Bundesstrafgericht
Tribunal pénal fédéral Tribunale penale federale Tribunal penal federal
Geschäftsnummer: BG.2018.16
Beschluss vom 13. Juni 2018 Beschwerdekammer
Besetzung
Bundesstrafrichter Giorgio Bomio-Giovanascini, Vorsitz, Tito Ponti und Stephan Blättler, Gerichtsschreiber Stefan Graf
Parteien
Kanton Zürich,
Gesuchsteller
gegen
1. Cantone Ticino,
2. Kanton Schwyz,
Gesuchsgegner
Gegenstand
Gerichtsstandskonflikt (Art. 40 Abs. 2

SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 40 Gerichtsstandskonflikte - 1 Ist der Gerichtsstand unter Strafbehörden des gleichen Kantons streitig, so entscheidet die Ober- oder Generalstaatsanwaltschaft oder, wenn keine solche vorgesehen ist, die Beschwerdeinstanz dieses Kantons.17 |
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1 | Ist der Gerichtsstand unter Strafbehörden des gleichen Kantons streitig, so entscheidet die Ober- oder Generalstaatsanwaltschaft oder, wenn keine solche vorgesehen ist, die Beschwerdeinstanz dieses Kantons.17 |
2 | Können sich die Strafverfolgungsbehörden verschiedener Kantone über den Gerichtsstand nicht einigen, so unterbreitet die Staatsanwaltschaft des Kantons, der zuerst mit der Sache befasst war, die Frage unverzüglich, in jedem Fall vor der Anklageerhebung, dem Bundesstrafgericht zum Entscheid. |
3 | Die zum Entscheid über den Gerichtsstand zuständige Behörde kann einen andern als den in den Artikeln 31-37 vorgesehenen Gerichtsstand festlegen, wenn der Schwerpunkt der deliktischen Tätigkeit oder die persönlichen Verhältnisse der beschuldigten Person es erfordern oder andere triftige Gründe vorliegen. |
Sachverhalt:
A. A. war in der Zeit vom 26. Juni 2014 bis 17. Februar 2015 Gesellschafterin und Geschäftsführerin der B. GmbH, welche ihren Sitz in Z. (Kanton Schwyz) hatte und ihre Geschäftstätigkeit von dort aus führte. Am 17. Februar 2015 wurde die Organstellung des Gesellschafters und Geschäftsführers der B. GmbH an C. übertragen. Gleichzeitig wurde der Sitz der Gesellschaft nach Y. (Kanton Tessin) verlegt. Am 31. August 2016 eröffnete das Amtsgericht Mendrisio-Sud über die Gesellschaft den Konkurs. Am 12. September 2016 wurde der Konkurs mangels Aktiven eingestellt.
In diesem Zusammenhang führen die Strafverfolgungsbehörden des Kantons Zürich gegen A. ein Strafverfahren wegen des Verdachts der Misswirtschaft (Art. 165 Ziff. 1

SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 165 - 1. Der Schuldner, der in anderer Weise als nach Artikel 164, durch Misswirtschaft, namentlich durch ungenügende Kapitalausstattung, unverhältnismässigen Aufwand, gewagte Spekulationen, leichtsinniges Gewähren oder Benützen von Kredit, Verschleudern von Vermögenswerten oder arge Nachlässigkeit in der Berufsausübung oder Vermögensverwaltung, |
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1 | Der Schuldner, der in anderer Weise als nach Artikel 164, durch Misswirtschaft, namentlich durch ungenügende Kapitalausstattung, unverhältnismässigen Aufwand, gewagte Spekulationen, leichtsinniges Gewähren oder Benützen von Kredit, Verschleudern von Vermögenswerten oder arge Nachlässigkeit in der Berufsausübung oder Vermögensverwaltung, |
2 | Der auf Pfändung betriebene Schuldner wird nur auf Antrag eines Gläubigers verfolgt, der einen Verlustschein gegen ihn erlangt hat. |

SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 166 - Der Schuldner, der die ihm gesetzlich obliegende Pflicht zur ordnungsmässigen Führung und Aufbewahrung von Geschäftsbüchern oder zur Aufstellung einer Bilanz verletzt, so dass sein Vermögensstand nicht oder nicht vollständig ersichtlich ist, wird, wenn über ihn der Konkurs eröffnet oder in einer gemäss Artikel 43 des Bundesgesetzes vom 11. April 1889224 über Schuldbetreibung- und Konkurs (SchKG) erfolgten Pfändung gegen ihn ein Verlustschein ausgestellt worden ist, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
B. Mit Schreiben vom 20. Dezember 2017 ersuchte die Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl die Staatsanwaltschaft Höfe Einsiedeln um Übernahme des gegen A. geführten Verfahrens (act. 1.1). Nachdem diese Anfrage innerkantonal der Staatsanwaltschaft des Kantons Schwyz weitergeleitet worden war, lehnte diese ihre Zuständigkeit mit Schreiben vom 17. Januar 2018 ab (act. 1.2). Daraufhin ersuchte die Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl erfolglos den Ministero pubblico des Kantons Tessin um Übernahme dieses Verfahrens (act. 1.3 und 1.4).
C. Am 18. April 2018 richtete sich die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich in dieser Angelegenheit sowohl an den Ministero pubblico des Kantons Tessin (act. 1.7) sowie an die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Schwyz (act. 1.8) und ersuchte diese, sich zur örtlichen Zuständigkeit zu äussern bzw. das gegen A. geführte Verfahren zu übernehmen. Die angefragten Behörden verneinten ihre eigene Zuständigkeit (act. 1.9 und 1.12). Die letzte Eingabe in dieser Sache ging am 3. Mai 2018 bei der Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich ein (act. 1.12).
D. Am 9. Mai 2018 richtete die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich ein Gesuch um Bestimmung des Gerichtsstands an die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts (act. 1). Darin wird beantragt, es seien die Strafbehörden des Kantons Tessin, eventualiter diejenigen des Kantons Schwyz für berechtigt und verpflichtet zu erklären, die der beschuldigten Person zur Last gelegten Straftaten zu verfolgen und zu beurteilen.
Sowohl der Ministero pubblico des Kantons Tessin als auch die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Schwyz erachten in ihren Gesuchsantworten den jeweils anderen Gesuchsgegner als zuständig zur Verfolgung und Beurteilung der A. zur Last gelegten Straftaten (act. 3 und 4). Diese Eingaben wurden den jeweiligen Behörden am 28. Mai 2018 wechselseitig zur Kenntnis gebracht (act. 5).
Auf die Ausführungen der Parteien und die eingereichten Akten wird, soweit erforderlich, in den nachfolgenden rechtlichen Erwägungen Bezug genommen.
Die Beschwerdekammer zieht in Erwägung:
1.
1.1 Die Strafbehörden prüfen ihre Zuständigkeit von Amtes wegen und leiten einen Fall wenn nötig der zuständigen Stelle weiter (Art. 39 Abs. 1

SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 39 Prüfung der Zuständigkeit und Einigung - 1 Die Strafbehörden prüfen ihre Zuständigkeit von Amtes wegen und leiten einen Fall wenn nötig der zuständigen Stelle weiter. |
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1 | Die Strafbehörden prüfen ihre Zuständigkeit von Amtes wegen und leiten einen Fall wenn nötig der zuständigen Stelle weiter. |
2 | Erscheinen mehrere Strafbehörden als örtlich zuständig, so informieren sich die beteiligten Staatsanwaltschaften unverzüglich über die wesentlichen Elemente des Falles und bemühen sich um eine möglichst rasche Einigung. |

SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 39 Prüfung der Zuständigkeit und Einigung - 1 Die Strafbehörden prüfen ihre Zuständigkeit von Amtes wegen und leiten einen Fall wenn nötig der zuständigen Stelle weiter. |
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1 | Die Strafbehörden prüfen ihre Zuständigkeit von Amtes wegen und leiten einen Fall wenn nötig der zuständigen Stelle weiter. |
2 | Erscheinen mehrere Strafbehörden als örtlich zuständig, so informieren sich die beteiligten Staatsanwaltschaften unverzüglich über die wesentlichen Elemente des Falles und bemühen sich um eine möglichst rasche Einigung. |

SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 40 Gerichtsstandskonflikte - 1 Ist der Gerichtsstand unter Strafbehörden des gleichen Kantons streitig, so entscheidet die Ober- oder Generalstaatsanwaltschaft oder, wenn keine solche vorgesehen ist, die Beschwerdeinstanz dieses Kantons.17 |
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1 | Ist der Gerichtsstand unter Strafbehörden des gleichen Kantons streitig, so entscheidet die Ober- oder Generalstaatsanwaltschaft oder, wenn keine solche vorgesehen ist, die Beschwerdeinstanz dieses Kantons.17 |
2 | Können sich die Strafverfolgungsbehörden verschiedener Kantone über den Gerichtsstand nicht einigen, so unterbreitet die Staatsanwaltschaft des Kantons, der zuerst mit der Sache befasst war, die Frage unverzüglich, in jedem Fall vor der Anklageerhebung, dem Bundesstrafgericht zum Entscheid. |
3 | Die zum Entscheid über den Gerichtsstand zuständige Behörde kann einen andern als den in den Artikeln 31-37 vorgesehenen Gerichtsstand festlegen, wenn der Schwerpunkt der deliktischen Tätigkeit oder die persönlichen Verhältnisse der beschuldigten Person es erfordern oder andere triftige Gründe vorliegen. |

SR 173.71 Bundesgesetz vom 19. März 2010 über die Organisation der Strafbehörden des Bundes (Strafbehördenorganisationsgesetz, StBOG) - Strafbehördenorganisationsgesetz StBOG Art. 37 Zuständigkeiten - 1 Die Beschwerdekammern des Bundesstrafgerichts treffen die Entscheide, für welche die StPO13 die Beschwerdeinstanz oder das Bundesstrafgericht als zuständig bezeichnet. |
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1 | Die Beschwerdekammern des Bundesstrafgerichts treffen die Entscheide, für welche die StPO13 die Beschwerdeinstanz oder das Bundesstrafgericht als zuständig bezeichnet. |
2 | Sie entscheiden zudem über: |
a | Beschwerden in internationalen Rechtshilfeangelegenheiten gemäss: |
a1 | dem Rechtshilfegesetz vom 20. März 198114, |
a2 | dem Bundesgesetz vom 21. Dezember 199515 über die Zusammenarbeit mit den internationalen Gerichten zur Verfolgung schwerwiegender Verletzungen des humanitären Völkerrechts, |
a3 | dem Bundesgesetz vom 22. Juni 200116 über die Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof, |
a4 | dem Bundesgesetz vom 3. Oktober 197517 zum Staatsvertrag mit den Vereinigten Staaten von Amerika über gegenseitige Rechtshilfe in Strafsachen; |
b | Beschwerden, die ihnen das Bundesgesetz vom 22. März 197418 über das Verwaltungsstrafrecht zuweist; |
c | Beschwerden gegen Verfügungen des Bundesverwaltungsgerichts über das Arbeitsverhältnis seiner Richter und Richterinnen und seines Personals sowie des Personals der ständigen Sekretariate der eidgenössischen Schätzungskommissionen; |
d | Konflikte über die Zuständigkeit der militärischen und der zivilen Gerichtsbarkeit; |
e | Anstände, die ihnen das Bundesgesetz vom 21. März 199720 über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit zum Entscheid zuweist; |
f | Anstände, die ihnen das Bundesgesetz vom 7. Oktober 199421 über kriminalpolizeiliche Zentralstellen des Bundes zum Entscheid zuweist; |
g | Konflikte über die Zuständigkeit nach dem Geldspielgesetz vom 29. September 201723. |

SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 396 Form und Frist - 1 Die Beschwerde gegen schriftlich oder mündlich eröffnete Entscheide ist innert 10 Tagen schriftlich und begründet bei der Beschwerdeinstanz einzureichen. |
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1 | Die Beschwerde gegen schriftlich oder mündlich eröffnete Entscheide ist innert 10 Tagen schriftlich und begründet bei der Beschwerdeinstanz einzureichen. |
2 | Beschwerden wegen Rechtsverweigerung oder Rechtsverzögerung sind an keine Frist gebunden. |

SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 14 Bezeichnung und Organisation der Strafbehörden - 1 Bund und Kantone bestimmen ihre Strafbehörden und deren Bezeichnungen. |
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1 | Bund und Kantone bestimmen ihre Strafbehörden und deren Bezeichnungen. |
2 | Sie regeln Wahl, Zusammensetzung, Organisation und Befugnisse der Strafbehörden, soweit dieses Gesetz oder andere Bundesgesetze dies nicht abschliessend regeln. |
3 | Sie können Ober- oder Generalstaatsanwaltschaften vorsehen. |
4 | Sie können mehrere gleichartige Strafbehörden einsetzen und bestimmen für diesen Fall den jeweiligen örtlichen und sachlichen Zuständigkeitsbereich; ausgenommen sind die Beschwerdeinstanz und das Berufungsgericht. |
5 | Sie regeln die Aufsicht über ihre Strafbehörden. |
1.2 Die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich ist berechtigt, den Kanton Zürich bei interkantonalen Gerichtsstandskonflikten vor der Beschwerdekammer zu vertreten (§ 107 Abs. 1 lit. b des Gesetzes über die Gerichts- und Behördenorganisation im Zivil- und Strafprozess des Kantons Zürich vom 10. Mai 2010 [GOG/ZH; LS 211.1]). Auf Seiten der anderen beteiligten Kantone steht diese Befugnis dem Ministero pubblico und da den einzelnen Staatsanwälten (Art. 40 Abs. 2

SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 40 Gerichtsstandskonflikte - 1 Ist der Gerichtsstand unter Strafbehörden des gleichen Kantons streitig, so entscheidet die Ober- oder Generalstaatsanwaltschaft oder, wenn keine solche vorgesehen ist, die Beschwerdeinstanz dieses Kantons.17 |
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1 | Ist der Gerichtsstand unter Strafbehörden des gleichen Kantons streitig, so entscheidet die Ober- oder Generalstaatsanwaltschaft oder, wenn keine solche vorgesehen ist, die Beschwerdeinstanz dieses Kantons.17 |
2 | Können sich die Strafverfolgungsbehörden verschiedener Kantone über den Gerichtsstand nicht einigen, so unterbreitet die Staatsanwaltschaft des Kantons, der zuerst mit der Sache befasst war, die Frage unverzüglich, in jedem Fall vor der Anklageerhebung, dem Bundesstrafgericht zum Entscheid. |
3 | Die zum Entscheid über den Gerichtsstand zuständige Behörde kann einen andern als den in den Artikeln 31-37 vorgesehenen Gerichtsstand festlegen, wenn der Schwerpunkt der deliktischen Tätigkeit oder die persönlichen Verhältnisse der beschuldigten Person es erfordern oder andere triftige Gründe vorliegen. |
2. Gemäss Art. 36 Abs. 1

SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 36 - 1 Bei Straftaten nach den Artikeln 163-171 StGB15 sind die Behörden am Wohnsitz, am gewöhnlichen Aufenthaltsort oder am Sitz der Schuldnerin oder des Schuldners zuständig.16 |
|
1 | Bei Straftaten nach den Artikeln 163-171 StGB15 sind die Behörden am Wohnsitz, am gewöhnlichen Aufenthaltsort oder am Sitz der Schuldnerin oder des Schuldners zuständig.16 |
2 | Für Strafverfahren gegen das Unternehmen nach Artikel 102 StGB sind die Behörden am Sitz des Unternehmens zuständig. Dies gilt ebenso, wenn sich das Verfahren wegen des gleichen Sachverhalts auch gegen eine für das Unternehmen handelnde Person richtet. |
3 | Fehlt ein Gerichtsstand nach den Absätzen 1 und 2, so bestimmt er sich nach den Artikeln 31-35. |

SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 36 - 1 Bei Straftaten nach den Artikeln 163-171 StGB15 sind die Behörden am Wohnsitz, am gewöhnlichen Aufenthaltsort oder am Sitz der Schuldnerin oder des Schuldners zuständig.16 |
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1 | Bei Straftaten nach den Artikeln 163-171 StGB15 sind die Behörden am Wohnsitz, am gewöhnlichen Aufenthaltsort oder am Sitz der Schuldnerin oder des Schuldners zuständig.16 |
2 | Für Strafverfahren gegen das Unternehmen nach Artikel 102 StGB sind die Behörden am Sitz des Unternehmens zuständig. Dies gilt ebenso, wenn sich das Verfahren wegen des gleichen Sachverhalts auch gegen eine für das Unternehmen handelnde Person richtet. |
3 | Fehlt ein Gerichtsstand nach den Absätzen 1 und 2, so bestimmt er sich nach den Artikeln 31-35. |
3.
3.1 Die Beschwerdekammer kann (wie die beteiligten Staatsanwaltschaften untereinander auch) einen andern als den in den Art. 31

SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 31 Gerichtsstand des Tatortes - 1 Für die Verfolgung und Beurteilung einer Straftat sind die Behörden des Ortes zuständig, an dem die Tat verübt worden ist. Liegt nur der Ort, an dem der Erfolg der Straftat eingetreten ist, in der Schweiz, so sind die Behörden dieses Ortes zuständig. |
|
1 | Für die Verfolgung und Beurteilung einer Straftat sind die Behörden des Ortes zuständig, an dem die Tat verübt worden ist. Liegt nur der Ort, an dem der Erfolg der Straftat eingetreten ist, in der Schweiz, so sind die Behörden dieses Ortes zuständig. |
2 | Ist die Straftat an mehreren Orten verübt worden oder ist der Erfolg an mehreren Orten eingetreten, so sind die Behörden des Ortes zuständig, an dem zuerst Verfolgungshandlungen vorgenommen worden sind. |
3 | Hat eine beschuldigte Person am selben Ort mehrere Verbrechen, Vergehen oder Übertretungen verübt, so werden die Verfahren vereint. |

SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 40 Gerichtsstandskonflikte - 1 Ist der Gerichtsstand unter Strafbehörden des gleichen Kantons streitig, so entscheidet die Ober- oder Generalstaatsanwaltschaft oder, wenn keine solche vorgesehen ist, die Beschwerdeinstanz dieses Kantons.17 |
|
1 | Ist der Gerichtsstand unter Strafbehörden des gleichen Kantons streitig, so entscheidet die Ober- oder Generalstaatsanwaltschaft oder, wenn keine solche vorgesehen ist, die Beschwerdeinstanz dieses Kantons.17 |
2 | Können sich die Strafverfolgungsbehörden verschiedener Kantone über den Gerichtsstand nicht einigen, so unterbreitet die Staatsanwaltschaft des Kantons, der zuerst mit der Sache befasst war, die Frage unverzüglich, in jedem Fall vor der Anklageerhebung, dem Bundesstrafgericht zum Entscheid. |
3 | Die zum Entscheid über den Gerichtsstand zuständige Behörde kann einen andern als den in den Artikeln 31-37 vorgesehenen Gerichtsstand festlegen, wenn der Schwerpunkt der deliktischen Tätigkeit oder die persönlichen Verhältnisse der beschuldigten Person es erfordern oder andere triftige Gründe vorliegen. |
3.2 Gründe, welche im Falle von Konkurs- und Betreibungsdelikten für ein Abweichen vom gesetzlichen Gerichtsstand am Sitze der Schuldnerin sprechen, wurden in der bisherigen Praxis verschiedentlich erörtert (vgl. hierzu die Übersicht im Beschluss des Bundesstrafgerichts BG.2011.5 vom 1. Juni 2011 E. 3.2 m.w.H.). Wird die eigentliche Geschäftsführung einer Gesellschaft an einem anderen Ort als dem formellen Sitz abgewickelt, so liegt ein fiktiver Sitz vor. In diesem Fall ist eine Anknüpfung der Zuständigkeit an den tatsächlichen Sitz der Schuldnerin zu prüfen (vgl. hierzu zuletzt den Beschluss des Bundesstrafgerichts BG.2018.1 vom 2. März 2018 E. 2.2). Die Annahme eines fiktiven Sitzes darf jedoch nicht leichthin angenommen werden. Sie drängt sich nur auf, wenn konkrete Hinweise dafür vorliegen, dass dieser bloss vorgeschoben und die effektive Geschäftstätigkeit anderswo vorgenommen wird (Beschlüsse des Bundesstrafgerichts BG.2018.1 vom 2. März 2018 E. 2.2; BG.2016.4 vom 7. Juni 2016 E. 3.1; BG.2015.23 vom 24. August 2015 E. 3.2). Fiktiv ist die Geschäftstätigkeit am formellen Sitz namentlich dann nicht, wenn sich die Akten, auf die die Untersuchung zurückgreifen muss, am Ort der Konkurseröffnung befinden, die in der Untersuchung zu befragenden Zeugen am Konkursort oder in dessen Nähe wohnen und von der Konkursverwaltung für das Strafverfahren allenfalls wichtige Aufschlüsse zu erhalten sind (Beschluss des Bundesstrafgerichts BG.2014.22 vom 3. September 2014 E. 2.2 m.w.H.). Analog kann sich ein Abweichen vom gesetzlichen Gerichtsstand auch aufdrängen, wenn eine Sitzverlegung in einen anderen Zuständigkeitsbereich in zeitlicher Hinsicht unmittelbar vor einer Insolvenzerklärung erfolgt, sich die deliktische Tätigkeit jedoch noch im Zuständigkeitsbereich des ursprünglichen Sitzes abgespielt hat (vgl. hierzu Baumgartner, Die Zuständigkeit im Strafverfahren, 2014, S. 314 f.).
3.3
3.3.1 Der Gesuchsgegner 1 macht im Wesentlichen geltend, der Sitz der Konkursitin im Kanton Tessin sei lediglich fiktiver Natur gewesen, weshalb sich ein Abweichen vom gesetzlichen Gerichtsstand aufdränge (act. 3, Ziff. II.4 f.; mit Hinweis auf den Beschluss des Bundesstrafgerichts BG.2018.1 vom 2. März 2018). Gemäss Gesuchsgegner 2 besteht demgegenüber kein Anlass für ein Abweichen vom gesetzlichen Gerichtsstand (act. 4, Ziff. II.3).
