.» In der Zeugeneinvernahme hat Haab den
Inhalt des ganzen Briefes als richtig bezeichnet, mit Ausnahme des Satzes,
dass er mit Boykott bedroht worden sei, das habe er nur geschrieben, um beim
Kläger Eindruck zu machen. Als sehr glaubwürdig erscheint diese Revokation
nicht, nachdem sich herausgestellt hat, dass Buser andern Personen, nämlich
den Arbeitern gegenüber, die Gegnerschaft des Verbandes angedroht hat und dass
solche Drohungen in den einschlägigen Verträgen sogar vorgesehen sind;
überdies wäre ja möglich, dass Haab einen Boykott gefürchtet hätte, bevor er
ihm angekündigt war, denn er war nach seiner eigenen Aussage nicht Mitglied
der in der Interessengemeinschaft stehenden Müllerorganisation, und ein
plötzlicher Druck ohne Vorbereitung wäre ja, nach dem, was sich in diesem
Prozess gezeigt hat, nicht ausser dem Bereich der Möglichkeit gelegen gewesen,
entgegen der

Seite: 353
Auffassung Haab's, der nach seiner vertrauensseligen Zeugenaussage geglaubt
haben will, die beteiligten Organisationen beschränken sich auf den Druck auf
ihre Mitglieder. Wie dem auch sei, muss in diesem Fall dahingestellt bleiben,
denn die Beurteilung des Widerrufes des betreffenden Satzes über die
Boykottandrohung durch Haab in der Einvernahme ist eine Frage der
Beweiswürdigung, mit der sich das Bundesgericht nicht zu befassen hat. Allein
es bleibt zu beachten, dass Haab den andern Satz: «Ausserdem wird verlangt und
macht man es mir zur Bedingung, dass ich meine Verpflichtungen gegen Sie
zurückziehe und Ihnen das Kapital sofort kündige» nicht widerrufen, sondern
als richtig bestätigt hat. Soweit er in Frage steht, ist daher die
Feststellung des Obergerichtes, er habe nicht einmal auf Veranlassung der
Beklagten das Darlehen gekündigt (geschweige denn auf eine Drohung hin), mit
den Akten im Widerspruch, und der Widerspruch ist durch den Kläger auch
rechtzeitig gerügt worden. Es muss demnach im Folgenden davon ausgegangen
werden, dass dem Müller Haab «zur Bedingung gemacht worden ist», dass er die
Grundpfandschuld kündige. Die Veranlassung durch die Beklagten ist umso mehr
gegeben, als Haab in einem weitern Schreiben an die Bezirksanwaltschaft
bemerkt hatte: «Um gegen Reich erfolgreich vorzugehen, wünschte das
Sekretariat ferner, ich möchte Reich auch meine finanzielle Hilfe entziehen».
Was das aber heisst, dass man ihm den Entzug des Kapitals zur Bedingung
machte, leuchtet ohne Weiteres ein; es hiess, dass das die Bedingung sei,
unter der man es unterlasse, auch ihn als Verbandsgegner zu behandeln; etwas
anderes ist nicht denkbar.
Daraus scheint nun hervorzugehen, dass die Kündigungen durch Meyerhans und
durch Haab verschieden zu beurteilen seien. Allein man wird der Sachlage
überhaupt nicht gerecht, wenn man schon dann eine Kündigung aus völlig freien
Stücken durch die Gläubiger annimmt, wenn keine mündliche oder schriftliche
Aufforderung und

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Beeinflussung, eventuell durch Drohung vorangegangen ist. Wie schon angedeutet
wurde, konnten die beiden Gläubiger sogar ohne besondere Beeinflussung wissen,
was ihnen bevorstand, wenn sie nicht kündigen würden, und es ist auch höchst
wahrscheinlich, dass sie es wussten, genauer, dass Meyerhans es wusste. Durch
die gleichzeitige Einstellung der Mehllieferungen entging ihnen ja ein Gewinn,
erlitten sie also einen Verlust; einen solchen nahmen sie aber offenbar nur
auf sich, weil sie unter dem Zwang standen, mitzumachen, indem nur so ein
«erfolgreiches Vorgehen gegen Reich» gewährleistet war. Die Fülle der
Boykottmassnahmen bildet letztlich, auch wenn sie von verschiedenen Personen
ausgeht, eine von den Veranstaltern gewollte oder mitgewollte Einheit, und es
geht nicht an, die eigentlichen Urheber, ohne die auch die andern die Schritte
höchst wahrscheinlich nicht unternommen hätten, durch Zerlegung in einzelne
Handlungen und Beeinflussungen von der Verantwortlichkeit für die
Urheberschaft zu befreien.
Die Veranlassung der Gläubiger zur Kündigung war nun aber kein unerlaubtes
Mittel des Boykottes. Es scheint sich also hier nachträglich doch noch die
Frage aufzuwerfen, ob der Boykott an sich, nicht nur an den Mitteln gemessen,
zulässig oder unzulässig gewesen sei, insbesondere, ob er zur Vernichtung der
wirtschaftlichen Existenz des Klägers geführt hätte (denn es ist nach dem
Gesagten klar, dass das Interesse der Beklagten am Wegfall der vom Kläger
geübten Unterbietung nicht genügte, um einen Boykott auf Vernichtung seiner
Existenz zu rechtfertigen), oder ob er auch nur noch in einem richtigen
Verhältnis zu den gefährdeten Interessen des Klägers gestanden habe. Allein
die Frage kann offen bleiben. Die Tatsache, dass die Beklagten mehrere absolut
unerlaubte Mittel verwendet haben, genügt für ihre Verurteilung auch zu
Schadenersatz. Es ist nicht erforderlich, dass der geltend gemachte Schaden
ausschliesslich auf die Verwendung der unerlaubten Mittel des Boykottes
zurückzuführen

