Bundesstrafgericht Tribunal pénal fédéral Tribunale penale federale Tribunal penal federal

Geschäftsnummer: BG.2011.17

Beschluss vom 15. Juli 2011 I. Beschwerdekammer

Besetzung

Bundesstrafrichter Tito Ponti, Vorsitz, Emanuel Hochstrasser und Joséphine Contu, Gerichtsschreiberin Sarah Wirz

Parteien

Kanton Bern, Generalstaatsanwaltschaft,

Gesuchsteller

gegen

1. Kanton Aargau, Oberstaatsanwaltschaft,

2. Kanton Wallis, Staatsanwaltschaft,

3. Canton de Vaud, Ministère Public Central,

Gesuchsgegner

Gegenstand

Gerichtsstandskonflikt (Art. 40 Abs. 2
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 40 Gerichtsstandskonflikte - 1 Ist der Gerichtsstand unter Strafbehörden des gleichen Kantons streitig, so entscheidet die Ober- oder Generalstaatsanwaltschaft oder, wenn keine solche vorgesehen ist, die Beschwerdeinstanz dieses Kantons.17
1    Ist der Gerichtsstand unter Strafbehörden des gleichen Kantons streitig, so entscheidet die Ober- oder Generalstaatsanwaltschaft oder, wenn keine solche vorgesehen ist, die Beschwerdeinstanz dieses Kantons.17
2    Können sich die Strafverfolgungsbehörden verschiedener Kantone über den Gerichtsstand nicht einigen, so unterbreitet die Staatsanwaltschaft des Kantons, der zuerst mit der Sache befasst war, die Frage unverzüglich, in jedem Fall vor der Anklageerhebung, dem Bundesstrafgericht zum Entscheid.
3    Die zum Entscheid über den Gerichtsstand zuständige Behörde kann einen andern als den in den Artikeln 31-37 vorgesehenen Gerichtsstand festlegen, wenn der Schwerpunkt der deliktischen Tätigkeit oder die persönlichen Verhältnisse der beschuldigten Person es erfordern oder andere triftige Gründe vorliegen.
StPO)

Sachverhalt:

A. Zwischen dem 4. und 6. Juli 2009 wurde in Z. (VD) in ein Einkaufsgeschäft und in der Nacht vom 12./13. August 2009 in einen Kiosk in Y. (BE) eingebrochen, wobei jeweils übereinstimmendes DNA-Material sichergestellt wurde, welches zu jenem Zeitpunkt noch keiner Person zugeordnet werden konnte (act. 1, S. 2).

Über ein Jahr später ereigneten sich weitere Einbruchdiebstähle: Am 13./14. Oktober 2010 in einem Schuhgeschäft in X. (AG), am 17./18. Oktober 2010 in einer Disco in W. (VS) und am 21./22. Oktober 2010 in einem Einkaufscenter in V. (BE). Die Täterschaft blieb zunächst unbekannt. Beim Einbruch in V. konnte wiederum dieselbe unbekannte DNA-Spur wie im Jahre 2009 sichergestellt werden (act. 1, S. 2). Dieses Tatort-DNA-Profil wurde zwecks Abgleich an die IP Stellen der Zone 2 verbreitet und nach einigen Tagen wurde von IP-Wien mitgeteilt, dass die Tatort-DNA-Spur einer bei dieser erfassten Person, A., habe zugeordnet werden können (act. 1, S. 3).

In der Nacht vom 25. November 2010 versuchten unbekannte Täter in U. (BE) einen Bancomaten aufzubrechen. In derselben Nacht wurden B. und C. in U. kontrolliert und es konnte bei ihnen typisches Einbruchswerkzeug sichergestellt werden. Daraufhin eröffnete der Berner Untersuchungsrichter am 26. November 2011 eine Strafuntersuchung gegen A., B. und C. wegen gewerbs- und bandenmässigen Diebstahls (Ordner 1, S. 1). Mit Verfügung vom 12. Dezember 2010, resp. 25. Februar 2011 eröffnete er gegen D., E. und F. eine Strafuntersuchung (Ordner 1, S. 2-4 und act. 1, S. 3, Ziff. 7).

Die weiteren Ermittlungen ergaben, dass weitere Einbruchdiebstähle in den Kantonen Aargau, Bern, Luzern, Wallis und Zug in wechselseitiger Zusammensetzung begangen worden waren (vgl. VOSTRA-Auszüge der Beschuldigten vom 2. Juli 2011 und act. 1, S. 3, Ziff. 8).

B. Am 24. März 2011 gelangte die Staatsanwaltschaft des Kantons Zug an die Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern und ersuchte diese um Prüfung des Gerichtsstandes und um allfällige Übernahme des Verfahrens betreffend A., B. und F. (Gesuchsbeilage 1).

Mit Schreiben vom 1. April 2011 beantragte das Ministère Public Central des Kantons Waadt bei der Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern die Übernahme seines gegen A. geführten Verfahrens (Gesuchsbeilage 2).

Am 16. Mai 2011 ersuchte die Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern die Staatsanwaltschaft Muri-Bremgarten (AG) um Übernahme des bernischen Verfahrens gegen A., B., C. und D. Gleichzeitig leitete sie auch die Akten der Kantone Zug und Waadt zur Verfahrensübernahme weiter (Gesuchsbeilage 3), was von der Staatsanwaltschaft Muri-Bremgarten am 23. Mai 2011 abgelehnt wurde (Gesuchsbeilage 4).

