Bundesverwaltungsgericht
Tribunal administratif fédéral
Tribunale amministrativo federale
Tribunal administrativ federal


Abteilung IV

D-5025/2014

Urteil vom 9. Januar 2015

Richter Martin Zoller (Vorsitz),

Besetzung Richter Walter Lang, Richter Bendicht Tellenbach,

Gerichtsschreiber Daniel Widmer.

A._______,geboren (...),

Nigeria,

Parteien vertreten durch Dr. iur. Guido Hensch, Rechtsanwalt,

(...),

Beschwerdeführer,

gegen

Staatssekretariat für Migration (SEM;

zuvor Bundesamt für Migration, BFM)

Quellenweg 6, 3003 Bern,

Vorinstanz.

Erteilung der vorläufigen Aufnahme;
Gegenstand
Verfügung des BFM vom 3. Juli 2014 / (...).

Sachverhalt:

A.
Der Beschwerdeführer reiste am (...) 2004 in die Schweiz ein und suchte am (...) 2004 hier um Asyl nach. Das Asylgesuch wurde mit Verfügung der Vorinstanz vom (...) 2004 abgelehnt und der Beschwerdeführer in vollziehbarer Weise aus der Schweiz weggewiesen, wobei ihm, unter Androhung von Zwangsmitteln im Unterlassungsfall, eine Ausreisefrist bis zum (...) 2004 angesetzt wurde. Diese Verfügung erwuchs am (...) 2004 unangefochten in Rechtskraft.

B.

B.a Seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen, ging der Beschwerdeführer am (...) 2006 vor dem Zivilstandsamt B._______ die Ehe mit einer Schweizer Bürgerin ein. Infolge Heirat wurde ihm am (...) 2006 durch das Migrationsamt des Kantons C._______ (nachfolgend: Migrationsamt) eine Aufenthaltsbewilligung erteilt.

B.b Auf ein Gesuch des Beschwerdeführers vom (...) 2011 um Erteilung einer Niederlassungsbewilligung hin teilte das Migrationsamt diesem mit Schreiben vom (...) 2011 mit, dass nach der Aufgabe der ehelichen Beziehung zwischen Oktober 2009 und Juli 2010 die zeitlichen Voraussetzungen für eine solche Bewilligung nicht gegeben seien, und verlängerte die Aufenthaltsbewilligung bis zum (...) 2012. Am (...) 2012 wurde die Ehe durch das Bezirksgericht B._______ geschieden Am (...) Juni 2012 wurde die Aufenthaltsbewilligung letztmals bis zum (...) 2013 verlängert. Mit Schreiben vom (...) 2012 teilte das Migrationsamt dem Beschwerdeführer mit, dass bei der Durchsicht des Dossiers bezüglich Zusammenleben grosse Diskrepanzen zwischen seinen Angaben und denjenigen seiner Exfrau aufgefallen seien, und ersuchte ihn um erneute Beantwortung von Fragen. Die diesbezügliche Stellungnahme des Beschwerdeführers datiert vom (...) 2012, während dessen Exfrau am (...) 2012 befragt wurde.

C.

C.a Mit Verfügung vom (...) 2013 widerrief das Migrationsamt die Aufenthaltsbewilligung des Beschwerdeführers und setzte diesem eine Frist zum Verlassen der Schweiz bis zum (...) 2013 an.

C.b Gegen diese Verfügung erhob er am (...) 2013 bei der Rekursabteilung der Sicherheitsdirektion des Kantons C._______ (nachfolgend: Sicherheitsdirektion) Rekurs.

C.c Mit Rekursentscheid vom 2. September 2013 wies die Sicherheitsdirektion den Rekurs ab und beauftragte gleichzeitig das Migrationsamt, beim BFM die vorläufige Aufnahme des Beschwerdeführers wegen Unzumutbarkeit des Wegweisungsvollzugs zu beantragen.

Den Auftrag zu diesem Antrag begründete es damit, dass im Zusammenhang mit der HIV-Infektion des Beschwerdeführers das Vorliegen eines Vollzugshindernisses nicht zweifelfrei verneint werden könne. So liesse sich in casu nicht abschliessend beurteilen, inwiefern die medizinische Versorgungslage in Nigeria dessen adäquate Betreuung und Behandlung ermögliche oder ob dieser bei einer Rückkehr durch eine medizinische Notlage konkret gefährdet wäre. Die Prüfungspflicht der kantonalen Behörden, ob Vollzugshindernisse vorliegen, beschränke sich auf klare und eindeutige Fälle. Sobald das Vorliegen eines Vollzugshindernisses aufgrund der den kantonalen Behörden zur Verfügung stehenden Informationen nicht zweifelsfrei verneint werden könne beziehungsweise wahrscheinlich sei, hätten sie die vorläufige Aufnahme beim BFM zu beantragen, damit die Fachinstanzen des Bundes darüber befinden könnten.

