Urteilskopf

2008/14

Auszug aus dem Urteil der Abteilung II i. S. H. gegen Bundesamt für Berufsbildung und Technologie und Prüfungskommission der höheren Fachprüfung für Wirtschaftsprüfer
B-6078/2007 vom 14. April 2008


Regeste Deutsch

Berufsbildung. Höhere Fachprüfung. Beschwerdegründe und die sich daraus ergebende Kognition des Bundesverwaltungsgerichts (BVGer), der Vorinstanz sowie der Erstinstanz. Anspruch auf rechtliches Gehör: Akteneinsichtsrecht in handschriftliche Notizen.
Art. 29 Abs. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 29 Allgemeine Verfahrensgarantien - 1 Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
1    Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
2    Die Parteien haben Anspruch auf rechtliches Gehör.
3    Jede Person, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, hat Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. Soweit es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, hat sie ausserdem Anspruch auf unentgeltlichen Rechtsbeistand.
BV. Art. 49
SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz
VwVG Art. 49 - Der Beschwerdeführer kann mit der Beschwerde rügen:
a  Verletzung von Bundesrecht einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens;
b  unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhaltes;
c  Unangemessenheit; die Rüge der Unangemessenheit ist unzulässig, wenn eine kantonale Behörde als Beschwerdeinstanz verfügt hat.
VwVG.
1. Bestätigung der Rechtsprechung, wonach das BVGer Examensleistungen hinsichtlich materieller Inhalte nur eingeschränkt überprüft, formelle Mängel hingegen in freier Kognition (E. 3 ff.).
2. Dieselbe Zurückhaltung darf sich auch die Vorinstanz als Beschwerdeinstanz auferlegen. Dagegen überprüft die Erstinstanz sowohl materielle Inhalte als auch formelle Mängel in freier Kognition (E. 4 ff. und E. 6.3).
3. Die handschriftlichen Notizen der Experten bei mündlichen Prüfungen werden vom Akteneinsichtsrecht - als sich aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör ergebende Verfahrensgarantie - nicht erfasst, da sie zur internen Meinungsbildung beitragen. Ihr wesentlicher Inhalt ist in den Stellungnahmen der Experten an die Vorinstanz wiederzugeben (E. 6.2).


Regeste en français

Formation professionnelle. Examen professionnel supérieur. Motifs du recours et étendue du pouvoir d'examen qui en découle pour le Tribunal administratif fédéral (TAF), pour l'instance inférieure et pour la première instance. Droit d'être entendu: accès aux notes manuscrites du dossier.
Art. 29 al. 2 Cst. Art. 49 PA.
1. En matière de résultat d'examen, le TAF dispose d'un pouvoir d'examen restreint en ce qui concerne les questions matérielles mais examine librement les griefs de nature formelle. Confirmation de la jurisprudence (consid. 3 ss).
2. L'instance inférieure, en tant qu'autorité de recours, peut aussi s'imposer cette retenue. En revanche, la première instance apprécie librement tant les questions matérielles que formelles (consid. 4 ss et consid. 6.3).
3. Les notes manuscrites prises par les experts lors d'examens oraux ne font pas l'objet du droit d'accès au dossier (garantie de procédure qui découle du droit d'être entendu), car elles constituent des pièces à usage interne contribuant à la formation des opinions. L'essentiel de leur contenu doit toutefois être exprimé dans les déterminations que les experts doivent remettre à l'autorité inférieure (consid. 6.2).