Mit Schreiben vom 31. Mai 2011 und vom 20. Juni 2011 gelangte die Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern mit einem identischen Ersuchen an die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau (Gesuchsbeilagen 5 und 7), welche ihre Zuständigkeit am 9. Juni 2011 bzw. am 22. Juni 2011 erneut ablehnte (Gesuchsbeilagen 6 und 10).

Ebenfalls mit dem Ersuchen um Verfahrensübernahme sandte die Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern mit Schreiben vom 17. Juni 2011 und 20. Juni 2011 sämtliche Akten an das Ministère Public Central des Kantons Waadt (Gesuchsbeilage 8 und 9), welches am 21. Juni 2011 wiederum seine diesbezügliche Zuständigkeit ablehnte und die Akten zwecks Verfahrensübernahme an die Staatsanwaltschaft des Kantons Wallis weiterleitete (Gesuchsbeilage 11). Mit Schreiben vom 28. Juni 2011 lehnte auch die Staatsanwaltschaft des Kantons Wallis die Zuständigkeit ab und retournierte die Akten an die Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern (Gesuchsbeilage 12).

C. Mit Gesuch vom 4. Juli 2011 gelangte die Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern an die I. Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts und beantragt, die Behörden des Kantons Aargau, eventualiter jene des Kantons Wallis, seien zur Verfolgung und Beurteilung der A., B., C., D., E., F., G. und H. vorgehaltenen Taten für berechtigt und verpflichtet zu erklären (act. 1, S. 1).

In der Gesuchsantwort vom 7. Juli 2011 schliesst sich das Ministère Public Central des Kantons Waadt dem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern an (act. 3). Die Staatsanwaltschaft des Kantons Wallis schliesst sich ihrerseits in der Gesuchsantwort vom 11. Juli 2011 dem Hauptantrag des Gesuches an (act. 4). Die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau verzichtete mit Eingabe vom 11. Juli 2011 unter Hinweis auf die bereits erfolgte Gerichtsstandskorrespondenz auf die Einreichung einer Gesuchsantwort (act. 5).

Auf die Ausführungen der Parteien und die eingereichten Akten wird, soweit erforderlich, in den folgenden rechtlichen Erwägungen Bezug genommen.

Die I. Beschwerdekammer zieht in Erwägung:

1.

