116 II 196
36. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 24. Januar 1990 i.S. Firma B. gegen Firma A. (Berufung)
Regeste (de):
- Patentrechtliche Nichtigkeitsklage, erforderliches Feststellungsinteresse (Art. 28
SR 232.14 Bundesgesetz vom 25. Juni 1954 über die Erfindungspatente (Patentgesetz, PatG) - Patentgesetz
PatG Art. 28 - Die Nichtigkeitsklage steht jedermann zu, der ein Interesse nachweist, die Klage aus Artikel 26 Absatz 1 Buchstabe d indessen nur dem Berechtigten.
- 1. Fehlt das Feststellungsinteresse, so ist die Klage nicht abzuweisen, sondern darauf nicht einzutreten (E. 1).
- 2. Voraussetzungen, unter denen ein ausreichendes Feststellungsinteresse nach Lehre und Rechtsprechung als nachgewiesen gilt (E. 2). Verneinung dieses Interesses im beurteilten Fall (E. 3a und b).
Regeste (fr):
- Action en nullité d'un brevet, exigence d'un intérêt à la constatation (art. 28 LBI).
- 1. Si l'intérêt à la constatation fait défaut, il y a lieu, non pas de rejeter la demande, mais de la déclarer irrecevable (consid. 1).
- 2. Conditions auxquelles un intérêt suffisant à la constatation est considéré comme prouvé selon la doctrine et la jurisprudence (consid. 2). Un tel intérêt n'a pas été admis dans la cause jugée (consid. 3a et b).
Regesto (it):
- Azione per nullità di un brevetto, requisito dell'interesse all'accertamento della nullità (art. 28 LBI).
- 1. Ove manchi l'interesse all'accertamento, la domanda non va respinta, bensì dichiarata inammissibile (consid. 1).
- 2. Condizioni alle quali è considerato come provato, secondo la dottrina e la giurisprudenza, un interesse sufficiente all'accertamento (consid. 2). Presenza di un siffatto interesse negata nella fattispecie concreta (consid. 3a e b).
Sachverhalt ab Seite 197
BGE 116 II 196 S. 197
A.- Die Firma A. ist Inhaberin eines Schweizer Patentes, das ein Verfahren zur Herstellung des Antibiotikums Doxycyclin mittels katalytischer Hydrierung einer Ausgangsverbindung zum Gegenstand hat. Die Firma B. stellt Doxycyclin nach einem eigenen Verfahren her und vertreibt es auch.
B.- Am 15. September 1987 reichte die Firma B. beim Handelsgericht des Kantons Zürich gegen die Firma A. eine Teilnichtigkeitsklage gemäss Art. 28
SR 232.14 Bundesgesetz vom 25. Juni 1954 über die Erfindungspatente (Patentgesetz, PatG) - Patentgesetz PatG Art. 28 - Die Nichtigkeitsklage steht jedermann zu, der ein Interesse nachweist, die Klage aus Artikel 26 Absatz 1 Buchstabe d indessen nur dem Berechtigten. |
C.- Die Klägerin beantragt mit ihrer Berufung, das Urteil des Handelsgerichts aufzuheben und die Sache zur materiellen Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Das Bundesgericht weist die Berufung ab.
BGE 116 II 196 S. 198
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
1. a) Der Richter stellt auf Klage hin die Nichtigkeit eines Patentes fest (Art. 26 Abs. 1
SR 232.14 Bundesgesetz vom 25. Juni 1954 über die Erfindungspatente (Patentgesetz, PatG) - Patentgesetz PatG Art. 26 - 1 Der Richter stellt auf Klage hin die Nichtigkeit des Patents fest, wenn: |
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1 | Der Richter stellt auf Klage hin die Nichtigkeit des Patents fest, wenn: |
a | der Gegenstand des Patents nach den Artikeln 1, 1a, 1b und 2 nicht patentierbar ist; |
b | die Erfindung in der Patentschrift nicht so dargelegt ist, dass der Fachmann sie ausführen kann; |
c | der Gegenstand des Patents über den Inhalt des Patentgesuchs in der für das Anmeldedatum massgebenden Fassung hinausgeht; |
d | der Patentinhaber weder der Erfinder noch dessen Rechtsnachfolger ist noch aus einem andern Rechtsgrund ein Recht auf das Patent hatte.69 |
2 | Ist ein Patent unter Anerkennung einer Priorität erteilt worden und hat die Anmeldung, deren Priorität beansprucht ist, nicht zum Patent geführt, so kann der Richter vom Patentinhaber verlangen, die Gründe anzugeben und Beweismittel vorzulegen; wird die Auskunft verweigert, so würdigt dies der Richter nach freiem Ermessen.70 |
