Tribunal administratif fédéral
Tribunale amministrativo federale
Tribunal administrativ federal
Abteilung VI
F-5064/2021
Urteil vom 23. Januar 2023
Richter Gregor Chatton (Vorsitz),
Richterin Regula Schenker Senn,
Besetzung
Richter Yannick Antoniazza-Hafner,
Gerichtsschreiberin Corina Fuhrer.
1. A._______,
2. B._______,
3. C._______,
4. D._______,
Parteien 5. E._______,
6. F._______,
Beschwerdeführende,
alle vertreten durch lic. iur. Monika Böckle,
HEKS Rechtsberatungsstelle für Asylrecht Ostschweiz,
gegen
Staatssekretariat für Migration SEM,
Quellenweg 6, 3003 Bern,
Vorinstanz.
Gegenstand Nationales Visum aus humanitären Gründen.
Sachverhalt:
A.
Am 6. Mai 2021 beantragten die Eheleute A._______ (geboren am [...]; nachfolgend: Beschwerdeführer 1) und B._______ (geboren am [...]; nachfolgend: Beschwerdeführerin 2) für sich und ihre Kinder C._______(geboren am [...]), D._______ (geboren am [...]) und E._______ (geboren am [...])sowie die Mutter der Beschwerdeführerin 2, F._______ (geboren am [...]; nachfolgend: Beschwerdeführerin 6), alle Staatsangehörige Afghanistans, bei der Schweizerischen Botschaft in Astana (vormals: Nur-Sultan), Kasachstan, die Ausstellung von Visa für den langfristigen Aufenthalt (Visa D; sog. humanitäre Visa).
B.
Mit Formularverfügung vom 29. Juli 2021 verweigerte die Botschaft die Ausstellung der beantragten Visa. Dagegen erhoben die Beschwerdeführenden 1 und 2 für sich und ihre Kinder sowie die Beschwerdeführerin 6 mit Eingabe vom 2. September 2021 und ergänzender Eingabe vom 14. September 2021 Einsprache bei der Vorinstanz.
C.
Die Vorinstanz wies die Einsprache mit Verfügung vom 19. Oktober 2021 ab.
D.
Mit Beschwerde vom 19. November 2021 gelangten die Beschwerdeführenden 1 und 2 für sich und ihre Kinder sowie die Beschwerdeführerin 6 an das Bundesverwaltungsgericht. Sie beantragten, die Verfügung vom 19. Oktober 2021 sei aufzuheben und der Antrag auf Erteilung humanitärer Visa der Beschwerdeführenden gutzuheissen. Zudem sei ihnen die unentgeltliche Rechtspflege im Sinne von Art. 65 Abs. 1

SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz VwVG Art. 65 - 1 Die Beschwerdeinstanz, ihr Vorsitzender oder der Instruktionsrichter befreit nach Einreichung der Beschwerde eine Partei, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, auf Antrag von der Bezahlung der Verfahrenskosten, sofern ihr Begehren nicht aussichtslos erscheint.112 |
|
1 | Die Beschwerdeinstanz, ihr Vorsitzender oder der Instruktionsrichter befreit nach Einreichung der Beschwerde eine Partei, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, auf Antrag von der Bezahlung der Verfahrenskosten, sofern ihr Begehren nicht aussichtslos erscheint.112 |
2 | Wenn es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, bestellt die Beschwerdeinstanz, ihr Vorsitzender oder der Instruktionsrichter der Partei einen Anwalt.113 |
3 | Die Haftung für Kosten und Honorar des Anwalts bestimmt sich nach Artikel 64 Absätze 2-4. |
4 | Gelangt die bedürftige Partei später zu hinreichenden Mitteln, so ist sie verpflichtet, Honorar und Kosten des Anwalts an die Körperschaft oder autonome Anstalt zu vergüten, die sie bezahlt hat. |
5 | Der Bundesrat regelt die Bemessung von Honorar und Kosten.114 Vorbehalten bleiben Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe a des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005115 und Artikel 73 des Strafbehördenorganisationsgesetzes vom 19. März 2010116.117 |
E.
Mit Verfügung vom 1. Dezember 2021 befand das Bundesverwaltungsgericht, über das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung sei zu einem späteren Zeitpunkt zu befinden und sah einstweilen von der Erhebung eines Kostenvorschusses ab. Gleichzeitig lud es die Vorinstanz zur Einreichung einer Vernehmlassung ein.
F.
In ihrer Vernehmlassung vom 30. Dezember 2021 beantragte die Vorinstanz die Abweisung der Beschwerde.
G.
Mit Replik vom 10. Februar 2022 hielten die Beschwerdeführenden an ihren Anträgen und deren Begründung fest.
H.
Aus organisatorischen Gründen wurde im Dezember 2022 für den bisherigen Instruktionsrichter der vorsitzende Richter im Spruchkörper aufgenommen.
Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:
1.
1.1 Von der Vorinstanz erlassene Einspracheentscheide betreffend humanitäre Visa sind mit Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht anfechtbar (Art. 112 Abs. 1

SR 142.20 Bundesgesetz vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration (Ausländer- und Integrationsgesetz, AIG) - Ausländer- und Integrationsgesetz AIG Art. 112 - 1 Das Verfahren der Bundesbehörden richtet sich nach den allgemeinen Bestimmungen der Bundesrechtspflege. |

SR 173.32 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesverwaltungsgericht (Verwaltungsgerichtsgesetz, VGG) - Verwaltungsgerichtsgesetz VGG Art. 31 Grundsatz - Das Bundesverwaltungsgericht beurteilt Beschwerden gegen Verfügungen nach Artikel 5 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 196822 über das Verwaltungsverfahren (VwVG). |

SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz BGG Art. 83 Ausnahmen - Die Beschwerde ist unzulässig gegen: |
|
a | Entscheide auf dem Gebiet der inneren oder äusseren Sicherheit des Landes, der Neutralität, des diplomatischen Schutzes und der übrigen auswärtigen Angelegenheiten, soweit das Völkerrecht nicht einen Anspruch auf gerichtliche Beurteilung einräumt; |
b | Entscheide über die ordentliche Einbürgerung; |
c | Entscheide auf dem Gebiet des Ausländerrechts betreffend: |
c1 | die Einreise, |
c2 | Bewilligungen, auf die weder das Bundesrecht noch das Völkerrecht einen Anspruch einräumt, |
c3 | die vorläufige Aufnahme, |
c4 | die Ausweisung gestützt auf Artikel 121 Absatz 2 der Bundesverfassung und die Wegweisung, |
c5 | Abweichungen von den Zulassungsvoraussetzungen, |
c6 | die Verlängerung der Grenzgängerbewilligung, den Kantonswechsel, den Stellenwechsel von Personen mit Grenzgängerbewilligung sowie die Erteilung von Reisepapieren an schriftenlose Ausländerinnen und Ausländer; |
d | Entscheide auf dem Gebiet des Asyls, die: |
d1 | vom Bundesverwaltungsgericht getroffen worden sind, ausser sie betreffen Personen, gegen die ein Auslieferungsersuchen des Staates vorliegt, vor welchem sie Schutz suchen, |
d2 | von einer kantonalen Vorinstanz getroffen worden sind und eine Bewilligung betreffen, auf die weder das Bundesrecht noch das Völkerrecht einen Anspruch einräumt; |
e | Entscheide über die Verweigerung der Ermächtigung zur Strafverfolgung von Behördenmitgliedern oder von Bundespersonal; |
f | Entscheide auf dem Gebiet der öffentlichen Beschaffungen, wenn: |
fbis | Entscheide des Bundesverwaltungsgerichts über Verfügungen nach Artikel 32i des Personenbeförderungsgesetzes vom 20. März 200964; |
f1 | sich keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt; vorbehalten bleiben Beschwerden gegen Beschaffungen des Bundesverwaltungsgerichts, des Bundesstrafgerichts, des Bundespatentgerichts, der Bundesanwaltschaft sowie der oberen kantonalen Gerichtsinstanzen, oder |
f2 | der geschätzte Wert des zu vergebenden Auftrags den massgebenden Schwellenwert nach Artikel 52 Absatz 1 in Verbindung mit Anhang 4 Ziffer 2 des Bundesgesetzes vom 21. Juni 201962 über das öffentliche Beschaffungswesen nicht erreicht; |
g | Entscheide auf dem Gebiet der öffentlich-rechtlichen Arbeitsverhältnisse, wenn sie eine nicht vermögensrechtliche Angelegenheit, nicht aber die Gleichstellung der Geschlechter betreffen; |
h | Entscheide auf dem Gebiet der internationalen Amtshilfe, mit Ausnahme der Amtshilfe in Steuersachen; |
i | Entscheide auf dem Gebiet des Militär-, Zivil- und Zivilschutzdienstes; |
j | Entscheide auf dem Gebiet der wirtschaftlichen Landesversorgung, die bei schweren Mangellagen getroffen worden sind; |
k | Entscheide betreffend Subventionen, auf die kein Anspruch besteht; |
l | Entscheide über die Zollveranlagung, wenn diese auf Grund der Tarifierung oder des Gewichts der Ware erfolgt; |
m | Entscheide über die Stundung oder den Erlass von Abgaben; in Abweichung davon ist die Beschwerde zulässig gegen Entscheide über den Erlass der direkten Bundessteuer oder der kantonalen oder kommunalen Einkommens- und Gewinnsteuer, wenn sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt oder es sich aus anderen Gründen um einen besonders bedeutenden Fall handelt; |
n | Entscheide auf dem Gebiet der Kernenergie betreffend: |
n1 | das Erfordernis einer Freigabe oder der Änderung einer Bewilligung oder Verfügung, |
n2 | die Genehmigung eines Plans für Rückstellungen für die vor Ausserbetriebnahme einer Kernanlage anfallenden Entsorgungskosten, |
n3 | Freigaben; |
o | Entscheide über die Typengenehmigung von Fahrzeugen auf dem Gebiet des Strassenverkehrs; |
p | Entscheide des Bundesverwaltungsgerichts auf dem Gebiet des Fernmeldeverkehrs, des Radios und des Fernsehens sowie der Post betreffend:69 |
p1 | Konzessionen, die Gegenstand einer öffentlichen Ausschreibung waren, |
p2 | Streitigkeiten nach Artikel 11a des Fernmeldegesetzes vom 30. April 199770, |
p3 | Streitigkeiten nach Artikel 8 des Postgesetzes vom 17. Dezember 201072; |
q | Entscheide auf dem Gebiet der Transplantationsmedizin betreffend: |
q1 | die Aufnahme in die Warteliste, |
q2 | die Zuteilung von Organen; |
r | Entscheide auf dem Gebiet der Krankenversicherung, die das Bundesverwaltungsgericht gestützt auf Artikel 3473 des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 200574 (VGG) getroffen hat; |
s | Entscheide auf dem Gebiet der Landwirtschaft betreffend: |
s1 | ... |
s2 | die Abgrenzung der Zonen im Rahmen des Produktionskatasters; |
t | Entscheide über das Ergebnis von Prüfungen und anderen Fähigkeitsbewertungen, namentlich auf den Gebieten der Schule, der Weiterbildung und der Berufsausübung; |
u | Entscheide auf dem Gebiet der öffentlichen Kaufangebote (Art. 125-141 des Finanzmarktinfrastrukturgesetzes vom 19. Juni 201577); |
v | Entscheide des Bundesverwaltungsgerichts über Meinungsverschiedenheiten zwischen Behörden in der innerstaatlichen Amts- und Rechtshilfe; |
w | Entscheide auf dem Gebiet des Elektrizitätsrechts betreffend die Plangenehmigung von Starkstromanlagen und Schwachstromanlagen und die Entscheide auf diesem Gebiet betreffend Enteignung der für den Bau oder Betrieb solcher Anlagen notwendigen Rechte, wenn sich keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt; |
x | Entscheide betreffend die Gewährung von Solidaritätsbeiträgen nach dem Bundesgesetz vom 30. September 201681 über die Aufarbeitung der fürsorgerischen Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierungen vor 1981, ausser wenn sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt oder aus anderen Gründen ein besonders bedeutender Fall vorliegt; |
y | Entscheide des Bundesverwaltungsgerichts in Verständigungsverfahren zur Vermeidung einer den anwendbaren internationalen Abkommen im Steuerbereich nicht entsprechenden Besteuerung; |
z | Entscheide betreffend die in Artikel 71c Absatz 1 Buchstabe b des Energiegesetzes vom 30. September 201684 genannten Baubewilligungen und notwendigerweise damit zusammenhängenden in der Kompetenz der Kantone liegenden Bewilligungen für Windenergieanlagen von nationalem Interesse, wenn sich keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt. |
1.2 Das Rechtsmittelverfahren richtet sich nach dem VwVG, soweit das VGG nichts anderes bestimmt (vgl. Art. 37

