121 III 20
7. Auszug aus dem Urteil der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer vom 29. März 1995 i.S. X.
Regeste (de):
- Einkommenspfändung (Art. 93
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 93 - 1 Erwerbseinkommen jeder Art, Nutzniessungen und ihre Erträge, Leibrenten sowie Unterhaltsbeiträge, Pensionen und Leistungen jeder Art, die einen Erwerbsausfall oder Unterhaltsanspruch abgelten, namentlich Renten und Kapitalabfindungen, die nicht nach Artikel 92 unpfändbar sind, können so weit gepfändet werden, als sie nach dem Ermessen des Betreibungsbeamten für den Schuldner und seine Familie nicht unbedingt notwendig sind.
1 Erwerbseinkommen jeder Art, Nutzniessungen und ihre Erträge, Leibrenten sowie Unterhaltsbeiträge, Pensionen und Leistungen jeder Art, die einen Erwerbsausfall oder Unterhaltsanspruch abgelten, namentlich Renten und Kapitalabfindungen, die nicht nach Artikel 92 unpfändbar sind, können so weit gepfändet werden, als sie nach dem Ermessen des Betreibungsbeamten für den Schuldner und seine Familie nicht unbedingt notwendig sind. 2 Solches Einkommen kann längstens für die Dauer eines Jahres gepfändet werden; die Frist beginnt mit dem Pfändungsvollzug. Nehmen mehrere Gläubiger an der Pfändung teil, so läuft die Frist von der ersten Pfändung an, die auf Begehren eines Gläubigers der betreffenden Gruppe (Art. 110 und 111) vollzogen worden ist. 3 Erhält das Amt während der Dauer einer solchen Pfändung Kenntnis davon, dass sich die für die Bestimmung des pfändbaren Betrages massgebenden Verhältnisse geändert haben, so passt es die Pfändung den neuen Verhältnissen an. 4 Auf Antrag des Schuldners weist das Amt den Arbeitgeber des Schuldners an, während der Dauer der Einkommenspfändung zusätzlich den für die Bezahlung der laufenden Prämien- und Kostenbeteiligungsforderungen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung erforderlichen Betrag an das Amt zu überweisen, soweit diese Prämien und Kostenbeteiligungen zum Existenzminimum des Schuldners gehören. Das Amt begleicht damit die laufenden Prämien- und Kostenbeteiligungsforderungen direkt beim Versicherer.205 - Der Grundsatz, dass bei der Berechnung des Existenzminimums nur tatsächlich bezahlte Beträge berücksichtigt werden können, gilt auch für Wohnungsmietzinse und Krankenkassenprämien. Der Schuldner kann eine Revision der Einkommenspfändung verlangen in dem Moment, wo er nachweist, dass er einen Mietvertrag bzw. einen Versicherungsvertrag abgeschlossen hat und dass er die vereinbarten Mietzinse bzw. Versicherungsprämien auch tatsächlich bezahlt.
Regeste (fr):
- Saisie de salaire (art. 93 LP).
- Le principe selon lequel, dans le calcul du minimum vital, seuls les montants effectivement payés peuvent être pris en considération vaut également pour les loyers et les primes d'assurance-maladie. Le débiteur peut demander une révision de la saisie à partir du moment où il établit avoir conclu un contrat de bail, respectivement un contrat d'assurance, et payer effectivement les loyers ou les primes d'assurance convenus.
Regesto (it):
- Pignoramento di salario (art. 93 LEF).
- Anche per le pigioni e i premi dell'assicurazione malattia vale il principio secondo cui nel calcolo del minimo vitale vanno tenuti in considerazione solo gli importi effettivamente pagati. Il debitore può chiedere una revisione del pignoramento di salario, qualora dimostri di aver stipulato un contratto di locazione rispettivamente un contratto di assicurazione e di pagare la pigione rispettivamente i premi di assicurazione.