SR 232.14 Bundesgesetz vom 25. Juni 1954 über die Erfindungspatente (Patentgesetz, PatG) - Patentgesetz PatG Art. 27 - 1 Trifft ein Nichtigkeitsgrund nur für einen Teil der patentierten Erfindung zu, so ist das Patent durch den Richter entsprechend einzuschränken. |
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1 | Trifft ein Nichtigkeitsgrund nur für einen Teil der patentierten Erfindung zu, so ist das Patent durch den Richter entsprechend einzuschränken. |
2 | Der Richter hat den Parteien Gelegenheit zu geben, sich zu der von ihm in Aussicht genommenen Neufassung des Patentanspruches zu äussern; er kann überdies die Vernehmlassung des IGE einholen. |
3 | Artikel 25 ist entsprechend anwendbar. |
SR 232.14 Bundesgesetz vom 25. Juni 1954 über die Erfindungspatente (Patentgesetz, PatG) - Patentgesetz PatG Art. 28 - Die Nichtigkeitsklage steht jedermann zu, der ein Interesse nachweist, die Klage aus Artikel 26 Absatz 1 Buchstabe d indessen nur dem Berechtigten. |
SR 232.14 Bundesgesetz vom 25. Juni 1954 über die Erfindungspatente (Patentgesetz, PatG) - Patentgesetz PatG Art. 28 - Die Nichtigkeitsklage steht jedermann zu, der ein Interesse nachweist, die Klage aus Artikel 26 Absatz 1 Buchstabe d indessen nur dem Berechtigten. |
SR 232.14 Bundesgesetz vom 25. Juni 1954 über die Erfindungspatente (Patentgesetz, PatG) - Patentgesetz PatG Art. 76 |
SR 232.14 Bundesgesetz vom 25. Juni 1954 über die Erfindungspatente (Patentgesetz, PatG) - Patentgesetz PatG Art. 76 |
b) Vermag der Kläger kein schutzwürdiges Interesse an der negativen Feststellungsklage nachzuweisen, so ist darauf nicht einzutreten (BGE 110 II 359 E. 2c). Das Interesse an einer solchen Klage stellt als Erscheinungsform des allgemeinen Rechtsschutzinteresses nach heute gefestigter Auffassung eine Prozessvoraussetzung dar (KUMMER, Das Klagerecht und die materielle Rechtskraft im schweizerischen Recht, S. 61 und 68 Fn 2; GULDENER, Schweiz. Zivilprozessrecht, 3. Aufl., S. 211; LEUCH, Die Zivilprozessordnung für den Kanton Bern, 3. Aufl., N. 3 zu Art. 174
SR 272 Schweizerische Zivilprozessordnung vom 19. Dezember 2008 (Zivilprozessordnung, ZPO) - Gerichtsstandsgesetz ZPO Art. 174 Konfrontation - Zeuginnen und Zeugen können einander und den Parteien gegenübergestellt werden. |
SR 232.14 Bundesgesetz vom 25. Juni 1954 über die Erfindungspatente (Patentgesetz, PatG) - Patentgesetz PatG Art. 28 - Die Nichtigkeitsklage steht jedermann zu, der ein Interesse nachweist, die Klage aus Artikel 26 Absatz 1 Buchstabe d indessen nur dem Berechtigten. |
BGE 116 II 196 S. 199
2. a) Im Gegensatz zu ausländischen Regelungen, namentlich Deutschlands und Österreichs (dazu SCHIPPEL, Die Berechtigung zur Erhebung der Nichtigkeitsklage im Patentrecht und ihre Beschränkung durch Lizenzverträge, GRUR 1955, S. 322 ff.), ist die Nichtigkeitsklage im schweizerischen Patentrecht nicht als Popularklage ausgestaltet (Botschaft des Bundesrates vom 25. April 1950 über die Revision des Bundesgesetzes betreffend die Erfindungspatente, BBl 1950 I 1023 f.; BLUM/PEDRAZZINI, Das schweiz. Patentrecht, 2. Aufl., Bd. II, Anm. 1 zu Art. 28
SR 232.14 Bundesgesetz vom 25. Juni 1954 über die Erfindungspatente (Patentgesetz, PatG) - Patentgesetz PatG Art. 28 - Die Nichtigkeitsklage steht jedermann zu, der ein Interesse nachweist, die Klage aus Artikel 26 Absatz 1 Buchstabe d indessen nur dem Berechtigten. |
SR 232.14 Bundesgesetz vom 25. Juni 1954 über die Erfindungspatente (Patentgesetz, PatG) - Patentgesetz PatG Art. 28 - Die Nichtigkeitsklage steht jedermann zu, der ein Interesse nachweist, die Klage aus Artikel 26 Absatz 1 Buchstabe d indessen nur dem Berechtigten. |
BGE 116 II 196 S. 200
