Bundesverwaltungsgericht
Tribunal administratif fédéral
Tribunale amministrativo federale
Tribunal administrativ federal


Abteilung III

C-3988/2012

Urteil vom 26. August 2013

Richterin Ruth Beutler (Vorsitz),

Besetzung Richter Antonio Imoberdorf, Richterin Marianne Teuscher,

Gerichtsschreiber Kilian Meyer.

1. X._______,Thailand,

2. Y._______,
Parteien
beide vertreten durch Marc Spescha, Rechtsanwalt,

Beschwerdeführer,

gegen

Bundesamt für Migration (BFM),

Quellenweg 6, 3003 Bern,

Vorinstanz.

Gegenstand Schengen-Visum.

Sachverhalt:

A.
Die thailändische Staatsangehörige X._______ (geb. 1979, nachfolgend: Gast bzw. Beschwerdeführerin) beantragte am 29. März 2012 bei der Schweizerischen Botschaft in Bangkok ein Schengen-Visum für einen rund zehnwöchigen Besuchsaufenthalt vom 5. Mai bis am 17. Juli 2012 bei Y._______ in Z._______ (nachfolgend: Gastgeber bzw. Beschwerdeführer; vgl. Akten des Bundesamts für Migration [BFM act.] 4 S. 98 ff.). Vorgängig hatte der Gastgeber mit Einladungsschreiben vom 23. März 2012 um Ausstellung eines Besuchervisums für X._______ ersucht (vgl. BFM act. 1 S. 24 ff.).

B.
Mit Verfügung vom 5. April 2012 lehnte es die Botschaft ab, das gewünschte Visum auszustellen. Sie begründete ihre Haltung damit, dass eine fristgerechte Wiederausreise der Beschwerdeführerin aus dem Schengen-Raum nicht gesichert erscheine (vgl. BFM act. 4 S. 96). Die Botschaft lehnte in der Folge am 27. April 2012 ein Wiedererwägungsgesuch von Y._______ ab und verwies auf die Möglichkeit, den Entscheid mittels Einsprache überprüfen zu lassen (vgl. BFM act. 1 S. 7).

C.
X._______ und Y._______ erhoben am 4. Mai 2012 Einsprache beim Bundesamt für Migration (nachfolgend: Bundesamt; vgl. BFM act. 1 S. 30 ff.). Das Bundesamt liess über die Migrationsbehörde des Wohnsitzkantons schriftliche Auskünfte des Gastgebers einholen (vgl. BFM act. 7) und wies die Einsprache mit Verfügung vom 20. Juni 2012 ab (vgl. BFM act. 8). Zur Begründung wurde ausgeführt, der Gast stamme aus einer Region, aus welcher der Zuwanderungsdruck nach wie vor stark anhalte. Das Risiko einer nicht fristgerechten Rückkehr sei daher grundsätzlich hoch. X._______ sei jung, unverheiratet und gehe keiner Erwerbstätigkeit nach. Sie habe keine besonderen Verpflichtungen, welche das Risiko einer nicht fristgerechten Rückreise als gering erscheinen liessen. Die Voraussetzungen zur Erteilung des beantragten Visums seien daher nicht erfüllt.

D.
Mit Beschwerde vom 27. Juli 2012 beantragen die Beschwerdeführer die Aufhebung der vorinstanzlichen Verfügung und die Ausstellung eines Schengen-Visums für X._______. Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgebracht, die Vorinstanz habe den Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, indem sie wichtige Sachumstände nicht berücksichtigt und ihren Entscheid mangelhaft begründet habe. Der Entscheid sei willkürlich, rechtsungleich und unverhältnismässig. Die Annahme einer nicht gesicherten Wiederausreise sei unbegründet. Die Initiative für den Besuchsaufenthalt sei vom Gastgeber ausgegangen, der seinen Gast besser kennenlernen wolle. Der Besuch und der geplante Deutschkurs erfolgten im Hinblick auf eine gemeinsame Zukunft. Dies zu verweigern heisse, vernünftiges Handeln zu bestrafen.