1.1 Die Strafbehörden prüfen ihre Zuständigkeit von Amtes wegen und leiten einen Fall wenn nötig der zuständigen Stelle weiter (Art. 39 Abs. 1
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 39 Prüfung der Zuständigkeit und Einigung - 1 Die Strafbehörden prüfen ihre Zuständigkeit von Amtes wegen und leiten einen Fall wenn nötig der zuständigen Stelle weiter.
1    Die Strafbehörden prüfen ihre Zuständigkeit von Amtes wegen und leiten einen Fall wenn nötig der zuständigen Stelle weiter.
2    Erscheinen mehrere Strafbehörden als örtlich zuständig, so informieren sich die beteiligten Staatsanwaltschaften unverzüglich über die wesentlichen Elemente des Falles und bemühen sich um eine möglichst rasche Einigung.
StPO). Erscheinen mehrere Strafbehörden als örtlich zuständig, so informieren sich die beteiligten Staatsanwaltschaften unverzüglich über die wesentlichen Elemente des Falles und bemühen sich um eine möglichst rasche Einigung (Art. 39 Abs. 2
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 39 Prüfung der Zuständigkeit und Einigung - 1 Die Strafbehörden prüfen ihre Zuständigkeit von Amtes wegen und leiten einen Fall wenn nötig der zuständigen Stelle weiter.
1    Die Strafbehörden prüfen ihre Zuständigkeit von Amtes wegen und leiten einen Fall wenn nötig der zuständigen Stelle weiter.
2    Erscheinen mehrere Strafbehörden als örtlich zuständig, so informieren sich die beteiligten Staatsanwaltschaften unverzüglich über die wesentlichen Elemente des Falles und bemühen sich um eine möglichst rasche Einigung.
StPO). Können sich die Strafverfolgungsbehörden verschiedener Kantone über den Gerichtsstand nicht einigen, so unterbreitet die Staatsanwaltschaft des Kantons, der zuerst mit der Sache befasst war, die Frage unverzüglich, in jedem Fall vor der Anklageerhebung, der I. Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts zum Entscheid (Art. 40 Abs. 2
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 40 Gerichtsstandskonflikte - 1 Ist der Gerichtsstand unter Strafbehörden des gleichen Kantons streitig, so entscheidet die Ober- oder Generalstaatsanwaltschaft oder, wenn keine solche vorgesehen ist, die Beschwerdeinstanz dieses Kantons.17
1    Ist der Gerichtsstand unter Strafbehörden des gleichen Kantons streitig, so entscheidet die Ober- oder Generalstaatsanwaltschaft oder, wenn keine solche vorgesehen ist, die Beschwerdeinstanz dieses Kantons.17
2    Können sich die Strafverfolgungsbehörden verschiedener Kantone über den Gerichtsstand nicht einigen, so unterbreitet die Staatsanwaltschaft des Kantons, der zuerst mit der Sache befasst war, die Frage unverzüglich, in jedem Fall vor der Anklageerhebung, dem Bundesstrafgericht zum Entscheid.
3    Die zum Entscheid über den Gerichtsstand zuständige Behörde kann einen andern als den in den Artikeln 31-37 vorgesehenen Gerichtsstand festlegen, wenn der Schwerpunkt der deliktischen Tätigkeit oder die persönlichen Verhältnisse der beschuldigten Person es erfordern oder andere triftige Gründe vorliegen.
StPO i.V.m. Art. 37 Abs. 1
SR 173.71 Bundesgesetz vom 19. März 2010 über die Organisation der Strafbehörden des Bundes (Strafbehördenorganisationsgesetz, StBOG) - Strafbehördenorganisationsgesetz
StBOG Art. 37 Zuständigkeiten - 1 Die Beschwerdekammern des Bundesstrafgerichts treffen die Entscheide, für welche die StPO13 die Beschwerdeinstanz oder das Bundesstrafgericht als zuständig bezeichnet.
1    Die Beschwerdekammern des Bundesstrafgerichts treffen die Entscheide, für welche die StPO13 die Beschwerdeinstanz oder das Bundesstrafgericht als zuständig bezeichnet.
2    Sie entscheiden zudem über:
a  Beschwerden in internationalen Rechtshilfeangelegenheiten gemäss:
a1  dem Rechtshilfegesetz vom 20. März 198114,
a2  dem Bundesgesetz vom 21. Dezember 199515 über die Zusammenarbeit mit den internationalen Gerichten zur Verfolgung schwerwiegender Verletzungen des humanitären Völkerrechts,
a3  dem Bundesgesetz vom 22. Juni 200116 über die Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof,
a4  dem Bundesgesetz vom 3. Oktober 197517 zum Staatsvertrag mit den Vereinigten Staaten von Amerika über gegenseitige Rechtshilfe in Strafsachen;
b  Beschwerden, die ihnen das Bundesgesetz vom 22. März 197418 über das Verwaltungsstrafrecht zuweist;
c  Beschwerden gegen Verfügungen des Bundesverwaltungsgerichts über das Arbeitsverhältnis seiner Richter und Richterinnen und seines Personals sowie des Personals der ständigen Sekretariate der eidgenössischen Schätzungskommissionen;
d  Konflikte über die Zuständigkeit der militärischen und der zivilen Gerichtsbarkeit;
e  Anstände, die ihnen das Bundesgesetz vom 21. März 199720 über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit zum Entscheid zuweist;
f  Anstände, die ihnen das Bundesgesetz vom 7. Oktober 199421 über kriminalpolizeiliche Zentralstellen des Bundes zum Entscheid zuweist;
g  Konflikte über die Zuständigkeit nach dem Geldspielgesetz vom 29. September 201723.
StBOG und Art. 19 Abs. 1 des Organisationsreglements vom 31. August 2010 für das Bundesstrafgericht [Organisationsreglement BStGer, BStGerOR; SR 173.713.161]). Voraussetzung für die Anrufung der I. Beschwerdekammer ist allerdings, dass mit allen ernsthaft in Frage kommenden Kantonen ein Meinungsaustausch durchgeführt wurde (Schweri/Bänziger, Interkantonale Gerichtsstandsbestimmung in Strafsachen, 2. Aufl., Bern 2004, N. 599). Die Behörden, welche berechtigt sind, ihren Kanton im Meinungsaustausch und im Verfahren vor der I. Beschwerdekammer zu vertreten, bestimmen sich nach dem jeweiligen kantonalen Recht (Art. 14 Abs. 4
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 14 Bezeichnung und Organisation der Strafbehörden - 1 Bund und Kantone bestimmen ihre Strafbehörden und deren Bezeichnungen.
1    Bund und Kantone bestimmen ihre Strafbehörden und deren Bezeichnungen.
2    Sie regeln Wahl, Zusammensetzung, Organisation und Befugnisse der Strafbehörden, soweit dieses Gesetz oder andere Bundesgesetze dies nicht abschliessend regeln.
3    Sie können Ober- oder Generalstaatsanwaltschaften vorsehen.
4    Sie können mehrere gleichartige Strafbehörden einsetzen und bestimmen für diesen Fall den jeweiligen örtlichen und sachlichen Zuständigkeitsbereich; ausgenommen sind die Beschwerdeinstanz und das Berufungsgericht.
5    Sie regeln die Aufsicht über ihre Strafbehörden.
StPO; vgl. hierzu Kuhn, Basler Kommentar, Basel 2011, Art. 39
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 39 Prüfung der Zuständigkeit und Einigung - 1 Die Strafbehörden prüfen ihre Zuständigkeit von Amtes wegen und leiten einen Fall wenn nötig der zuständigen Stelle weiter.
1    Die Strafbehörden prüfen ihre Zuständigkeit von Amtes wegen und leiten einen Fall wenn nötig der zuständigen Stelle weiter.
2    Erscheinen mehrere Strafbehörden als örtlich zuständig, so informieren sich die beteiligten Staatsanwaltschaften unverzüglich über die wesentlichen Elemente des Falles und bemühen sich um eine möglichst rasche Einigung.
StPO N. 9 sowie Art. 40
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 40 Gerichtsstandskonflikte - 1 Ist der Gerichtsstand unter Strafbehörden des gleichen Kantons streitig, so entscheidet die Ober- oder Generalstaatsanwaltschaft oder, wenn keine solche vorgesehen ist, die Beschwerdeinstanz dieses Kantons.17
1    Ist der Gerichtsstand unter Strafbehörden des gleichen Kantons streitig, so entscheidet die Ober- oder Generalstaatsanwaltschaft oder, wenn keine solche vorgesehen ist, die Beschwerdeinstanz dieses Kantons.17
2    Können sich die Strafverfolgungsbehörden verschiedener Kantone über den Gerichtsstand nicht einigen, so unterbreitet die Staatsanwaltschaft des Kantons, der zuerst mit der Sache befasst war, die Frage unverzüglich, in jedem Fall vor der Anklageerhebung, dem Bundesstrafgericht zum Entscheid.
3    Die zum Entscheid über den Gerichtsstand zuständige Behörde kann einen andern als den in den Artikeln 31-37 vorgesehenen Gerichtsstand festlegen, wenn der Schwerpunkt der deliktischen Tätigkeit oder die persönlichen Verhältnisse der beschuldigten Person es erfordern oder andere triftige Gründe vorliegen.
StPO N. 10; Schmid, Handbuch des schweizerischen Strafprozessrechts, Zürich/St. Gallen 2009, N. 488; Galliani/Marcellini, Codice svizzero di procedura penale [CPP] - Commentario, Zurigo/San Gallo 2010, n. 5 ad art. 40 CPP).