D.
Mit Schreiben vom 6. November 2013 beantragte das Migrationsamt dem BFM gestützt auf Art. 83 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 83 Abs. 6 Ausländergesetz (AuG, SR 142.20) die vorläufige Aufnahme des Beschwerdeführers wegen Unzumutbarkeit des Vollzugs der Wegweisung.

E.
Mit Verfügung vom 3. Juli 2014 lehnte das BFM den Antrag auf vorläufige Aufnahme vom 6. November 2013 ab, ebenso das in diesem Zusammenhang vom Rechtsvertreter des Beschwerdeführers gestellte Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und um Beiordnung als amtlicher Rechtsbeistand.

Zur Begründung führte das BFM im Wesentlichen aus, in casu hätten die Länderspezialisten des Direktionsbereichs Asyl des BFM den kantonalen Antrag geprüft. Dem entsprechenden Bericht sei zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer zwar HIV-infiziert sei, jedoch die Behandlung in der Heimat kostenlos und möglich sei, umso mehr auch, weil er aus der Grossstadt D._______ stamme und somit, wie zahlreiche Betroffene in dieser Region, leichten Zugang zu den benötigten HIV-Therapien habe. Er habe zudem den für ihn wichtigen Teil seines bisherigen Lebens in der Heimat verbracht und es könne davon ausgegangen werden, dass er dort über ein entsprechendes familiäres und soziales Beziehungsnetz verfüge. In der Herkunftsregion lebten seine (...) und (...). Gegebenenfalls - nach Prüfung der Notwendigkeit und auf Gesuch hin - könnte dem Beschwerdeführer auch eine gewisse medizinische Rückkehrhilfe geleistet werden. Aufgrund dieser Sachlage erscheine der Vollzug der Wegweisung zumutbar, zulässig und auch möglich. Daraus ergebe sich zudem, dass die Voraussetzungen zur amtlichen Beiordnung eines Rechtsbeistands nicht erfüllt seien.

F.
Mit Eingabe vom 8. September 2014 an das Bundesverwaltungsgericht liess der Beschwerdeführer durch seinen Rechtsvertreter unter Kosten- und Entschädigungsfolge beantragen, es sei die Verfügung vom 3. Juli 2014 aufzuheben und dem Antrag des Migrationsamts um Bewilligung einer vorläufigen Aufnahme zu entsprechen. In prozessualer Hinsicht wurden die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und die Beiordnung des Rechtsvertreters als amtlicher Rechtsbeistand sowie die Erstellung eines Expertengutachtens beantragt. Gleichzeitig wurden Lohnabrechnungen des Beschwerdeführers betreffend den Zeitraum von (...) sowie weitere Unterlagen betreffend dessen Arbeitsverhältnis und Deutschkenntnisse eingereicht. Darauf sowie auf die Begründung wird, soweit für den Entscheid wesentlich, in den Erwägungen eingegangen.

G.
Mit Zwischenverfügung vom 23. Oktober 2014 wies das Bundesverwaltungsgericht das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege inklusive Rechtsverbeiständung mangels prozessualer Bedürftigkeit des Beschwerdeführers ab und setzte diesem Frist bis zum (...) 2014 zur Bezahlung eines Kostenvorschusses. Dieser wurde am (...) 2014 geleistet.

H.

H.a Mit Vernehmlassung vom 14. November 2014 beantragte das Bundesamt die Abweisung der Beschwerde. Zur Begründung führte es aus, die Beschwerdeschrift enthalte keine neuen erheblichen Tatsachen oder Beweismittel, welche eine Änderung seines Standpunkts rechtfertigten, und verwies auf seine Erwägungen, an welchen es festhielt. Es würden ebenfalls keine Elemente vorgebracht, welche nicht bereits Gegenstand des angefochtenen Entscheids gewesen seien. Entgegen der Behauptung des Beschwerdeführers, das BFM habe dessen gesundheitliche Aspekte nicht fachgerecht abgeklärt, sei BFM-intern von den Länder- und Fachspezialisten eine für solche Fälle übliche Prüfung des Falles vorgenommen worden. Aufgrund dieser Prüfung sei das BFM zum Schluss gekommen, dass der Vollzug zumutbar, zulässig und möglich sei.