SR 173.32 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesverwaltungsgericht (Verwaltungsgerichtsgesetz, VGG) - Verwaltungsgerichtsgesetz VGG Art. 37 Grundsatz - Das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht richtet sich nach dem VwVG61, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt. |
1.3 Die Beschwerdeführenden 1 und 2 sind für sich und ihre Kinder sowie die Beschwerdeführerin 6 für sich zur Beschwerdeanhebung legitimiert (Art. 48 Abs. 1

SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz VwVG Art. 48 - 1 Zur Beschwerde ist berechtigt, wer: |
|
1 | Zur Beschwerde ist berechtigt, wer: |
a | vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen hat oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat; |
b | durch die angefochtene Verfügung besonders berührt ist; und |
c | ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung oder Änderung hat. |
2 | Zur Beschwerde berechtigt sind ferner Personen, Organisationen und Behörden, denen ein anderes Bundesgesetz dieses Recht einräumt. |

SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz VwVG Art. 50 - 1 Die Beschwerde ist innerhalb von 30 Tagen nach Eröffnung der Verfügung einzureichen. |
|
1 | Die Beschwerde ist innerhalb von 30 Tagen nach Eröffnung der Verfügung einzureichen. |
2 | Gegen das unrechtmässige Verweigern oder Verzögern einer Verfügung kann jederzeit Beschwerde geführt werden. |

SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz VwVG Art. 52 - 1 Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers oder seines Vertreters zu enthalten; die Ausfertigung der angefochtenen Verfügung und die als Beweismittel angerufenen Urkunden sind beizulegen, soweit der Beschwerdeführer sie in Händen hat. |
|
1 | Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers oder seines Vertreters zu enthalten; die Ausfertigung der angefochtenen Verfügung und die als Beweismittel angerufenen Urkunden sind beizulegen, soweit der Beschwerdeführer sie in Händen hat. |
2 | Genügt die Beschwerde diesen Anforderungen nicht oder lassen die Begehren des Beschwerdeführers oder deren Begründung die nötige Klarheit vermissen und stellt sich die Beschwerde nicht als offensichtlich unzulässig heraus, so räumt die Beschwerdeinstanz dem Beschwerdeführer eine kurze Nachfrist zur Verbesserung ein. |
3 | Sie verbindet diese Nachfrist mit der Androhung, nach unbenutztem Fristablauf auf Grund der Akten zu entscheiden oder, wenn Begehren, Begründung oder Unterschrift fehlen, auf die Beschwerde nicht einzutreten. |
2.
Mit Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht können die Verletzung von Bundesrecht einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, die unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhaltes und die Unangemessenheit gerügt werden (Art. 49

SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz VwVG Art. 49 - Der Beschwerdeführer kann mit der Beschwerde rügen: |
|
a | Verletzung von Bundesrecht einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens; |
b | unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhaltes; |
c | Unangemessenheit; die Rüge der Unangemessenheit ist unzulässig, wenn eine kantonale Behörde als Beschwerdeinstanz verfügt hat. |

SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz VwVG Art. 62 - 1 Die Beschwerdeinstanz kann die angefochtene Verfügung zugunsten einer Partei ändern. |
|
1 | Die Beschwerdeinstanz kann die angefochtene Verfügung zugunsten einer Partei ändern. |
2 | Zuungunsten einer Partei kann sie die angefochtene Verfügung ändern, soweit diese Bundesrecht verletzt oder auf einer unrichtigen oder unvollständigen Feststellung des Sachverhaltes beruht; wegen Unangemessenheit darf die angefochtene Verfügung nicht zuungunsten einer Partei geändert werden, ausser im Falle der Änderung zugunsten einer Gegenpartei. |
3 | Beabsichtigt die Beschwerdeinstanz, die angefochtene Verfügung zuungunsten einer Partei zu ändern, so bringt sie der Partei diese Absicht zur Kenntnis und räumt ihr Gelegenheit zur Gegenäusserung ein. |
4 | Die Begründung der Begehren bindet die Beschwerdeinstanz in keinem Falle. |
3.
3.1 Die Beschwerdeführenden unterliegen als afghanische Staatsangehörige für die Einreise in die Schweiz der Visumspflicht. Sie beabsichtigen einen längerfristigen Aufenthalt in der Schweiz. Auf ihre Visagesuche vom 6. Mai 2021 gelangt daher nicht Schengen-, sondern ausschliesslich nationales Recht zur Anwendung (vgl. Art. 4 Abs. 1

SR 142.204 Verordnung vom 15. August 2018 über die Einreise und die Visumerteilung (VEV) VEV Art. 4 Einreisevoraussetzungen für einen längerfristigen Aufenthalt - 1 Für einen längerfristigen Aufenthalt müssen Ausländerinnen und Ausländer neben den Voraussetzungen nach Artikel 6 Absatz 1 Buchstaben a, d und e des Schengener Grenzkodex43 zusätzlich folgende Einreisevoraussetzungen erfüllen: |
|
1 | Für einen längerfristigen Aufenthalt müssen Ausländerinnen und Ausländer neben den Voraussetzungen nach Artikel 6 Absatz 1 Buchstaben a, d und e des Schengener Grenzkodex43 zusätzlich folgende Einreisevoraussetzungen erfüllen: |
a | Sie müssen, sofern erforderlich, über ein Visum für einen längerfristigen Aufenthalt nach Artikel 9 verfügen. |
b | Sie müssen die ausländerrechtlichen Zulassungsvoraussetzungen für den beabsichtigten Aufenthaltszweck erfüllen. |
2 | Ausländerinnen und Ausländern, die die Voraussetzungen von Absatz 1 nicht erfüllen, kann in begründeten Fällen aus humanitären Gründen die Einreise in die Schweiz für einen längerfristigen Aufenthalt bewilligt werden. Ein solcher Fall liegt insbesondere dann vor, wenn die betreffende Person im Herkunftsstaat unmittelbar, ernsthaft und konkret an Leib und Leben gefährdet ist. |

SR 142.204 Verordnung vom 15. August 2018 über die Einreise und die Visumerteilung (VEV) VEV Art. 9 Visumpflicht für längerfristige Aufenthalte - 1 Drittstaatsangehörige benötigen für einen längerfristigen Aufenthalt in der Schweiz ein entsprechendes von der Schweiz ausgestelltes Visum. Von dieser Pflicht befreit sind Inhaberinnen und Inhaber eines Visums für einen längerfristigen Aufenthalt oder eines gültigen Aufenthaltstitels eines anderen Schengen-Staates.61 |
|
1 | Drittstaatsangehörige benötigen für einen längerfristigen Aufenthalt in der Schweiz ein entsprechendes von der Schweiz ausgestelltes Visum. Von dieser Pflicht befreit sind Inhaberinnen und Inhaber eines Visums für einen längerfristigen Aufenthalt oder eines gültigen Aufenthaltstitels eines anderen Schengen-Staates.61 |
2 | In Abweichung von Absatz 1 sind Staatsangehörige folgender Staaten von der Visumpflicht für längerfristige Aufenthalte befreit: Andorra, Australien, Brunei Darussalam, Japan, Malaysia, Monaco, Neuseeland, San Marino, Singapur, Vatikanstadt und Vereinigtes Königreich.62 |
3.2 Gemäss Art. 4 Abs. 2

