98 Ib 314
46. Urteil vom 29. September 1972 i.S. X. gegen Rekurskommission des Kantons Bern.
Regeste (de):
- Wehrsteuer: Umwandlung eines Einzelunternehmens in eine Aktiengesellschaft.
- - Zeitpunkt für die Zwischenveranlagung wegen Berufswechsels des Einzelunternehmers, der Verwaltungsratspräsident der neugegründeten Aktiengesellschaft wird.
- - Stellt der Verzicht auf Abschreibungen in dem zwischen dem letzten steuerlich massgebenden Rechnungsabschluss und der Liquidation liegenden Geschäftsjahr und die Verlagerung des Gewinns in die Bemessungslücke eine Steuerumgehung dar?
Regeste (fr):
- Impôt pour la défense nationale: Transformation d'une entreprise individuelle en une société anonyme.
- - Moment déterminant pour la taxation intermédiaire en raison du changement de profession de l'entrepreneur individuel, devenuprésident du conseil d'administration de la nouvelle société anonyme.
- - L'impôt est-il éludé par la renonciation à des amortissements pendant l'exercice compris entre le dernier bilan fiscalement déterminant et la liquidation et par l'affectation du bénéfice à la période durant laquelle le revenu n'est pas pris en considération pour déterminer l'impôt, du fait de la taxation intermédiaire?
Regesto (it):
- Imposta per la difesa nazionale: Trasformazione d'una impresa individuale in una società anonima.
- - Momento determinante per la tassazione intermedia in seguito a cambiamento di professione dell'imprenditore individuale, divenuto presidente del consiglio d'amministrazione della nuova società anonima.
- - È elusa l'imposta, ove si rinunci a procedere ad ammortamenti durante l'esercizio compreso tra l'ultimo bilancio determinante ai fini fiscali e la liquidazione, e si imputi il profitto al periodo in cui il reddito non è considerato a causa della tassazione intermedia?
Sachverhalt ab Seite 315
BGE 98 Ib 314 S. 315
A.- Der Beschwerdeführer betrieb unter seinem Namen ein Bauunternehmen in N. Zusammen mit seinen zwei Söhnen gründete er in der Folge die X. Bau AG. Die Gründer übernahmen sämtliche Aktiven und Passiven des Einzelunter nehmens und liessen am 31. August 1965 die Gründung der Aktiengesellschaft rückwirkend auf den 1. Januar 1965 in das Handelsregister eintragen. Der Beschwerdeführer wurde Präsident des Verwaltungsrates der neugegründeten Aktien gesellschaft. In der Folge veranlagte die zuständige Steuerbehörde den Beschwerdeführer wie folgt: Jahressteuer gemäss Art. 43
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1965: Fr. 151'105.--
= Fr. 892'203.--
abz. steuerfreier Betrag: Fr. 2'000.--
= Fr. 890'203.--
Jahressteuerpflichtiges Einkommen total: Fr. 890'200.--
Ordentliche Veranlagung 1965/66:
Steuerbares Einkommen für die Zeit vom 1.1.1965-31.8.1965: Fr. 244'200.-- ab 1.9.1965 (Zwischenveranlagung): Fr. 106'800.--
BGE 98 Ib 314 S. 316
B.- Der Beschwerdeführer erhob gegen diese Veranlagung Einsprache, jedoch ohne Erfolg. Daraufhin rekurrierte er an die kantonale Rekurskommission. Seinen Anträgen, es sei die Zwischenveranlagung auf den 1. Januar 1965 vorzunehmen und es sei die Jahressteuer herabzusetzen, wurde mit Entscheid vom 2. Juli 1971 teilweise stattgegeben. Als massgeblicher Zeitpunkt für die Zwischenveranlagung wurde zwar der 1. September 1965 festgelegt, hingegen wurden die der Jahressteuer unterliegenden Kapitalgewinne und Wertvermehrungen auf Fr. 595'300.-- herabgesetzt; das ordentliche Einkommen für die ersten acht Monate der 13. Wehrsteuerperiode wurde auf Fr. 392'600.--, für den Rest der Veranlagungsperiode auf Fr. 106'800.-- veranlagt.
C.- Gegen den Entscheid der kantonalen Rekurskommission richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Der Beschwerdeführer beantragt die Aufhebung des angefochtenen Entscheides, soweit er die ordentliche Einkommensveranlagung für die 13. Wehrsteuerperiode betrifft, und die Vornahme einer Zwischenveranlagung auf den 1. Januar 1965.