E.
Die Vorinstanz beantragt mit Vernehmlassung vom 27. September 2012 die Abweisung der Beschwerde. Der Entscheid sei hinreichend begründet, und die Einschätzungen der kantonalen Behörde und der Schweizer Vertretung seien berücksichtigt worden. Die Beschwerdeführerin sei jung, ledig, kinderlos und nicht erwerbstätig. Sie stamme aus einem Land, aus dem der Zuwanderungsdruck stark sei, und könne keine besonderen Verpflichtungen im Heimatland geltend machen. Es liege in der Natur der Sache, dass sich zum Risiko einer nicht anstandslosen Wiederausreise lediglich eine Voraussage machen lasse, dies unter Berücksichtigung der Erfahrungen in zahlreichen ähnlich gelagerten Fällen.

F.
Die Beschwerdeführer hielten mit Replik vom 5. November 2012 an den gestellten Anträgen fest und führten aus, der Hinweis des Bundesamtes, bei der Beurteilung seien die Einschätzungen der kantonalen Behörde und der Schweizer Vertretung berücksichtigt worden, sei beweismässig nicht verwertbar, da diese Einschätzungen nicht aktenkundig seien. Die Vernehmlassung enthalte nur drei kurze einzelfallbezogene Sätze, dies genüge dem Anspruch auf rechtliches Gehör nicht. Das Bundesamt stelle falsche Behauptungen auf. Die 33-jährige Beschwerdeführerin sei weder ledig noch kinderlos, sondern geschieden und Mutter eines 9-jährigen Sohnes. Sie sei obhuts- und sorgeberechtigt, wobei die Obhut von den geschiedenen Eltern und den Grosseltern ausgeübt werde. Sie halte einen engen Kontakt zum Sohn, weshalb eine Bindung zum Herkunftsland bestehe. Es sei nur ein Besuchsaufenthalt zwecks Spracherwerbs geplant. Der Gastgeber wolle in wenigen Jahren nach Thailand auswandern und seinen Lebensabend mit der Beschwerdeführerin dort verbringen. Diese sei nicht erwerbslos, sondern Bäuerin und Hausfrau. Das Bundesamt setze sich nicht mit den Garantieerklärungen auseinander. Die Sicherheitsleistung minimiere das Restrisiko einer nicht gesicherten Wiederausreise. Es seien keine begründeten Zweifel am Aufenthaltszweck ersichtlich, namentlich sei kein dauerhafter Aufenthalt geplant.

G.
Die Vorinstanz führte mit Duplik vom 7. Januar 2013 aus, sie verfolge bei Visumsgesuchen aus Thailand eine restriktive Praxis, weil der Zuwanderungsdruck aus diesem Land stark anhalte. Es gehe um ein Visumsgesuch zwecks Besuchs einer Bekanntschaft, die sich über den Arbeitgeber des Gastgebers via Skype ergeben habe. Das Paar habe sich erst einmal anlässlich eines zehntägigen Urlaubs im März 2012 getroffen. Es könne keine Rede von einer besonders engen Beziehung sein. Ebenso falle der grosse Altersunterschied auf. Bei dieser Konstellation bestehe grosse Zurückhaltung bei der Visumserteilung. Visa würden nur erteilt, wenn eine lange und intensive Beziehung nachgewiesen werde. In der Praxis würden deshalb regelmässig mehrfache Besuchsaufenthalte des Schweizer Gastgebers vorausgesetzt als Beleg für eine intensive und gelebte Beziehung, die das Migrationsrisiko zu relativieren vermöge. Der Entscheid stütze sich auf die aktenkundigen Beurteilungen der Schweizer Vertretung in Bangkok (BFM act. 4 S. 102) und die ebenfalls aktenkundigen Inlandabklärungen der kantonalen Migrationsbehörde (BFM act. 7). Diese Behörden beurteilten das Gesuch negativ. Der angefochtene Entscheid sei allenfalls knapp, aber ausreichend begründet.

H.
Mit Triplik vom 5. Februar 2013 bringen die Beschwerdeführer vor, sie hätten sich schon mehr als einmal getroffen. Vom 21. Oktober 2012 bis 9. November 2012 hätten sie in Bangkok ihre Beziehung vertieft. Der nächste Besuch finde vom 6. bis am 18. Februar 2013 statt. Die Skype-Kontakte und regelmässigen Besuche zeigten, dass die Beziehung ernst sei. Einen Besuch in der Schweiz zu verwehren, nachdem bereits drei Besuche in Thailand stattgefunden hätten, sei unverhältnismässig. Für den Besuch eine langdauernde Beziehung zu verlangen, liefe darauf hinaus, potenziellen Ehepartnern Besuchsaufenthalte zu verwehren. Potenziell Ehewillige dürften nicht zur überstürzten Eheschliessung genötigt werden. Der Altersunterschied sei nicht aussagekräftig und in Konstellationen wie dieser üblich. Weder der Einspracheentscheid noch die Vernehmlassung enthielten eine individuelle Auseinandersetzung mit dem Einzelfall. Auch Kautionsleistungen von Drittpersonen seien zu berücksichtigen. Zudem werde während dem Aufenthalt in der Schweiz ein Abhängigkeitsverhältnis bestehen, das ein Untertauchen des Gastes als unwahrscheinlich erscheinen lasse. Die Kautionsofferten bezeugten die Vertrauenswürdigkeit des Gastes.