1.2 Der vorliegende Meinungsaustausch erfolgte unter Einbezug der Kantone Aargau, Bern, Waadt und Wallis (act. 1 und Gerichtsstandskorrespondenz). Damit liegt ein vollständiger Meinungsaustausch vor.

2.

2.1 Die am 1. Januar 2011 neu in Kraft getretenen Bestimmungen der StPO geben zwar den Kantonen keine genau bestimmte Frist, innerhalb welcher sie nach einem gescheiterten Meinungsaustausch die I. Beschwerde-kammer des Bundesstrafgerichts anzurufen haben. In Art. 40 Abs. 2
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 40 Gerichtsstandskonflikte - 1 Ist der Gerichtsstand unter Strafbehörden des gleichen Kantons streitig, so entscheidet die Ober- oder Generalstaatsanwaltschaft oder, wenn keine solche vorgesehen ist, die Beschwerdeinstanz dieses Kantons.17
1    Ist der Gerichtsstand unter Strafbehörden des gleichen Kantons streitig, so entscheidet die Ober- oder Generalstaatsanwaltschaft oder, wenn keine solche vorgesehen ist, die Beschwerdeinstanz dieses Kantons.17
2    Können sich die Strafverfolgungsbehörden verschiedener Kantone über den Gerichtsstand nicht einigen, so unterbreitet die Staatsanwaltschaft des Kantons, der zuerst mit der Sache befasst war, die Frage unverzüglich, in jedem Fall vor der Anklageerhebung, dem Bundesstrafgericht zum Entscheid.
3    Die zum Entscheid über den Gerichtsstand zuständige Behörde kann einen andern als den in den Artikeln 31-37 vorgesehenen Gerichtsstand festlegen, wenn der Schwerpunkt der deliktischen Tätigkeit oder die persönlichen Verhältnisse der beschuldigten Person es erfordern oder andere triftige Gründe vorliegen.
StPO werden sie jedoch verpflichtet, dies „unverzüglich“ bzw. „sans retard“ bzw. „senza indugio“ zu tun. Gemäss TPF BG.2011.7 vom 17. Juni 2011 E. 2.2 (zur Publikation vorgesehen) wird im Normalfall auf die Frist von 10 Tagen gemäss Art. 396 Abs. 1
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 396 Form und Frist - 1 Die Beschwerde gegen schriftlich oder mündlich eröffnete Entscheide ist innert 10 Tagen schriftlich und begründet bei der Beschwerdeinstanz einzureichen.
1    Die Beschwerde gegen schriftlich oder mündlich eröffnete Entscheide ist innert 10 Tagen schriftlich und begründet bei der Beschwerdeinstanz einzureichen.
2    Beschwerden wegen Rechtsverweigerung oder Rechtsverzögerung sind an keine Frist gebunden.
StPO verwiesen. Ein Abweichen von dieser Frist ist nur unter besonderen, von den Gesuchstellern zu spezifizierenden Umständen möglich.

2.2 Der dem Gerichtsstandskonflikt zugrunde liegende Meinungsaustausch wurde mit Schreiben der Staatsanwaltschaft des Kantons Wallis vom 28. Juni 2011 beendet (Gesuchsbeilage 12). Mit dem Gesuch vom 4. Juli 2011 ist die Frist von 10 Tagen gewahrt. Auch die übrigen Eintretensvoraussetzungen geben vorliegend zu keinen weiteren Bemerkungen Anlass, weshalb auf das Gesuch einzutreten ist.

3.