Regesto in italiano

Formazione professionale. Esame professionale superiore. Motivi di ricorso e potere cognitivo che ne risulta per il Tribunale amministrativo federale (TAF), l'autorità inferiore e l'autorità di prima istanza. Diritto di essere sentito: diritto di consultare appunti scritti a mano.
Art. 29 cpv. 2 Cost. Art. 49 PA.
1. Conferma della giurisprudenza secondo la quale il TAF ha un potere cognitivo limitato per quanto riguarda il contenuto materiale di una prova d'esame, ma ha pieno potere per quanto riguarda i vizi di forma (consid. 3 segg.).
2. Anche l'autorità inferiore, in veste di autorità di ricorso, può limitare in modo analogo il proprio potere cognitivo. L'autorità di giurisdizione di prima istanza ha invece pieno potere cognitivo e verifica dunque sia il contenuto materiale che i vizi di forma (consid. 4 segg. e consid. 6.3).
3. Il diritto di consultare gli atti, garanzia procedurale derivante dal diritto di essere sentito, non comprende gli appunti scritti a mano dagli esperti nell'ambito degli esami orali, poiché tali appunti contribuiscono alla formazione dell'opinione interna. Il contenuto di tali appunti va desunto dalle dichiarazioni rese dagli esperti all'autorità inferiore (consid. 6.2).


Sachverhalt

Der Beschwerdeführer legte im August/September 2005 die höhere Fachprüfung für Wirtschaftsprüfer ab. Am 19. September 2005 teilte ihm die zuständige Prüfungskommission (Erstinstanz) mit, er habe aufgrund der erzielten Noten die Prüfung nicht bestanden. Gegen diesen Entscheid reichte der Beschwerdeführer am 19. bzw. 28. Oktober 2005 Beschwerde beim Bundesamt für Berufsbildung und Technologie (BBT) ein. Mit Vernehmlassung vom 14. Februar 2006 hielt die Erstinstanz an den erteilten Noten fest und beantragte die Abweisung der Beschwerde. Hierzu nahm der Beschwerdeführer am 31. März 2006 Stellung.
Im Sommer 2006 absolvierte der Beschwerdeführer die höhere Fachprüfung für Wirtschaftsprüfer ein zweites Mal und bestand sie mit einem Notendurchschnitt von 4,7. Begründet mit dem Fehlen eines weiterhin bestehenden Rechtschutzinteresses an einem materiellen Beschwerdeentscheid schrieb das BBT die Beschwerde vom 19. bzw. 28. Oktober 2005 gegen den Prüfungsentscheid vom Herbst 2005 mit Beschluss vom 22. September 2006 als gegenstandslos geworden ab.
Die gegen den Abschreibungsbeschluss am 22. Oktober 2006 erhobene Beschwerde hiess das Bundesverwaltungsgericht (BVGer) am 5. April 2007 gut und wies die Streitsache zur materiellen Behandlung an die Vorinstanz zurück (vgl. BVGE 2007/12).
In der Folge prüfte die Vorinstanz die Beschwerde vom 19. bzw. 28. Oktober 2005 materiell, wies diese jedoch mit Entscheid vom 17. Juli 2007 ab.
Gegen diesen Entscheid führt der Beschwerdeführer am 12. September 2007 erneut Beschwerde beim BVGer. Dabei beantragt er die Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids sowie die Neubeurteilung seiner Prüfungsleistung.
Mit Stellungnahme vom 28. bzw. 29. November 2007 beantragen Vorinstanz und Erstinstanz, die Beschwerde sei vollumfänglich abzuweisen. Die Vorinstanz beantragt zudem, die Kosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen.
Mit Schreiben vom 13. Januar 2008 reicht der Beschwerdeführer dem BVGer seine abschliessenden Bemerkungen ein.
Das BVGer weist die Beschwerde ab.


Aus den Erwägungen:

3. Es stellt sich zunächst die Frage der Kognition.

3.1 Das BVGer kann Entscheide über die Ergebnisse von Höheren Fachprüfungen grundsätzlich zwar frei überprüfen (Art. 49
SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz
VwVG Art. 49 - Der Beschwerdeführer kann mit der Beschwerde rügen:
a  Verletzung von Bundesrecht einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens;
b  unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhaltes;
c  Unangemessenheit; die Rüge der Unangemessenheit ist unzulässig, wenn eine kantonale Behörde als Beschwerdeinstanz verfügt hat.
des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren [VwVG, SR 172.021]). Ebenso wie das Bundesgericht (BGer) (vgl. BGE 131 I 467 E. 3.1, BGE 121 I 225 E. 4b, mit weiteren Verweisen), der Bundesrat (vgl. Verwaltungspraxis der Bundesbehörden VPB 62.62 E. 3, VPB 56.16 E. 2.1) sowie die ehemaligen Rekurs- und Schiedskommissionen des Bundes (vgl. VPB 66.62 E. 4, VPB 64.122 E. 2) auferlegt es sich dabei aber in ständiger Rechtsprechung Zurückhaltung, indem es in Fragen, die seitens der Justizbehörden naturgemäss schwer überprüfbar sind, nicht ohne Not von den Beurteilungen der erstinstanzlichen Prüfungsorgane und Experten abweicht (BVGE 2007/6 E. 3). Der Grund dafür liegt darin, dass der Rechtsmittelbehörde zumeist nicht alle massgebenden Faktoren der Bewertung bekannt sind und es ihr in der Regel nicht möglich ist, sich ein zuverlässiges Bild über die Gesamtheit der Leistungen des Beschwerdeführers sowie der Leistungen der übrigen Kandidaten zu machen. Hinzu kommt, dass Prüfungen Spezialgebiete zum Gegenstand haben, in denen die Rechtsmittelbehörde in der Regel über keine eigenen Fachkenntnisse
verfügt. Eine freie Überprüfung der Examensbewertung in materieller Hinsicht würde zudem die Gefahr von Ungerechtigkeiten und Ungleichheiten gegenüber anderen Kandidaten in sich bergen. Die Bewertung von akademischen Leistungen und Fachprüfungen wird aus diesen Gründen von den Rechtsmittelbehörden nicht frei, sondern nur mit Zurückhaltung überprüft (vgl. BGE 118 Ia 488 E. 4c, BGE 106 Ia 1 E. 3c mit Verweis auf Max Imboden/René A. Rhinow, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, Bd. I, 5. Aufl., Basel und Stuttgart 1976, Nr. 66 B II a, d und V a, sowie Nr. 67 B III c; Alfred Kölz/Isabelle Häner, Verwaltungsverfahren und Verwaltungsrechtspflege des Bundes, 2. Aufl., Zürich 1998, Rz. 644; MARTIN AUBERT, Bildungsrechtliche Leistungsbeurteilungen im Verwaltungsprozess, Diss. Bern 1997, S. 136).

3.2 In einem Beschwerdeverfahren nehmen die Examinatoren, deren Notenbewertung beanstandet wurde, im Rahmen der Beschwerdeantwort der Erstinstanz Stellung (Art. 57 Abs. 1
SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz
VwVG Art. 57 - 1 Die Beschwerdeinstanz bringt eine nicht zum vornherein unzulässige oder unbegründete Beschwerde ohne Verzug der Vorinstanz und allfälligen Gegenparteien des Beschwerdeführers oder anderen Beteiligten zur Kenntnis, setzt ihnen Frist zur Vernehmlassung an und fordert gleichzeitig die Vorinstanz zur Vorlage ihrer Akten auf.100
1    Die Beschwerdeinstanz bringt eine nicht zum vornherein unzulässige oder unbegründete Beschwerde ohne Verzug der Vorinstanz und allfälligen Gegenparteien des Beschwerdeführers oder anderen Beteiligten zur Kenntnis, setzt ihnen Frist zur Vernehmlassung an und fordert gleichzeitig die Vorinstanz zur Vorlage ihrer Akten auf.100
2    Sie kann die Parteien auf jeder Stufe des Verfahrens zu einem weiteren Schriftenwechsel einladen oder eine mündliche Verhandlung mit ihnen anberaumen.
VwVG). In der Regel überprüfen sie ihre Bewertung nochmals und geben bekannt, ob sie eine Korrektur als gerechtfertigt erachten oder nicht. Solange konkrete Hinweise auf Befangenheit fehlen und die Beurteilung nicht als fehlerhaft oder völlig unangemessen erscheint, ist auf die Meinung der Examinatoren abzustellen. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass die Stellungnahme insofern vollständig ist, als darin die substantiierten Rügen des Beschwerdeführers beantwortet werden, und dass die Auffassung der Examinatoren, insbesondere soweit sie von derjenigen des Beschwerdeführers abweicht, nachvollziehbar und einleuchtend ist (BVGE 2007/6 E. 3 mit Verweis auf VPB 61.32; Urteile des BVGer B-2208/2006 vom 25. Juli 2007 E. 5.2 und B-2207/2006 vom 23. März 2007 E. 5.3).