Feststellungsinteresse bejaht, wenn das streitige Patent in den Industriebereich des Klägers fiel (BGE 21, 295/6), es auch für seinen Geschäftsbetrieb von Bedeutung war (BGE 24 II 474), er mit den gleichen Artikeln wie die patentierten handelte (BGE 50 II 70) oder der Patentschutz seinen Absatz stark beeinträchtigte (BGE 38 II 674). Im Grundsatz forderte das Bundesgericht aber stets eine rechtliche oder tatsächliche, gegenwärtige oder drohende Behinderung des Klägers in seiner wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit und lehnte es namentlich ab, den Klageausschluss auf das Schikaneverbot zu beschränken (BGE 61 II 380). Andererseits machte es aber nicht zur Voraussetzung, dass der Kläger die angefochtene Ausführungsform auch tatsächlich zu verwenden beabsichtigte, sondern liess genügen, dass der Bestand eines Patentes auf seiten des Konkurrenten ihm im Wettbewerb zum Nachteil gereichen konnte (BGE 67 II 240 E. 2). Ohne weiteres bejaht wurde das Interesse in einem Fall, in dem der Kläger mit der Nichtigkeitsklage den vom Beklagten erhobenen Verletzungsvorwurf entkräften wollte (BGE 71 II 40). b) Das Rechtsschutzinteresse ist vom Kläger nachzuweisen (Art. 28
SR 232.14 Bundesgesetz vom 25. Juni 1954 über die Erfindungspatente (Patentgesetz, PatG) - Patentgesetz PatG Art. 28 - Die Nichtigkeitsklage steht jedermann zu, der ein Interesse nachweist, die Klage aus Artikel 26 Absatz 1 Buchstabe d indessen nur dem Berechtigten. |
SR 232.14 Bundesgesetz vom 25. Juni 1954 über die Erfindungspatente (Patentgesetz, PatG) - Patentgesetz PatG Art. 28 - Die Nichtigkeitsklage steht jedermann zu, der ein Interesse nachweist, die Klage aus Artikel 26 Absatz 1 Buchstabe d indessen nur dem Berechtigten. |
SR 232.14 Bundesgesetz vom 25. Juni 1954 über die Erfindungspatente (Patentgesetz, PatG) - Patentgesetz PatG Art. 28 - Die Nichtigkeitsklage steht jedermann zu, der ein Interesse nachweist, die Klage aus Artikel 26 Absatz 1 Buchstabe d indessen nur dem Berechtigten. |
SR 232.14 Bundesgesetz vom 25. Juni 1954 über die Erfindungspatente (Patentgesetz, PatG) - Patentgesetz PatG Art. 28 - Die Nichtigkeitsklage steht jedermann zu, der ein Interesse nachweist, die Klage aus Artikel 26 Absatz 1 Buchstabe d indessen nur dem Berechtigten. |
3. a) Die Klägerin macht mit einer Ausnahme, auf die noch einzugehen ist, nicht geltend, die tatsächlichen Feststellungen des Handelsgerichts seien unter Verletzung bundesrechtlicher Beweisvorschriften zustande gekommen, beruhten auf offensichtlichem Versehen oder seien zu ergänzen, weil im kantonalen Verfahren prozesskonform aufgestellte Sachbehauptungen übersehen oder für unerheblich gehalten worden sind. Soweit ihre Sachvorbringen über die Feststellungen der Vorinstanz hinausgehen, sind sie deshalb als neue Behauptungen unzulässig (BGE 111 II 473 E. 1c mit Hinweisen). Das gilt auch insofern, als entsprechende Behauptungen im kantonalen Verfahren zwar vorgebracht, vom Handelsgericht aber wegen Verstosses gegen das Novenverbot des
BGE 116 II 196 S. 201
kantonalen Prozessrechts nicht berücksichtigt worden sind. Denn Art. 8
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 8 - Wo das Gesetz es nicht anders bestimmt, hat derjenige das Vorhandensein einer behaupteten Tatsache zu beweisen, der aus ihr Rechte ableitet. |
SR 232.14 Bundesgesetz vom 25. Juni 1954 über die Erfindungspatente (Patentgesetz, PatG) - Patentgesetz PatG Art. 28 - Die Nichtigkeitsklage steht jedermann zu, der ein Interesse nachweist, die Klage aus Artikel 26 Absatz 1 Buchstabe d indessen nur dem Berechtigten. |
BGE 116 II 196 S. 202
Verletzungswiderklage der Beklagten. Beides wurde jedoch nicht erhoben. Vermag somit der verlangte Feststellungsentscheid der Klägerin den angestrebten Nutzen nicht zu bringen, so ist die Verneinung des erforderlichen Interesses bundesrechtlich nicht zu beanstanden. Einem Feststellungsbegehren, das nicht zur Beseitigung der behaupteten Beeinträchtigung führen kann, steht kein hinreichendes Rechtsschutzinteresse zur Seite (KUMMER, a.a.O., S. 35; LEUCH, a.a.O., N. 3 zu Art. 174
SR 272 Schweizerische Zivilprozessordnung vom 19. Dezember 2008 (Zivilprozessordnung, ZPO) - Gerichtsstandsgesetz ZPO Art. 174 Konfrontation - Zeuginnen und Zeugen können einander und den Parteien gegenübergestellt werden. |