3.1 Die Gerichtsstandsregeln gemäss Art. 31 ff
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 31 Gerichtsstand des Tatortes - 1 Für die Verfolgung und Beurteilung einer Straftat sind die Behörden des Ortes zuständig, an dem die Tat verübt worden ist. Liegt nur der Ort, an dem der Erfolg der Straftat eingetreten ist, in der Schweiz, so sind die Behörden dieses Ortes zuständig.
1    Für die Verfolgung und Beurteilung einer Straftat sind die Behörden des Ortes zuständig, an dem die Tat verübt worden ist. Liegt nur der Ort, an dem der Erfolg der Straftat eingetreten ist, in der Schweiz, so sind die Behörden dieses Ortes zuständig.
2    Ist die Straftat an mehreren Orten verübt worden oder ist der Erfolg an mehreren Orten eingetreten, so sind die Behörden des Ortes zuständig, an dem zuerst Verfolgungshandlungen vorgenommen worden sind.
3    Hat eine beschuldigte Person am selben Ort mehrere Verbrechen, Vergehen oder Übertretungen verübt, so werden die Verfahren vereint.
. StPO entsprechen weitgehend den Bestimmungen nach Art. 340 ff
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 340 Fortgang der Verhandlung - 1 Sind allfällige Vorfragen behandelt, so hat dies zur Folge, dass:
1    Sind allfällige Vorfragen behandelt, so hat dies zur Folge, dass:
a  die Hauptverhandlung ohne unnötige Unterbrechungen zu Ende zu führen ist;
b  die Anklage nicht mehr zurückgezogen und unter Vorbehalt von Artikel 333 nicht mehr geändert werden kann;
c  zur Anwesenheit verpflichtete Parteien den Verhandlungsort nur noch mit Einwilligung des Gerichts verlassen dürfen; verlässt eine Partei den Verhandlungsort, so wird die Verhandlung gleichwohl fortgesetzt.
2    Nach der Behandlung allfälliger Vorfragen gibt die Verfahrensleitung die Anträge der Staatsanwaltschaft bekannt, falls die Parteien nicht darauf verzichten.
. aStGB, welche bis zum Inkrafttreten der StPO am 1. Januar 2011 Geltung hatten. Es kann deshalb grundsätzlich auf die bisherige Praxis zu Art. 340 ff. aStGB verwiesen werden (Schmid, a.a.O, N. 442; Fingerhut/Lieber, Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung [StPO], Zürich 2010, Art. 31
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 31 Gerichtsstand des Tatortes - 1 Für die Verfolgung und Beurteilung einer Straftat sind die Behörden des Ortes zuständig, an dem die Tat verübt worden ist. Liegt nur der Ort, an dem der Erfolg der Straftat eingetreten ist, in der Schweiz, so sind die Behörden dieses Ortes zuständig.
1    Für die Verfolgung und Beurteilung einer Straftat sind die Behörden des Ortes zuständig, an dem die Tat verübt worden ist. Liegt nur der Ort, an dem der Erfolg der Straftat eingetreten ist, in der Schweiz, so sind die Behörden dieses Ortes zuständig.
2    Ist die Straftat an mehreren Orten verübt worden oder ist der Erfolg an mehreren Orten eingetreten, so sind die Behörden des Ortes zuständig, an dem zuerst Verfolgungshandlungen vorgenommen worden sind.
3    Hat eine beschuldigte Person am selben Ort mehrere Verbrechen, Vergehen oder Übertretungen verübt, so werden die Verfahren vereint.
StPO N. 1). Begehen mehrere Beschuldigte zusammen in verschiedenen Kantonen mehrere Delikte, so sind Art. 33
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 33 Gerichtsstand im Falle mehrerer Beteiligter - 1 Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer einer Straftat werden von den gleichen Behörden verfolgt und beurteilt wie die Täterin oder der Täter.
1    Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer einer Straftat werden von den gleichen Behörden verfolgt und beurteilt wie die Täterin oder der Täter.
2    Ist eine Straftat von mehreren Mittäterinnen oder Mittätern verübt worden, so sind die Behörden des Ortes zuständig, an dem zuerst Verfolgungshandlungen vorgenommen worden sind.
und Art. 34 Abs. 1
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 34 - 1 Hat eine beschuldigte Person mehrere Straftaten an verschiedenen Orten verübt, so sind für die Verfolgung und Beurteilung sämtlicher Taten die Behörden des Ortes zuständig, an dem die mit der schwersten Strafe bedrohte Tat begangen worden ist. Bei gleicher Strafdrohung sind die Behörden des Ortes zuständig, an dem zuerst Verfolgungshandlungen vorgenommen worden sind.
1    Hat eine beschuldigte Person mehrere Straftaten an verschiedenen Orten verübt, so sind für die Verfolgung und Beurteilung sämtlicher Taten die Behörden des Ortes zuständig, an dem die mit der schwersten Strafe bedrohte Tat begangen worden ist. Bei gleicher Strafdrohung sind die Behörden des Ortes zuständig, an dem zuerst Verfolgungshandlungen vorgenommen worden sind.
2    Ist in einem beteiligten Kanton im Zeitpunkt des Gerichtsstandsverfahrens nach den Artikeln 39-42 wegen einer der Straftaten schon Anklage erhoben worden, so werden die Verfahren getrennt geführt.
3    Ist eine Person von verschiedenen Gerichten zu mehreren gleichartigen Strafen verurteilt worden, so setzt das Gericht, das die schwerste Strafe ausgesprochen hat, auf Gesuch der verurteilten Person eine Gesamtstrafe fest.
StPO so miteinander zu kombinieren, dass in der Regel alle Mitwirkenden an dem Orte verfolgt werden, wo von einem Mittäter die mit der schwersten Strafe bedrohte Tat verübt worden ist. Bei gleich schweren Strafdrohungen bestimmt sich der Gerichtsstand für alle Beteiligten nach dem Ort, wo die Verfolgungshandlungen zuerst vorgenommen worden sind. Hat ein Mittäter nebst den in Mittäterschaft verübten Taten noch alleine weitere Delikte verübt, ist der Gerichtsstand dort, wo ein Täter die mit der schwersten Strafe bedrohte Tat begangen hat (Schweri/Bänziger, a.a.O., N. 246).

