S. 383 / Nr. 69 Handels- und Gewerbefreiheit (d)

BGE 64 I 383

69. Urteil vom 7. Oktober 1938 i. S. Schulthess und Genossen gegen Unterwalden
nid dem Wald.


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Regeste:
Legitimation von Hausierern zur staatsrechtlichen Beschwerde gegen ein
Hausiergesetz eines Kantons, in dem sie nicht wohnhaft sind (Erw. 1).
Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
und 31
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 31 Freiheitsentzug - 1 Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden.
1    Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden.
2    Jede Person, der die Freiheit entzogen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich und in einer ihr verständlichen Sprache über die Gründe des Freiheitsentzugs und über ihre Rechte unterrichtet zu werden. Sie muss die Möglichkeit haben, ihre Rechte geltend zu machen. Sie hat insbesondere das Recht, ihre nächsten Angehörigen benachrichtigen zu lassen.
3    Jede Person, die in Untersuchungshaft genommen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich einer Richterin oder einem Richter vorgeführt zu werden; die Richterin oder der Richter entscheidet, ob die Person weiterhin in Haft gehalten oder freigelassen wird. Jede Person in Untersuchungshaft hat Anspruch auf ein Urteil innert angemessener Frist.
4    Jede Person, der die Freiheit nicht von einem Gericht entzogen wird, hat das Recht, jederzeit ein Gericht anzurufen. Dieses entscheidet so rasch wie möglich über die Rechtmässigkeit des Freiheitsentzugs.
BV. Rechtliche Natur der Hausierpatenttaxe: Steuer und Gebühr.
Soweit die Taxe eine Steuer bildet, darf sie für Einwohner anderer Kantone
nicht höher sein als für Einheimische. Nur wenn die Patenterteilung für
Auswärtige mehr Arbeit und Kosten verursacht, darf von diesen ein
entsprechender Zuschlag zu der in der Taxe liegenden Gebühr verlangt werden
(Erw. 2).

A. - Am 24. April 1938 erliess die Landsgemeinde von Nidwalden ein neues
Gesetz betr. den Hausierverkehr, das Verfahren bei Ausverkäufen und die
Bekämpfung unlauteren Geschäftsgebahrens. Darin wird der Hausierhandel

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im allgemeinen an die Erteilung eines Patentes geknüpft und in § 13 werden
hiefür die Taxen bestimmt. In Abs. 1 von § 13 werden die Waren, die mit Patent
im Hausierhandel vertrieben werden dürfen, in 6 Klassen eingeteilt und dafür
monatliche Patenttaxen von 20-200 Fr. festgesetzt. Abs. 5 von § 13 lautet:
«Die vorstehenden Taxen gelten für Schweizerbürger, die im Kanton Nidwalden
festen Wohnsitz haben. In anderen Kantonen wohnende Schweizerbürger haben für
die Erwerbung des Hausierpatentes im Kanton Nidwalden die doppelte, Ausländer
die dreifache Taxe zu bezahlen.»
B. - Gegen dieses im kantonalen Amtsblatt vom 29. April bekannt gemachte
Gesetz haben eine Reihe von Hausierern, die in andern Kantonen wohnen,
darunter der Präsident und andere Mitglieder des Vorstandes des «Verbandes
berufsständischer Kleinhändler der Schweiz», am 30. Mai 1938 die
staatsrechtliche Beschwerde ergriffen mit dem Antrag, die in § 13 Abs. 5
enthaltene Bestimmung, dass in andern Kantonen wohnhafte Schweizerbürger für
das Hausierpatent die doppelte Taxe bezahlen müssen, sei aufzuheben.
Die Rekurrenten machen geltend: Es verstosse gegen die Rechtsgleichheit, einen
ausserkantonalen Hausierer mit höhern Taxen zu belasten, als den
einheimischen. Zudem verfolge das Gesetz den Zweck, auswärts wohnende Personen
vom Hausierhandel auszuschliessen, und verletze insofern die Gewerbefreiheit.
Soweit die Taxe eine Gebühr für eine behördliche Leistung sei, dürfe sie
gegenüber Kantonsfremden nur insofern höher sein, als die Erteilung des
Patentes für diese vermehrte Arbeit erfordere. Das rechtfertige eine
Verdoppelung aber nicht. Eine solche sei auch nicht deswegen zulässig, weil
die Kantonsfremden keine ordentlichen Steuern bezahlen müssten. Die doppelten
Taxen verstiessen zudem deshalb gegen die Gewerbefreiheit und die
Rechtsgleichheit, weil sie den Hausierhandel verunmöglichten; denn sie
schlössen einen angemessenen und vernünftigen Gewinn aus.