I.
Mit einer weiteren Stellungnahme vom 8. März 2013 legten die Beschwerdeführer - nach durch die Vorinstanz gewährter Einsichtnahme in ihre Akten - dar, die Vorinstanz verweise auf interne Informationen der Botschaft, die nicht geeignet seien, einen Entscheid zu begründen. Die Inlandabklärungen beinhalteten nur eine Kopie des ZEMIS-Eintrags mit dem Vermerk « drei Monate, Bangkok, Freund besuchen ». Die Dokumente enthielten willkürliche Annahmen und Falschangaben. BFM act. 4 S. 102 f. sei ein von einer Frau K._______ gezeichnetes Dokument, das vom 9. Mai 2012 datiere, obwohl die Beschwerdeführerin am 29. März 2012 befragt worden sei. Es sei nicht nachvollziehbar, wie weit sich diese Angaben auf deren Aussagen abstützen liessen. Die Beschwerdeführerin sei nicht arbeitslos, sondern Bäuerin. Zweck des Besuchs sei nicht eine Arbeitsaufnahme, sondern der Besuch eines Deutschkurses. Die Sachbearbeiterin könne sich nicht in der Sprache des Formulars ausdrücken, weshalb den von ihr angekreuzten Feldern keine Beweiskraft zukomme. Die Beschwerdeführerin sei geschieden und habe ein Kind, nicht wie im Formular angekreuzt Ehepartner und Kinder. Der Sohn lebe teilweise auch bei Vater und Grosseltern mütterlicherseits; von diesen werde er in der Abwesenheit der Mutter betreut und versorgt. Dass die Wiederausreise nicht gesichert sei, sei eine willkürliche Behauptung, dasselbe gelte betreffend den Verdacht einer Gefälligkeitseinladung. Die Bemerkung, die Beschwerdeführer seien gemäss thailändischer Tradition verheiratet, lasse unerklärt, dass es sich um rituelle Symbolik handle. Gänzlich haltlos sei die Behauptung, die Beschwerdeführerin plane, mit dem Gastgeber in der Schweiz vier bis fünf Jahre zu leben. Diese Aussage habe sie nie gemacht bzw. sie sei allenfalls falsch interpretiert worden. Sie habe vom Gastgeber gewusst, dass er noch vier bis fünf Jahre in der Schweiz arbeiten möchte, bis er nach seiner Pensionierung den Lebensabend in Thailand verbringen werde. Bis zur Auswanderung seien weitere Besuchsaufenthalte möglich, wobei allen klar sei, dass solche in Zukunft nur erlaubt würden, wenn der erste Besuch ordnungsgemäss verlaufe.

J.
Auf den weiteren Akteninhalt wird, soweit erheblich, in den nachfolgenden Erwägungen eingegangen.

Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:

1.

1.1 Gemäss Art. 31 des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 (VGG, SR 173.32) beurteilt das Bundesverwaltungsgericht Beschwerden gegen Verfügungen im Sinne von Art. 5 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 20. Dezember 1968 (VwVG, SR 172.021). Darunter fallen u.a. Entscheidungen des BFM, mit denen die Erteilung eines Schengen-Visums verweigert wird (vgl. Art. 32 f . VGG).

1.2 Das Rechtsmittelverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht richtet sich nach dem VwVG, soweit das Verwaltungsgerichtsgesetz nichts anderes bestimmt (Art. 37 VGG).

1.3 Die Beschwerdeführer sind gemäss Art. 48 Abs. 1 VwVG zur Beschwerde legitimiert. Auf die frist- und formgerecht eingereichte Beschwerde ist einzutreten (Art. 50 und 52 VwVG).

1.4 Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet in der vorliegenden Angelegenheit endgültig (Art. 83 Bst. c Ziff. 1 des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 [BGG, SR 173.110]).