Allgemein gilt eine Untersuchung dann als angehoben und ein Täter dann als verfolgt, wenn eine Straf-, Untersuchungs- oder Polizeibehörde durch die Vornahme von Erhebungen oder in anderer Weise zu erkennen gegeben hat, dass sie jemanden – einen bekannten oder noch unbekannten Täter – einer strafbaren Handlung verdächtigt, oder wenn eine solche Handlung wenigstens zum Gegenstand einer Strafanzeige oder eines Strafantrags gemacht worden ist. Mit dem Eingang der Strafanzeige bei der zuständigen Behörde, insbesondere bei der gerichtlichen Polizei, ist die Untersuchung mit anderen Worten als angehoben zu betrachten (Bartetzko, Basler Kommentar, Basel 2011, Art. 32
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 32 Gerichtsstand bei Straftaten im Ausland oder ungewissem Tatort - 1 Ist eine Straftat im Ausland verübt worden oder kann der Tatort nicht ermittelt werden, so sind für die Verfolgung und Beurteilung die Behörden des Ortes zuständig, an dem die beschuldigte Person ihren Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat.
1    Ist eine Straftat im Ausland verübt worden oder kann der Tatort nicht ermittelt werden, so sind für die Verfolgung und Beurteilung die Behörden des Ortes zuständig, an dem die beschuldigte Person ihren Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat.
2    Hat die beschuldigte Person weder Wohnsitz noch gewöhnlichen Aufenthalt in der Schweiz, so sind die Behörden des Heimatortes zuständig; fehlt auch ein Heimatort, so sind die Behörden des Ortes zuständig, an dem die beschuldigte Person angetroffen worden ist.
3    Fehlt ein Gerichtsstand nach den Absätzen 1 und 2, so sind die Behörden des Kantons zuständig, der die Auslieferung verlangt hat.
StPO N. 12; Schweri/Bänziger, a.a.O., N. 142 m.w.H.; vgl. auch TPF BG.2006.18 vom 12. Mai 2006 E. 4.1, BG.2006.5 vom 25. April 2006 E. 3.1 und BK_G 166/04 vom 11. November 2004 E. 2.2). Dabei spielt es keine Rolle, ob die Behörde der Strafanzeige tatsächlich Folge leistet oder nicht, denn sie kann sich dem Gerichtsstand nicht dadurch entziehen, dass sie die Anzeige von der Hand weist, keine Ermittlungshandlungen durchführt oder keine Anklage erhebt (Schweri/Bänziger, a.a.O., N. 142; BGE 114 IV 76 E. 2 und 3). Erforderlich ist, dass sich die zeitlich erste Untersuchungshandlung anhand der Akten nachweisen lässt (Schweri/Bänziger, a.a.O., N. 152).

3.2 Bei der Beurteilung der Gerichtsstandsfrage muss von der aktuellen Verdachtslage ausgegangen werden. Massgeblich ist nicht, was dem Beschuldigten schlussendlich nachgewiesen werden kann, sondern der Tatbestand, der Gegenstand der Untersuchung bildet, es sei denn, dieser erweise sich von vornherein als haltlos oder sei sicher ausgeschlossen. Der Gerichtsstand bestimmt sich also nicht nach dem, was der Täter begangen hat, sondern nach dem, was ihm vorgeworfen wird, das heisst, was aufgrund der Aktenlage überhaupt in Frage kommt. Dabei stützt sich die I. Beschwerdekammer immer auf Fakten, nicht auf Hypothesen (Moser, Basler Kommentar, Basel 2011, Art. 34
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 34 - 1 Hat eine beschuldigte Person mehrere Straftaten an verschiedenen Orten verübt, so sind für die Verfolgung und Beurteilung sämtlicher Taten die Behörden des Ortes zuständig, an dem die mit der schwersten Strafe bedrohte Tat begangen worden ist. Bei gleicher Strafdrohung sind die Behörden des Ortes zuständig, an dem zuerst Verfolgungshandlungen vorgenommen worden sind.
1    Hat eine beschuldigte Person mehrere Straftaten an verschiedenen Orten verübt, so sind für die Verfolgung und Beurteilung sämtlicher Taten die Behörden des Ortes zuständig, an dem die mit der schwersten Strafe bedrohte Tat begangen worden ist. Bei gleicher Strafdrohung sind die Behörden des Ortes zuständig, an dem zuerst Verfolgungshandlungen vorgenommen worden sind.
2    Ist in einem beteiligten Kanton im Zeitpunkt des Gerichtsstandsverfahrens nach den Artikeln 39-42 wegen einer der Straftaten schon Anklage erhoben worden, so werden die Verfahren getrennt geführt.
3    Ist eine Person von verschiedenen Gerichten zu mehreren gleichartigen Strafen verurteilt worden, so setzt das Gericht, das die schwerste Strafe ausgesprochen hat, auf Gesuch der verurteilten Person eine Gesamtstrafe fest.
StPO N. 11; Guidon/Bänziger, Die aktuelle Rechtsprechung des Bundesstrafgerichts zum interkantonalen Gerichtsstand in Strafsachen, Jusletter 21. Mai 2007, [Rz 25] m.w.H., sowie Entscheid des Bundesstrafgerichts BG.2010.12 vom 8. September 2010, E. 2.2 m.w.H.). Es gilt der Grundsatz „in dubio pro duriore“, wonach im Zweifelsfall auf den für den Beschuldigten ungünstigeren Sachverhalt abzustellen und das schwerere Delikt anzunehmen ist (Guidon/Bänziger, a.a.O., [Rz 42] m.w.H.).

