Urteilskopf

102 III 161

30. Entscheid vom 1. November 1976 i.S. Konkursamt X.

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Regesto (it):


Sachverhalt ab Seite 162

BGE 102 III 161 S. 162

A.- Im Konkurs der H. AG beauftragte das Konkursamt mit fast einstimmiger Billigung der Gläubiger ein Auktionshaus, 18 Eigentumswohnungen "auktionsmässig zu verkaufen". Die Versteigerung fand am 20. Februar 1976 statt, wobei drei Wohnungen veräussert wurden. Weitere zehn sollen dem Grundpfandgläubiger W. zugeschlagen worden sein, der dies allerdings bestreitet. Es war festgelegt worden, dass die den Schuldbriefen im zweiten Rang zugrunde liegenden Forderungen (für zwei der veräusserten Grundstücke je Fr. 30'000.-- und für das dritte Fr. 25'000.--) dem Grundpfandgläubiger, W., zurückbezahlt und die Pfandrechte gelöscht werden sollten. Vom Gesamtbetrag von Fr. 85'000.-- gingen lediglich Fr. 20'000.-- direkt beim Konkursamt ein. Den andern Teil leisteten die Erwerber - mit Zustimmung des Amtes - an das Auktionshaus. Dieses zog die gesamten Werbekosten und das Honorar für den Verkauf von 14 Wohnungen ab und überwies nur den Saldo an das Konkursamt. Das Amt teilte dem Auktionshaus mit, es anerkenne einen Abzug lediglich in der Höhe des Honorars für die Veräusserung von drei Wohnungen sowie des auf diese entfallenden Anteils an den Werbekosten, und verlangte eine entsprechende Nachzahlung, die das Auktionshaus indessen verweigerte.
B.- Nachdem W. den Anspruch auf den Verwertungserlös aus den drei Schuldbriefen an eine Bank abgetreten hatte und Zedent wie Zessionarin das Konkursamt mehrfach zur Auszahlung gemahnt hatten, erhob jener mit Eingabe vom 24. Juli 1976 Beschwerde bei der kantonalen Aufsichtsbehörde für Schuldbetreibung und Konkurs.
BGE 102 III 161 S. 163

In teilweiser Gutheissung der Beschwerde wies die Aufsichtsbehörde das Konkursamt mit Entscheid vom 17. September 1976 an, die Pfandverwertung abzurechnen und dem Beschwerdeführer oder dem von ihm bezeichneten Zessionar den entsprechenden Erlös auszuzahlen.
C.- Gegen diesen Entscheid hat das Konkursamt mit Eingabe vom 24. September 1976 an das Bundesgericht rekurriert. W. schliesst auf Abweisung des Rekurses und Bestätigung des angefochtenen Entscheides.
Erwägungen

Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:

1. Das Konkursamt widersetzt sich einer sofortigen Abrechnung mit dem Rekursgegner, weil ein bedeutender Teil der von diesem beanspruchten Summe von ihm bzw. der Staatskasse vorgeschossen werden müsste. Solche fiskalischen Interessen auf dem Beschwerdeweg geltend zu machen, ist es - als Organ des Kantons - befugt (vgl. BGE 53 III 148 E. 1). Auf den Rekurs ist daher einzutreten.
2. a) Pfandgesicherte Forderungen werden aus dem Ergebnis der Verwertung der Pfänder vorweg bezahlt (Art. 219 Abs. 1
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 219 - 1 Die pfandgesicherten Forderungen werden aus dem Ergebnisse der Verwertung der Pfänder vorweg bezahlt.
1    Die pfandgesicherten Forderungen werden aus dem Ergebnisse der Verwertung der Pfänder vorweg bezahlt.
2    Hafteten mehrere Pfänder für die nämliche Forderung, so werden die daraus erlösten Beträge im Verhältnisse ihrer Höhe zur Deckung der Forderung verwendet.
3    Der Rang der Grundpfandgläubiger und der Umfang der pfandrechtlichen Sicherung für Zinse und andere Nebenforderungen bestimmt sich nach den Vorschriften über das Grundpfand.392
4    Die nicht pfandgesicherten Forderungen sowie der ungedeckte Betrag der pfandgesicherten Forderungen werden in folgender Rangordnung aus dem Erlös der ganzen übrigen Konkursmasse gedeckt:
a  Die Forderungen von Personen, deren Vermögen kraft elterlicher Gewalt dem Schuldner anvertraut war, für alles, was derselbe ihnen in dieser Eigenschaft schuldig geworden ist. Dieses Vorzugsrecht gilt nur dann, wenn der Konkurs während der elterlichen Verwaltung oder innert einem Jahr nach ihrem Ende veröffentlicht worden ist.
abis  Die Rückforderungen von Arbeitnehmern betreffend Kautionen.
ater  Die Forderungen von Arbeitnehmern aus Sozialplänen, die nicht früher als sechs Monate vor der Konkurseröffnung entstanden oder fällig geworden sind.
b  Die Beitragsforderungen nach dem Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946400 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung, dem Bundesgesetz vom 19. Juni 1959401 über die Invalidenversicherung, dem Bundesgesetz vom 20. März 1981 über die Unfallversicherung, dem Erwerbsersatzgesetz vom 25. September 1952402 und dem Arbeitslosenversicherungsgesetz vom 25. Juni 1982403.
c  Die Prämien- und Kostenbeteiligungsforderungen der sozialen Krankenversicherung.
d  Die Beiträge an die Familienausgleichskasse.
e  ...
f  Die Einlagen nach Artikel 37a des Bankengesetzes vom 8. November 1934406.
5    Bei den in der ersten und zweiten Klasse gesetzten Fristen werden nicht mitberechnet:
1  die Dauer eines vorausgegangenen Nachlassverfahrens;
2  die Dauer eines Prozesses über die Forderung;
3  bei der konkursamtlichen Liquidation einer Erbschaft die Zeit zwischen dem Todestag und der Anordnung der Liquidation.408
SchKG). Der sich daraus gegenüber dem Betreibungs- bzw. Konkursamt ergebende Anspruch des Pfandgläubigers ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichts vollstreckungsrechtlicher Natur und kann mithin - im Gegensatz etwa zu Verantwortlichkeitsansprüchen (Art. 5
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 5 - 1 Der Kanton haftet für den Schaden, den die Beamten und Angestellten, ihre Hilfspersonen, die ausseramtlichen Konkursverwaltungen, die Sachwalter, die Liquidatoren, die Aufsichts- und Gerichtsbehörden sowie die Polizei bei der Erfüllung der Aufgaben, die ihnen dieses Gesetz zuweist, widerrechtlich verursachen.
1    Der Kanton haftet für den Schaden, den die Beamten und Angestellten, ihre Hilfspersonen, die ausseramtlichen Konkursverwaltungen, die Sachwalter, die Liquidatoren, die Aufsichts- und Gerichtsbehörden sowie die Polizei bei der Erfüllung der Aufgaben, die ihnen dieses Gesetz zuweist, widerrechtlich verursachen.
2    Der Geschädigte hat gegenüber dem Fehlbaren keinen Anspruch.
3    Für den Rückgriff des Kantons auf die Personen, die den Schaden verursacht haben, ist das kantonale Recht massgebend.
4    Wo die Schwere der Verletzung es rechtfertigt, besteht zudem Anspruch auf Genugtuung.
-7
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 7 - Wird eine Schadenersatzklage mit widerrechtlichem Verhalten der oberen kantonalen Aufsichtsbehörden oder des oberen kantonalen Nachlassgerichts begründet, so ist das Bundesgericht als einzige Instanz zuständig.
SchKG) - auf dem Beschwerde- und Rekursweg durchgesetzt werden (vgl. BGE 76 III 85; BGE 73 III 89; BGE 59 III 212; BGE 50 III 74; BGE 44 III 89 /90 E. 1; BGE 42 III 115 E. 3 mit Hinweisen). Das rekurrierende Amt scheint der Auffassung zu sein, ein derartiger Anspruch sei im Falle des Rekursgegners noch nicht entstanden, da der Verwertungserlös bei ihm noch nicht vollumfänglich eingegangen sei. Solange es nicht über das erforderliche Geld verfüge, könne es zu einer Zahlung an den Grundpfandgläubiger nicht verpflichtet werden. b) Fest steht, dass die Erwerber der drei hier allein in Frage stehenden Eigentumswohnungen die zur Rückzahlung der Schuldbriefe im zweiten Rang bestimmten Beträge - im Einverständnis mit dem Konkursamt zum grösseren Teil an das
BGE 102 III 161 S. 164

Auktionshaus - bezahlt und sich so von ihrer Verpflichtung gültig befreit haben. Damit aber ist das Verwertungsverfahren abgeschlossen und der sich gegen das Konkursamt richtende Anspruch des Rekursgegners auf Ausrichtung des Verwertungserlöses begründet worden. Dass das Auktionshaus das Geld bisher nicht in der vom Amt beanspruchten Höhe weitergeleitet hat, vermag daran nichts zu ändern. c) Es ginge nun nicht an, den Rekursgegner, der auf seine Pfandrechte verzichten musste, damit die Handänderungen grundbuchlich vollzogen werden konnten, bis zum Abschluss der Auseinandersetzung zwischen Konkursamt und Auktionshaus vertrösten zu wollen. Die - immerhin recht aussergewöhnliche - Übertragung der Verwertung des gemeinschuldnerischen Grundvermögens an ein privates Unternehmen darf nicht dazu führen, dass die Gläubiger schlechter gestellt sind, als wenn die Veräusserung durch das Konkursamt selber durchgeführt worden wäre. Die Einwilligung der überwiegenden Gläubigermehrheit in das von diesem eingeschlagene Vorgehen vermochte selbstverständlich nicht, dem Amt das damit verbundene Inkassorisiko abzunehmen. Bedient sich das Konkursamt für die Verwertung der Dienste eines Dritten, so ist der Eingang des Verwertungserlöses bei diesem dem Eingang beim Konkursamt gleichzustellen, und dafür, dass die vom Ersteigerer geleisteten Zahlungen - nach Abzug der Verwertungskosten, aber natürlich nur jener, die aus der Verwertung des betreffenden Objektes resultieren - vollumfänglich an die Gläubiger weitergeleitet werden, hat das Amt einzustehen, unabhängig davon, ob der von ihm beauftragte Dritte die einkassierten Beträge ganz oder zum Teil oder aber überhaupt nicht abgeliefert hat.
Dispositiv

Demnach erkennt die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer:
Der Rekurs wird abgewiesen.
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 102 III 161
Date : 01. November 1976
Published : 31. Dezember 1976
Source : Bundesgericht
Status : 102 III 161
Subject area : BGE - Schuldbetreibungs- und Konkursrecht
Subject : Rekurslegitimation des Konkursamtes (Art. 19 SchKG). Als Organ des Kantons ist das Konkursamt befugt, auf dem Beschwerdeweg


Legislation register
SchKG: 5  7  219
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102-III-161 • 42-III-111 • 44-III-85 • 50-III-73 • 53-III-145 • 59-III-209 • 73-III-84 • 76-III-81
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