2.
Mit Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht kann die Verletzung von Bundesrecht einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des
Ermessens, die unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhaltes sowie - falls nicht eine kantonale Behörde als Beschwerdeinstanz verfügt hat - die Unangemessenheit gerügt werden (Art. 49 VwVG). Das Bundesverwaltungsgericht wendet das Bundesrecht von Amtes wegen an. Es ist gemäss Art. 62 Abs. 4 VwVG an die Begründung der Begehren nicht gebunden und kann die Beschwerde auch aus anderen als den geltend gemachten Gründen gutheissen oder abweisen. Massgebend ist grundsätzlich die Sachlage zum Zeitpunkt seines
Entscheides (vgl. BVGE 2012/21 E. 5.1, BVGE 2011/43 E. 6.1 sowie BVGE 2011/1 E. 2).

3.

3.1 Die Beschwerdeführer rügen in formeller Hinsicht eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (vgl. Art. 29 Abs. 2 der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 [BV, SR 101] sowie Art. 29 ff . VwVG). Die Vorinstanz habe wesentliche Sachumstände nicht berücksichtigt und ihren Entscheid nur schematisch begründet. Auch die Vernehmlassung setze sich nicht mit dem Einzelfall auseinander.

3.2 Der Anspruch auf rechtliches Gehör umfasst eine Anzahl verschiedener verfassungsrechtlicher Garantien (vgl. etwa Michele Albertini, Der verfassungsmässige Anspruch auf rechtliches Gehör im Verwaltungsverfahren des modernen Staates, Bern 2000, S. 202 ff.; ANDREASAUER/GIORGIOMALINVERNI/MICHELHOTTELIER, Droit constitutionnel suisse Vol. II. Les droits fondamentaux, 2. Aufl., Bern 2006, S. 606 ff.; Jörg Paul Müller/Markus Schefer, Grundrechte in der Schweiz, 4. Aufl., Bern 2008, S. 846 ff.). Gleichsam das Kernelement des rechtlichen Gehörs ist das Recht auf vorgängige Äusserung und Anhörung, welches den Betroffenen einen Einfluss auf die Ermittlung des wesentlichen Sachverhalts sichert. Die Behörde muss diese Äusserungen zur Kenntnis nehmen und sich damit in der Entscheidfindung und -begründung sachgerecht auseinandersetzen. Diese Prüfungs- und Berücksichtigungspflicht liegt bereits Art. 30 VwVG zu Grunde, kommt aber besonders deutlich in Art. 32 Abs. 1 VwVG zum Ausdruck, der bestimmt, dass die Behörde alle erheblichen und rechtzeitigen Vorbringen der Parteien würdigt, bevor sie verfügt (vgl. Bernhard Waldmann/Jürg Bickel, in: Waldmann/Weissenberger [Hrsg.], Praxiskommentar VwVG, Zürich 2009, Art. 29 N 80 ff., Art. 30 N 3 ff. u. Art. 32 N 7 ff.; Alfred Kölz/Isabelle Häner/Martin Bertschi, Verwaltungsverfahren und Verwaltungsrechtspflege des Bundes, 3. Aufl., Zürich/Basel/Genf 2013, N 214 ff. u. N 546 f.). Aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör folgt sodann auch die Pflicht der Behörden, ihren Entscheid zu begründen (Art. 35 VwVG). Die Begründungspflichtsoll verhindern, dass die Behörden sich von unsachlichen Motiven leiten lassen, und ist demnach ein Element rationaler und transparenter Entscheidfindung. Die Betroffenen sollen in die Lage versetzt werden, den Entscheid sachgerecht anzufechten. Zudem ermöglicht die Begründung die Kontrolle durch die Rechtsmittelinstanz. Die Behörde hat die wesentlichen Überlegungen zu nennen, von denen sie sich leiten liess und auf die sie ihren Entscheid stützt. Die Anforderungen an die Begründung sind umso höher, je weiter der Entscheidungsspielraum und je komplexer die Sach- und Rechtslage ist (vgl. BGE 137 II 266 E. 3.2; BGE 136 I 229 E. 5.2; BGE 133 I 270 E. 3.1; BVGE 2012/24 E.3.2.1; BVGE 2009/35 E. 6.4.1; BVGE 2007/27 E. 5.5.2; Kölz/Häner/Bertschi, a.a.O., N 629 ff.; Lorenz Kneubühler, Die Begründungspflicht, Bern 1998, S. 22 ff.; René Wiederkehr, Die Begründungspflicht nach Art. 29 Abs. 2 BV und die Heilung bei Verletzung, ZBl 2010 S. 484 ff.).