H.b Die Vernehmlassung wurde dem Beschwerdeführer am 18. November 2014 zur Kenntnis gebracht.

Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:

1.

1.1 Gemäss Art. 31 VGG beurteilt das Bundesverwaltungsgericht Beschwerden nach Art. 5 VwVG. Das SEM gehört zu den Behörden nach Art. 33 VGG und ist daher eine Vorinstanz des Bundesverwaltungsgerichts. Eine das Sachgebiet betreffende Ausnahme im Sinne von Art. 32 VGG liegt nicht vor. Das Bundesverwaltungsgericht ist daher zuständig für die Beurteilung der vorliegenden Beschwerde und entscheidet auf dem Gebiet der vorläufigen Aufnahme endgültig (Art. 83 Bst. c Ziff. 3 BGG).

1.2 Sofern das VGG nichts anderes bestimmt, richtet sich das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht nach dem VwVG (Art. 37 VGG).

1.3 Der Beschwerdeführer ist gemäss Art. 48 Abs. 1 VwVG zur Beschwerde berechtigt. Die Beschwerde ist - unter Wahrung des Fristenlaufs während der Gerichtsferien - frist- und auch formgerecht eingereicht (Art. 50 und 52 VwVG). Auf die Beschwerde ist nach der fristgerechten Leistung des Kostenvorschusses einzutreten.

2.
Mit Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht kann die Verletzung von Bundesrecht einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, die unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhaltes und - sofern nicht eine kantonale Behörde als Beschwerdeinstanz verfügt hat - die Unangemessenheit gerügt werden (Art. 49 VwVG). Das Bundesverwaltungsgericht wendet im Beschwerdeverfahren das Bundesrecht von Amtes wegen an. Es ist gemäss Art. 62 Abs. 4 VwVG an die Begründung der Begehren nicht gebunden und kann die Beschwerde auch aus anderen als den geltend gemachten Gründen gutheissen oder abweisen.

3.

Nach Art. 83 Abs. 6 AuG kann die vorläufige Aufnahme von kantonalen Behörden beantragt werden. Nur die Migrationsbehörde verfügt über ein Antragsrecht, nicht ab er die betroffene Person (vgl. Ruedi Illes, in: Caroni et al. [Hrsg.], Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer, 2010, Art. 83 N 47 ff.). Da das SEM gegenüber der kantonalen Migrationsbehörde weder Rechtsmittelinstanz noch Aufsichtsbehörde ist, kann der Betroffene nur von den kantonalen Behörden und Gerichten einfordern, dass ein Antrag gestellt werde (vgl. Peter Bolzli in Spescha/Thür [Hrsg.], Migrationsrecht, 3. Aufl. 2012, Art. 83 N 19). Trotz der Kann-Formulierung muss die zuständige kantonale Migrationsbehörde die vorläufige Aufnahme beantragen, sofern Wegweisungsvollzugshindernisse nicht klarerweise ausgeschlossen werden können und kein Ausschlussgrund nach Art. 83 Abs. 7 AuG vorliegt (vgl. Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 29. Juni 2011, VB.2010.00603, E. 2.2).

4.
Ist der Vollzug der Wegweisung nicht zulässig, nicht zumutbar oder nicht möglich, so regelt das Bundesamt das Anwesenheitsverhältnis nach den gesetzlichen Bestimmungen über die vorläufige Aufnahme (Art. 83 Abs. 1 AuG).

4.1 Der Vollzug ist nicht zulässig, wenn völkerrechtliche Verpflichtungen der Schweiz einer Weiterreise der Ausländerin oder des Ausländers in den Heimat-, Herkunfts- oder einen Drittstaat entgegenstehen (Art. 83 Abs. 3 AuG).

Gemäss Art. 25 Abs. 3 BV, Art. 3 des Übereinkommens vom 10. Dezem-ber 1984 gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe (FoK, SR 0.105) und der Praxis zu Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.