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sei, wenn immerhin ein gewisser Zusammenhang besteht. Damit wird dem Kläger
nicht ein Ersatz zugesprochen, den er nicht verlangt hat, sondern der
eingeklagte Schaden wird ihm ersetzt, weil seine Entstehung im Rahmen des
ganzen Boykottes auch auf die Verwendung der unerlaubten Mittel zurückzuführen
ist. Meyerhans und Haab und die Beklagten hatten gegenseitig Kenntnis von
ihrem Vorgehen gegen den Kläger, insbesondere wussten die Müller auch, dass
sich die Beklagten sogar zum Aufhalten der auf dem Weg befindlichen Mehlfuhren
herbeigelassen hatten und dass sie den unbegründeten Vorwurf der
Schmutzkonkurrenz öffentlich verbreiteten; trotzdem sahen sie sich nicht
genötigt, ihre Mitwirkung bei diesem Vorgehen einzustellen und die Kündigung
wenigstens nachträglich zurückzunehmen. Entscheidend fällt ins Gewicht, dass
auch die Beklagten sich nicht veranlasst sahen, die Müller zum Zurückkommen
auf ihre Kündigungen zu bestimmen, nachdem sie mit ihren Mitteln schon so über
das Ziel geschossen waren. Die Beklagten hätten sich mindestens sagen müssen,
dass der von ihnen in grob fahrlässiger Weise erhobene Vorwurf der
Schmutzkonkurrenz mit ein Grund dafür war, dass die Gläubiger am Boykott
mitwirkten und ihre Mitwirkung andauern liessen, und sie hätten darum eine
Pflicht gehabt, diesem an sich auf die Anwendung eines erlaubten Mittels
zurückzuführenden Schadens noch rechtzeitig vorzubeugen. Das wäre kein Ding
der Unmöglichkeit gewesen, denn die Gläubiger hatten dem Kläger schon bei der
Kündigung des Kapitals in Aussicht gestellt, dass die Massnahme zurückgenommen
werden könnte, wenn er nicht mehr an die Migros A.-G. liefern würde...
(Quantitativ.)
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Hauptberufung wird teilweise gutgeheissen, das Urteil der I. Kammer des
Obergerichtes des Kantons Zürich vom 28. Februar 1931 wird aufgehoben und die

Seite: 356
Beklagten werden unter teilweisem Schutz der Klage solidarisch verpflichtet,
dem Kläger 3000 Fr. nebst 5% Zins seit 16. November 1927 zu bezahlen.
Die Anschlussberufung wird abgewiesen.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 57 II 334
Datum : 01. Januar 1931
Publiziert : 08. Juni 1931
Quelle : Bundesgericht
Status : 57 II 334
Sachgebiet : BGE - Zivilrecht
Gegenstand : Boykott gegen einen nicht organisierten Bäckermeister wegen Lieferung von Brot an die Migros A.-G...


Gesetzesregister
OG: 80
OR: 41 
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 41 - 1 Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet.
1    Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet.
2    Ebenso ist zum Ersatze verpflichtet, wer einem andern in einer gegen die guten Sitten verstossenden Weise absichtlich Schaden zufügt.
48 
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 48
49
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 49 - 1 Wer in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt wird, hat Anspruch auf Leistung einer Geldsumme als Genugtuung, sofern die Schwere der Verletzung es rechtfertigt und diese nicht anders wiedergutgemacht worden ist.
1    Wer in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt wird, hat Anspruch auf Leistung einer Geldsumme als Genugtuung, sofern die Schwere der Verletzung es rechtfertigt und diese nicht anders wiedergutgemacht worden ist.
2    Anstatt oder neben dieser Leistung kann der Richter auch auf eine andere Art der Genugtuung erkennen.
ZGB: 28
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 28 - 1 Wer in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt wird, kann zu seinem Schutz gegen jeden, der an der Verletzung mitwirkt, das Gericht anrufen.
1    Wer in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt wird, kann zu seinem Schutz gegen jeden, der an der Verletzung mitwirkt, das Gericht anrufen.
2    Eine Verletzung ist widerrechtlich, wenn sie nicht durch Einwilligung des Verletzten, durch ein überwiegendes privates oder öffentliches Interesse oder durch Gesetz gerechtfertigt ist.
BGE Register
26-II-103 • 30-II-228 • 32-II-360 • 41-II-439 • 46-II-411 • 48-II-324 • 52-II-370 • 56-II-431 • 57-II-334
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
beklagter • boykott • bundesgericht • brot • lieferung • schaden • weiler • mehl • veranstalter • richtigkeit • frage • bedingung • not • verhalten • darlehen • bus • zeuge • druck • schadenersatz • unlauterer wettbewerb
... Alle anzeigen
SJZ
1919/20 S.223