3.3 Die Begründung des angefochtenen Entscheids erscheint prima facie als relativ ausführlich; freilich handelt es sich überwiegend um Textbausteine. Mit Bezug auf das im vorliegenden Fall zentrale Kriterium der gesicherten Wiederausreise (vgl. Art. 5 Abs. 2 des Ausländergesetzes vom 16. Dezember 2005 [AuG, SR 142.20] sowie Art. 14 Abs. 1 Bst. d und Art. 21 Abs. 1 Visakodex [Abl. L 243 vom 15. September 2009]) legte die Vorinstanz die Praxis betreffend Visa-Gesuche von Personen aus Regionen mit starkem Zuwanderungsdruck dar und führte anschliessend Folgendes aus: « Wie den Gesuchsunterlagen zu entnehmen ist, handelt es sich bei der Gesuchstellerin um eine [...] ungebundene Person; sie ist jung, unverheiratet und geht keiner Erwerbstätigkeit nach. Mangels anderer Belege und Umstände ist daher davon auszugehen, dass ihr keine besonderen beruflichen, familiären oder gesellschaftlichen Verpflichtungen obliegen, welche das vorgängig beschriebene Risiko einer nicht anstandslosen Wiederausreise als entsprechend gering erscheinen lassen könnte. » Die Vorinstanz setzte sich jedoch weder mit den in der Einsprache vom 4. Mai 2012 gemachten Ausführungen des Rechtsvertreters betreffend Garantieerklärungen, Zweck des Besuchs etc. noch mit den Erklärungen des Beschwerdeführers vom 5. Juni 2012 betreffend Beziehung, Zukunftspläne, familiäre und berufliche Situation des Gasts etc. auseinander (vgl. BFM act. 1 u. act. 7, S. 127 ff.). Es fällt sodann auf, dass in der Begründung nicht darauf Bezug genommen wird, dass die 34-jährige Beschwerdeführerin seit dem Jahr 2011 geschieden ist, auf einem Bauernhof mit ihren Eltern als Landwirtin arbeitet und einen 9-jährigen Sohn hat, der zwar - gemäss Aussagen des Beschwerdeführers - beim Vater und dessen neuer Partnerin lebe, der aber ca. zweimal monatlich am Wochenende bei der Beschwerdeführerin auf Besuch sei, wobei dieser Kontakt für Mutter und Kind sehr wichtig sei (vgl. BFM act. 7 S. 102 f. u. S. 133). Wohl darf sich die Behörde bei der Nennung der Überlegungen, von denen sie sich bei ihrem Entscheid leiten liess, auf die wesentlichen Gesichtspunkte beschränken, und muss sich dementsprechend nicht mit allen Parteistandpunkten einlässlich auseinandersetzen und jedes einzelne Vorbringen ausdrücklich widerlegen (vgl. BGE 136 I 229 E. 5.2). Zudem ist das Visumverfahren ein sog. Massengeschäft, in dem die erstinstanzliche Behörde gestützt auf den Effizienzgrundsatz speditiv entscheiden muss, weshalb von ihr nicht allzu einlässliche Begründungen erwartet werden dürfen (vgl. Kneubühler, a.a.O., S. 179). Diese Überlegungen sind auch dann zu beachten, wenn der Behörde - wie bei der Beurteilung von Visagesuchen - ein relativ weiter Entscheidungsspielraum zukommt. Aus Gründen der
Praktikabilität und Speditivität darf die Behörde sodann auch Textbausteine einsetzen. Deren Einsatz darf indes nicht dazu führen, dass keine dem konkreten Fall noch angemessene Begründung mehr erfolgt. Die Würdigung der Parteivorbringen muss sich auch in solchen Fällen insoweit in der Begründung niederschlagen, als die vorgebrachten Einwendungen für den Entscheid wesentlich sind (vgl. Kölz/Häner/Bertschi,a.a.O., N 630 ff.; Walter Kälin, Rechtliche Anforderungen an die Verwendung von Textbausteinen für die Begründung von Verwaltungsverfügungen, ZSR 1988 I S. 452 ff.; BGE 121 I 54 E. 2c; BVGE 2008/47 E. 3.3.3). Vorliegend hat das BFM jedoch mit dem nur schematisch begründeten, kaum auf den konkreten Fall Bezug nehmenden Einspracheentscheid nicht zu erkennen gegeben, inwieweit es sich mit den wesentlichen Vorbringen der Beschwerdeführer auseinandergesetzt und eine einzelfallbezogene Prüfung vorgenommen hat, wie sie Art. 32 VwVG verlangt. Die angefochtene Verfügung vom 20. Juni 2012 ist deshalb mangelhaft begründet und lässt überdies darauf schliessen, dass weder der Sachverhalt noch die erheblichen Parteivorbringen mit dem - auch im sog. Massengeschäft - erforderlichen Mindestmass an Sorgfalt geprüft wurden (vgl. Art. 12 und Art. 32 VwVG; Kälin, a.a.O., S. 455; Waldmann/Bickel, Praxiskommentar VwVG, Art. 32 N 18).

