Bundesverwaltungsgericht
Tribunal administratif fédéral
Tribunale amministrativo federale
Tribunal administrativ federal


Abteilung I

A-720/2013

Urteil vom 30. Januar 2014

Richter Daniel Riedo (Vorsitz),

Besetzung Richter Pascal Mollard,
Richterin Salome Zimmermann,

Gerichtsschreiber Marc Winiger.

A._______ AG, ...,
Parteien
Beschwerdeführerin,

gegen

Eidgenössische Steuerverwaltung ESTV,
Hauptabteilung Mehrwertsteuer,
Schwarztorstrasse 50, 3003 Bern,

Vorinstanz.

Gegenstand MWST; doppelt verbuchter Umsatz (3/2008-4/2009).

Sachverhalt:

A.
Die A._______ AG ist seit dem 1. Juli 2008 in dem von der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) geführten Register der Mehrwertsteuerpflichtigen eingetragen.

B.
Ende Januar/Anfang Februar 2012 führte die ESTV bei der A._______ AG eine Mehrwertsteuerkontrolle durch. Im Anschluss daran belastete sie dieser - insbesondere aufgrund festgestellter "Umsatzdifferenzen" im Vergleich zur (revidierten) Jahresrechnung 2009 (umfassend den Zeitraum vom 21. April 2008 bis 31. Dezember 2009) - mit "Einschätzungsmitteilung [EM] Nr. ... / Verfügung" vom 22. Februar 2012 betreffend die Steuerperioden vom 3. Quartal 2008 bis 4. Quartal 2009 (Zeitraum vom 1. Juli 2008 bis 31. Dezember 2009) insgesamt Fr. 43'491.-- Mehrwertsteuer zuzüglich Verzugszins ab dem 15. Juli 2009 nach.

C.
Mit als "Einsprache" bezeichneter Eingabe vom 29. Februar 2012 (Begründung ergänzt mit Eingabe vom 29. März 2012) focht die A._______ AG diese EM bei der ESTV an und beantragte sinngemäss eine Reduktion der betreffenden Nachbelastung. Zur Begründung führte sie aus, bestimmte gestützt auf ihre Jahresrechnung 2009 nachbesteuerte Umsätze seien ebenso in der Buchhaltung der B._______ SA (vormals und nachfolgend: C._______ AG) erfasst und von dieser bereits ordnungsgemäss deklariert und versteuert worden.

D.
Mit "Einspracheentscheid" vom 14. Januar 2013 wies die ESTV (nachfolgend: Vorinstanz) die "Einsprache" ab (Ziff. 2) und erkannte im Wesentlichen, die erwähnte EM sei im Umfang von Fr. 13'114.40 zuzüglich Verzugszins ab dem 15. Juli 2009 in Rechtskraft erwachsen (Ziff. 1). Die A._______ AG schulde für die Steuerperioden 3. Quartal 2008 bis 4. Quartal 2009 über die für diese Perioden bereits deklarierten Beträge sowie über den in Rechtskraft erwachsenen Betrag der fraglichen EM hinaus Fr. 30'376.60 Mehrwertsteuer zuzüglich Verzugszins ab dem 15. Juli 2009 (Ziff. 3). Zur Begründung führte die Vorinstanz insbesondere aus, die A._______ AG sei rechtsprechungsgemäss auf die Angaben in der revidierten Jahresrechnung 2009 zu behaften.

E.
Dagegen erhob die A._______ AG (nachfolgend: Beschwerdeführerin) mit Eingabe vom 8. Februar 2013 (Postaufgabe am 11. Februar 2013) Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht. Sie beantragt (sinngemäss) insoweit die Aufhebung des angefochtenen "Einspracheentscheids", als darin die Mehrwertsteuer auf Umsätzen, die bereits die C._______ AG verbucht und versteuert habe, nachbelastet werde. Es könne nicht sein, dass auf demselben Umsatz die Mehrwertsteuer zwei Mal entrichtet werden müsse. Entweder sei daher (sinngemäss) von der Nachbelastung der entsprechenden Mehrwertsteuer bei der Beschwerdeführerin abzusehen (bzw. ihr die fragliche Mehrwertsteuer "zuzüglich Zins seit 01.01.2009 gutzuschreiben") oder der betreffende Betrag sei der C._______ AG zurück zu überweisen.