3.3.2 Den Akten ist zu entnehmen, dass sich der Tessiner Sitz der B. GmbH am Wohnsitz des Gesellschafters und Geschäftsführers C. befand (siehe act. 3.4, S. 1 und Untersuchungsakten, pag. 11). Gemäss dessen Aussagen gegenüber der Kantonspolizei Tessin habe dieser von A. lediglich einen leeren Gesellschaftsmantel erworben. So soll der Erwerbspreis bei lediglich Fr. 500.– oder Fr. 1‘000.– gelegen haben (act. 3.4, S. 4). Die Gesellschaft habe zu jenem Zeitpunkt über keinerlei Aktivum verfügt (act. 3.4, S. 5). Geschäftsunterlagen habe er von A. keine erhalten (act. 3.4, S. 5; Untersuchungsakten, pag. 24). Im Tessin habe die Gesellschaft zudem zu keinem Zeitpunkt Angestellte gehabt (act. 3.4, S. 3, 4, 5). C. habe erst erwogen, die Gesellschaft einem anderen Zweck zu widmen (act. 3.4, S. 4), habe mit ihr aber letztlich nie etwas gemacht (act. 3.4, S. 5 f.; siehe auch Untersuchungsakten, pag. 26). Die Gesellschaft verfügte auch bei Konkurseröffnung über keinerlei Aktivum (Untersuchungsakten, pag. 33, 37 f.). Diese Einvernahme von C. erfolgte im Rahmen der gegen ihn geführten Strafuntersuchung, welche mittlerweile an den Kanton Tessin abgetreten wurde (vgl. act. 1.14). Im Zeitraum, in welchem A. die Gesellschafterin und Geschäftsführerin der B. GmbH gewesen ist, hatte die Gesellschaft ihren Sitz im Kanton Schwyz. Von dort aus sei auch deren Geschäftstätigkeit geführt worden (Untersuchungsakten, pag. 2). Betreibungen gegen die Gesellschaft sind sowohl im Kanton Schwyz wie auch im Kanton Tessin eingeleitet worden (Untersuchungsakten, pag. 14 ff., 17 ff.).
3.3.3 Auf Grund der Akten ist damit festzuhalten, dass die B. GmbH von ihrem Sitz im Kanton Tessin aus keine Aktivität entfaltet hat. Es handelt sich dabei aber nicht etwa um einen fiktiven Sitz, da sie nach Verlegung ihres Sitzes in den Kanton Tessin auch an keinem anderen Ort eine Geschäftstätigkeit führte. Die Gesellschaft war in diesem Zeitraum lediglich inaktiv. Insofern unterscheidet sich die Sachlage von derjenigen, die mit Beschluss des Bundesstrafgerichts BG.2018.1 vom 2. März 2018 zu beurteilen war. In jenem Fall lag – anders als vorliegend – auch der Ort der Konkurseröffnung nicht am formellen Sitz der betroffenen Gesellschaft, sondern am Ort der tatsächlich ausgeübten Geschäftstätigkeit. Zutreffend sein dürfte die Annahme, dass den Zeitraum bis zum 17. Februar 2015 betreffend im Kanton Schwyz Steuerunterlagen zur B. GmbH vorhanden sind. Betreibungen gegen die Gesellschaft sind – wie gesagt – jedoch sowohl im Kanton Schwyz wie auch im Kanton Tessin eingeleitet worden, so dass in beiden Kantonen entsprechende Unterlagen vorhanden sind. Angesichts des gegenüber A. erhobenen Tatvorwurfs der Unterlassung der Buchführung (Untersuchungsakten, pag. 4) bestehen zudem Zweifel, dass auch im Kanton Schwyz überhaupt Buchhaltungsunterlagen zum fraglichen Zeitraum erhältlich gemacht werden können. Weiter berücksichtigt werden muss vorliegend die Tatsache, dass die Strafbehörden des Kantons Tessin gegen C., das sog. Endorgan der B. GmbH, im Zusammenhang mit dessen Tätigkeit als Gesellschafter und Geschäftsführer der Gesellschaft ein Strafverfahren führen. Auch wenn keine Anzeichen für das Vorliegen einer Mittäterschaft von A. und C. bzw. einer Teilnahme bestehen, so wird der Kanton Tessin in seinem Verfahren am Orte der Konkurseröffnung Beweise erheben müssen bzw. schon erhoben haben, die auch im Verfahren gegen A. von Relevanz sein könnten (vgl. zu einer ähnlichen Konstellation schon den Beschluss des Bundesstrafgerichts BG.2016.34 vom 25. Januar 2017 E. 4.2, auch wenn dort, anders als hier, die Annahme einer Mittäterschaft naheliegend war).
3.4 Einzelne Elemente des Sachverhalts lassen demnach die Strafverfolgung von A. durch die Strafbehörden des Kantons Tessin als zweckmässig erscheinen. Andere Faktoren mögen durchaus für ein Abweichen vom gesetzlichen Gerichtsstand und für eine Zuständigkeit des Kantons Schwyz sprechen. In ihrer Gesamtheit jedoch sind sie nicht dermassen überwiegend, dass sie den gesetzlichen Gerichtsstand als unzweckmässig erscheinen lassen und ein Abweichen von diesem aufdrängen würden.
4. Nach dem Gesagten ist das Gesuch gutzuheissen und es sind die Strafbehörden des Kantons Tessin gestützt auf Art. 36 Abs. 1

SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 36 - 1 Bei Straftaten nach den Artikeln 163-171 StGB15 sind die Behörden am Wohnsitz, am gewöhnlichen Aufenthaltsort oder am Sitz der Schuldnerin oder des Schuldners zuständig.16 |
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1 | Bei Straftaten nach den Artikeln 163-171 StGB15 sind die Behörden am Wohnsitz, am gewöhnlichen Aufenthaltsort oder am Sitz der Schuldnerin oder des Schuldners zuständig.16 |
2 | Für Strafverfahren gegen das Unternehmen nach Artikel 102 StGB sind die Behörden am Sitz des Unternehmens zuständig. Dies gilt ebenso, wenn sich das Verfahren wegen des gleichen Sachverhalts auch gegen eine für das Unternehmen handelnde Person richtet. |
3 | Fehlt ein Gerichtsstand nach den Absätzen 1 und 2, so bestimmt er sich nach den Artikeln 31-35. |
5. Es ist keine Gerichtsgebühr zu erheben (Art. 423 Abs. 1

SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 423 Grundsätze - 1 Die Verfahrenskosten werden vom Bund oder dem Kanton getragen, der das Verfahren geführt hat; abweichende Bestimmungen dieses Gesetzes bleiben vorbehalten. |
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1 | Die Verfahrenskosten werden vom Bund oder dem Kanton getragen, der das Verfahren geführt hat; abweichende Bestimmungen dieses Gesetzes bleiben vorbehalten. |
2 | und 3 ...274 |
Demnach erkennt die Beschwerdekammer:
1. Die Strafbehörden des Kantons Tessin sind berechtigt und verpflichtet, die A. zur Last gelegten Straftaten zu verfolgen und zu beurteilen.
2. Es wird keine Gerichtsgebühr erhoben.
Bellinzona, 14. Juni 2018
Im Namen der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
Zustellung an
- Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich
- Ministero pubblico del Cantone Ticino
- Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Schwyz
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Entscheid ist kein ordentliches Rechtsmittel gegeben.