Sachverhalt ab Seite 21
BGE 121 III 20 S. 21
Nachdem das Obergericht des Kantons Zürich als obere kantonale Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs das Existenzminimum der Schuldnerin - unter Berücksichtigung von Wohnkosten und Krankenversicherungsprämien - von Fr. 1'604.-- auf Fr. 2'514.-- heraufgesetzt hatte, rekurrierte eine Gläubigerin gegen diesen Beschluss an die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts. Sie beantragte im wesentlichen, dass das Existenzminimum wieder auf Fr. 1'604.-- festgesetzt werde. Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer hiess den Rekurs gut aus den folgenden
Erwägungen
Erwägungen:
2. a) Das Obergericht des Kantons Zürich geht in tatbeständlicher Hinsicht davon aus, dass die Schuldnerin weder die Krankenkassenprämien noch die Mietzinse bezahlt hat und dass ihr die Wohnung offenbar bereits gekündigt worden sei; und es ist sich der Rechtsprechung bewusst, wonach bei der Berechnung des Existenzminimums nur tatsächlich bezahlte Auslagen berücksichtigt werden dürfen. Indessen gibt das Obergericht zu bedenken, dass die Nichtzahlung des dem Vermieter vertraglich geschuldeten Mietzinses einen Schuldner in die Gefahr bringt, aus der Mietwohnung ausgewiesen zu werden und so in eine Notlage zu geraten. Ebenso schwere Folgen könne für ihn das Fehlen einer Krankenversicherung im Krankheitsfall haben. Auch wenn die Schuldnerin im Zeitpunkt der Pfändung mit der Bezahlung der Mietzinse und
BGE 121 III 20 S. 22
Krankenkassenprämien in Verzug gewesen sei und bereits keinen Krankenversicherungsschutz mehr genossen habe, sei es deshalb mit dem hinter der gesetzlichen Pfändungsbeschränkung des Art. 93
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 93 - 1 Erwerbseinkommen jeder Art, Nutzniessungen und ihre Erträge, Leibrenten sowie Unterhaltsbeiträge, Pensionen und Leistungen jeder Art, die einen Erwerbsausfall oder Unterhaltsanspruch abgelten, namentlich Renten und Kapitalabfindungen, die nicht nach Artikel 92 unpfändbar sind, können so weit gepfändet werden, als sie nach dem Ermessen des Betreibungsbeamten für den Schuldner und seine Familie nicht unbedingt notwendig sind. |
|
1 | Erwerbseinkommen jeder Art, Nutzniessungen und ihre Erträge, Leibrenten sowie Unterhaltsbeiträge, Pensionen und Leistungen jeder Art, die einen Erwerbsausfall oder Unterhaltsanspruch abgelten, namentlich Renten und Kapitalabfindungen, die nicht nach Artikel 92 unpfändbar sind, können so weit gepfändet werden, als sie nach dem Ermessen des Betreibungsbeamten für den Schuldner und seine Familie nicht unbedingt notwendig sind. |
2 | Solches Einkommen kann längstens für die Dauer eines Jahres gepfändet werden; die Frist beginnt mit dem Pfändungsvollzug. Nehmen mehrere Gläubiger an der Pfändung teil, so läuft die Frist von der ersten Pfändung an, die auf Begehren eines Gläubigers der betreffenden Gruppe (Art. 110 und 111) vollzogen worden ist. |
3 | Erhält das Amt während der Dauer einer solchen Pfändung Kenntnis davon, dass sich die für die Bestimmung des pfändbaren Betrages massgebenden Verhältnisse geändert haben, so passt es die Pfändung den neuen Verhältnissen an. |