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C. - Der Regierungsrat von Nidwalden hat die Abweisung der Beschwerde
beantragt. Er bestreitet zunächst die Legitimation der Rekurrenten zur
Beschwerde, weil es nicht bewiesen sei, dass sie je in Nidwalden hausiert und
nach dem neuen Gesetz ein Hausierpatent erhalten oder auch nur sich um ein
solches beworben haben. Sodann stellt er sich auf den Standpunkt, dass die
stärkere Belastung kantonsfremder Hausierer sachlich begründet sei, indem er
ausführt:
«Ich verweise auf FLEINER: Schweizerisches Bundesstaatsrecht S. 117 und die
dort angeführten Beispiele (Erteilung von Hausierpatenten, Bundesbl. 1889 IV,
86; höhere Gebühren für Auswärtige, BGE 32 I 636; 36 I 670; härtere
Liegenschaftssteuern für auswärts Wohnende, BGE 3 S. 233; 14 S. 150. Erteilung
der gewerbepolizeilichen Erlaubnis nur an Domizilierte, BGE 13 S. 168,
Bundesbl. 1903 IV, S. 433. Beschränkung der Fischerei mit fliegender Angel auf
Kantonseinwohner; Bundesgerichtsentscheid 41 I 154). Der kantonale Hausierer
hat am Niederlassungsort ausser der Hausiertaxe noch die ordentlichen Steuern
auf Vermögen und Erwerb zu bezahlen ... Es entspricht daher der Billigkeit,
wenn der Kantonseinwohner eine mässigere Taxe zu bezahlen hat... Ferner ist
festzuhalten, dass eine unterschiedliche Behandlung sich auch aus
gewerbepolizeilichen Gründen rechtfertigen würde. Das Hausierwesen ist
nachgerade zu einer Landplage geworden ... Diese ausserkantonalen und
ausländischen Hausierer und Hausiererinnen sind geschäftstüchtiger und
zudringlicher als die kantonalen Hausierer, sodass schon aus diesem Grunde
eine unterschiedliche Behandlung sich rechtfertigt.... Die Behörden können
auch nicht zulassen, dass durch eine Konkurrenzierung ausserkantonaler
Hausierer die Steuerkraft des sesshaften Handels geschwächt werde, ohne einen
Ausgleich in den erhöhten Taxen für diejenige Kategorie von Hausierern zu
finden, welche im Kanton keine weiteren Abgaben entrichten.»