3.4 Die Vorinstanz hat auf diese Weise den Anspruch der Beschwerdeführer auf rechtliches Gehör verletzt.

4.

4.1 Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör führt ungeachtet der Erfolgsaussichten der Beschwerde in der Sache selbst grundsätzlich zur Aufhebung der angefochtenen Verfügung. Darauf kann in nicht besonders schwerwiegenden Fällen verzichtet werden, wenn die unterlassene Verfahrenshandlung im Rechtsmittelverfahren nachgeholt wird und das rechtliche Gehör vom Betroffenen nachträglich wahrgenommen werden kann. Diese « Heilung » der Gehörsverletzung setzt überdies voraus, dass kein Kognitionsgefälle besteht und der betroffenen Partei kein unzumutbarer Nachteil entsteht (vgl. BGE 138 III 225 E. 3.3; BGE 135 I 279 E. 2.6; BVGE 2012/24 E. 3.4 je mit Hinweisen). Bei Verstössen gegen die Begründungspflicht wird der Mangel als behoben erachtet, wenn die erstinstanzliche Behörde im Beschwerdeverfahren eine hinreichende Begründung nachschiebt und die Partei dazu angehört wird (vgl. Kölz/Häner/Bertschi,a.a.O., N 645; Kneubühler, a.a.O., S. 214; Urteil des Bundesgerichts 2C_762/2011 vom 15. Juni 2012 E. 4.1; Urteile des Bundesverwaltungsgerichts C-970/2010 vom 11. März 2013 E. 3.4 und A-1681/2006 vom 13. März 2008 E. 2.4). Auf diese Weise sollen unnötige Verzögerungen vermieden werden, die nicht mit dem Interesse der Betroffenen an einer beförderlichen Beurteilung der Sache in Einklang gebracht werden könnten. Hingegen gilt es zu vermeiden, dass die Aufgaben der erstinstanzlich verfügenden Behörde auf die Beschwerdeinstanz verlagert werden (vgl. BVGE 2012/24 E. 3.4 mit Hinweisen), und dass die Vorinstanz darauf vertraut, von ihr missachtete Verfahrensrechte würden systematisch nachträglich geheilt. Ansonsten verlören die gerade für das erstinstanzliche Verfahren vorgesehenen prozessualen Garantien ihren Sinn (vgl. BGE 126 II 111 E. 6b/aa in fine mit Hinweisen).

4.2 Die Vorinstanz brachte in ihrer Vernehmlassung vor, ihr Entscheid sei entgegen der Ausführungen in der Beschwerdeschrift nicht knapp und schematisch begründet: « Bei der Beurteilung wurden die Einschätzungen der kantonalen Behörde und der Schweizer Vertretung in Bangkok, die mit den Verhältnissen vor Ort bestens vertraut ist, berücksichtigt. Die Beschwerdeführerin ist jung, ledig und hat keine Kinder. Zudem ist sie nicht erwerbstätig. » Die Beschwerdeführer beanstandeten in ihrer Replik u.a. diese - insbesondere in Bezug auf den Zivilstand und die Kinderlosigkeit klarerweise aktenwidrige - Aussage ausdrücklich (« Der Beschwerdegegner [...] hat namentlich verkannt, dass aufgrund des tatsächlich gelebten Kindesverhältnisses eine Bindung zum Herkunftsland besteht, die gegen die Annahme einer nicht gesicherten Wiederausreise spricht »). Die Vorinstanz setzte sich daraufhin in der Duplik zwar erstmals mit verschiedenen anderen Vorbringen der Beschwerdeführer auseinander (insb. betreffend Dauer und Intensität der Beziehung, geplante Wohnsitznahme in Thailand, angebotene Garantieleistungen), nahm jedoch wiederum keinerlei Bezug auf das Kindsverhältnis resp. auf die geltend gemachte familiäre Bindung ans Herkunftsland.