F.
In ihrer Vernehmlassung vom 25. März 2013 beantragt die Vorinstanz die Abweisung der Beschwerde unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zu Lasten der Beschwerdeführerin. Zur Begründung verweist sie im Wesentlichen auf die Ausführungen im angefochtenen "Einspracheentscheid".

G.
Auf die Eingaben der Parteien wird - soweit entscheidwesentlich - in den nachfolgenden Erwägungen näher eingegangen.

Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:

1.
1.1 Gemäss Art. 31 des Bundesgesetzes vom 17. Juni 2005 über das Bundesverwaltungsgericht (VGG, SR 173.32) beurteilt das Bundesverwaltungsgericht Beschwerden gegen Verfügungen nach Art. 5 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (VwVG, SR 172.021). Eine Ausnahme nach Art. 32 VGG liegt nicht vor. Die Vorinstanz ist zudem eine Behörde im Sinn von Art. 33 VGG. Das Bundesverwaltungsgericht ist demnach für die Beurteilung der vorliegenden Beschwerde sachlich zuständig.

1.2 Auf die funktionelle Zuständigkeit ist im Folgenden einzugehen, wobei zunächst das anwendbare Recht festzustellen ist:

1.2.1 Am 1. Januar 2010 ist das Bundesgesetz vom 12. Juni 2009 über die Mehrwertsteuer (MWSTG, SR 641.20) in Kraft getreten. Gemäss dessen Art. 112 Abs. 1 sind die bisherigen gesetzlichen Bestimmungen sowie die darauf gestützt erlassenen Vorschriften - von hier nicht interessierenden Ausnahmen abgesehen - weiterhin auf alle während ihrer Geltungsdauer eingetretenen Tatsachen und entstandenen Rechtsverhältnisse anwendbar. Im Streit liegen Steuernachforderungen, welche Steuerperioden nach dem 1. Januar 2001 aber vor dem 1. Januar 2010 betreffen. Die materielle Beurteilung des vorliegenden Sachverhalts richtet sich daher nach dem Bundesgesetz vom 2. September 1999 über die Mehrwertsteuer (aMWSTG, AS 2000 1300), das vom 1. Januar 2001 bis zum 31. Dezember 2009 in Kraft stand. In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist hingegen das neue Recht anwendbar (Art. 113 Abs. 3 MWSTG).

1.2.2 Streitgegenstand des Beschwerdeverfahrens kann nur sein, was bereits im vorinstanzlichen Verfahren strittig war. Rechtspositionen, über welche die Vorinstanz nicht entschieden hat und über die sie nach richtiger Gesetzesauslegung auch nicht hätte entscheiden müssen, sind aus Gründen der funktionellen Zuständigkeit durch die zweite Instanz nicht zu beurteilen (vgl. Urteile des Bundesgerichts 2C_687/2007 vom 8. April 2008 E. 1.2.1, 2C_572/2007 vom 23. Januar 2008 E. 1.3, 2A.706/2006 vom 1. März 2007 E. 1.3). Das durch die Verfügung geregelte Rechtsverhältnis (sog. Anfechtungsobjekt) bildet insofern den Rahmen innerhalb dessen sich der Streitgegenstand durch die Parteianträge definiert.

Für den Fall, dass das Bundesverwaltungsgericht im vorliegenden Verfahren zum Schluss kommen sollte, dass die Nachbelastung im angefochtenen "Einspracheentscheid" zu Recht erfolgt ist, beantragt die Beschwerdeführerin - sinngemäss eventualiter -, dass der entsprechende Mehrwertsteuerbetrag der C._______ AG, welche diesen angeblich schon bezahlt habe, zurückzuerstatten sei. Die Beschwerdeführerin verkennt dabei, dass vorliegend einzig Steuernachforderungen strittig sind, die sie betreffen. Allein ihr gegenüber hat die Vorinstanz im angefochtenen "Einspracheentscheid" auf eine Nachbelastung erkannt. Die (eventualiter) beantragte Steuerrückerstattung betrifft dagegen die mehrwertsteuerlichen Verhältnisse der C._______ AG. Diesbezüglich liegt mit dem angefochtenen "Einspracheentscheid" nun aber kein taugliches Anfechtungsobjekt vor, weshalb auf den erwähnten Eventualantrag nicht einzutreten ist. Es würde der C._______ AG obliegen, im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten die Richtigkeit der - behaupteten zweifachen - Mehrwertsteuerbelastung mit der ESTV zu überprüfen.