D.- In ihrer Vernehmlassung vom 7. Dezember 1971 beantragt die kantonale Rekurskommission die Abweisung der Beschwerde. Die Eidg. Steuerverwaltung (EStV) beantragt ebenfalls die Abweisung der Beschwerde; darüber hinaus begehrt sie, dass das der Jahressteuer gemäss Art. 43
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Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Nach Art. 104
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BGE 98 Ib 314 S. 317
Der angefochtene Entscheid kann nicht gemäss Art. 104 lit. c
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2. a) Die Wehrsteuer vom Einkommen wird im allgemeinen nach den Einkünften bemessen, die der Steuerpflichtige in der Berechnungsperiode, d.h. in den beiden Jahren, die der Veranlagungsperiode vorausgegangen sind, erzielt hat; massgebend ist der Jahresdurchschnitt des Einkommens in der Berechnungsperiode (Art. 41 Abs. 1
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BGE 98 Ib 314 S. 318
b) Gemäss Art. 643 Abs. 1
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SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 643 - 1 Die Gesellschaft erlangt das Recht der Persönlichkeit erst durch die Eintragung in das Handelsregister. |
|
1 | Die Gesellschaft erlangt das Recht der Persönlichkeit erst durch die Eintragung in das Handelsregister. |
2 | Das Recht der Persönlichkeit wird durch die Eintragung auch dann erworben, wenn die Voraussetzungen der Eintragung tatsächlich nicht vorhanden waren. |
3 | Sind jedoch bei der Gründung gesetzliche oder statutarische Vorschriften missachtet und dadurch die Interessen von Gläubigern oder Aktionären in erheblichem Masse gefährdet oder verletzt worden, so kann das Gericht auf Begehren solcher Gläubiger oder Aktionäre die Auflösung der Gesellschaft verfügen. ...347 |
4 | Das Klagerecht erlischt, wenn die Klage nicht spätestens drei Monate nach der Veröffentlichung im Schweizerischen Handelsamtsblatt angehoben wird. |
3. Es bleibt zu prüfen, ob der angefochtene Entscheid entsprechend dem Antrag der EStV zuungunsten des Steuerpflichtigen abzuändern ist. Das Begehren der EStV betrifft
BGE 98 Ib 314 S. 319
zwar nicht die Gegenstand der Anfechtung durch den Beschwerdeführer bildende Zwischenveranlagung, sondern die Veranlagung zur Jahressteuer gemäss Art. 43
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SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 643 - 1 Die Gesellschaft erlangt das Recht der Persönlichkeit erst durch die Eintragung in das Handelsregister. |
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1 | Die Gesellschaft erlangt das Recht der Persönlichkeit erst durch die Eintragung in das Handelsregister. |
2 | Das Recht der Persönlichkeit wird durch die Eintragung auch dann erworben, wenn die Voraussetzungen der Eintragung tatsächlich nicht vorhanden waren. |
3 | Sind jedoch bei der Gründung gesetzliche oder statutarische Vorschriften missachtet und dadurch die Interessen von Gläubigern oder Aktionären in erheblichem Masse gefährdet oder verletzt worden, so kann das Gericht auf Begehren solcher Gläubiger oder Aktionäre die Auflösung der Gesellschaft verfügen. ...347 |
4 | Das Klagerecht erlischt, wenn die Klage nicht spätestens drei Monate nach der Veröffentlichung im Schweizerischen Handelsamtsblatt angehoben wird. |
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BGE 98 Ib 314 S. 320
Das hat zur Folge, dass auf dem vom Einzelunternehmen in den Jahren 1963/64 erzielten Geschäftseinkommen nur ein Drittel der normalerweise geschuldeten Wehrsteuer (pro rata temporis für 8 Monate statt für volle 2 Jahre) zu entrichten ist. Die Jahre 1963/64 bilden somit in concreto die Bemessungslücke. Geschäftsjahr
Buchwert der Anlagen zu Beginn des Geschäftsjahres
Abschreibungen
Geschäftsertrag gemäss Gewinn- und Verlustrechnung
Fr.
in Fr.
in %
Fr.
1955
50'420.-
35'497.-
70.4
24'244.-
1956
67'660.-
29'244.-
43,2
21'859.-
1957
63'760.-
25'374.-
39,7
57'875.-
1958
72'290.-
29'578.-
40,3
56'339.-
1959
335'270.-
114'798.-
34,2
92'895.-
1960
279'680.-
135'943.-
48,6
125'026.-
1961
521'486.-
209'007.-
40,0
85'170.-
1962
452'432.-
202'288.-
44,7
114'112.-
1963
374'000.-
242'829.-
64,9
283'846.-
1964
543'424.-
-
-
855'684.-
Die Vorinstanz hat zur Frage der unterlassenen Abschreibungen in ihrem Entscheid selbst nicht ausdrücklich Stellung genommen. Sie hat bezüglich der Berechnung des der Jahressteuer unterliegenden Einkommens auf den Bericht ihres Experten abgestellt.