4.3 Das Bundesverwaltungsgericht verfügt im vorliegenden Verfahren über die gleiche Kognition wie die Vorinstanz und ist zur freien Prüfung aller Sachverhalts- und Rechtsfragen befugt. Eine Voraussetzung für die ausnahmsweise Heilung der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör wäre somit gegeben. Die vorliegende Gehörsverletzung wiegt jedoch nicht leicht, zumal aus der mangelhaften Begründung auch auf eine Verletzung der Prüfungspflicht geschlossen werden muss (s. vorne, E. 3.3). Die Vorinstanz ist im Rahmen des zweifachen Schriftenwechsels erst in der Duplik auf verschiedene Vorbringen der Beschwerdeführer eingegangen, die nicht zum Vornherein als unwesentlich bezeichnet werden können, und hat insbesondere in keiner Weise auf die geltend gemachte familiäre Bindung ans Herkunftsland Bezug genommen. Stattdessen wurde in der Vernehmlassung die aktenwidrige Behauptung aufgestellt, die Beschwerdeführerin sei ledig und kinderlos. Die unterlassenen Verfahrenshandlungen wurden mithin im Rechtsmittelverfahren nicht nachgeholt: weder ist die Vorinstanz ihrer Prüfungspflicht mit der erforderlichen Sorgfalt nachgekommen, noch hat sie eine hinreichende Begründung nachgeschoben. Die festgestellte Gehörsverletzung kann daher vorliegend nicht als geheilt erachtet werden.

5.

Bei dieser Sachlage ist auf die materiellen Rügen der Beschwerdeführer nicht einzugehen. Fest steht, dass die angefochtene Verfügung Bundesrecht verletzt (Art. 49 Bst. a VwVG). Die Beschwerde ist gutzuheissen, der angefochtene Einspracheentscheid vom 20. Juni 2012 ist aufzuheben, und die Sache ist im Sinne der Erwägungen an das BFM zur Neubeurteilung zurückzuweisen.

6.

6.1 Bei diesem Verfahrensausgang sind den Beschwerdeführern keine Kosten aufzuerlegen (vgl. Art. 63 Abs. 1 VwVG; BGE 132 V 215 E. 6.1; MAILLARD, Praxiskommentar VwVG, Art. 63 N 14).

6.2 Den Beschwerdeführern ist für die im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht erwachsenen notwendigen Kosten eine Parteientschädigung zuzusprechen (vgl. Art. 64 VwVG; Art. 7 ff
SR 173.320.2 Regolamento del 21 febbraio 2008 sulle tasse e sulle spese ripetibili nelle cause dinanzi al Tribunale amministrativo federale (TS-TAF)
TS-TAF Art. 7 Principio
1    La parte vincente ha diritto alle ripetibili per le spese necessarie derivanti dalla causa.
2    Se la parte vince solo parzialmente, le spese ripetibili sono ridotte in proporzione.
3    Le autorità federali e, di regola, le altre autorità con qualità di parte non hanno diritto a un'indennità a titolo di ripetibili.
4    Se le spese sono relativamente modeste, si può rinunciare a concedere alla parte un'indennità a titolo di ripetibili.
5    L'articolo 6a è applicabile per analogia.7
. des Reglements vom21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]). Der Rechtsvertreter der Beschwerdeführer reichte keine detaillierte Kostennote ein (vgl. Art. 14 Abs. 1
SR 173.320.2 Regolamento del 21 febbraio 2008 sulle tasse e sulle spese ripetibili nelle cause dinanzi al Tribunale amministrativo federale (TS-TAF)
TS-TAF Art. 14 Determinazione delle spese ripetibili
1    Le parti che chiedono la rifusione di ripetibili e gli avvocati d'ufficio devono presentare al Tribunale, prima della pronuncia della decisione, una nota particolareggiata delle spese.
2    Il Tribunale fissa l'indennità dovuta alla parte e quella dovuta agli avvocati d'ufficio sulla base della nota particolareggiata delle spese. Se quest'ultima non è stata inoltrata, il Tribunale fissa l'indennità sulla base degli atti di causa.
VGKE), bezifferte jedoch seinen Zeitaufwand auf 17 Stunden und macht ein Honorar von Fr. 5'150.-zuzüglich 8% MwSt. und Barauslagen von Fr. 180.-geltend. Der geltend gemachte zeitliche Aufwand erscheint indes angesichts der Vorbefassung des Rechtsvertreters, der teils unnötig ausführlichen Rechtsschriften und des nicht besonders komplexen Verfahrens als zu hoch. Zu beachten ist allerdings, dass die Vorinstanz dafür verantwortlich zeichnet, dass im vorliegenden Verfahren mehrere Schriftenwechsel erforderlich waren. In Würdigung aller Bemessungsfaktoren erscheint es daher als angemessen, die Parteientschädigung auf Fr. 3'000.- (inkl. Auslagen und MwSt.) festzusetzen.