4 | Auf Antrag des Schuldners weist das Amt den Arbeitgeber des Schuldners an, während der Dauer der Einkommenspfändung zusätzlich den für die Bezahlung der laufenden Prämien- und Kostenbeteiligungsforderungen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung erforderlichen Betrag an das Amt zu überweisen, soweit diese Prämien und Kostenbeteiligungen zum Existenzminimum des Schuldners gehören. Das Amt begleicht damit die laufenden Prämien- und Kostenbeteiligungsforderungen direkt beim Versicherer.205 |
b) Das Betreibungsamt betont in seiner Vernehmlassung, dass diese Rechtsauffassung der kantonalen Aufsichtsbehörde gegen Art. 93
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 93 - 1 Erwerbseinkommen jeder Art, Nutzniessungen und ihre Erträge, Leibrenten sowie Unterhaltsbeiträge, Pensionen und Leistungen jeder Art, die einen Erwerbsausfall oder Unterhaltsanspruch abgelten, namentlich Renten und Kapitalabfindungen, die nicht nach Artikel 92 unpfändbar sind, können so weit gepfändet werden, als sie nach dem Ermessen des Betreibungsbeamten für den Schuldner und seine Familie nicht unbedingt notwendig sind. |
|
1 | Erwerbseinkommen jeder Art, Nutzniessungen und ihre Erträge, Leibrenten sowie Unterhaltsbeiträge, Pensionen und Leistungen jeder Art, die einen Erwerbsausfall oder Unterhaltsanspruch abgelten, namentlich Renten und Kapitalabfindungen, die nicht nach Artikel 92 unpfändbar sind, können so weit gepfändet werden, als sie nach dem Ermessen des Betreibungsbeamten für den Schuldner und seine Familie nicht unbedingt notwendig sind. |
2 | Solches Einkommen kann längstens für die Dauer eines Jahres gepfändet werden; die Frist beginnt mit dem Pfändungsvollzug. Nehmen mehrere Gläubiger an der Pfändung teil, so läuft die Frist von der ersten Pfändung an, die auf Begehren eines Gläubigers der betreffenden Gruppe (Art. 110 und 111) vollzogen worden ist. |
3 | Erhält das Amt während der Dauer einer solchen Pfändung Kenntnis davon, dass sich die für die Bestimmung des pfändbaren Betrages massgebenden Verhältnisse geändert haben, so passt es die Pfändung den neuen Verhältnissen an. |
4 | Auf Antrag des Schuldners weist das Amt den Arbeitgeber des Schuldners an, während der Dauer der Einkommenspfändung zusätzlich den für die Bezahlung der laufenden Prämien- und Kostenbeteiligungsforderungen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung erforderlichen Betrag an das Amt zu überweisen, soweit diese Prämien und Kostenbeteiligungen zum Existenzminimum des Schuldners gehören. Das Amt begleicht damit die laufenden Prämien- und Kostenbeteiligungsforderungen direkt beim Versicherer.205 |
3. a) Fast alle Fälle, in denen das Bundesgericht erklärt hat, bei der Berechnung des Existenzminimums könnten nur jene Beträge berücksichtigt werden, welche der Schuldner auch tatsächlich benötigt und bezahlt, beziehen sich auf Unterhaltsbeiträge an Familienmitglieder (BGE 84 III 29, S. 31; BGE 89 III 65 E. 1, S. 67; BGE 107 III 75 E. 1, S. 77; BGE 109 III 53 E. 2c, S. 56; BGE 111 III 13 E. 4, S. 15; BGE 120 III 16 E. 2c, S. 17 f.). In dem zuletzt zitierten Entscheid ist gesagt worden, es würde dem Grundsatz von Treu und Glauben widersprechen, wenn dem Schuldner Auslagen für den Unterhalt von Kindern zugestanden würden, obwohl ihm die Obhut über die Kinder gerichtlich gar nicht zugesprochen worden ist. Hingegen geht es in dem sowohl von der Vorinstanz als auch von der Rekurrentin zitierten BGE 112 III 19 E. 4, S. 22 f. um die Berücksichtigung von Wohnkosten, welche der Schuldner geltend machte. Dort ist festgestellt worden, dass dem Rekurrenten bei seinen Eltern ein