103 Ib 366
58. Auszug aus dem Urteil vom 28. Oktober 1977 i.S. D. AG gegen Wehrsteuer-Rekurskommission des Kantons Zürich
Regeste (de):
- Bindung des Bundesgerichts an Parteibegehren, Zulässigkeit neuer Begehren (Art. 114 Abs. 1
OG); Rückstellungen gemäss Art. 49 Abs. 1 lit. c
WStB.
- 1. Nach Art. 114 Abs. 1
OG kann das Bundesgericht in Abgabestreitigkeiten einen Entscheid der Vorinstanz korrigieren, ohne an die Anträge der Parteien gebunden zu sein. Eine solche Korrektur wird aber nur vorgenommen, wenn ihr eine erhebliche Bedeutung zukommt und der betreffende Entscheid offensichtlich unrichtig ist. Der Steuerpflichtige kann aus Art. 114 Abs. 1
OG hingegen nicht das Recht ableiten, dass das Bundesgericht in Abgabestreitigkeiten auf neue, d.h. vor der Vorinstanz nicht geltend gemachte Begehren eintritt (E. 1; Klärung der Rechtsprechung).
- 2. Zulässigkeit einer Rückstellung für die Entwertung eines Dollarguthabens, die wegen eines befürchteten Kursrückgangs droht (E. 4).
Regeste (fr):
- Tribunal fédéral lié par les conclusions des parties, admissibilité de nouvelles conclusions (art. 114 al. 1 OJ); réserves d'amortissement selon l'art. 49 al. 1 let. c AIN.
- 1. Selon l'art. 114 al. 1 OJ, le Tribunal fédéral peut, en matière fiscale, corriger une décision de l'autorité inférieure sans être lié par les conclusions des parties. Mais il n'opère une telle correction que si elle a une importance décisive et si l'arrêt attaqué est manifestement faux. Le contribuable ne peut en revanche pas déduire de l'art. 114 al. 1 OJ le droit d'obtenir que le Tribunal fédéral entre en matière, dans des contestations fiscales, sur des conclusions nouvelles, c'est-à-dire sur des conclusions que le contribuable n'a pas présentées dans l'instance précédente (consid. 1; précision apportée à la jurisprudence).
- 2. Admissibilité d'une réserve d'amortissement pour un avoir en dollars, en raison d'une chute de cours que l'on peut craindre (consid. 4).
Regesto (it):
- Conclusioni delle parti quali vincolo per il Tribunale federale; ammissibilità di nuove conclusioni (art. 114 cpv. 1
OG); riserve d'ammortamento ai sensi dell'art. 49 cpv. 1 lett. c DIN.
- 1. Secondo l'art. 114 cpv. 1
OG, il Tribunale federale può, in materia di contribuzioni pubbliche, correggere una decisione dell'autorità inferiore, senza essere vincolata dalle conclusioni delle parti. Esso effettua tuttavia tale correzione soltanto laddove la stehst abbia un'importanza considerevole e la decisione impugnata sia manifestamente errata. Il contribuente non può, per converso, dedurre dall'art. 114 cpv. 1
OG il diritto di ottenere che il Tribunale federale esamini, in materia di contribuzioni pubbliche, nuove conclusioni, ossia conclusioni non presentate dal contribuente dinnanzi all'istanza precedente (consid. 1; precisazione della giurisprudenza).
- 2. Ammissibilità di una riserva d'ammortamento per un credito in dollari, in ragione di una paventata diminuzione del corso del cambio di tale valuta (consid. 4).
Sachverhalt ab Seite 367
BGE 103 Ib 366 S. 367
Die in Zürich domizilierte D. AG gewährte im Juli 1967 im Rahmen eines Treuhandkredites mit der X. Bank der G. Kaufhaus GmbH, Wien, einen Kredit von öSch 7'025'000.--. Dieser Kredit wurde am 30. Juni 1968 auf US$ 272'182.-- umgestellt. In der Folge veränderte sich die Höhe des Kredites durch Rückzahlungen und Aufstockungen. Er erreichte Ende 1972 einen Betrag von § 854'896.--. Die D. AG bilanzierte die Forderung von § 854'896.-- per 31. Dezember 1972 mit Fr. 3'222'957.92, d.h. zu einem Kurs von Fr. 3.77. Da der Dollarkurs gesunken war, verbuchte sie zu Lasten der Erfolgsrechnung 1972 einen Kursverlust von Fr. 98'657.42. Ferner schuf sie zu Lasten der gleichen Erfolgsrechnung eine Rückstellung "Kursrisiko Treuhandkredit X. Bank" von Fr. 322'300.--, weil sie im Zeitpunkt der Aufstellung des Jahresabschlusses mit weiteren Kursverlusten auf ihrem Dollarguthaben rechnete. Diese Rückstellung deckte einen Kursrückgang bis zum Stand von Fr. 3.51 ab. Das kantonale Steueramt Zürich hielt weder die Abschreibung von Fr. 98'657.42, noch die Rückstellung von Fr. 322'300.-- für gerechtfertigt. Es rechnete darum diese Beträge, d.h. total Fr. 420'957.-- zum steuerbaren Reinertrag. Gleich verfuhr das Steueramt mit Bezug auf Beratungshonorare (Fr. 244'425.--), welche die D. AG an die I. GmbH, München bezahlt hatte, und anerkannte davon nur einen Betrag von
BGE 103 Ib 366 S. 368