4.1.1 In der Beschwerde wird eingewendet, bezüglich des Gesundheitszustands des Beschwerdeführers stelle sich die rechtliche Würdigung in der angefochtenen Verfügung diametral zu derjenigen im Rekursentscheid der Sicherheitsdirektion vom 2. September 2013 dar, ohne dass dies detailliert begründet würde. Da sich somit zwei Rechtsauffassungen gegenüberstehen würden, sei der rechtserhebliche Sachverhalt unrichtig und unvollständig erhoben worden, weshalb eine Fachperson mit der Erstellung eines Expertengutachtens bezüglich des Gesundheitszustands des Beschwerdeführers zu beauftragen sei. Dieses vermöchte sich einerseits detaillierter auszudrücken und könnte sich andererseits dazu äussern, ob dem Beschwerdeführer bei dem ausgewiesenen Krankheitsbild im Heimatstaat in ausreichender Weise geholfen werden könnte. Gemäss dem Rekursentscheid befinde sich der Beschwerdeführer im Stadium B3 der HIV-Erkrankung. Seither sei wieder ein ganz wesentlicher Zeitraum verstrichen. Mit dem beantragten Expertengutachten könnte festgestellt werden, ob sich die gesundheitliche Lage des Beschwerdeführers verändert habe. Die Begründung zur Thematik des Krankheitsbilds sei im Rekursentscheid viel detaillierter und - nach Ansicht des Rechtsvertreters - korrekter ausgefallen. Letztlich sei rätselhaft, weshalb sich das SEM dem kantonalen Antrag widersetzt habe und sich damit dem Vorwurf der Überschreitung und des Missbrauchs des Ermessens im Sinne von Art. 49 VwVG aussetze. Der Beschwerdeführer sei weiterhin auf eine medikamentöse Behandlung angewiesen. Eine solche erscheine im Heimatland keineswegs gesichert, weshalb für den Fall der Abweisung der vorliegenden Beschwerde der Beizug der Akten des den Beschwerdeführer behandelnden Spitals für die Entscheidfindung beantragt werde (...).

4.1.2 Diese Ausführungen in der Beschwerde vermögen - wie sich aus den nachstehenden Erwägungen ergibt - nicht zu überzeugen, weshalb die entsprechenden Verfahrensanträge abzuweisen sind.

4.1.3 Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat in seinem Urteil vom 2. Mai 1997 i.S. D. gegen Grossbritannien festgestellt, dass die Ausweisung einer in der terminalen Phase an AIDS erkrankten Person unter ganz aussergewöhnlichen Umständen eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen könne. Hingegen hat der EGMR schon mehrfach festgehalten, dass die Wegweisung von HIV-infizierten Personen, die noch nicht an AIDS erkrankt sind, Art. 3 EMRK nicht verletzt (vgl. Entscheid vom 27. Mai 2008 i.S. N. c. Royaume-Uni).

Die Erwägungen im Rekursentscheid vom 2. September 2013 stützen sich auf einen medizinischen Bericht der Klinik für Infektionskrankheiten und Spitalhygiene des Universitätsspitals C._______ vom (...) 2013, aus welchem hervorgehe, dass beim Beschwerdeführer seit dem Jahr 2005 eine HIV-Infektion im CDC-Stadium B3 bekannt sei und sich in den beiden Jahren davor dank der antiretroviralen Therapie eine stabile Situation zeige; die Therapie mit (...) habe die HI-Viren vollständig zurückgedrängt; die Prognose sei günstig, sofern der Patient die Therapie ohne Unterbruch einnehmen könne.

Nach der Klassifikation des amerikanischen Center for Disease Control and Prevention (CDC) wird eine HIV-Infektion in verschiedene Stadien unterteilt. Im Stadium A leidet der Betroffene unter keinerlei Beschwerden, während im Stadium B Erkrankungen auftreten, welche auf eine Störung des Immunsystems hinweisen, und das Stadium C die eigentliche Erkrankung an AIDS bedeutet. Die Stadien A-C werden nach dem jeweiligen CD4-Wert (Anzahl "Helferzellen" pro Mikroliter Blut) jeweils in die Stufen 1 (mehr als 500 "Helferzellen" pro Mikroliter Blut), 2 (zwischen 200 und 499 "Helferzellen" pro Mikroliter Blut) und 3 (weniger als 200 "Helferzellen" pro Mikroliter Blut) unterteilt (vgl. BVGE 2009/2 E. 9.1.4 sowie Entscheidungen und Mitteilungen der Schweizerischen Asylrekurskommission [EMARK] 2004 Nr. 6 E. 8.a, EMARK 2004 Nr. 7 E. 5d bb).