1.2.3
1.2.3.1 Die Einsprache ist das vom Gesetz besonders vorgesehene förmliche Rechtsmittel, mit dem eine Verfügung bei der verfügenden Verwaltungsbehörde zwecks Neuüberprüfung angefochten wird. Die Einsprache ist kein devolutives Rechtsmittel, welches die Entscheidungszuständigkeit an eine Rechtsmittelinstanz übergehen lässt (vgl. BGE 132 V 368 E. 6.1 und BGE 131 V 407 E. 2.1.2.1; Ulrich Häfelin/Georg Müller/Felix Uhlmann, Allgemeines Verwaltungsrecht, 6. Aufl., Zürich/St. Gallen 2010, N 1815). Das Einspracheverfahren ermöglicht eine Abklärung komplexer tatsächlicher oder rechtlicher Verhältnisse und eine umfassende Abwägung der verschiedenen von einer Verfügung berührten Interessen (Häfelin/Müller/Uhlmann, a.a.O., N 1816).

1.2.3.2 Im Bereich der Mehrwertsteuer ist das Einspracheverfahren in Art. 83 MWSTG gesetzlich vorgesehen. Eine Ausnahme hierzu bildet die sog. Sprungbeschwerde: Richtet sich die Einsprache gegen eine einlässlich begründete Verfügung der ESTV, so ist sie auf Antrag oder mit Zustimmung des Einsprechers oder der Einsprecherin als Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht weiterzuleiten (Art. 83 Abs. 4 MWSTG; vgl. zur Sprungbeschwerde: Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A 6606/2012 vom 30. Januar 2013 E. 2 ff.).

1.2.3.3 Der Erlass eines Einspracheentscheids setzt ausführungsgemäss voraus, dass vorgängig eine Verfügung ergangen ist, welche überhaupt Gegenstand eines Einspracheverfahrens bilden kann. Die Vorinstanz sieht diese Verfügung in der als "Verfügung" bezeichneten Einschätzungsmitteilung Nr. ... vom 22. Februar 2012. Indessen ist es nach neuerer Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts grundsätzlich nicht zulässig, eine Einschätzungsmitteilung direkt als Verfügung im Sinn von Art. 5 VwVG auszugestalten (vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-707/2013 vom 25. Juli 2013 E. 4.2 f. mit Hinweisen).

Vorliegend stellt aber jedenfalls der als "Einspracheentscheid" bezeichnete Entscheid der ESTV vom 14. Januar 2013 eine Verfügung gemäss Art. 5 VwVG dar. Indem die Beschwerdeführerin dagegen beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde erhob, hat sie einen allfälligen Verlust des Einspracheverfahrens (E. 1.2.2.1) zumindest in Kauf genommen. Ihre vorbehaltlose Beschwerdeführung direkt beim Bundesverwaltungsgericht ist unter diesen Umständen - in analoger Anwendung von Art. 83 Abs. 4 MWSTG - als "Zustimmung" zur Durchführung des Verfahrens der Sprungbeschwerde (E. 1.2.2.2) zu werten, zumal der "Einspracheentscheid" vom 14. Januar 2013 einlässlich begründet ist (vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A 6198/2012 vom 3. September 2013 E. 1.2.3 mit Hinweis).

1.2.4 Das Bundesverwaltungsgericht ist demnach - vorbehältlich der Einschränkung unter E. 1.2.2 - für die Beurteilung der vorliegenden Beschwerde auch funktional zuständig.

1.3 Im Übrigen ist die Beschwerdeführerin zur Erhebung der vorliegenden Beschwerde berechtigt (Art. 48 Abs. 1 VwVG), hat diese frist- und formgerecht eingereicht (Art. 50 Abs. 1 und Art. 52 Abs. 1 VwVG) und den einverlangten Kostenvorschuss rechtzeitig geleistet (vgl. Art. 21 Abs. 3 VwVG).

Auf die vorliegende Beschwerde ist - vorbehältlich der Einschränkung unter E. 1.2.2 - einzutreten.

