Urteilskopf
99 IV 185
41. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 30. November 1973 i.S. Stocker gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern.
Regeste (de):
- Art. 20
SR 311.0 Code pénal suisse du 21 décembre 1937
CP Art. 20 - L'autorité d'instruction ou le juge ordonne une expertise s'il existe une raison sérieuse de douter de la responsabilité de l'auteur.
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StGB.
- Begriff des Rechtsirrtums.
Regeste (fr):
- Art. 20 CP.
- Définition de l'erreur de droit.
Regesto (it):
- Art. 20 CP.
- Nozione dell'errore di diritto.
Erwägungen ab Seite 185
BGE
99 IV 185 S. 185
3. a) Nach ständiger Rechtsprechung zu Art. 20
SR 311.0 Code pénal suisse du 21 décembre 1937
CP Art. 20 - L'autorité d'instruction ou le juge ordonne une expertise s'il existe une raison sérieuse de douter de la responsabilité de l'auteur.
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StGB kann sich auf Rechtsirrtum nur berufen, wer zureichende Gründe zur Annahme hatte, er tue überhaupt nichts Unrechtes, und nicht schon, wer die Tat bloss für straflos hielt (BGE
98 Ia 303 mit Verweisungen). Kommt aber auf das Bewusstsein der Straflosigkeit nichts an, genügt vielmehr für den Ausschluss eines Rechtsirrtums schon das unbestimmte Empfinden, dass das in Aussicht genommene Verhalten gegen das verstösst, was recht ist (BGE
60 I 418,BGE
66 I 113,BGE
70 IV 100,BGE
72 IV 155, BGE
80 IV 21), so ist damit aber auch gesagt, dass der Täter nicht nur im Bereich des Vorsatzes, sondern auch in demjenigen des Unrechtsbewusstseins sein Verhalten nicht juristisch exakt würdigen muss, wie es der Richter tut (BGE
80 IV 21), sondern dass er dieses bloss in der ihm als Laien zugänglichen Art an den rechtlichen Wertvorstellungen zu messen hat, die vom durchschnittlichen Bürger der Gemeinschaft getragen werden, der er angehört. Ob er dessen Anschauungen über das, was recht oder unrecht ist, selber teilt oder sie aus irgendwelchen ausserrechtlichen Gründen ablehnt, ist nicht massgebend (BGH Str. 4 S. 3/5; RUDOLPHI, Unrechtsbewusstsein, Verbotsirrtum und Vermeidbarkeit des Verbotsirrtums, S. 187 mit weiteren Hinweisen). Im Bewusstsein der Rechtswidrigkeit seines Tuns handelt deshalb, wer weiss, dass sein Verhalten den Rechtsvorstellungen seiner Rechtsgemeinschaft widerspricht. Im allgemeinen entspricht die Rechtsordnung den vorherrschenden ethischen Wertvorstellungen in dem Sinne, dass jedenfalls erhebliche Verstösse gegen diese regelmässig auch rechtlich verpönt sind. Das Empfinden des Täters, seine Handlung widerspreche den herrschenden sittlichen
BGE
99 IV 185 S. 186
Vorstellungen über die sozialen Beziehungen, stellt einen gewichtigen Hinweis auf sein Unrechtsbewusstsein dar. Nimmt der Täter ausnahmsweise an, seine Handlung sei, obwohl nach vorherrschender sittlicher Anschauung verpönt, dennoch gemäss geltender Rechtsordnung erlaubt, so handelt er rechtsirrtümlich. Doch wird alsdann besonders sorgfältig zu prüfen sein, ob der Täter zu seiner rechtsirrtümlichen Annahme zureichende Gründe hatte. Zureichend ist ein Grund, wenn dem Täter aus seinem Rechtsirrtum kein Vorwurf gemacht werden kann, weil er auf Tatsachen beruht, durch die sich auch ein gewissenhafter Mensch hätte in die Irre führen lassen (BGE
98 IV 303 mit Verweisungen). Das Gesetz verlangt damit vom Täter eine Gewissensanspannung, eine gewissenhafte Überlegung oder ein Erkundigen bei Behörden oder vertrauenswürdigen Personen (s.BGE
75 IV 153,BGE
78 IV 181, BGE
81 IV 242, BGE
82 IV 17, BGE
86 IV 196, BGE
91 IV 30 Nr. 9). Hat er von einer ihm objektiv gegebenen Gelegenheit, die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens durch eigenes Nachdenken zu erkennen oder durch Einholung von Auskünften zu erfahren, keinen Gebrauch gemacht, obgleich dazu für ihn Anlass bestand, so handelt es sich um einen vermeidbaren und damit nach Art. 20
SR 311.0 Code pénal suisse du 21 décembre 1937
CP Art. 20 - L'autorité d'instruction ou le juge ordonne une expertise s'il existe une raison sérieuse de douter de la responsabilité de l'auteur.
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StGB unerheblichen Rechtsirrtum (S. RUDOLPHI, op.cit. S. 207). Was Filmvorführungen anbelangt, verweist die Staatsanwaltschaft zutreffend auf die bundesgerichtliche Praxis zur Frage, welche Gründe im Sinne von Art. 20
SR 311.0 Code pénal suisse du 21 décembre 1937
CP Art. 20 - L'autorité d'instruction ou le juge ordonne une expertise s'il existe une raison sérieuse de douter de la responsabilité de l'auteur.
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StGB zureichend sind. So kann sich nach mehreren Entscheiden ein Kinobesitzer nicht schon deshalb auf Rechtsirrtum berufen, weil ein Film an einem anderen Ort unbeanstandet vorgeführt wurde, da hiefür verschiedenartige Gründe massgebend sein können (BGE
99 IV 62). Der Kassationshofverlangt zuverlässigere Unterlagen, z.B. Auskünfte von Behörden oder vertrauenswürdigen Personen (BGE
92 IV 73, BGE
82 IV 17, BGE
81 IV 196). Ausreichend ist z.B. ein früherer Freispruch durch den zuständigen Richter bei gleichem Sachverhalt, selbst wenn der Staatsanwalt vor der zweiten Tatbegehung den Täter ausdrücklich darauf aufmerksam macht, dass er selbst und die zuständige Verwaltungsbehörde den Freispruch als Fehlentscheid betrachteten (BGE
91 IV 165).