Fr. 100'000.-- als Geschäftsunkosten. Die D. AG focht diese Veranlagung ohne Erfolg mit Einsprache und Rekurs an. In beiden Verfahren wandte sie sich gegen die Aufrechnung der zum Ausgleich von Kursverlusten vorgenommenen Abschreibung und Rückstellung. Die nur teilweise Anerkennung der Beratungshonorare blieb jedoch sowohl im Einsprache- als auch Beschwerdeverfahren unangefochten. Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt die D. AG, die von der Vorinstanz vorgenommenen Aufrechnungen der Abschreibung auf dem Kursverlust von Fr. 98'657.42 und der Rückstellung wegen künftigen Kursverlusten von Fr. 322'300.-- seien aufzuheben; ferner seien die vom Steueramt des Kantons Zürich aufgerechneten Beratungshonorare (Fr. 144'424.--) im Sinne eines neuen, d.h. in der Vorinstanz nicht vorgebrachten Begehrens anzuerkennen. Das Bundesgericht hebt den Entscheid der Vorinstanz auf, soweit die Abschreibung und Rückstellung als steuerbarer Reinertrag erfasst werden. Auf das weitergehende Begehren der Beschwerdeführerin tritt das Bundesgericht nicht ein.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
1. Unter dem Gesichtspunkt des Eintretens stellt sich die Frage, ob die Beschwerdeführerin vor Bundesgericht die Aufrechnung der Beratungshonorare an die I. GmbH im Betrag von Fr. 144'425.-- noch rügen kann, nachdem sie die Einschätzung in diesem Punkt weder im Einspracheverfahren noch im Verfahren vor der Rekurskommission angefochten hat. a) Nach der Rechtsprechung und Lehre sind neue Begehren in einer Verwaltungsgerichtsbeschwerde grundsätzlich unzulässig (BGE 100 Ib 120, BGE 99 Ib 126 E. 1a, 198, BGE 98 Ib 428, BGE 93 I 569; GYGI, Verwaltungsrechtspflege und Verwaltungsverfahren im Bund, 2. Aufl., S. 28, 60). Im vorliegenden Fall hat die Frage, ob die gesamten Beratungshonorare, die der I. GmbH bezahlt wurden, geschäftsmässig gebotene Aufwendungen waren, nichts zu tun mit den umstrittenen Abschreibungen und Rückstellungen auf dem Dollarguthaben bei der G. GmbH. Es besteht kein innerer Zusammenhang zwischen diesen beiden Begehren. Der Antrag betreffend die Aufrechnung der Beratungshonorare erweist sich somit als neues Begehren und ist grundsätzlich unzulässig.
BGE 103 Ib 366 S. 369
b) Nach dem von der Beschwerdeführerin zitierten Kommentar MASSHARDT ist das Bundesgericht jedoch bei Verwaltungsgerichtsbeschwerden in Steuersachen nicht an die Lage des Prozesses vor der Vorinstanz gebunden und kann auch neue Begehren berücksichtigen, die in der Beschwerde an die kantonale Rekurskommission nicht gestellt worden sind (Kommentar zur eidg. Wehrsteuer 1971-1982, N. 26 zu Art. 112). MASSHARDT stützt diese Auffassung unter anderem auf die Entscheide des Bundesgerichts in ASA 30, 135 und 16, 146. In diesen Entscheiden wurde die Pflicht zum Eintreten auf neue Begehren aus dem Umstand abgeleitet, dass das Bundesgericht in Abgabestreitigkeiten über die Rechtsbegehren der Parteien hinausgehen könne (Art. 109
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BGE 103 Ib 366 S. 370
Der Sinn von Art. 114 Abs. 1
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Der Entscheid der Vorinstanz erscheint in bezug auf die Aufrechnung eines Teils der an die I. GmbH ausgerichteten Beratungshonorare nicht offensichtlich als unrichtig. Das Bundesgericht hat darum keine Veranlassung, diese Frage von Amtes wegen näher zu prüfen. Auf den Antrag betreffend die Aufrechnung der Beratungshonorare kann aus diesen Gründen nicht eingetreten werden. Im vorliegenden Fall kann die Frage offen bleiben, ob der Eidg. Steuerverwaltung in der Umschreibung ihrer Anträge in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde eine grössere Freiheit einzuräumen ist, wenn sie am kantonalen Verfahren nicht beteiligt war (vgl. BGE 98 Ib 319).
2. /3.- (Feststellung, dass die zum Ausgleich des eingetretenen bzw. befürchteten Kursverlustes vorgenommenen Abschreibungen und Rückstellungen weder eine verdeckte Gewinnausschüttung noch eine Steuerumgehung darstellen.)
4. Die Eidg. Steuerverwaltung und das Kantonale Steueramt weisen schliesslich darauf hin, dass sich die Aufrechnung der strittigen Rückstellung auch darum rechtfertige, weil diese Rückstellung geschäftsmässig nicht begründet sei. Nach Art. 49 Abs. 1 lit. c
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BGE 103 Ib 366 S. 371
bezeichnet (KÄNZIG, Kommentar, N. 80 und 85 zu Art. 22 Abs. 1 lit. b
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