1.4 Im Steuerrecht gilt grundsätzlich, dass die Steuerbehörde die Beweislast für die steuerbegründenden und -erhöhenden Tatsachen trägt, während die steuerpflichtige Person für die steueraufhebenden und
-mindernden Tatsachen beweisbelastet ist (statt vieler: Urteil des Bundesgerichts 2C_232/2012 vom 23. Juli 2012 E. 3.5, veröffentlicht in: Archiv für Schweizerisches Abgaberecht [ASA] 81 S. 422; Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A 4206/2012 vom 13. März 2013 E. 2.2.1 mit Hinweisen; ERNST BLUMENSTEIN/PETER LOCHER, System des schweizerischen Steuerrechts, 6. Aufl., Zürich 2002, S. 454).

2.
2.1 Der Mehrwertsteuer unterliegen die im Inland gegen Entgelt erbrachten Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen (Art. 5 Bst. a und b aMWSTG). Als Dienstleistung gilt jede Leistung, die keine Lieferung eines Gegenstandes ist (Art. 7 Abs. 1 aMWSTG).

2.2 Wer mehrwertsteuerlich als Leistungserbringer zu gelten hat, bestimmt sich nach konstanter Rechtsprechung nach dem Aussenauftritt. Das mehrwertsteuerlich relevante Handeln wird demnach demjenigen zugeordnet, der gegenüber Dritten im eigenen Namen auftritt (vgl. statt vieler: Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A 4786/2012 vom 12. September 2013 E. 2.2.3; vgl. auch Urteile des Bundesverwaltungsgerichts A 1382/2006 und A-1383/2006 vom 19. Juli 2007 E. 2.2, bestätigt mit Urteilen des Bundesgerichts 2C_518/2007 und 2C_519/2007 vom 11. März 2008).

2.3 Die Veranlagung und Entrichtung der Mehrwertsteuer erfolgt nach dem Selbstveranlagungsprinzip (Art. 46 f. aMWSTG; vgl. Urteil des Bundesgerichts 2C_356/2008 vom 21. November 2008 E. 3.2; Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-825/2013 vom 16. Oktober 2013 E. 2.3). Der Steuerpflichtige hat selbst und unaufgefordert über seine Umsätze und Vorsteuern abzurechnen und innerhalb von 60 Tagen nach Ablauf der Abrechnungsperiode den geschuldeten Mehrwertsteuerbetrag an die ESTV abzuliefern. Das Selbstveranlagungsprinzip bedeutet auch, dass der Leistungserbringer für die Feststellung der Mehrwertsteuerpflicht bzw. -forderung selbst verantwortlich ist (vgl. Urteile des Bundesgerichts 2C_356/2008 vom 21. November 2008 E. 3.2 und 2A.109/2005 vom 10. März 2006 E. 2.1; vgl. ferner Urteile des Bundesverwaltungsgerichts A 1344/2011 und A-3285/2011 vom 26. September 2011 E. 3.1 sowie A 5460/2008 vom 12. Mai 2010 E. 2.5.1).

2.4
2.4.1 Das Prinzip der Massgeblichkeit der Handelsbilanz gilt im Bereich der Mehrwertsteuer grundsätzlich ebenso wie direktsteuerlich (vgl. Urteil des Bundesgerichts 2C_650/2011 vom 16. Februar 2012 E. 2.5.1). Danach ist die (formell und materiell) ordnungsgemässe handelsrechtliche Bilanz auch steuerlich massgebend, insoweit keine steuerlichen Korrekturvorschriften zu beachten sind (Art. 957 ff . des Bundesgesetzes vom 30. März 2011 betreffend die Ergänzung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches [OR, SR 220]; vgl. Blumenstein/Locher, a.a.O., S. 269; Roland Burkhalter, Massgeblichkeitsgrundsatz, Bern/Stuttgart/Wien 2003, S. 63 ff.). Für die Zwecke der Mehrwertsteuer präzisiert Art. 58 aMWSTG, dass die steuerpflichtige Person ihre Geschäftsbücher ordnungsgemäss zu führen und so einzurichten hat, dass sich aus ihnen die für die Feststellung der Steuerpflicht sowie für die Berechnung der Mehrwertsteuer und der abziehbaren Vorsteuern massgebenden Tatsachen leicht und zuverlässig ermitteln lassen (vgl. Urteile des Bundesgerichts 2C_650/2011 vom 16. Februar 2012 E. 2.5.1, 2A.693/2006 vom 26. Juli 2007 E. 3).