Für die vorliegende Bestimmung des Gerichtsstandes massgeblich ist – aufgrund der gegenüber dem gewerbsmässig begangenen Diebstahl höheren Mindeststrafdrohung – der Vorwurf des bandenmässig verübten Diebstahls im Sinne von Art. 139 Ziff. 3 Abs. 2
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 139 - 1. Wer jemandem eine fremde bewegliche Sache zur Aneignung wegnimmt, um sich oder einen andern damit unrechtmässig zu bereichern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
1    Wer jemandem eine fremde bewegliche Sache zur Aneignung wegnimmt, um sich oder einen andern damit unrechtmässig zu bereichern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
2    ...197
3    Der Dieb wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft, wenn er:
a  gewerbsmässig stiehlt;
b  den Diebstahl als Mitglied einer Bande ausführt, die sich zur fortgesetzten Verübung von Raub oder Diebstahl zusammengefunden hat;
c  zum Zweck des Diebstahls eine Schusswaffe oder eine andere gefährliche Waffe mit sich führt oder eine Explosion verursacht; oder
d  sonst wie durch die Art, wie er den Diebstahl begeht, seine besondere Gefährlichkeit offenbart.198
4    Der Diebstahl zum Nachteil eines Angehörigen oder Familiengenossen wird nur auf Antrag verfolgt.
StGB. Zwischen den Parteien nicht strittig ist, dass die Beschuldigten in unterschiedlicher Zusammensetzung rund um A. bandenmässige Diebstähle verübt haben. Uneinigkeit besteht hingegen in der Frage, ab welchem Zeitpunkt hinsichtlich der verübten Einbruchdiebstähle den Beteiligten die bandenmässige Tatbegehung vorgeworfen werden kann und wo die erste Verfolgungshandlung vorgenommen wurde.

3.3 Bei der rechtlichen Handlungseinheit werden mehrere selbständig strafbare Handlungen im Sinne einer natürlichen Handlungsmehrheit durch ihre gesetzliche Umschreibung im Tatbestand (gewerbsmässiges oder bandenmässiges Delikt oder Dauerdelikt) zu einer rechtlichen oder juristischen Handlungseinheit verschmolzen, die auch als Kollektivdelikt bezeichnet wird. Diese rechtliche Einheit besteht objektiv in gleich gelagerten Handlungen, die gegen das gleiche Rechtsgut gerichtet sind, an verschiedenen Orten begangen werden können, in einem zeitlichen Zusammenhang stehen und subjektiv auf einem alle Handlungen umfassenden Entschluss bzw. einem Gesamtvorsatz beruhen (Entscheide des Bundesstrafgerichts BG.2010.14 vom 20. September 2010, E. 2.2; BG.2008.1 vom 28. Januar 2008, E. 4.4; BG.2007.3 vom 15. Februar 2007, E. 2.1). Nach der Rechtsprechung ist Bandenmässigkeit gegeben, wenn zwei oder mehrere Täter sich mit dem ausdrücklich oder konkludent geäusserten Willen zusammenfinden, inskünftig zur Verübung mehrerer selbstständiger, im einzelnen möglicherweise noch unbestimmter Straftaten zusammenzuwirken. Es macht hierbei keinen Unterschied, ob zwei oder mehr Täter vorhanden sind; entscheidend ist einzig der ausdrücklich oder konkludent manifestierte Wille, inskünftig zur Verübung mehrerer selbständiger, im einzelnen noch unbestimmter Straftaten zusammenzuwirken, und dieser Zusammenschluss (auch nur zweier Personen) ist es, der den einzelnen psychisch und physisch stärkt, ihn deshalb besonders gefährlich macht und die Begehung von weiteren solchen Straftaten voraussehen lässt (vgl. BGE 124 IV 86 E. 2b S. 88 f. m.w.H.; bestätigt in BGE 135 IV 158 E. 2 und 3). Kein Kollektivdelikt, sondern blosse Handlungsmehrheit liegt dann vor, wenn ein Einzelakt mit den übrigen bandenmässig begangenen Delikten keinen Zusammenhang hat bzw. wenn hinsichtlich des Einzelaktes die für dessen Qualifikation als bandenmässig verübtes Delikt notwendigen gesetzlichen Voraussetzungen nicht vorliegen (Entscheide des Bundesstrafgerichts BG.2010.14 vom 20. September 2010, E. 2.2; BG.2010.6 vom 6. Juli 2010, E. 3.4; SK.2005.8 vom 26. Januar 2006, E. 2.3.2.a m.w.H.).