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Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.- Der Regierungsrat bestreitet zu Unrecht die Legitimation der Rekurrenten.
Da es sich um die Anfechtung eines allgemein verbindlichen Erlasses handelt,
so ist als Voraussetzung zur Erhebung der Beschwerde ein gegenwärtiger
Eingriff in die persönliche Rechtsstellung nicht erforderlich. Vielmehr genügt
es in einem solchen Fall nach der Praxis im allgemeinen, dass der angefochtene
Erlass insbesondere auch für den Beschwerdeführer verbindliche Kraft hat, in
Verbindung mit der Behauptung, dass er, ihm gegenüber angewendet, gegen ihm
gewährleistete verfassungsmässige Rechte verstossen würde. Nur wo es nach der
Materie, die der Erlass regelt, von vornherein als ausgeschlossen erscheint,
dass der Beschwerdeführer von dem angeblichen Eingriff in verfassungsmässige
Garantien einmal berührt werden könnte, könnte das Eintreten auf die
Beschwerde - so hat sich das Bundesgericht ausgesprochen - mangels eines
praktischen Interesses an der Anfechtung verweigert werden (BGE 48 I S. 265,
595). Im vorliegenden Fall stehen allerdings die Rekurrenten nicht unter der
Hoheit des Kantons, von dem der angefochtene Erlass ausgegangen ist, so dass
er insofern für sie nicht verbindlich ist. Aber es ist nach ihrer
Erwerbstätigkeit leicht möglich, dass sie sich anschicken, diese in Nidwalden
auszuüben, und daher die angefochtene Vorschrift auf sie anwendbar wird. Das
muss für ihre Beschwerdelegitimation genügen. Ob diese bei einzelnen der
Rekurrenten auch deswegen bejaht werden muss, weil sie dem Vorstand des
Berufsverbandes der Hausierer angehören, kann dahingestellt bleiben.
2.- Die Patenttaxen des § 13 des neuen nidwaldnischen Hausiergesetzes sind
wohl zu einem geringen Teil ein Entgelt für die Patenterteilung und die
besondere Aufsicht über die Hausierer, also Gebühren, in der Hauptsache aber
nach ihrer Höhe zweifellos Steuern (vgl. BGE 54 I S. 81; BLUMENSTEIN, Schweiz.
Steuerrecht I S. 7). Dass

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das Hausiergewerbe von den Kantonen nach Art. 31 lit. e
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 31 Freiheitsentzug - 1 Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden.
1    Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden.
2    Jede Person, der die Freiheit entzogen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich und in einer ihr verständlichen Sprache über die Gründe des Freiheitsentzugs und über ihre Rechte unterrichtet zu werden. Sie muss die Möglichkeit haben, ihre Rechte geltend zu machen. Sie hat insbesondere das Recht, ihre nächsten Angehörigen benachrichtigen zu lassen.
3    Jede Person, die in Untersuchungshaft genommen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich einer Richterin oder einem Richter vorgeführt zu werden; die Richterin oder der Richter entscheidet, ob die Person weiterhin in Haft gehalten oder freigelassen wird. Jede Person in Untersuchungshaft hat Anspruch auf ein Urteil innert angemessener Frist.
4    Jede Person, der die Freiheit nicht von einem Gericht entzogen wird, hat das Recht, jederzeit ein Gericht anzurufen. Dieses entscheidet so rasch wie möglich über die Rechtmässigkeit des Freiheitsentzugs.
BV mit einer besondern
Steuer belegt werden kann, ist vom Bundesgericht wiederholt ausgesprochen
worden (BGE 42 I S. 256 f.; 46 I S. 219; 55 I S. 77) und wird übrigens von den
Rekurrenten nicht bestritten. Streitig ist dagegen, ob es angeht. diese Steuer
für Hausierer, die in andern Kantonen wohnen, höher zu bemessen, angesichts
des Grundsatzes der Rechtsgleichheit und der Garantie der Gewerbefreiheit, die
einem Gewerbetreibenden grundsätzlich das Recht gibt, seine Tätigkeit im
ganzen Gebiet der Eidgenossenschaft auszuüben und dabei gleich wie seine
Gewerbegenossen behandelt zu werden (BGE 44 I S. 144). Jener Unterschied in
der steuerlichen Belastung liesse sich danach nur dann rechtfertigen, wenn
dafür sachliche Gründe vorhanden wären, d. h. wenn ein vernünftiger
Zusammenhang bestünde zwischen der Verschiedenheit im Tatbestand und der daran
anknüpfenden Behandlung (vgl. BGE 51 I S. 77 f. und die dort zitierten
Entscheide). Der Bundesrat hat, als die Wahrung der Gewerbefreiheit noch in
seine Kompetenz als Rekursbehörde fiel, ursprünglich, in den Jahren 1887 und
1888, grundsätzlich die Auffassung vertreten, dass Personen, die in einem
Kantonsgebiet oder in einer Gemeinde ein Gewerbe betreiben, wie Kutscher,
Fremdenführer, Hausierer, wenn sie dort keine feste Niederlassung besitzen und
daher daselbst den ordentlichen Vermögens- und Einkommenssteuern nicht
unterworfen sind, zum Ausgleich hiefür mit einer besondern Gewerbesteuer
belastet werden dürfen (V. SALIS, Bundesrecht 2. Aufl. II Nr. 815, 893; BBl.
1888 III S. 767
f.). Ferner erachtete der Bundesrat es im Jahre 1897 als
zulässig, einen ausserkantonalen Markthändler mit einer höhern Patenttaxe zu
belasten als einen im Kanton wohnhaften, wobei er wiederum den Ersatz für die
ordentlichen Steuern als Grund angab (V. SALIS, a.a.O. Nr. 900), und im
Anschluss hieran hat auch das Bundesgericht es mit der gleichen Begründung
zugelassen, dass ein Kanton einen Liquidations- oder Ausverkauf steuerlich