2.4.2 Gemäss höchstrichterlicher Rechtsprechung ist eine formell korrekte Buchhaltung vermutungsweise auch materiell richtig (vgl. BGE 134 II 207 E. 3.3, BGE 106 Ib 311 E. 3c und 3d; Urteile des Bundesgerichts 2C_206/2012 vom 6. September 2012 E. 2.3, 2C_592/2007 vom 22. Januar 2008 E. 2.3). Fehlt es an einer formell ordnungsgemässen Buchführung oder bestehen Anhaltspunkte, welche auf die (materielle) Unrichtigkeit der Geschäftsbücher schliessen lassen, entfällt auch die natürliche Vermutung der materiellen Richtigkeit (vgl. Urteile des Bundesgerichts 2C_1173/2012 vom 28. Juni 2013 E. 3.1 mit Hinweis, 2C_512/2007 vom 24. Januar 2008 E. 3.3, 2A.426/2004 vom 23. November 2004 E. 2.3).

2.4.3 Im Bereich der Mehrwertsteuer ist nach konstanter Rechtsprechung nicht in erster Linie die Sichtweise der Buchführung, sondern die wirtschaftliche und tatsächliche Betrachtungsweise massgebend. Das Massgeblichkeitsprinzip steht daher dem Nachweis, dass die buchhalterische Erfassung von Leistungen nicht der wirtschaftlichen Realität entspricht, nicht entgegen (vgl. Urteile des Bundesverwaltungsgerichts A 6182/2012 vom 27. August 2013 E. 3.5, A 3579/2008 vom 17. Juli 2010 E. 3.3, A 1601/2006 vom 4. März 2010 E. 3.2.2; Entscheide der Eidgenössischen Steuerrekurskommission [SRK] vom 13. Dezember 2004 [SRK 2003-098] E. 4b, bestätigt durch das Urteil des Bundesgerichts 2A.65/2005 vom 17. Oktober 2005, sowie vom 24. September 2003 [SRK 2003 021] E. 4c, bestätigt durch das Urteil des Bundesgerichts 2A.520/2003 vom 29. Juni 2004).

2.5 Auf Verlangen des steuerpflichtigen Empfängers hat die steuerpflichtige Person über ihre Lieferung oder Dienstleistung eine Rechnung mit den gesetzlich definierten Angaben auszustellen (Art. 37 Abs. 1 aMWSTG). Gutschriften und andere Dokumente, welche im Geschäftsverkehr Rechnungen ersetzen, sind solchen Rechnungen gleichgestellt, wenn sie die Angaben nach Art. 37 Abs. 1 aMWSTG enthalten (Art. 37 Abs. 3 aMWSTG). Im Mehrwertsteuerrecht wird der Rechnung zentrale Bedeutung beigemessen. Sie ist nicht ein reiner Buchungsbeleg, sondern stellt ein wichtiges Indiz dafür dar, dass der Aussteller auch Leistungserbringer ist und die mehrwertsteuerlich relevante Handlung tatsächlich erbracht hat. Gleichzeitig erklärt der Rechnungssteller dem -empfänger, dass er die ausgewiesene Mehrwertsteuer der ESTV abgeliefert hat oder noch abliefern wird. So bildet die Rechnung dem Empfänger Ausweis dafür, auf der Leistung laste die angegebene Steuer und berechtige ihn direkt zum entsprechenden Vorsteuerabzug (BGE 131 II 185 E. 5; Urteil des Bundesgerichts 2C_285/2008 vom 29. August 2008 E. 3.2; Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-5274/2011 vom 19. März 2013 E. 3.3).

3.
Im vorliegenden Fall macht die Beschwerdeführerin sinngemäss geltend, es seien steuerbare Umsätze, welche die C._______ AG erzielt, verbucht und bereits ordnungsgemäss deklariert und versteuert habe, versehentlich auch in ihrer Buchhaltung (Jahresrechnung 2009) erfasst worden. Da es nicht zulässig sei, denselben Umsatz zwei Mal zu besteuern, sei die Nachbelastung im angefochtenen "Einspracheentscheid" insoweit zu reduzieren, als der Beschwerdeführerin darin die Mehrwertsteuer auf den fraglichen (angeblich doppelt verbuchten) Umsätzen nachbelastet werde.