3.3 Die dargelegte Zurückhaltung gilt nur für die materielle Bewertung der Prüfungsleistungen. Sind hingegen die Auslegung und Anwendung von Rechtsvorschriften streitig oder werden Verfahrensmängel im Prüfungsablauf gerügt, hat die Rechtsmittelbehörde die erhobenen Einwendungen in freier Kognition zu prüfen, andernfalls sie eine formelle Rechtsverweigerung beginge (BVGE 2007/6 E. 3; Urteile des BVGer B-2208/2006 vom 25. Juli 2007 E. 5.2 und B-2207/2006 vom 23. März 2007 E. 5.3, je mit weiteren Hinweisen; MARTIN AUBERT, a.a.O., S. 109 ff. mit Verweisen auf Lehre [S. 111 ff.] und Rechtsprechung in Bund und einzelnen Kantonen [S. 114 ff.]; René A. Rhinow/Beat Krähenmann, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, Ergänzungsband, Basel und Frankfurt am Main 1990, Nr. 67 III c und 80 I f).
An diesen gefestigten Kognitionsgrundsätzen ist festzuhalten.

4. Der Beschwerdeführer macht in formeller Hinsicht bezüglich der Teilprüfung « Professional Judgement » (Fallstudie) geltend, die Vorinstanz habe keine materielle Überprüfung seiner Leistung vorgenommen. Er rügt damit, die Vorinstanz habe ihre Kognition in unzulässiger Weise beschränkt (E. 4.2 ff.). Bezüglich der Erstinstanz bringt er hingegen vor, diese habe ihren Ermessensspielraum in unzulässiger Weise überschritten (E. 4.3 ff.).

4.1 Die Nichtausschöpfung der Kognition würde eine Rechtsverweigerung darstellen VPB 69.35) und den in Art. 29 Abs. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 29 Allgemeine Verfahrensgarantien - 1 Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
1    Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
2    Die Parteien haben Anspruch auf rechtliches Gehör.
3    Jede Person, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, hat Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. Soweit es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, hat sie ausserdem Anspruch auf unentgeltlichen Rechtsbeistand.
der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 (BV, SR 101) grundsätzlich festgeschriebenen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzen (Pierre Tschannen/Ulrich Zimmerli, Allgemeines Verwaltungsrecht, 2. Aufl., Bern 2005, § 30 Rz. 35; KÖLZ/HÄNER, a.a.O., Rz. 618). Der verfassungsrechtliche Anspruch auf rechtliches Gehör ist gemäss konstanter Praxis des BGer formeller Natur. Sofern der Mangel nicht geheilt werden kann, hat die Verletzung die Aufhebung des angefochtenen Entscheids zur Folge, und zwar auch dann, wenn der Beschwerdeführer kein materielles Interesse nachzuweisen vermag (BGE 127 V 431 E. 3d/aa, BGE 125 I 113 E. 3, BGE 124 V 180 E. 4a).

4.2 Es gilt vorerst zu prüfen, in welchem Umfang die Vorinstanz die Prüfungsleistung des Beschwerdeführers tatsächlich beurteilte bzw. hätte beurteilen müssen, und ob sie ihre Kognition zu Recht einschränkte bzw. einschränken durfte.