Nachdem sich die HIV-Infektion des Beschwerdeführers im Stadium B3, somit nicht in der terminalen Phase befindet, und weder den vorinstanzlichen Akten Hinweise auf eine Verschlechterung des Gesundheitszustands entnommen werden können noch in der Beschwerde eine solche geltend gemacht wird, kann der Vollzug der Wegweisung des Beschwerdeführers nicht als unmenschlich beziehungsweise als gegen Art. 3 EMRK verstossend erachtet werden. Insofern erweist sich auch die Rüge, der rechtserhebliche Sachverhalt sei unrichtig und unvollständig erhoben worden, als unbegründet, und erübrigt sich das Einholen eines Expertengutachtens.

4.1.4 Auch aus den übrigen Akten ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer für den Fall einer Ausschaffung nach Nigeria dort mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit einer nach Art. 3 EMRK oder Art. 1 FoK verbotenen Strafe oder Behandlung ausgesetzt wäre. Gemäss Praxis des EGMR sowie jener des UN-Anti-Folterausschusses müsste der Beschwerdeführer eine konkrete Gefahr («real risk») nachweisen oder glaubhaft machen, dass ihm im Fall einer Rückschiebung Folter oder unmenschliche Behandlung drohen würde (vgl. Urteil des EGMR Saadi gegen Italien 28. Februar 2008, Grosse Kammer 37201/06, §§ 124-127 m.w.H.). Auch die heutige allgemeine Menschenrechtslage in Niigeria spricht diesbezüglich nicht gegen den Wegweisungsvollzug.

4.1.5 Nach dem Gesagten ist der Vollzug der Wegweisung im Sinne der völkerrechtlichen Bestimmungen insgesamt als zulässig zu erachten.

4.2 Gemäss Art. 83 Abs. 4 AuG kann der Vollzug für Ausländerinnen und Ausländer unzumutbar sein, wenn sie im Heimat- oder Herkunftsstaat aufgrund von Situationen wie Krieg, Bürgerkrieg, allgemeiner Gewalt und medizinischer Notlage konkret gefährdet sind. Wird eine konkrete Gefährdung festgestellt, ist - unter Vorbehalt von Art. 83 Abs. 7 AuG - die vorläufige Aufnahme zu gewähren.

4.2.1 Angesichts der heutigen Lage in Nigeria kann trotz der terroristischen Aktivitäten der Boko Haram in den nördlichen Bundesstaaten nicht von einer Situation allgemeiner Gewalt, von Bürgerkrieg oder von Krieg ausgegangen werden, welche für den Beschwerdeführer bei einer Rückkehr eine konkrete Gefährdung darstellen würde.

4.2.2 Es bleibt demnach zu prüfen, ob individuelle Gründe - insbesondere gesundheitliche Beschwerden - vorliegen, die eine Rückkehr des Beschwerdeführers unzumutbar erscheinen lassen könnten.

Betreffend die medizinische Notlage kann nur dann auf Unzumutbarkeit des Wegweisungsvollzugs geschlossen werden, wenn eine notwendige medizinische Behandlung im Heimatland nicht zur Verfügung steht und die Rückkehr zu einer raschen und lebensgefährdenden Beeinträchtigung des Gesundheitszustandes der betroffenen Person führt. Dabei wird als wesentlich die allgemeine und dringende medizinische Behandlung erachtet, welche zur Gewährleistung einer menschenwürdigen Existenz absolut notwendig ist. Unzumutbarkeit liegt jedenfalls dann noch nicht vor, wenn im Heimat- oder Herkunftsstaat eine nicht dem schweizerischen Standard entsprechende medizinische Behandlung möglich ist (vgl. BVGE 2009/2 E. 9.3.2, mit Hinweis auf EMARK 2003 Nr. 24 E. 5a und b).

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Asylrecht, auf welche die Erwägungen in der angefochtenen Verfügung (implizit) zu Recht Bezug nehmen (wie zuvor bereits diejenigen der Sicherheitsdirektion), ist der Vollzug der Wegweisung einer HIV-positiven ausländischen Person grundsätzlich zumutbar, solange die HIV-Infektion das Stadium C noch nicht erreicht hat, das heisst AIDS noch nicht ausgebrochen ist (vgl. BVGE 2009/2 E. 9.3.4). Nebst dem Stadium der HIV-Infektion sind jedoch bei der Beurteilung der Frage der Zumutbarkeit stets auch die konkrete Situation im Heimat- oder Herkunftsland des Betroffenen, insbesondere die medizinische Versorgung, die Sicherheitslage und das persönliche Umfeld (Verwandtschaft, berufliche Qualifikation, finanzielle Verhältnisse) massgeblich zu berücksichtigen. Somit können je nach den konkreten Umständen bereits das Erreichen des Stadiums B3 oder gar B2 den Wegweisungsvollzug als unzumutbar erscheinen lassen, während umgekehrt das Auftreten von AIDS definierenden Krankheiten, mithin das Stadium C, den Wegweisungsvollzug noch nicht zwingend als unzumutbar erscheinen lässt.