Zimmer zur Verfügung stehe, für dessen Benützung er keine Miete zu entrichten brauche. Bezüglich eines Mietzinses, den der Schuldner angeblich seiner Freundin entrichte, fehlte es an entsprechenden Feststellungen der kantonalen Aufsichtsbehörde. Dem Schuldner wurden bei der Ermittlung des Notbedarfs deshalb keine Wohnkosten zugestanden. b) Der vorliegende Fall kann, was die Berücksichtigung des Mietzinses bei der Ermittlung des Existenzminimums betrifft, weder mit BGE 112 III 19 E. 4 noch mit den anderen zitierten Entscheiden unmittelbar verglichen werden. Man könnte im Gegenteil argumentieren, dass aufgrund des Alters und der Lebensumstände der Schuldnerin davon auszugehen sei, dass sie auf eine eigene Unterkunft angewiesen sei und ihr angemessene Auslagen hiefür bei der Berechnung des Notbedarfs auf jeden Fall zuzugestehen seien; denn es
BGE 121 III 20 S. 23
gehe - ähnlich wie dies in BGE 105 III 48, S. 49 erkannt worden ist - nicht an, die Schuldnerin in eine absolut unhaltbare Lage zu versetzen.
Dem ist nun aber doch entgegenzuhalten, dass es stossend wäre, der Schuldnerin Wohnkosten zuzugestehen, derweil sie mit dem bei der Ermittlung des Existenzminimums berücksichtigten Betrag nicht dem Vermieter den Mietzins bezahlt, sondern das Geld anderweitig ausgibt. Nicht ganz zu Unrecht meint daher das Betreibungsamt in seiner Vernehmlassung, dass es sich dem Vorwurf aussetzen würde, Beihilfe zur widerrechtlichen Verfügung über gepfändetes Einkommen zu leisten, wenn es der Schuldnerin den von ihr geforderten Betrag überliesse. Bei der Berechnung des Existenzminimums muss den tatsächlichen Verhältnissen Rechnung getragen werden und kann nicht auf behauptete, aber nicht erfüllte vertragliche Verpflichtungen des Schuldners abgestellt werden. Der nicht bezahlte Mietzins kann daher bei der Berechnung des Existenzminimums nicht berücksichtigt werden. Die Schuldnerin hat jedoch die Möglichkeit, die Revision der Einkommenspfändung zu verlangen von dem Augenblick an, wo sie sich über den Abschluss eines Mietvertrags ausweist und darüber, dass sie den darin vereinbarten Mietzins (wie auch allenfalls geltend gemachte Nebenkosten) tatsächlich bezahlt. Das lässt sich mit der gesetzlichen Regelung besser vereinbaren als das von der kantonalen Aufsichtsbehörde gewählte Vorgehen, wonach der Schuldnerin zwar der Betrag für den Mietzins (und die Krankenkassenprämien) belassen worden wäre, sie aber zugleich zur regelmässigen Zahlung verpflichtet worden wäre unter der Androhung, dass andernfalls die Einkommenspfändung revidiert würde. c) Grundsätzlich dieselben Überlegungen gelten hinsichtlich der Prämien für die Krankenversicherung, welche bei der Berechnung des Existenzminimums ebenfalls nur unter der Voraussetzung berücksichtigt werden können, dass sie von der Schuldnerin tatsächlich bezahlt werden. Auch diesbezüglich steht der Schuldnerin die Möglichkeit offen, die Revision der Lohnpfändung zu verlangen, sofern sie sich über den Abschluss eines Versicherungsvertrags und die Bezahlung der damit vereinbarten Prämien ausweist. Dem mag beigefügt werden, dass die von der kantonalen Aufsichtsbehörde gewählte Lösung insofern widersprüchlich wäre, als Einkommen der Schuldnerin der Befriedigung verfallener und betriebener Prämien entzogen würde, die Schuldnerin aber anderseits verpflichtet würde, neu eingehende Prämienrechnungen ungesäumt zu bezahlen.