3.4 Aus den Akten lässt sich hinsichtlich der Diebstähle in Z. (VD) vom 4./6. Juli 2009 und in Y. (BE) vom 12./13. August 2009 – selbst in Anwendung des Grundsatzes in dubio pro duriore – nicht auf eine bandenmässige Begehung schliessen. Zwar wurde bei beiden vorgenannten Diebstählen DNA-Material von A. festgestellt und es wird beim Einbruch in Z. vermutet, dass es sich um mehrere Täter gehandelt haben soll. Doch wer nebst A. an dieser Tat beteiligt gewesen sein soll, ob es überhaupt einen Mittäter gegeben hat, ist nicht ersichtlich. Diese Ausgangslage lässt keinen Schluss auf einen manifestierten Willen allfälliger Beteiligter hinsichtlich eines Zusammenwirkens im zuvor ausgeführten Sinne zu. Dagegen spricht auch der Umstand, dass zwischen den beiden Einbrüchen im Juli/August 2009 und der Einbruchserie ab Oktober 2010 ein Zeitraum von über einem Jahr liegt. Alleine der Umstand, dass C. bei einer polizeilichen Kontrolle in T. (ZH) am 14. August 2009, einen Tag nach dem Delikt in B., bei A. im Auto angetroffen wurde, reicht für die Annahme einer bandenmässigen Deliktsbegehung nicht aus.

Von einer bandenmässigen Begehung ist somit erst für die im Jahre 2010 verübten Delikte auszugehen. Der erste Einbruch der Deliktsserie erfolgte am 13./14. Oktober 2010 in das Schuhgeschäft in X. (AG). So gestand C. in seiner Einvernahme vom 2. Februar 2011 ein, mit F. und A. mehrere Einbrüche, so auch denjenigen in ein Schuhgeschäft in X. verübt zu haben (vgl. Gesuchsbeilage 17, S. 3). Dass C. bei der zeitlichen Einordnung gewisse Schwierigkeiten zeigt, vermag aufgrund der Aktenlage und seiner ansonsten detaillierten Aussage keine ernsthaften Zweifel am Deliktszeitpunkt vom 13./14. Oktober 2010 oder am Deliktsobjekt zu begründen. Somit steht fest, dass der erste Einbruch der Deliktsserie am 13./14. Oktober 2010 in das Schuhgeschäft in X. (AG) erfolgte. Die Anzeige dieses Delikts erfolge am 14. Oktober 2010 bei der Kantonspolizei Aargau (Gesuchsbeilage 23). Somit steht fest, dass die erste Verfolgungshandlung für das schwerste in Frage stehende Delikt im Kanton Aargau erfolgt ist.

4. Gestützt auf die vorangehenden Ausführungen liegt der gesetzliche Gerichtsstand im Kanton Aargau. Dieser ist demnach zur Verfolgung und Beurteilung der A., B., C., D., E., F., G. und H. zur Last gelegten Straftaten für berechtigt und verpflichtet zu erklären. Das Gesuch des Kantons Bern ist somit gutzuheissen.

5. Es werden keine Gerichtskosten erhoben (Art. 423 Abs. 1
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 423 Grundsätze - 1 Die Verfahrenskosten werden vom Bund oder dem Kanton getragen, der das Verfahren geführt hat; abweichende Bestimmungen dieses Gesetzes bleiben vorbehalten.
1    Die Verfahrenskosten werden vom Bund oder dem Kanton getragen, der das Verfahren geführt hat; abweichende Bestimmungen dieses Gesetzes bleiben vorbehalten.
2    und 3 ...273
StPO).

Demnach erkennt die I. Beschwerdekammer:

1. Die Strafbehörden des Kantons Aargau sind berechtigt und verpflichtet, die A., B., C., D., E., F., G. und H. zur Last gelegten Straftaten zu verfolgen und zu beurteilen.

2. Es werden keine Kosten erhoben.

Bellinzona, 15. Juli 2011

Im Namen der I. Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts

Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:

Zustellung an

- Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern

- Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau

- Staatsanwaltschaft des Kantons Wallis

- Ministère Public Central

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Entscheid ist kein ordentliches Rechtsmittel gegeben.

Decision information   •   DEFRITEN
Document : BG.2011.17
Date : 15. Juli 2011
Published : 25. Juli 2011
Source : Bundesstrafgericht
Status : Unpubliziert
Subject area : Beschwerdekammer: Strafverfahren
Subject : Gerichtsstandskonflikt (Art. 40 Abs. 2 StPO).


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StBOG: 37
StGB: 139
StPO: 14  31  32  33  34  39  40  340  396  423
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