3.1 Die Beschwerdeführerin hat als Aktiengesellschaft und Steuerpflichtige ihre Bücher nach Handelsrecht sowie nach Art. 58 Abs. 1 aMWSTG ordnungsgemäss zu führen. Gemäss dem Prinzip der Massgeblichkeit der Handelsbilanz, das grundsätzlich auch im Bereich der Mehrwertsteuer gilt, ist die (formell und materiell) ordnungsgemässe handelsrechtliche Buchführung auch steuerlich massgebend (E. 2.4.1). Mit Blick darauf stützte sich die ESTV bei der Ermittlung der strittigen Nachbelastung auf die (unbestrittenermassen) revidierte und (offenbar) von der zuständigen Generalversammlung genehmigte Jahresrechnung 2009 (Bilanz und Erfolgsrechnung, umfassend den Zeitraum vom 21. April 2008 bis 31. Dezember 2009) der Beschwerdeführerin. Der ebenfalls herangezogene "Bericht der Revisionsstelle [der Beschwerdeführerin] zur Eingeschränkten Revision der Jahresrechnung 2009" vom 29. September 2010 hält fest, dass bei der betreffenden Revision keine Sachverhalte festgestellt worden seien, aus denen hätte geschlossen werden müssen, dass die fragliche Jahresrechnung Gesetz oder Statuten widerspräche.

Die Beschwerdeführerin macht weder geltend noch ergibt sich aus den vorliegenden Akten, dass sie die ESTV anlässlich der fraglichen Kontrolle oder zumindest vor Erlass der strittigen Nachbelastung auf die angeblich falsch bzw. doppelt verbuchten Umsätze in der fraglichen Buchhaltung aufmerksam gemacht hätte. Auch sonst lassen sich den vorliegenden Akten keine Anhaltspunkte entnehmen, wonach die ESTV im Zeitpunkt der strittigen Nachbelastung nicht hätte von einer ordnungsgemässen Buchführung ausgehen bzw. die materielle Richtigkeit der entsprechenden Unterlagen nicht hätte vermuten dürfen (vgl. E. 2.4.2). Die ESTV war demnach berechtigt, für die Ermittlung der steuerbaren Umsätze anlässlich der Kontrolle auf die Angaben der Beschwerdeführerin in der (genehmigten und revidierten) Jahresrechnung 2009 abzustellen bzw. davon auszugehen, dass die fraglichen Umsätze bzw. die entsprechenden Leistungen mehrwertsteuerlich der Beschwerdeführerin als Leistungserbringerin zuzuordnen und demnach von dieser zu versteuern sind (E. 2.4.1). Dies gilt umso mehr, als die Mehrwertsteuer als Selbstveranlagungssteuer ausgestaltet ist (E. 2.3), was grundsätzlich eine möglichst einfache Kontrolle durch die ESTV bedingt (vgl. etwa Urteil des Bundesgerichts 2C_561/2009 vom 25. März 2011 E. 4.2). Ausserdem ist mit Blick auf die handels- und mehrwertsteuerrechtlichen Anforderungen an die ordnungsgemässe Buchführung grundsätzlich davon auszugehen, dass jedem verbuchten Ertrag ein Rechnungsbeleg zugeordnet werden kann und damit ein gewichtiges Indiz für einen diesbezüglichen mehrwertsteuerlichen Leistungsauftritt gegeben ist (E. 2.5).

3.2 Die Beschwerdeführerin macht nun geltend, die buchhalterische Erfassung der fraglichen Leistungen in der Jahresrechnung 2009 entspreche nicht der wirtschaftlichen Realität (vgl. E. 2.4.3). Die betreffenden Umsätze bzw. die entsprechenden Leistungen seien - entgegen der grundsätzlich gerechtfertigten Annahme der ESTV (E. 2.4.2 und 3.1) - mehrwertsteuerlich nicht ihr zuzuordnen, sondern der C._______ AG, welche diese Umsätze bereits ordnungsgemäss versteuert (d.h. deklariert und die entsprechende Mehrwertsteuer der ESTV abgeliefert) habe.