4.2.1 Wie das BVGer ist die Vorinstanz in Prüfungsangelegenheiten als Beschwerdeinstanz tätig. Sie ist damit Rechtsmittelbehörde. Die oben in E. 3 dargelegten Kognitionsgrundsätze gelten daher im selben Umfang auch für die Vorinstanz (Urteil des BGer 2P.240/2003 vom 2. Dezember 2003 E. 3 ff.; ebenso bereits BGE 106 Ia 1 E. 3c). Demnach kann sich die Vorinstanz in fachspezifischen Fragen und bei der Bewertung von einzelnen Prüfungsantworten darauf beschränken, die von der Erstinstanz gemachten Ausführungen dahingehend zu überprüfen, ob diese die substantiellen Rügen des Beschwerdeführers abhandeln und dabei nachvollziehbar erscheinen. Verfahrensmängel hat sie demgegenüber mit freier Kognition zu beurteilen.

4.2.2 Aus dem Beschwerdeentscheid ist ersichtlich, dass die Vorin-stanz die Rügen des Beschwerdeführers kurz und nach Aufgaben geordnet aufgelistet hat (E. 4.1). Anschliessend hat sie die jeweils auf die entsprechende Rüge bezogene Expertenmeinung zusammengefasst festgehalten (E. 4.2) und aus dieser Gegenüberstellung ihre Schlüsse gezogen (E. 4.3). Sie führt aus, die Erstinstanz bzw. die für sie handelnden Experten seien auf die wesentlichen Rügen eingegangen und hätten sich mit Ausnahme von Aufgabe 2.2 mit allen Aufgaben ausführlich auseinandergesetzt. Als Gesamturteil bezeichnet sie alle vom Beschwerdeführer gerügten Aufgaben als durch die Erstinstanz nachvollziehbar bewertet, insbesondere soweit die Expertenmeinungen von den Lösungen des Beschwerdeführers abweichen würden.

4.2.3 Die Vorinstanz ist damit ihrer Überprüfungspflicht in genügender Weise nachgekommen. Sie hat die Expertenmeinungen und die Lösungen des Beschwerdeführers miteinander verglichen und ist fast ausschliesslich der Expertenmeinung gefolgt, ohne aber die Lösungen aus ihrer Sicht materiell neu zu beurteilen, wozu sie aufgrund ihrer eingeschränkten Kognition weder befugt noch gehalten war (E. 3.1 und E. 4.2.1). (...)
Die Vorinstanz ist nicht verpflichtet gewesen, ihr Ermessen an dasjenige der Erstinstanz zu stellen und quasi als Oberprüfungskommission die Bewertung einzelner Aufgaben im Detail erneut vorzunehmen.

4.3 Des Weiteren rügt der Beschwerdeführer in formeller Hinsicht, die Erstinstanz habe ihr Ermessen bei der Beurteilung der schriftlichen Prüfung « Professional Judgement » (Fallstudie) unzulässigerweise überschritten. Es liege ein detaillierter Bewertungsraster vor, an den sich die Erstinstanz zu halten habe, weshalb kein Raum für Ermessensentscheide bleibe. Die Erstinstanz habe sich aber nicht daran gehalten.
Bezüglich der Erstinstanz ist daher zu prüfen, ob diese mit voller Kognition über das « Professional Judgement » (Fallstudie) befinden durfte.

.. (...)

4.3.2 Gerade bei der Frage, ob und wieviele Punkte für einen konkreten Lösungsansatz oder eine Teilantwort vergeben werden können, ist das Ermessen der Experten gross. Insbesondere liegt es auch im Ermessen der Experten, welches relative Gewicht den verschiedenen Angaben, Überlegungen und Berechnungen zukommt, die zusammen die korrekte und vollständige Antwort auf eine bestimmte Prüfungsfrage ergeben, und wie viele Punkte in der Folge für nur teilweise richtige Antworten zu vergeben sind. Das Ermessen der Experten ist hingegen in jenen Fällen eingeschränkt, in denen die Prüfungsorgane einen verbindlichen Bewertungsraster vorgegeben haben, aus dem die genaue Punktverteilung pro Teilantwort hervorgeht. Der Grundsatz der Rechtsgleichheit bzw. der Gleichbehandlung aller Kandidaten gewährt in einem derartigen Fall jedem Kandidaten den Anspruch darauf, dass er auch diejenigen Punkte erhält, die ihm gemäss Bewertungsraster für eine richtige Teilleistung zustehen (Urteile des BVGer B-2208/2006 vom 25. Juli 2007 E. 5.3.2 und B-2207/2006 vom 23. März 2007 E. 5.4.2).