Der Beschwerdeführer unterzieht sich seit mehreren Jahren einer antiretroviralen Therapie mit Atripla, dank welcher sich die Situation stabil zeige und die HI-Viren vollständig hätten zurückgedrängt werden können. Eine Einschränkung der Arbeitsfähigkeit besteht offensichtlich nicht.

Die Feststellung des BFM, die Behandlung der HIV-Infektion des Beschwerdeführers sei in dessen Heimat kostenlos und möglich, umso mehr er aus der Grossstadt D._______ stamme und somit leichten Zugang zu den benötigten HIV-Therapien habe, entspricht auch den Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichts. Vorauszuschicken ist, dass der Beschwerdeführer beim SEM medizinische Rückkehrhilfe beantragen kann, sodass die medikamentöse Versorgung für eine Anfangsphase gesichert sein wird. HIV-infizierte Personen werden nach Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichts in Nigeria sowohl mit First- als auch mit Second-Line-Medikamenten behandelt (vgl. Urteile des BVGer E-810/2013 vom 28. Februar 2013, E 346/2013 vom 29. Januar 2013, D 6441/2012 vom 17. Dezember 2012) und auch die vom Beschwerdeführer begonnene antiretrovirale Therapie mit Atripla ist in den urbanen Zentren Nigerias erhältlich (vgl. Urteil des BVGer E-580/2013 vom 6. Juni 2013 E. 10.3 und die dortigen Hinweise). Die nigerianische Regierung versucht mit einem im Jahre 2002 gestarteten und seither immer weiter ausgebauten Programm, die medikamentöse Behandlung von HIV-Erkrankten, einschliesslich der antiretroviralen Therapie, kostenlos zur Verfügung zu stellen. Im Übrigen ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer - sollte er keine kostenlose Therapie in Anspruch nehmen können - sich seine wirtschaftliche Existenz im Heimatstaat und die in den vergangenen Jahren stark gesunkenen Kosten für die Behandlung aus eigener Kraft sichern kann (vgl. sogleich nachstehend).

Nach dem Gesagten erscheint die Rückkehr des Beschwerdeführers nach Nigeria unter medizinischen Gesichtspunkten als zumutbar.

4.2.3 Schliesslich bestehen auch keine anderen Hinweise, dass der Beschwerdeführer bei seiner Rückkehr nach Nigeria in eine konkrete, seine Existenz bedrohende Situation geraten könnte. Gemäss eigenen Aussagen im Asylverfahren hat er den Sekundarschulunterricht während (...) Jahren besucht. Nebst seiner Muttersprache (...) verfügt er über sehr gute Englischkenntnisse. Ausser seiner (...) und (...) leben noch weitere Verwandte in seiner Herkunftsstadt D._______. Mithin besitzt er dort, wo er den für ihn wichtigen Teil seines Lebens verbracht hat, ein familiäres und soziales Beziehungsnetz, welches ihm bei der Reintegration behilflich sein wird. In der Schweiz war er teilweise erwerbstätig und konnte sich berufliche Kenntnisse aneignen.

4.2.4 Angesichts der gesamten Umstände erweist sich der Vollzug der Wegweisung somit auch als zumutbar.

4.3 Umstände, die den Vollzug der Wegweisung als unmöglich im Sinne von Art. 83 Abs. 2 AuG machen könnten, werden weder vom Beschwerdeführer geltend gemacht noch sind solche aus den Akten ersichtlich. Zusammenfassend hat die Vorinstanz den Wegweisungsvollzug zu Recht als zulässig, zumutbar und möglich bezeichnet. Eine Anordnung der vorläufigen Aufnahme fällt somit ausser Betracht (Art. 83 Abs. 1 -4 AuG).

5.