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stärker belastet als sonst, wenn er von einer Person ausgeht, die nicht im
Kanton wohnt oder dort eine feste Geschäftsniederlassung besitzt (BGE 41 I S.
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). Allein bei erneuter Prüfung erweist sich das, was als Grund für diese
Praxis angeführt worden ist, nicht als schlüssig. Wenn der Bundesrat etwa, wie
vielleicht aus einem Entscheid vom Jahre 1895 (V. SALIS, a.a.O. Nr. 814 S.
624) geschlossen werden könnte, eine verschiedene steuerliche Behandlung der
ausser- und der innerkantonalen Hausierer mit Rücksicht auf die
Polizeiaufsicht hätte zulassen wollen, so wäre das jedenfalls nicht
gerechtfertigt gewesen, da die ausserkantonalen Hausierer der Polizeiaufsicht
nicht mehr als die innerkantonalen bedürfen. Und dass es gegen die
Gewerbefreiheit verstosse, ausserkantonale Gewerbetreibende nur deshalb
besonders zu besteuern, weil sie den ordentlichen Vermögens- und
Einkommenssteuern im Kanton nicht unterworfen sind, hat der Bundesrat im
erwähnten Entscheid aus dem Jahre 1895 selbst grundsätzlich ausgesprochen (V.
SALIS, a.a.O. Nr. 814). Es ist nicht einzusehen, weshalb das nicht auch für
die Hausierer gelten sollte. Übrigens hat der Bundesrat in einem spätern
Entscheid vom Jahre 1901 erklärt, es gehe nicht an, diejenigen Markthändler,
die nicht am Marktort wohnen oder ständig ihr Gewerbe ausüben, in Bezug auf
die Marktgebühren deswegen schlechter zu stellen, weil sie am Marktort keine
Steuern zahlen (V. SALIS, a.a.O. Nr. 821a Erw. 7). Dabei handelte es sich
zudem um den Markthandel, wobei besondere Einschränkungen zulässig sind
(Entscheide des Bundesgerichtes i. S. Jenatton g. Genf vom 25. Januar 1935
Erw. 3, 4; i. S. Société coopérative suisse de consommation g. Genf vom 10.
Dezember 1937 Erw. 7). Wenn in einem Kanton irgendwelche Gewerbetreibende,
Hausierer oder andere, ihr Gewerbe ausüben, aber nicht hier, sondern in einem
andern Kanton wohnen oder in ständigen körperlichen Anlagen oder Einrichtungen
tätig sind, so darf sie jener zuerst genannte Kanton auf Grund des
Bundesrechts. nämlich des