4.3.3 Unbestritten ist, dass für die Prüfungssession im Herbst 2005 ein Bewertungsraster besteht (vgl. Urteile des BVGer B-2208/2006 vom 25. Juli 2007 E. 3.3 und E. 5.3.2 und B-2207/2006 vom 23. März 2007 E. 3.5 und E. 5.4.2). Der Bewertungsraster, der jeweils die pro Teilaufgabe erreichbaren Maximalpunktzahlen aufführt, ist aber nicht mit einer kompletten, einheitlichen Musterlösung verknüpft. Auch werden aus dem Bewertungsraster keine einzelnen Punktwerte pro Teilantwort ersichtlich. Der Bewertungsraster ist daher zu wenig detailliert, als dass er eine eigentliche Musterlösung darstellen würde, der rechtsgleich auf alle Kandidaten angewendet werden könnte. Der Erstinstanz kommt daher - im Gegensatz zur Vorinstanz oder dem BVGer - ein grosses Ermessen bei der Beurteilung der Antworten der Kandidaten zu.

.. (...)

6. Der Beschwerdeführer verlangt auch eine materielle Neubeurteilung des « Kurzreferats ». Das « Kurzreferat » ist ein mündlicher Vortrag zu einem aus drei den Kandidaten zur Auswahl stehenden Themen (...). Anhand von fünf Bewertungskriterien erteilen die Experten unterschiedlich gewichtete Noten. Diese fünf Bewertungskriterien sind: « Richtigkeit der Ausführungen » (3-fach), « Vollständigkeit der behandelten Probleme » (3-fach), « Form des Vortrags » (2-fach), « Klarheit der Ausführungen » (2-fach) sowie « Prägnanz und Konsequenz der Schlussfolgerung » (2-fach; ...). Die Schlussnote errechnet sich aus der Addition der mit den Faktoren gewichteten Bewertungskriterien, die durch die Summe der Faktoren (= 12) zu teilen ist. Zur Berechnung dient somit folgende Formel: ([{Note 1 + Note 2} x3] + [{Note 3 + Note 4 + Note 5} x2]) : 12 = Schlussnote.
- (...)

6.2 Der Beschwerdeführer rügt bezüglich seines « Kurzreferats », sein Akteneinsichtsrecht sei verletzt, da ihm der Bewertungsbogen bzw. die handschriftlichen Bemerkungen der Experten zu diesem bis heute vorenthalten worden seien. Als Beweismittel und zur adäquaten Nachvollziehbarkeit der Prüfung seien diese Dokumente unentbehrlich.

6.2.1 Der Anspruch auf rechtliches Gehör enthält eine ganze Reihe von Verfahrensgarantien, insbesondere auch das Recht auf Akteneinsicht (vgl. BGE 129 V 478 E. 4.4.2, BGE 127 I 54 E. 2b). Gemäss bundesgerichtlicher Formulierung gewährleistet der Gehörsanspruch allen Personen, die vom Ausgang des Verfahrens mehr als die Allgemeinheit betroffen werden könnten, das Recht auf Mitwirkung und Einflussnahme (BGE 132 V 387 E. 5). Eine gerügte Verletzung des rechtlichen Gehörs und somit auch des Rechts auf Akteneinsicht wird vom BVGer mit voller Kognition überprüft.
Das Recht auf Akteneinsicht bezieht sich grundsätzlich auf alle für den Entscheid erheblichen Akten. Verweigert werden darf nur die Einsicht in verwaltungsinterne Akten. Als verwaltungsintern gelten Akten, denen für die Behandlung eines Falles kein Beweischarakter zukommt, weil sie ausschliesslich der verwaltungsinternen Meinungsbildung dienen und insofern lediglich für den behördeninternen Gebrauch bestimmt sind (z.B. Entwürfe, Anträge, Notizen, Mitberichte, Hilfsbelege etc.). In der Literatur ist die Unterscheidung zwischen internen und anderen Akten allerdings umstritten (vgl. BGE 125 II 473 E. 4a).