5.1 Der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers beantragt in seiner Eingabe vom 8. September 2014 die vollumfängliche Aufhebung der Verfügung des BFM vom 3. Juli 2014. Mithin betrifft dieser Antrag auch die Ablehnung des Gesuchs um Gewährung der amtlichen Rechtsverbeiständung durch die Vorinstanz. Zur Begründung wird ausgeführt, mit einer Verweigerung der unentgeltlichen Rechtspflege würde die Rechtsweggarantie unterlaufen. Mit einem Nettolohn von zirka (...) sei der Beschwerdeführer prozessual bedürftig (...).

Nachdem dem Beschwerdeführer von der Vorinstanz im angefochtenen Entscheid keine Verfahrenskosten auferlegt wurden (das BFM ging zum damaligen Zeitpunkt von der Bedürftigkeit des Beschwerdeführers aus und beurteilte das Verfahren als nicht aussichtslos), bleibt einzig umstritten, ob die Vorinstanz dem Beschwerdeführer wegen angeblich fehlender Notwendigkeit die Beiordnung eines amtlichen Anwaltes verweigern durfte.

5.2 Bei der unentgeltlichen Rechtspflege handelt es sich um einen ver-fassungsrechtlichen Anspruch (Art. 29 Abs. 3 BV), der grundsätzlich für jedes staatliche Verfahren gilt, in das der betreffende Gesuchsteller ein-bezogen wird oder das zur Wahrung seiner Rechte erforderlich ist (vgl. MARCEL MAILLARD, in: Waldmann/Weissenberger [Hrsg.], Praxiskommen-tar VwVG, 2009, Art. 65 Rz. 4; STEFAN MEICHSSNER, Das Grundrecht auf unentgeltliche Rechtspflege, 2008, S. 60 f.). In Art. 65 VwVG sind die Voraussetzungen der Befreiung der Verfahrenskosten sowie der unentgeltlichen Rechtsverbeiständung geregelt. Die vom Bundesgericht entwickelten Regeln über die Gewährung der unentgeltlichen Verbeiständung im nichtstreitigen Verwaltungsverfahren gelten auch für erstinstanzliche Verfahren vor Bundesbehörden, die sich nach dem VwVG richten, also auch vor dem SEM (vgl. EMARK 2004 Nr. 9 E. 3a; EMARK 2001 Nr. 11 E. 4c).

Generell setzt der Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege - welche die unentgeltliche Prozessführung und die unentgeltliche Verbeiständung umfasst - zunächst die Bedürftigkeit der betreffenden Partei und die Nichtaussichtslosigkeit der hauptsächlichen Prozessbegehren voraus (Art. 65 Abs. 1 VwVG). Die Gewährung der unentgeltlichen Verbeiständung bedingt ausserdem, dass sie zur Wahrung der Rechte der Partei notwendig ist (Art. 65 Abs. 2 VwVG).

5.3 An dieser Stelle ist die Frage zu beantworten, ob das Kriterium, der Beschwerdeführer benötige zur Wahrung seiner Rechte notwendigerweise der professionellen juristischen Hilfe eines Anwaltes (vgl. dazu BGE 128 I 225 E. 2.5.2; BGE 122 I 49 E. 2c; BGE 120 Ia 43 E. 2a), vorliegend zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Verfügung erfüllt war. Eine solche sachliche Notwendigkeit ist dann zu bejahen, wenn die Interessen der bedürftigen Partei in schwerwiegender Weise betroffen sind und der Fall in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht Schwierigkeiten bietet, die den Beizug eines Rechtsvertreters erforderlich machen. Droht das in Frage stehende Verfahren besonders stark in die Rechtsposition der betroffenen Person einzugreifen, ist die Bestellung einer unentgeltlichen Rechtsvertretung grundsätzlich geboten, sonst nur dann, wenn zur relativen Schwere des Falles besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten hinzukommen, denen der Gesuchsteller auf sich alleine gestellt nicht gewachsen wäre (BGE 130 I 180 E. 2.2; Moser et. al. Prozessieren vor dem Bundesverwaltungsgericht, Basel 2008, S. 231 Rz. 4.120; Marcel Maillard, in: Praxiskommentar VwVG, Waldmann/Weissenberger [Hrsg.], 2009, Art. 65 N 38). Die Geltung des Untersuchungsgrundsatzes, der Offizialmaxime oder des Grundsatzes der Rechtsanwendung von Amtes wegen lässt eine anwaltliche Vertretung nicht ohne Weiteres als unnötig erscheinen, erlaubt aber nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung einen strengeren Massstab. Daneben fallen in der Person des Betroffenen liegende Gründe in Betracht, wie etwa seine Fähigkeit, sich im Verfahren zurechtzufinden, wobei in diesem Zusammenhang namentlich wesentlich ist, ob er rechtskundig ist (Moser, a.a.O., S. 231 Rz. 4.120; Maillard, a.a.O., Art. 65 N 39; Martin Kayser, in: Auer et al. [Hrsg.], Kommentar zum Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren [VwVG], 2008, Rz. 33 zu Art. 65; vgl. zum Ganzen auch: Urteile des BVGer A-3535/2010 vom 14. Juli 2010 E. 5.1 sowie
A-1411/2007 vom 18. Juni 2007 E. 2.1.3). Zu berücksichtigen sind bei der Prüfung der sachlichen Notwendigkeit die konkreten Umstände des Einzelfalles, wobei als besondere Schwierigkeiten nicht nur Faktoren wie die Kompliziertheit der Rechtsfragen, die Unübersichtlichkeit des Sachverhaltes und dergleichen, sondern auch persönliche Umstände der Partei wie das Alter, die soziale Situation, die Sprachkenntnisse oder die gesundheitliche und geistig-psychische Verfassung in Betracht fallen (vgl. Urteil des BVGer D 6652/2010 vom 2. November 2010 E. 4.2 m.w.H.).