SR 142.204 Verordnung vom 15. August 2018 über die Einreise und die Visumerteilung (VEV) VEV Art. 4 Einreisevoraussetzungen für einen längerfristigen Aufenthalt - 1 Für einen längerfristigen Aufenthalt müssen Ausländerinnen und Ausländer neben den Voraussetzungen nach Artikel 6 Absatz 1 Buchstaben a, d und e des Schengener Grenzkodex43 zusätzlich folgende Einreisevoraussetzungen erfüllen: |
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1 | Für einen längerfristigen Aufenthalt müssen Ausländerinnen und Ausländer neben den Voraussetzungen nach Artikel 6 Absatz 1 Buchstaben a, d und e des Schengener Grenzkodex43 zusätzlich folgende Einreisevoraussetzungen erfüllen: |
a | Sie müssen, sofern erforderlich, über ein Visum für einen längerfristigen Aufenthalt nach Artikel 9 verfügen. |
b | Sie müssen die ausländerrechtlichen Zulassungsvoraussetzungen für den beabsichtigten Aufenthaltszweck erfüllen. |
2 | Ausländerinnen und Ausländern, die die Voraussetzungen von Absatz 1 nicht erfüllen, kann in begründeten Fällen aus humanitären Gründen die Einreise in die Schweiz für einen längerfristigen Aufenthalt bewilligt werden. Ein solcher Fall liegt insbesondere dann vor, wenn die betreffende Person im Herkunftsstaat unmittelbar, ernsthaft und konkret an Leib und Leben gefährdet ist. |

SR 142.204 Verordnung vom 15. August 2018 über die Einreise und die Visumerteilung (VEV) VEV Art. 4 Einreisevoraussetzungen für einen längerfristigen Aufenthalt - 1 Für einen längerfristigen Aufenthalt müssen Ausländerinnen und Ausländer neben den Voraussetzungen nach Artikel 6 Absatz 1 Buchstaben a, d und e des Schengener Grenzkodex43 zusätzlich folgende Einreisevoraussetzungen erfüllen: |
|
1 | Für einen längerfristigen Aufenthalt müssen Ausländerinnen und Ausländer neben den Voraussetzungen nach Artikel 6 Absatz 1 Buchstaben a, d und e des Schengener Grenzkodex43 zusätzlich folgende Einreisevoraussetzungen erfüllen: |
a | Sie müssen, sofern erforderlich, über ein Visum für einen längerfristigen Aufenthalt nach Artikel 9 verfügen. |
b | Sie müssen die ausländerrechtlichen Zulassungsvoraussetzungen für den beabsichtigten Aufenthaltszweck erfüllen. |
2 | Ausländerinnen und Ausländern, die die Voraussetzungen von Absatz 1 nicht erfüllen, kann in begründeten Fällen aus humanitären Gründen die Einreise in die Schweiz für einen längerfristigen Aufenthalt bewilligt werden. Ein solcher Fall liegt insbesondere dann vor, wenn die betreffende Person im Herkunftsstaat unmittelbar, ernsthaft und konkret an Leib und Leben gefährdet ist. |
3.3 Praxisgemäss werden humanitäre Visa nur unter sehr restriktiven Bedingungen ausgestellt (vgl. BVGE 2015/5 E. 4.1.3 m.H.). Die Erteilung eines Visums aus humanitären Gründen im Sinne von Art. 4 Abs. 2