6.2.2 Typischerweise sind handschriftliche Notizen an mündlichen Prüfungen unter die Kategorie der verwaltungsinternen Akten zu subsumieren. Die Notizen dienen einzig der Meinungsbildung der Experten anlässlich der Prüfung und sind im Wesentlichen auch aus den Stellungnahmen zuhanden der Erstinstanz ersichtlich. Somit ist der Inhalt der handschriftlichen Notizen dem Beschwerdeführer keineswegs vorenthalten worden. Im Übrigen haben die Experten anlässlich ihrer Stellungnahmen auch die effektive Bewertung des Beschwerdeführers anhand der einzelnen Kriterien offengelegt. Es ist deshalb nicht ersichtlich, inwiefern das Akteneinsichtsrecht hier verletzt sein könnte.

6.3 Bezüglich der Rüge, die Vorinstanz habe auch im « Kurzreferat » ihre Kognition zu Unrecht eingeschränkt und keine materielle Überprüfung des Entscheids vorgenommen, kann zunächst auf die vorstehende E. 3 ff. verwiesen werden. Diese entsprechenden Erwägungen haben auch in Bezug auf das mündliche « Kurzreferat » ihre Gültigkeit.
Hinzu tritt folgende Überlegung: Da es sich beim « Kurzreferat » um eine mündliche Prüfung handelt, kommt der Erstinstanz und ihren Experten ein umso grösseres Ermessen bei der Leistungsbeurteilung zu als dies beim schriftlichen Prüfungsteil « Professional Judgement » (Fallstudie) ohnehin bereits der Fall ist. Gerade bei mündlichen Prüfungen sind zumeist die Fragen oder Themen ausreichend weit gefasst und insbesondere die Antworten wie auch die Entwicklungsmöglichkeiten derselben vielgestaltig und nur beschränkt einer objektiven Überprüfung durch unbeteiligte Dritte zugänglich. Dies trifft insbesondere auf das hier zu beurteilende « Kurzreferat » zu. Die Vorinstanz ist daher auch hier nicht verpflichtet, als eigentliche Oberprüfungskommission zu walten. Sie kann ihre Kontrollpflicht auf die Frage beschränken, ob sich die Erstinstanz von sachfremden Erwägungen hat leiten lassen, so dass der Prüfungsentscheid unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten als nicht mehr vertretbar erscheinen würde. Im Übrigen weist der Beschwerdeführer selber in seiner Beschwerde darauf hin, dass bei mündlichen Prüfungen weniger strenge Kriterien gelten würden als bei schriftlichen. Dahingehend ist auch das BGer zu verstehen, wenn es ausführt, es würden
sich dann besondere Schwierigkeiten für die Nachprüfung ergeben, wenn Notengebungen zu beurteilen sind, die sich nicht ausschliesslich auf schriftliche, sondern auch auf mündliche Prüfungen beziehen (vgl. den vom Beschwerdeführer zitierten BGE 106 Ia 1 E. 3c).
(...)
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 2008/14
Date : 14. April 2008
Published : 01. Januar 2008
Source : Bundesverwaltungsgericht
Status : 2008/14
Subject area : Abteilung II (Wirtschaft, Wettbewerb, Bildung)
Subject : Höhere Fachprüfung
Classification : Bestätigung der Rechtsprechung


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