5.4 In Anbetracht der gesamten Umstände, auf welche von der Vorinstanz in der angefochtenen Verfügung verwiesen wurde, und auch der Tatsache, dass in casu sowohl in rechtlicher als auch in tatsächlicher Hinsicht erhöhte Schwierigkeiten zu verneinen sind, besteht nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts kein Anlass, die Notwendigkeit eines anwaltlichen Beistands für den Beschwerdeführer im vorinstanzlichen Verfahren betreffend Verweigerung der vorläufigen Aufnahme zu bejahen. Das Begehren, die Verfügung des BFM vom 3. Juli 2014 sei aufzuheben, ist mithin auch unter diesem Gesichtspunkt abzuweisen.

6.
Aus diesen Erwägungen ergibt sich, dass die Vorinstanz zu Recht den Antrag des Migrationsamts auf vorläufige Aufnahme des Beschwerdeführers und dessen Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtsverbeiständung abgelehnt hat. Die angefochtene Verfügung ist rechtmässig (Art. 49 VwVG), weshalb die Beschwerde abzuweisen ist.

7.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Kosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 63 Abs. 1 VwVG) und auf insgesamt Fr. 600.- festzusetzen (Art. 1
SR 173.320.2 Regolamento del 21 febbraio 2008 sulle tasse e sulle spese ripetibili nelle cause dinanzi al Tribunale amministrativo federale (TS-TAF)
TS-TAF Art. 1 Spese processuali
1    Le spese del procedimento dinanzi al Tribunale amministrativo federale (Tribunale) comprendono la tassa di giustizia e i disborsi.
2    La tassa di giustizia copre le spese per la fotocopiatura delle memorie delle parti e gli oneri amministrativi normalmente dovuti per i servizi corrispondenti, quali le spese di personale, di locazione e di materiale, le spese postali, telefoniche e di telefax.
3    Sono disborsi, in particolare, le spese di traduzione e di assunzione delle prove. Le spese di traduzione non vengono conteggiate se si tratta di traduzioni tra lingue ufficiali.
-3
SR 173.320.2 Regolamento del 21 febbraio 2008 sulle tasse e sulle spese ripetibili nelle cause dinanzi al Tribunale amministrativo federale (TS-TAF)
TS-TAF Art. 3 Tassa di giustizia nelle cause senza interesse pecuniario - Nelle cause senza interesse pecuniario, la tassa di giustizia varia:
a  tra 200 e 3000 franchi se la causa è giudicata da un giudice unico;
b  tra 200 e 5000 franchi negli altri casi.
des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]). Sie sind durch den am 31. Oktober 2014 einbezahlten Kostenvorschuss gedeckt.

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Verfahrenskosten von Fr. 600.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. Der einbezahlte Kostenvorschuss wird zur Bezahlung der Verfahrenskosten verwendet.

3.
Dieses Urteil geht an den Beschwerdeführer, das SEM und die kantonale Behörde.

Der vorsitzende Richter: Der Gerichtsschreiber:

Martin Zoller Daniel Widmer

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