SR 142.204 Verordnung vom 15. August 2018 über die Einreise und die Visumerteilung (VEV) VEV Art. 4 Einreisevoraussetzungen für einen längerfristigen Aufenthalt - 1 Für einen längerfristigen Aufenthalt müssen Ausländerinnen und Ausländer neben den Voraussetzungen nach Artikel 6 Absatz 1 Buchstaben a, d und e des Schengener Grenzkodex43 zusätzlich folgende Einreisevoraussetzungen erfüllen: |
|
1 | Für einen längerfristigen Aufenthalt müssen Ausländerinnen und Ausländer neben den Voraussetzungen nach Artikel 6 Absatz 1 Buchstaben a, d und e des Schengener Grenzkodex43 zusätzlich folgende Einreisevoraussetzungen erfüllen: |
a | Sie müssen, sofern erforderlich, über ein Visum für einen längerfristigen Aufenthalt nach Artikel 9 verfügen. |
b | Sie müssen die ausländerrechtlichen Zulassungsvoraussetzungen für den beabsichtigten Aufenthaltszweck erfüllen. |
2 | Ausländerinnen und Ausländern, die die Voraussetzungen von Absatz 1 nicht erfüllen, kann in begründeten Fällen aus humanitären Gründen die Einreise in die Schweiz für einen längerfristigen Aufenthalt bewilligt werden. Ein solcher Fall liegt insbesondere dann vor, wenn die betreffende Person im Herkunftsstaat unmittelbar, ernsthaft und konkret an Leib und Leben gefährdet ist. |
F-3741/2021 vom 11. Februar 2022 E. 3 m.H.).
3.4 Das Visumsgesuch ist unter Berücksichtigung der aktuellen Gefährdung, der persönlichen Umstände der betroffenen Person und der Lage im Heimat- oder Herkunftsland zu prüfen. Dabei können auch weitere Kriterien wie das Bestehen von Bindungen zur Schweiz und die Integrationsaussichten oder die Unmöglichkeit, in einem anderen Land um Schutz nachzusuchen, mitberücksichtigt werden (vgl. BVGE 2018 VII/5 E. 3.6.3; Urteil des BVGer F-3278/2021 vom 10. Januar 2022 E. 3.3).
3.5 Im Gegensatz zum Asylverfahren gilt für die Erteilung eines humanitären Visums ein erhöhtes Beweismass. Die Gefährdung muss offensichtlich sein; eine blosse Glaubhaftmachung genügt nicht (statt vieler: Urteile des BVGer F-274/2020 vom 22. Juni 2021 E. 5.2; F-3968/2017 vom 20. Juni 2019 E. 5; D-4765/2014 vom 21. März 2016 E. 2.5). Dies ergibt sich daraus, dass mit der dringlichen Änderung des Asylgesetzes vom 28. September 2012 (AS 2012 5359) per 29. September 2012 die Möglichkeit aufgehoben wurde, bei einer Schweizer Auslandsvertretung ein Asylgesuch einzureichen. Der Bundesrat hielt in diesem Zusammenhang in seiner Botschaft vom 26. Mai 2010 zur Änderung des Asylgesetzes unter Hinweis auf die Wahrung der humanitären Tradition der Schweiz ausdrücklich fest, dass auch in Zukunft offensichtlich unmittelbar, ernsthaft und konkret gefährdete Personen den Schutz der Schweiz erhalten sollen; dies unter explizitem Verweis auf die bestehende Möglichkeit, um ein Visum "aus humanitären Gründen" zu ersuchen (vgl. BBl 2010 4455). Dabei sollte die Bewilligung eines Visums aus humanitären Gründen an restriktivere Voraussetzungen als die im Falle der Auslandsgesuche entwickelten zu knüpfen sein (vgl. BBl a.a.O., 4468, 4490, und 4520 und ausführlich Urteil des BVGer F-533/2020 vom 31. Mai 2021 E. 3.4 m.w.H.).
4.
4.1 Die Vorinstanz führt in der angefochtenen Verfügung aus, die Beschwerdeführenden seien bereits mindestens seit dem (...) Februar 2021 bei den Behörden in Tadschikistan registriert. Damit seien sie nicht erst seit der Machtübernahme der Taliban in Afghanistan im August 2021 einzig zum Zweck der Einreichung eines humanitären Visums für die Schweiz nach Tadschikistan gereist. Nachteile im Zusammenhang mit den neuesten Entwicklungen in Afghanistan würden zudem nicht vorgebracht. Auch wenn der Beschwerdeführer 1 in Afghanistan für internationale Truppen gearbeitet habe und entsprechende Drohungen oder Repressalien habe erleiden müssen, seien keine Nachweise vorgelegt worden, wonach er nunmehr in Tadschikistan gezielt von den Taliban gesucht werde. Auch lägen keine Hinweise vor, dass die Beschwerdeführenden Tadschikistan verlassen müssten. Trotz der schwierigen Lebensumstände sei davon auszugehen, dass sie nicht unmittelbar, ernsthaft und konkret an Leib und Leben gefährdet seien. Es ergäben sich keine Hinweise, wonach sie gemessen am durchschnittlichen Schicksal vieler anderer Personen in einer ähnlichen Situation, in gesteigertem Masse bedroht wären.
4.2 Die Beschwerdeführenden halten dem in ihrer Rechtsmitteleingabe im Wesentlichen entgegen, der Beschwerdeführer 1 gehöre durch seine frühere Arbeitstätigkeit für ausländische Truppen zu einer konkreten Risikogruppe, welche nach der Praxis des Bundesverwaltungsgerichts aufgrund ihrer Exponiertheit einem erhöhten Verfolgungsrisiko ausgesetzt sei. Im (...) 2004 habe er seine Arbeit als (...) am Q._______ von Kabul für die International Security Assistance Force (nachfolgend: ISAF), einer Sicherheits- und Wiederaufbaumission unter NATO-Führung, aufgenommen. Als er im September 2019 noch für die Folgemission Resolute Support (nachfolgend: RS) gearbeitet habe, habe er mündliche und schriftliche Todesdrohungen der Taliban, von ISIS und anderen terroristischen Gruppen erhalten. Insbesondere sei ihm im September 2019, als er der Trauerfeier für seinen Vater im Dorf X._______ beiwohnte, von einem unbekannten Mann ein Drohbrief der Taliban ausgehändigt worden (vgl. Beschwerdebeilage 16). Darin sei er mit dem Tod bedroht worden, sollte er nicht 1'000'000 Afghanis bezahlen. Gleichzeitig sei ihm mitgeteilt worden, dass zurzeit aufgrund der Zeremonie nichts gegen ihn unternommen werde, man jedoch danach zu ihm zurückkommen werde. Sofort habe er sich danach nach Kabul begeben, wo er zunächst in das Haus seines Schwiegervaters umgezogen sei. Am (...) 2020 sei er von seiner Stelle zurückgetreten und habe im Anschluss mehrmals seine Adresse gewechselt. Da er weiterhin bedroht worden sei, habe er zusammen mit seiner Familie Afghanistan schliesslich verlassen. Aktuell lebten sie in der Stadt Y._______ in Tadschikistan, wo sie bloss über einen temporären Aufenthaltstitel verfügten und es ihnen nicht möglich sei, zu arbeiten. Die Beschwerdeführerin 2 leide überdies an Diabetes, wobei sie für die benötigten Medikamente mangels Krankenversicherung selbst aufkommen müsste.
Angesichts der sich kürzlich stark verschlechterten Sicherheits- und Verfolgungslage in Afghanistan sei davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer 1 auch eine künftige Verfolgung zu befürchten habe. Aufgrund der mehrfachen Bedrohungen bestehe bei ihm eine unmittelbare, konkrete und ernsthafte Gefährdung an Leib und Leben und die reelle Gefahr einer Reflexverfolgung für seine Familienangehörigen. Zudem verfügten die Beschwerdeführenden über einen engen Bezug zur Schweiz, da die Schwester des Beschwerdeführers 1, G._______, hier lebe.
4.3 In ihrer Vernehmlassung führt die Vorinstanz dazu aus, das im Beschwerdeverfahren neu eingereichte Drohschreiben könne nicht verifiziert werden und habe keinen Beweiswert. Es sei bekannt, dass in Afghanistan eine Vielzahl solcher Schreiben im Schwarzhandel bezogen werden könnten. Gemäss den Kenntnissen des SEM sei es auch nicht üblich, dass die Taliban in dieser Form Zahlungsforderungen stellten oder Urteile kommunizierten. Zudem sei kaum davon auszugehen, dass solche Schreiben über unbekannte Drittpersonen zugestellt würden oder ein Urteil beziehungsweise eine Forderung infolge einer Beerdigungszeremonie ausgesetzt werde. Was die gesundheitliche Situation der Beschwerdeführerin 2 angehe, sei eine ärztliche Grundversorgung in Tadschikistan gewährleistet. Es werde dementsprechend auch einzig geltend gemacht, dass aufgrund des fehlenden Aufenthaltsstatus ein Versicherungsabschluss nicht möglich sei. Allein der Umstand, dass eine Behandlung gegen Diabetes nur in der Schweiz möglich sei, vermöge im vorliegenden Fall eine Einreise der ganzen Familie nicht zu rechtfertigen. Es könne insgesamt nicht von einer besonders prekären Notlage ausgegangen werden, welche die Einreise in die Schweiz als zwingend notwendig erscheinen lasse.