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Doppelbesteuerungsverbotes, nicht mit den ordentlichen Vermögens- oder
Einkommenssteuern belegen. Hiemit steht es im Widerspruch, wenn man vom
Standpunkte der Bundesverfassung, des Art. 4 oder des Art. 31 aus, diesen
Ausschluss der ordentlichen Besteuerung dann doch als genügende Grundlage für
die Auflage einer besondern Gewerbesteuer erklärt und es damit den Kantonen
ermöglicht, auf diesem Umwege sich die von Art. 46 Abs. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 46 Umsetzung des Bundesrechts - 1 Die Kantone setzen das Bundesrecht nach Massgabe von Verfassung und Gesetz um.
1    Die Kantone setzen das Bundesrecht nach Massgabe von Verfassung und Gesetz um.
2    Bund und Kantone können miteinander vereinbaren, dass die Kantone bei der Umsetzung von Bundesrecht bestimmte Ziele erreichen und zu diesem Zweck Programme ausführen, die der Bund finanziell unterstützt.10
3    Der Bund belässt den Kantonen möglichst grosse Gestaltungsfreiheit und trägt den kantonalen Besonderheiten Rechnung.11
BV verpönten Steuern
zu verschaffen (vgl. BURCKHARDT, Komm. z. BV 3. Aufl. S. 250). Wie somit ein
Kanton solche, die auf seinem Gebiet ihr Gewerbe ausüben, nicht deswegen, weil
sie dort weder Wohnsitz noch Betriebsstätten haben und daher lediglich der
Steuerhoheit anderer Kantone in Bezug auf Vermögen und Einkommen unterstehen,
mit besondern Gewerbesteuern belasten darf, so ist es auch nicht zulässig,
ihnen aus dem angeführten Grunde höhere Gewerbesteuern aufzulegen als den im
Kanton ansässigen, und das gilt wiederum für den Hausierhandel wie für andere
Gewerbe (BURCKHARDT, a.a.O. S. 250 und 251). Der Regierungsrat zitiert einen
Fall, wo das Bundesgericht es zugelassen hat, dass ein Kanton bei der
Besteuerung des Grundeigentums einen auswärts wohnenden Eigentümer in Bezug
auf den Schuldenabzug schlechter behandelte als die Kantonseinwohner (BGE 14
S. 150). Diese Praxis hat allerdings früher bestanden und stützte sich auf
einen analogen Grund wie die besondere oder stärkere Besteuerung auswärtiger
Gewerbetreibender, nämlich darauf, dass der Eigentümer eines im Kanton
liegenden Grundstücks, wenn er im Kanton wohnt, im Gegensatz zu einem auswärts
wohnhaften Eigentümer der kantonalen Besteuerung nicht nur für die
Liegenschaft, sondern auch für sein übriges Vermögen und seine Person
unterstehe (BGE 7 S. 205). Vom Jahre 1913 an hat aber das Bundesgericht die
Schlechterstellung auswärtiger Grundeigentümer bei der Besteuerung nicht mehr
zugelassen und damit auch zu erkennen gegeben, dass es den dafür angeführten
Grund nicht für schlüssig halte (BGE 39 I S. 580 ff.).