BGE 98 Ib 314 S. 321
Die EStV geht nun davon aus, dass, wenn der Beschwerdeführer im Geschäftsjahr 1964 seine Betriebsrechnung mit den prozentual gleich hohen Abschreibungen belastet hätte, um die er seine Anlagen in den Vorjahren jeweils regelmässig herabgesetzt hat, das Geschäftsergebnis dieses Jahres um Fr. 224'894.-- niedriger ausgefallen wäre. Dieses Vorgehen steht - so die Auffassung der EStV - nicht nur mit der persönlichen, bis 1964 vom Beschwerdeführer konsequent eingehaltenen Geschäftspolitik in krassem Gegensatz, sondern widerspricht allgemeinen Buchführungs- und Bilanzierungsgrundsätzen. Das völlige Unterlassen der Abschreibungen, einzig mit dem Zweck Steuern zu ersparen, müsse als Steuerumgehungsmanöver qualifiziert werden. Solch offensichtlichem Missbrauch könne aufgrund von Art. 43
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SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 643 - 1 Die Gesellschaft erlangt das Recht der Persönlichkeit erst durch die Eintragung in das Handelsregister. |
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1 | Die Gesellschaft erlangt das Recht der Persönlichkeit erst durch die Eintragung in das Handelsregister. |
2 | Das Recht der Persönlichkeit wird durch die Eintragung auch dann erworben, wenn die Voraussetzungen der Eintragung tatsächlich nicht vorhanden waren. |
3 | Sind jedoch bei der Gründung gesetzliche oder statutarische Vorschriften missachtet und dadurch die Interessen von Gläubigern oder Aktionären in erheblichem Masse gefährdet oder verletzt worden, so kann das Gericht auf Begehren solcher Gläubiger oder Aktionäre die Auflösung der Gesellschaft verfügen. ...347 |
4 | Das Klagerecht erlischt, wenn die Klage nicht spätestens drei Monate nach der Veröffentlichung im Schweizerischen Handelsamtsblatt angehoben wird. |
BGE 98 Ib 314 S. 322
in eine Aktiengesellschaft, wo die gesamten Aktiven und Passiven zu den bisherigen Buchwerten auf die neu gegründete Gesellschaft übertragen werden, kein Gewinn, der der Sondersteuer nach Art. 43
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BGE 98 Ib 314 S. 323
Art. 43
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SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 643 - 1 Die Gesellschaft erlangt das Recht der Persönlichkeit erst durch die Eintragung in das Handelsregister. |
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1 | Die Gesellschaft erlangt das Recht der Persönlichkeit erst durch die Eintragung in das Handelsregister. |
2 | Das Recht der Persönlichkeit wird durch die Eintragung auch dann erworben, wenn die Voraussetzungen der Eintragung tatsächlich nicht vorhanden waren. |
3 | Sind jedoch bei der Gründung gesetzliche oder statutarische Vorschriften missachtet und dadurch die Interessen von Gläubigern oder Aktionären in erheblichem Masse gefährdet oder verletzt worden, so kann das Gericht auf Begehren solcher Gläubiger oder Aktionäre die Auflösung der Gesellschaft verfügen. ...347 |
4 | Das Klagerecht erlischt, wenn die Klage nicht spätestens drei Monate nach der Veröffentlichung im Schweizerischen Handelsamtsblatt angehoben wird. |
BGE 98 Ib 314 S. 324
abgeschrieben hat, hat er wohl Steuern erspart, zugleich aber - und dies ist entscheidend - damit den wirtschaftlich reellen Wert seines Unternehmens für den Zeitpunkt der Geschäftsübergabe erreicht. Die Unterlassung der Abschreibung wirkt sich somit zwar einseitig zu seinen Gunsten aus; das Vorgehen kann jedoch steuerrechtlich nicht als Rechtsmissbrauch qualifiziert werden. Hätte der Beschwerdeführer im Geschäftsjahr 1964 wie nach der in den vorhergehenden Jahren geübten Praxis abgeschrieben, hätte er damit stille Reserven geschaffen. Der Liquidationserlös hätte alsdann die Buchwerte überstiegen. Ein solches Vorgehen erscheint unternehmungswirtschaftlich keineswegs angezeigt. Treu und Glauben im Steuerrecht verlangen vom Unternehmer, der sein Geschäft aufgibt, bzw. dieses in eine andere Rechtsform umwandelt, nun aber keineswegs, dass er stille Reserven schafft, damit sie als Liquidationsgewinn steuerlich erfasst werden können (vgl. ZBl 71/1970, S. 315). So vorzugehen kann selbst dann nicht verlangt werden, wenn zahlreiche Jahre vor der Liquidation übersetzte Abschreibungen vorgenommen wurden. (Dabei ist im vorliegenden Fall keineswegs nachgewiesen und nicht wahrscheinlich, dass der Beschwerdeführer in den der Liquidation vorgehenden Geschäftsjahren einzig mit dem Ziel stark abgeschrieben hat, bei der Geschäftsübergabe nicht abschreiben zu müssen und einen massiven Gewinn in die Bemessungslücke verlagern zu können.) Verhindert werden soll die steuerfreie Auflösung von früher zulasten des steuerbaren Gewinnes gebildeten stillen Reserven durch Aufwertungen.
e) Wenn die kantonale Rekurskommission somit die unterlassenen Abschreibungen nicht zum Anlass einer Sonderbesteuerung genommen hat, hat sie damit weder Bundesrecht verletzt noch den Sachverhalt offensichtlich unrichtig oder unvollständig festgestellt. Zu einer Abänderung des angefochtenen Entscheids zuungunsten des Beschwerdeführers besteht mithin kein Anlass.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.- Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.- Das weitergehende Begehren der Eidg. Steuerverwaltung wird abgewiesen.