4.4 Replikweise wird ausgeführt, das Original des Drohbriefs befinde sich beim Beschwerdeführer 1 in Tadschikistan. Er habe grosse Angst, das Dokument in die Schweiz zu schicken, da die Post in Tadschikistan kontrolliert werde und er aufgrund dessen Probleme mit den dortigen Behörden befürchte. Zur Bezahlung der Geldforderung sei er von den Taliban aufgefordert worden, da diese aufgrund seines Arbeitgebers gewusst hätten, dass er ein verhältnismässig hohes Gehalt bezogen habe. Was den Überbringer des Schreibens angehe, sei naheliegend, dass dieser auch zu den Taliban gehört habe. Die Forderung sei nicht direkt durchgesetzt worden, da zum gleichen Zeitpunkt die Beerdigung seines Vaters stattgefunden habe, was nicht ungewöhnlich sei. Ferner seien die Aufenthaltstitel der Beschwerdeführenden in Tadschikistan nur noch bis am (...) Februar 2022 gültig und die Behörden hätten sich bislang geweigert, diese zu verlängern. Es bestehe die Gefahr, dass sie sich bald ohne gültigen Aufenthaltstitel dort aufhalten werden, was zu einer Ausschaffung nach Afghanistan führen könnte. Sie seien damit ernsthaft an Leib und Leben gefährdet.
5.
Unter Berücksichtigung der dargestellten Parteistandpunkte ist nachfolgend über die Rechtmässigkeit der von der Vorinstanz angeordneten Verweigerung der humanitären Visa zu entscheiden.
5.1 Näher zu prüfen ist vorab die vom Beschwerdeführer 1 geltend gemachte Zugehörigkeit zu einer besonders gefährdeten Personengruppe von afghanischen Staatsangehörigen aufgrund seiner früheren beruflichen Stellung in Kabul.
5.2 Der Beschwerdeschrift vom 19. November 2021 liegen dazu zahlreiche Beweismittel bei, welche das Bundesverwaltungsgericht als authentisch erachtet. Gemäss einem undatierten Arbeitszeugnis, ausgestellt durch das Z._______, war der Beschwerdeführer 1 vom (...) bis am (...) zunächst als (...) für das W._______ auf dem Q._______ tätig (Beschwerdebeilage 6). Aus den eingereichten Bescheinigungen ist sodann zu schliessen, dass er dort bis ins Jahr 2020 als ausgebildeter (...) für die NATO arbeitete, wo er zudem verschiedene Weiterbildungen absolvierte. Diese Beschäftigung wird durch mehrere Arbeitszeugnisse, Ausbildungsnachweise sowie Ausweiskarten dokumentiert. Unter den eingereichten Unterlagen befinden sich zudem durch die NATO-Truppen beziehungsweise die ISAF ausgestellte Anerkennungszertifikate (sog. «certificate of appreciation») zugunsten des Beschwerdeführers 1 sowie Referenzschreiben seiner ehemaligen internationalen Vorgesetzten. Aus letzteren geht sodann hervor, dass der Beschwerdeführer 1 zuletzt eine Stellung als (...) bei der NATO/ISAF und RS innehatte (zum Ganzen Beschwerdebeilagen 6 - 8).
5.3 Mit dieser ausführlichen Dokumentation seines früheren beruflichen Engagements in Afghanistan vermag der Beschwerdeführer 1 den Beweis dafür zu erbringen, dass er vor der Machtübernahme durch die Taliban der ehemaligen afghanischen Regierung sowie der internationalen Gemeinschaft nahestand und als Unterstützer derselben wahrgenommen wurde. Ehemalige Mitarbeitende der abgezogenen internationalen Truppen scheinen zwar durch die Taliban nicht systematisch verfolgt zu werden, gerade bei Personen, welche für westliche Militärs gearbeitet haben, besteht allerdings ein erhöhtes Risiko (vgl. dazu SEM, Focus Afghanistan - Verfolgung durch Taliban: Potentielle Risikoprofile, 15. Februar 2022, Bern, S. 20 f., 51; www.sem.admin.ch Internationales & Rückkehr Herkunftsländerinformationen Asien und Nahost , abgerufen am 13.01.2023 [nachfolgend: SEM, Risikoprofile]). Damit steht grundsätzlich fest, dass der Beschwerdeführer 1 einer Personengruppe angehört, bei der gemäss Praxis des Bundesverwaltungsgerichts davon auszugehen ist, dass sie in Afghanistan aufgrund ihrer Exponiertheit einem erhöhten Verfolgungsrisiko ausgesetzt ist und für welche sich die Gefährdungslage seit der im August 2021 erfolgten Übernahme der Kontrolle über das gesamte Staatsgebiet durch die Taliban und dem inzwischen vollständigen Abzug der amerikanischen und anderen ausländischen Streitkräfte erheblich akzentuiert hat (vgl. Urteile des BVGer F-985/2022 vom 1. Dezember 2022 E. 5.3; D-2161/2021 vom 12. Januar 2022 E. 7 m.w.H.; E-562/2022 vom 5. April 2022 E. 5.2; E-2720/2021 vom 19. Oktober 2021 E. 6.2.1; SEM, Risikoprofile, S. 21 ff.).
5.4 Folglich ist mit einer unmittelbaren und individuellen Gefährdung des Beschwerdeführers 1 in Afghanistan zu rechnen, die ihn mehr als andere Personen betrifft, und welche die Ausstellung eines humanitären Visums rechtfertigen könnte. Ob in Bezug auf seine Familienangehörigen, die Beschwerdeführenden 2 - 6, wie geltend gemacht von einer Reflexverfolgung ausgegangen werden muss (vgl. dazu SEM, Risikoprofile, S. 47), kann angesichts nachfolgender Erwägungen jedoch letztlich offengelassen werden.
6.
6.1 Die Beschwerdeführenden geben an, heute in der Stadt Y._______ in Tadschikistan zu leben. Unter Berufung auf ihren temporären Aufenthaltstitel in Tadschikistan weisen sie replikweise auf die Gefahr einer möglichen Ausschaffung nach Afghanistan hin.
6.2 Auch das Bestehen einer solchen Gefährdung ist im Zusammenhang mit der Erteilung humanitärer Visa individuell und konkret zu belegen (vgl. vorstehend E. 3.5). Inwiefern den Beschwerdeführenden eine Rückführung nach Afghanistan konkret drohen soll, wird allerdings weder dargelegt noch ist dies angesichts der nachfolgenden Ausführungen mit hoher Wahrscheinlichkeit anzunehmen: Die Beschwerdeführenden sind offenbar Anfang des Jahres 2021 - und damit vor der Machtübernahme der Taliban in Afghanistan im August 2021 - legal nach Tadschikistan eingereist und haben sich dort seither rechtmässig aufgehalten. Aus den Vorakten geht eindeutig hervor, dass die Beschwerdeführenden in Tadschikistan als Flüchtlinge registriert worden sind (vgl. Refugee Certificates vom [...] 2021, Akten der Vorinstanz [SEM-act.] 5/124 ff.) und über sog. Registration Cards verfügen, welche für die Gültigkeitsdauer eines Jahres ausgestellt worden sind. Die zu den Akten gereichten Aufenthaltsgenehmigungen liefen zwar, wie zu Recht geltend gemacht wird, am (...) Februar 2022 ab. Die vertretenen Beschwerdeführenden unterliessen es jedoch, sich nach Eingabe ihrer Replik vom 10. Februar 2022 nochmals dazu zu äussern, und eine Verlängerung der Aufenthaltstitel scheint gerade im Fall der Beschwerdeführenden nicht ausgeschlossen zu sein. Laut einem aktuellen Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe zur Lage afghanischer Flüchtlinge in Tadschikistan scheint zwar die Bereitschaft Tadschikistans zur Aufnahme afghanischer Flüchtlinge im Verlauf des Jahres 2021 abgenommen zu haben, und die lokalen Behörden hätten im Juli 2021 die Ausstellung von Aufenthaltsgenehmigungen für neu eingereiste afghanische Staatsangehörige ausgesetzt. Afghanischen Staatsangehörigen, die ihren Wohnsitz nicht vor diesen Entwicklungen vor Ort angemeldet hätten, sei der Zugang zum Asylverfahren verwehrt (Schweizerische Flüchtlingshilfe [SFH]: Tadschikistan: Gesundheitsversorgung für afghanische Flüchtlinge, vom 1. Juni 2022, S. 4 f. [nachfolgend: Bericht SFH]). Die Beschwerdeführenden, welche bereits im (...) 2021 in Tadschikistan registriert worden sind, dürften davon jedoch nicht betroffen sein. Zwar kann nicht gänzlich ausgeschlossen werden, dass auch die bereits Anfang des Jahres 2021 ausgestellten Aufenthaltsgenehmigungen nicht mehr verlängert werden. Mit ihrem spekulativen und unbelegt gebliebenen Vorbringen eines möglicherweise illegalen Aufenthalts nach Ablauf der Gültigkeitsdauer der ausgestellten Aufenthaltstitel gelingt es den Beschwerdeführenden aber nicht, die individuelle und offensichtliche Gefahr einer Rückführung nach Afghanistan mit der für die Erteilung eines humanitären Visums notwendigen Konkretheit darzutun. Auch wenn einzelne Fälle von
Deportationen aus Tadschikistan nach Afghanistan dokumentiert sind (vgl. Bericht SFH, S. 7), sprechen die konkreten Umstände vorliegend gegen eine drohende zwangsweise Rückführung nach Afghanistan, was auch dadurch gestützt wird, dass die tadschikische Regierung im Juni 2021 eine Gesetzesänderung vorgenommen hat, um Abschiebungen auszuschliessen (vgl. Bericht SFH, S. 7).
7.
7.1 Schliesslich ist zu untersuchen, ob sich die Beschwerdeführenden in Tadschikistan in einem für sie sicheren Drittstaat aufhalten.
7.2 Hinweise auf eine Verfolgungsgefahr der Beschwerdeführenden durch die Taliban in Tadschikistan liegen nicht vor und werden von den Beschwerdeführenden auch nicht explizit geltend gemacht. Die geschilderten Drohungen in der Vergangenheit haben sich aktengemäss alle in Afghanistan zugetragen und erscheinen zudem in freier Beweiswürdigung (vgl. Art. 19

SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz VwVG Art. 19 - Auf das Beweisverfahren finden ergänzend die Artikel 37, 39-41 und 43-61 BZP50 sinngemäss Anwendung; an die Stelle der Straffolgen, die die BZP gegen säumige Parteien oder Dritte vorsieht, tritt die Straffolge nach Artikel 60 dieses Gesetzes. |

SR 273 Bundesgesetz vom 4. Dezember 1947 über den Bundeszivilprozess BZP Art. 40 - Der Richter würdigt die Beweise nach freier Überzeugung. Er wägt mit das Verhalten der Parteien im Prozesse, wie das Nichtbefolgen einer persönlichen Vorladung, das Verweigern der Beantwortung richterlicher Fragen und das Vorenthalten angeforderter Beweismittel. |
7.3 Nicht anders verhält es sich hinsichtlich der gesundheitlichen Situation der Beschwerdeführerin 2. Dazu liegt ein Bericht des T._______ in Kabul vom 1. März 2020 vor, wonach die Beschwerdeführerin 2 aufgrund von Typ-1-Diabetes zwei Mal täglich auf Insulin angewiesen ist (vgl. Beschwerdebeilage 14). Wiewohl diese gesundheitliche Einschränkung den Alltag zweifellos erschwert, handelt es sich nicht um eine lebensbedrohliche Beeinträchtigung, was von den Beschwerdeführenden denn auch nicht behauptet wird. Sie führen dazu aus, die Beschwerdeführerin 2 habe sich in Tadschikistan bereits in ärztliche Betreuung begeben. Der Familie sei es als Flüchtlinge jedoch nicht möglich, sich dort krankenversichern zu lassen und sie müsse für sämtliche Kosten selbst aufkommen.
Dazu ist in grundsätzlicher Weise festzuhalten, dass es in Tadschikistan offenbar kein nationales Krankenversicherungssystem gibt, welches die Behandlung und die Versorgung mit Medikamenten abdeckt. Der (kostenpflichtige) Zugang zu den Gesundheitsdiensten ist anerkannten Flüchtlingen und Asylsuchenden in Tadschikistan jedoch uneingeschränkt möglich (SFH Bericht, S. 5 f.). Die fehlende Erschwinglichkeit einer medizinischen Behandlung allein ist jedoch nicht geeignet, eine Notlage zu begründen und der Umstand, dass in der Schweiz eine medizinische Behandlung geeigneter und leichter zugänglich wäre, kann - für sich allein - ein behördliches Eingreifen nicht rechtfertigen (vgl. Urteile des BVGer F-985/2022 E. 7.5; F-662/2019 vom 11. Juni 2019 E. 4.2; F-6511/2018 vom 28. August 2019 E. 4.5 m.H.).
7.4 Eine Gefährdung der Beschwerdeführenden besteht damit in Tadschikistan nicht. Das Risikoprofil des Beschwerdeführers 1 könnte zwar im Falle einer zwangsweisen Rückführung von Tadschikistan nach Afghanistan die Ausstellung eines humanitären Visums rechtfertigen (vgl. vorstehend E. 5). Das gilt jedoch nach dem Ausgeführten nicht bei einem Verbleib in der Republik Tadschikistan. Diese ist im Falle der Beschwerdeführenden als sicherer Drittstaat zu erachten.
7.5 Abschliessend ist darauf hinzuweisen, dass bei der Beurteilung eines humanitären Visums das Bestehen von Bindungen zur Schweiz mitberücksichtigt wird. Ein bestehendes soziales Netz in der Schweiz beziehungsweise die im vorliegenden Fall hier lebende Schwester des Beschwerdeführers 1 allein genügt jedoch nicht für die Erteilung eines humanitären Visums, wenn wie in casu keine unmittelbare und konkrete Gefährdungslage gegeben ist.
8.
Es ergibt sich nach dem Ausgeführten, dass die Beschwerdeführenden eine unmittelbare und individuelle Gefahr für Leib und Leben durch ihren Verbleib in Tadschikistan oder durch eine konkret drohende zwangsweise Rückführung nach Afghanistan nicht hinreichend belegen konnten. Gesamthaft gestaltet sich ihre Situation zwar zweifelsohne schwierig, ihr Schicksal hebt sich jedoch nicht hinreichend von demjenigen anderer afghanischer Staatsangehöriger ab, die nach der Machtübernahme der Taliban nach Tadschikistan geflüchtet sind. Die hohe Schwelle für die Ausstellung eines humanitären Visums wird nicht erreicht. Die angefochtene Verfügung verletzt Bundesrecht nicht (Art. 49

SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz VwVG Art. 49 - Der Beschwerdeführer kann mit der Beschwerde rügen: |
|
a | Verletzung von Bundesrecht einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens; |
b | unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhaltes; |
c | Unangemessenheit; die Rüge der Unangemessenheit ist unzulässig, wenn eine kantonale Behörde als Beschwerdeinstanz verfügt hat. |
9.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens wären die Verfahrenskosten den Beschwerdeführenden aufzuerlegen (vgl. Art. 63

SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz VwVG Art. 63 - 1 Die Beschwerdeinstanz auferlegt in der Entscheidungsformel die Verfahrenskosten, bestehend aus Spruchgebühr, Schreibgebühren und Barauslagen, in der Regel der unterliegenden Partei. Unterliegt diese nur teilweise, so werden die Verfahrenskosten ermässigt. Ausnahmsweise können sie ihr erlassen werden. |
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1 | Die Beschwerdeinstanz auferlegt in der Entscheidungsformel die Verfahrenskosten, bestehend aus Spruchgebühr, Schreibgebühren und Barauslagen, in der Regel der unterliegenden Partei. Unterliegt diese nur teilweise, so werden die Verfahrenskosten ermässigt. Ausnahmsweise können sie ihr erlassen werden. |
2 | Keine Verfahrenskosten werden Vorinstanzen oder beschwerdeführenden und unterliegenden Bundesbehörden auferlegt; anderen als Bundesbehörden, die Beschwerde führen und unterliegen, werden Verfahrenskosten auferlegt, soweit sich der Streit um vermögensrechtliche Interessen von Körperschaften oder autonomen Anstalten dreht. |
3 | Einer obsiegenden Partei dürfen nur Verfahrenskosten auferlegt werden, die sie durch Verletzung von Verfahrenspflichten verursacht hat. |
4 | Die Beschwerdeinstanz, ihr Vorsitzender oder der Instruktionsrichter erhebt vom Beschwerdeführer einen Kostenvorschuss in der Höhe der mutmasslichen Verfahrenskosten. Zu dessen Leistung ist dem Beschwerdeführer eine angemessene Frist anzusetzen unter Androhung des Nichteintretens. Wenn besondere Gründe vorliegen, kann auf die Erhebung des Kostenvorschusses ganz oder teilweise verzichtet werden.102 |
4bis | Die Spruchgebühr richtet sich nach Umfang und Schwierigkeit der Streitsache, Art der Prozessführung und finanzieller Lage der Parteien. Sie beträgt: |
a | in Streitigkeiten ohne Vermögensinteresse 100-5000 Franken; |
b | in den übrigen Streitigkeiten 100-50 000 Franken.103 |
5 | Der Bundesrat regelt die Bemessung der Gebühren im Einzelnen.104 Vorbehalten bleiben Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe a des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005105 und Artikel 73 des Strafbehördenorganisationsgesetzes vom 19. März 2010106.107 |

SR 173.320.2 Reglement vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE) VGKE Art. 1 Verfahrenskosten - 1 Die Kosten der Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht (Gericht) setzen sich zusammen aus der Gerichtsgebühr und den Auslagen. |
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1 | Die Kosten der Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht (Gericht) setzen sich zusammen aus der Gerichtsgebühr und den Auslagen. |
2 | Mit der Gerichtsgebühr sind die Kosten für das Kopieren von Rechtsschriften und der für Dienstleistungen normalerweise anfallende Verwaltungsaufwand wie Personal-, Raum- und Materialkosten sowie Post-, Telefon- und Telefaxspesen abgegolten. |
3 | Auslagen sind insbesondere die Kosten für Übersetzungen und für die Beweiserhebung. Die Kosten für Übersetzungen werden nicht verrechnet, wenn es sich um Übersetzungen zwischen Amtssprachen handelt. |

SR 173.320.2 Reglement vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE) VGKE Art. 6 Verzicht auf Verfahrenskosten - Die Verfahrenskosten können einer Partei, der keine unentgeltliche Rechtspflege im Sinne von Artikel 65 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 19684 über das Verwaltungsverfahren gewährt wird, ganz oder teilweise erlassen werden, wenn: |
|
a | ein Rechtsmittel ohne erheblichen Aufwand für das Gericht durch Rückzug oder Vergleich erledigt wird; |
b | andere Gründe in der Sache oder in der Person der Partei es als unverhältnismässig erscheinen lassen, sie ihr aufzuerlegen. |
(Dispositiv nächste Seite)
Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Es werden keine Verfahrenskosten erhoben.
3.
Dieses Urteil geht an die Beschwerdeführenden und die Vorinstanz.
Der vorsitzende Richter: Die Gerichtsschreiberin:
Gregor Chatton Corina Fuhrer
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