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Es lassen sich auch keine andern Gründe finden, die es rechtfertigten,
Gewerbetreibende, wie Hausierer, mit höhern Gewerbesteuern zu belasten, wenn
sie nicht im Kanton wohnen oder eine Betriebsstätte haben. Das Bundesgericht
hat in einigen Entscheiden (i. S. Dreikönigengesellschaft Luzern g. Gemeinden
Solothurn und Luzern vom 23. Dezember 1926, i. S. Ruetschi g. Solothurn und
Bern vom 18. März 1927, i. S. von Arx g. Olten vom 14. September 1928)
ausgesprochen, die Gemeinden dürften vom Gesichtspunkt des Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
BV aus
bestimmen, dass bei der Besteuerung von Liegenschaften der Schuldenabzug zu
beschränken sei, wenn die Liegenschaften Einwohnern anderer Gemeinden
gehörten. Das wurde in den erwähnten Entscheiden mit der nähern Beziehung der
Einwohner der besteuernden Gemeinde zu ihr begründet. Dieser Grund ist aber in
einem spätern Entscheid vom 13. September 1929 i. S. Heggendorn g. Erschwil
als unzureichend bezeichnet worden (vgl. auch BGE 49 I S. 73 ff.). Die
streitige Schlechterstellung auswärtiger Hausierer lässt sich ebensowenig
darauf stützen, dass nach der Praxis des Bundesgerichtes die Kantone die
Jagdpatenttaxen für Einwohner anderer Kantone erhöhen und solche vom Fischen
mit fliegender Angel ausschliessen dürfen; denn hiebei handelt es sich um die
Nutzung natürlicher Bodenprodukte eines Kantons, die sehr wohl als ein seinem
Gebiet inhärentes Gut betrachtet werden können, so dass sich eine Bevorzugung
derjenigen rechtfertigt, die territorial dem Kanton angehören (BGE 32 I S.
637
; 41 I S. 156 ff.). Und was den Entscheid BGE 13 S. 168 ff. betrifft, wo
die Beschränkung des Trödlergewerbes auf gutbeleumdete Niedergelassene vom
Standpunkt des Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
BV als zulässig erklärt wurde, so kann das im
vorliegenden Fall schon deshalb nicht massgebend sein, weil dabei über den
Ausschluss von Nichtniedergelassenen kein Streit herrschte.
Der Regierungsrat führt als Grund für eine Schlechterstellung der
ausserkantonalen Hausierer noch an, dass diese

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in Nidwalden geschäftstüchtiger und zudringlicher seien. Es mag dahingestellt
bleiben, ob das, wenn es zutreffen sollte, ein genügender Grund für eine
höhere Besteuerung wäre; denn es fehlen jegliche Unterlagen, um annehmen zu
können, dass der behauptete tatsächliche Unterschied vorhanden sei. Dass der
Hausierhandel, wie der Regierungsrat ferner anführt, im Kanton zu einer
Landplage zu werden droht, ist kein sachlicher Grund für eine verschiedene
Behandlung der ausserkantonalen Hausierer, sondern könnte höchstens zur
Erhöhung der Steuer überhaupt - also für kantonale und ausserkantonale
Patentbewerber - führen, soweit damit nicht eine prohibitive Wirkung verbunden
ist.
§ 13 Abs. 5 des neuen nidwaldnischen Hausiergesetzes ist daher, soweit er für
in andern Kantonen wohnende Schweizerbürger die doppelte Hausiertaxe vorsieht,
wegen Verletzung der Rechtsgleichheit und der Gewerbefreiheit aufzuheben.
Unter diesen Umständen ist es nicht mehr nötig zu prüfen, ob die Verdoppelung
der Taxen prohibitive Wirkung habe.
Immerhin ist eine Erhöhung der Hausierpatenttaxe für Einwohner anderer Kantone
nicht völlig ausgeschlossen. Da die Taxe zum Teil eine Gebühr für die
Patenterteilung bildet, darf sie für Einwohner anderer Kantone, wenn die
Erteilung der Patente für diese Personen mehr Arbeit und Kosten verursacht als
für die Einwohner von Nidwalden, entsprechend höher sein. Dabei ist
grundsätzlich auch eine Abstufung dieser Gebührenerhöhung zulässig, in dem
Sinne, dass sie bei einer niedrigen Hausiertaxe ermässigt und bei einer hohen
erhöht wird.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird im Sinne der Erwägungen gutgeheissen und demgemäss § 13
Abs. 5 des nidwaldnischen Gesetzes betr. den Hausierverkehr, das Verfahren bei
Ausverkäufen und die Bekämpfung unlauteren Geschäftsgebarens vom 24. April
1938 aufgehoben, soweit er bestimmt,

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dass in andern Kantonen wohnende Schweizerbürger für die Erwerbung des
Hausierpatentes im Kanton Nidwalden die doppelte Taxe zu bezahlen haben.