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:

1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen und der angefochtene Einspracheentscheid vom 20. Juni 2012 wird aufgehoben.

2.
Die Sache wird zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückgewiesen.

3.
Es werden keine Verfahrenskosten erhoben. Der bezahlte Kostenvorschuss von Fr. 800.- wird zurückerstattet.

4.
Die Vorinstanz wird verpflichtet, den Beschwerdeführern eine Parteientschädigung von Fr. 3'000.- (inkl. Barauslagen und MwSt.) zu bezahlen.

5.
Dieses Urteil geht an:

- die Beschwerdeführer (Einschreiben;
Beilage: Formular Zahladresse)

- die Vorinstanz (Ref-Nr. [...]; Akten retour)

- das Migrationsamt des Kantons Zürich (Ref.-Nr. [...])

Die vorsitzende Richterin: Der Gerichtsschreiber:

Ruth Beutler Kilian Meyer

Versand:
Informazioni decisione   •   DEFRITEN
Documento : C-3988/2012
Data : 26. agosto 2013
Pubblicato : 05. settembre 2013
Sorgente : Tribunale amministrativo federale
Stato : Inedito
Ramo giuridico : Cittadinanza e diritto degli stranieri
Oggetto : Schengen-Visum


Registro di legislazione
Cost: 29
LStr: 5
LTAF: 31  32  37
LTF: 83
PA: 5  12  29  30  32  35  48  49  50  52  62  63  64
TS-TAF: 7 
SR 173.320.2 Regolamento del 21 febbraio 2008 sulle tasse e sulle spese ripetibili nelle cause dinanzi al Tribunale amministrativo federale (TS-TAF)
TS-TAF Art. 7 Principio
1    La parte vincente ha diritto alle ripetibili per le spese necessarie derivanti dalla causa.
2    Se la parte vince solo parzialmente, le spese ripetibili sono ridotte in proporzione.
3    Le autorità federali e, di regola, le altre autorità con qualità di parte non hanno diritto a un'indennità a titolo di ripetibili.
4    Se le spese sono relativamente modeste, si può rinunciare a concedere alla parte un'indennità a titolo di ripetibili.
5    L'articolo 6a è applicabile per analogia.7
14
SR 173.320.2 Regolamento del 21 febbraio 2008 sulle tasse e sulle spese ripetibili nelle cause dinanzi al Tribunale amministrativo federale (TS-TAF)
TS-TAF Art. 14 Determinazione delle spese ripetibili
1    Le parti che chiedono la rifusione di ripetibili e gli avvocati d'ufficio devono presentare al Tribunale, prima della pronuncia della decisione, una nota particolareggiata delle spese.
2    Il Tribunale fissa l'indennità dovuta alla parte e quella dovuta agli avvocati d'ufficio sulla base della nota particolareggiata delle spese. Se quest'ultima non è stata inoltrata, il Tribunale fissa l'indennità sulla base degli atti di causa.
Registro DTF
121-I-54 • 126-II-111 • 132-V-215 • 133-I-270 • 135-I-279 • 136-I-229 • 137-II-266 • 138-III-225
Weitere Urteile ab 2000
2C_762/2011
Parole chiave
Elenca secondo la frequenza o in ordine alfabetico
autorità inferiore • tribunale amministrativo federale • diritto di essere sentito • ospite • thailandia • fattispecie • autorità cantonale • decisione su opposizione • ufficio federale della migrazione • duplica • vita • direttore • madre • replica • scambio degli allegati • legge federale sul tribunale federale • onorario • regione • padre • nonni
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