Bei diesem Vorbringen handelt es sich um eine steuermindernde Tatsache, für welche die Beschwerdeführerin die Beweislast trägt (E. 1.4). In den vorliegenden Akten finden sich nun aber keinerlei Belege dafür, dass die fraglichen Umsätze tatsächlich bereits von der C._______ AG deklariert und ordnungsgemäss versteuert worden sind. Ebenso wenig finden sich Anhaltspunkte - beispielsweise entsprechende Rechnungen der C._______ AG (E. 2.5) -, die darauf schliessen liessen, dass diese und nicht die Beschwerdeführerin bei der Erzielung der betreffenden Umsätze nach aussen in eigenem Namen aufgetreten ist und somit als Leistungserbringerin zu gelten hat (E. 2.2). Der Beschwerdeführerin misslingt somit der Nachweis, dass vorliegend ein Abrücken im beantragten Sinn von ihren Angaben in der Jahresrechnung 2009 gerechtfertigt wäre. Sie ist unter den gegebenen Umständen auf die entsprechende Buchhaltung zu behaften (E. 2.4.1), womit die strittige Nachbelastung geschuldet bleibt. Der Vollständigkeit halber bleibt zu erwähnen, dass sich die Beschwerdeführerin diese aus ihrer Sicht negative mehrwertsteuerliche Folge selbst anzulasten hat. Es wäre - nicht zuletzt vor dem Hintergrund der aus dem Selbstveranlagungsprinzip fliessenden Pflichten der steuerpflichtigen Person (E. 2.3) - ihre Aufgabe gewesen, bei der Verbuchung ihrer Geschäftsvorfälle die notwendige Sorgfalt walten zu lassen und damit eine Steuerkorrektur von vornherein auszuschliessen.

4.
Den vorstehenden Erwägungen zufolge ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Bei diesem Ausgang sind die Verfahrenskosten, die auf Fr. 3'100.-- festzusetzen sind, der unterliegenden Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 63 Abs. 1 VwVG i.V.m. Art. 4
SR 173.320.2 Reglement vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE)
VGKE Art. 4 Gerichtsgebühr in Streitigkeiten mit Vermögensinteresse - In Streitigkeiten mit Vermögensinteresse beträgt die Gerichtsgebühr:
des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]). Sie sind mit dem in gleicher Höhe geleisteten Kostenvorschuss zu verrechnen. Eine Parteientschädigung ist nicht zuzusprechen (Art. 64 Abs. 1
SR 173.320.2 Reglement vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE)
VGKE Art. 4 Gerichtsgebühr in Streitigkeiten mit Vermögensinteresse - In Streitigkeiten mit Vermögensinteresse beträgt die Gerichtsgebühr:
VwVG e contrario; Art. 7 Abs. 3
SR 173.320.2 Reglement vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE)
VGKE Art. 7 Grundsatz
1    Obsiegende Parteien haben Anspruch auf eine Parteientschädigung für die ihnen erwachsenen notwendigen Kosten.
2    Obsiegt die Partei nur teilweise, so ist die Parteientschädigung entsprechend zu kürzen.
3    Keinen Anspruch auf Parteientschädigung haben Bundesbehörden und, in der Regel, andere Behörden, die als Parteien auftreten.
4    Sind die Kosten verhältnismässig gering, so kann von einer Parteientschädigung abgesehen werden.
5    Artikel 6a ist sinngemäss anwendbar.7
VGKE).

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird.

2.
Die Verfahrenskosten werden auf Fr. 3'100.-- festgesetzt und der Beschwerdeführerin auferlegt. Sie werden mit dem in gleicher Höhe geleisteten Kostenvorschuss verrechnet.

3.
Eine Parteientschädigung wird nicht zugesprochen.

4.
Dieses Urteil geht an:

- die Beschwerdeführerin (Gerichtsurkunde)

- die Vorinstanz (Ref-Nr. ...; Gerichtsurkunde)

Der vorsitzende Richter: Der Gerichtsschreiber:

Daniel Riedo Marc Winiger

Die Rechtsmittelbelehrung befindet sich auf der nächsten Seite.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eröffnung beim Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten geführt werden (Art. 82 ff
SR 173.320.2 Reglement vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE)
VGKE Art. 7 Grundsatz
1    Obsiegende Parteien haben Anspruch auf eine Parteientschädigung für die ihnen erwachsenen notwendigen Kosten.
2    Obsiegt die Partei nur teilweise, so ist die Parteientschädigung entsprechend zu kürzen.
3    Keinen Anspruch auf Parteientschädigung haben Bundesbehörden und, in der Regel, andere Behörden, die als Parteien auftreten.
4    Sind die Kosten verhältnismässig gering, so kann von einer Parteientschädigung abgesehen werden.
5    Artikel 6a ist sinngemäss anwendbar.7
., 90 ff. und 100 des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 [BGG, SR 173.110]). Die Rechtsschrift ist in einer Amtssprache abzufassen und hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten. Der angefochtene Entscheid und die Beweismittel sind, soweit sie der Beschwerdeführer in Händen hat, beizulegen (Art. 42
SR 173.320.2 Reglement vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE)
VGKE Art. 7 Grundsatz
1    Obsiegende Parteien haben Anspruch auf eine Parteientschädigung für die ihnen erwachsenen notwendigen Kosten.
2    Obsiegt die Partei nur teilweise, so ist die Parteientschädigung entsprechend zu kürzen.
3    Keinen Anspruch auf Parteientschädigung haben Bundesbehörden und, in der Regel, andere Behörden, die als Parteien auftreten.
4    Sind die Kosten verhältnismässig gering, so kann von einer Parteientschädigung abgesehen werden.
5    Artikel 6a ist sinngemäss anwendbar.7
BGG).

Versand:
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : A-720/2013
Datum : 30. Januar 2014
Publiziert : 11. Februar 2014
Quelle : Bundesverwaltungsgericht
Status : Unpubliziert
Sachgebiet : Indirekte Steuern
Gegenstand : MWST; doppelt verbuchter Umsatz (3/2008-4/2009)


Gesetzesregister
BGG: 42  82
MWSTG: 83  113
OR: 957
VGG: 31  32  33
VGKE: 4 
SR 173.320.2 Reglement vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE)
VGKE Art. 4 Gerichtsgebühr in Streitigkeiten mit Vermögensinteresse - In Streitigkeiten mit Vermögensinteresse beträgt die Gerichtsgebühr:
7
SR 173.320.2 Reglement vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE)
VGKE Art. 7 Grundsatz
1    Obsiegende Parteien haben Anspruch auf eine Parteientschädigung für die ihnen erwachsenen notwendigen Kosten.
2    Obsiegt die Partei nur teilweise, so ist die Parteientschädigung entsprechend zu kürzen.
3    Keinen Anspruch auf Parteientschädigung haben Bundesbehörden und, in der Regel, andere Behörden, die als Parteien auftreten.
4    Sind die Kosten verhältnismässig gering, so kann von einer Parteientschädigung abgesehen werden.
5    Artikel 6a ist sinngemäss anwendbar.7
VwVG: 5  21  48  50  52  63  64
BGE Register
106-IB-311 • 131-II-185 • 131-V-407 • 132-V-368 • 134-II-207
Weitere Urteile ab 2000
2A.109/2005 • 2A.426/2004 • 2A.520/2003 • 2A.65/2005 • 2A.693/2006 • 2A.706/2006 • 2C_1173/2012 • 2C_206/2012 • 2C_232/2012 • 2C_285/2008 • 2C_356/2008 • 2C_512/2007 • 2C_518/2007 • 2C_519/2007 • 2C_561/2009 • 2C_572/2007 • 2C_592/2007 • 2C_650/2011 • 2C_687/2007
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
mehrwertsteuer • bundesverwaltungsgericht • bundesgericht • einspracheentscheid • vorinstanz • richtigkeit • kostenvorschuss • verzugszins • umsatz • leistungserbringer • lieferung • sachverhalt • verfahrenskosten • rechtsmittel • bundesgesetz über das bundesgericht • gerichtsurkunde • tag • rechtsmittelbelehrung • streitgegenstand • beweismittel
... Alle anzeigen
BVGer
A-1344/2011 • A-1382/2006 • A-1383/2006 • A-1601/2006 • A-3285/2011 • A-3579/2008 • A-4206/2012 • A-4786/2012 • A-5274/2011 • A-5460/2008 • A-6182/2012 • A-6198/2012 • A-6606/2012 • A-707/2013 • A-720/2013 • A-825/2013
AS
AS 2000/1300