95 II 509
68. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 27. August 1969 i.S. B. gegen B.
Regeste (de):
- 1. Art. 137 ZGB. Ehebruch, spezieller Scheidungsgrund. Wann ist die Klage rechtsmissbräuchlich?
- Zur Scheidung nach Art. 137 ZGB bedarf es nicht des Nachweises, dass die Ehe wegen des Ehebruches unheilbar zerrüttet und ihre Fortsetzung für den verletzten Ehegatten unzumutbar geworden sei (Erw. 3).
- Auch in anderen als den in Art. 137 Abs. 3 ZGB genannten Fällen kann die Berufung auf den Ehebruch des anderen Gatten rechtsmissbräuchlich sein. Art. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 2 - 1 Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln.
1 Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln. 2 Der offenbare Missbrauch eines Rechtes findet keinen Rechtsschutz. - 2. Art. 156 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 2 - 1 Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln.
1 Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln. 2 Der offenbare Missbrauch eines Rechtes findet keinen Rechtsschutz. - Anordnung einer vormundschaftlichen Aufsicht (Erw. 5 a).
Regeste (fr):
- 1. Art. 137 CC. L'adultère est une cause déterminée de divorce. Quand la demande en divorce fondée sur l'adultère est-elle un abus de droit?
- Pour que le divorce soit prononcé en vertu de l'art. 137 CC, il n'est pas nécessaire de prouver que le lien conjugal est irrémédiablement détruit et que la continuation de la vie commune ne peut plus être exigée raisonnablement du conjoint qui a été trompé (consid. 3).
- Même dans d'autres circonstances que celles qui sont mentionnées à l'art. 137 al. 3 CC, l'époux qui invoque l'adultère de son conjoint peut commettre un abus de droit. L'art. 2 CC est applicable lorsque le lien conjugal était déjà complètement rompu par la faute de l'époux demandeur, avant que l'autre conjoint n'ait commencé à entretenir des relations adultères (consid. 4).
- 2. Art. 156 al. 1 CC. Attribution des enfants.
- Surveillance de l'autorité tutélaire ordonnée par le juge du divorce (consid. 5 a).
Regesto (it):
- 1. Art. 137 CC. L'adulterio, quale causa speciale di divorzio. Quando l'istanza di divorzio fondata sull'adulterio costituisce un abuso di diritto?
- Perchè sia pronunciato il divorzio ai sensi dell'art. 137 CC non occorre provare che il vincolo coniugale è irrimediabilmente turbato e che la continuazione della vita comune non può essere ragionevolmente richiesta dal coniuge offeso (consid. 3).
- Anche in casi diversi da quelli menzionati nell'art. 137 cpv. 3 CC, il coniuge che invoca l'adulterio dell'altro può commettere un abuso di diritto. L'art. 2 CC è applicabile quando il vincolo coniugale era già irrimediabilmente turbato per esclusiva colpa del coniuge attore, prima che l'altro coniuge avesse iniziato le relazioni adulterine (consid. 4).
- 2. Art. 156 cpv. 1 CC. Attribuzione dei figli.
- Vigilanza dell'autorità tutoria ordinata dal giudice del divorzio (consid. 5 a).
Sachverhalt ab Seite 510
BGE 95 II 509 S. 510
Aus dem Tatbestand:
Am 15. Mai 1962 gingen H.B., geboren 1939, und V.K., geboren 1941, miteinander die Ehe ein. Dieser entsprossen ein Knabe, geboren am 4. Mai 1962, und ein Mädchen, geboren am 7. Dezember 1966. Der Ehemann, von Beruf Koch, besuchte die Wirtefachschule und übernahm im Dezember 1966 pachtweise einen Gasthof in W. Die Ehefrau, welche bis anhin als kaufmännische Angestellte gearbeitet hatte, half bis zur Auflösung des gemeinsamen Haushaltes im Juni 1967 im Betrieb des Ehemannes mit. Sie verliess daraufhin mit den beiden Kindern W. und knüpfte mit O.A. ehebrecherische Beziehungen an, während der Ehemann seit dem Jahre 1965 ein ehebrecherisches Verhältnis mit Frau L. unterhielt. Im April 1967 klagte die Ehefrau gestützt auf Art. 137 in Verbindung mit Art. 143
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 2 - 1 Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln. |
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1 | Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln. |
2 | Der offenbare Missbrauch eines Rechtes findet keinen Rechtsschutz. |
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
3. In materiellrechtlicher Hinsicht macht der Berufungskläger
BGE 95 II 509 S. 511
geltend, die Vorinstanz habe Art. 137 ZGB dadurch verletzt, dass sie seine, auf diese Bestimmung gestützte Widerklage wegen Rechtsmissbrauchs abwies. Art. 2
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1 | Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln. |
2 | Der offenbare Missbrauch eines Rechtes findet keinen Rechtsschutz. |
4. Wie die Ausübung jeden Rechtes ist auch die Erhebung einer Scheidungsklage nur innerhalb der Schranken des Rechtsmissbrauches im Sinne von Art. 2
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1 | Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln. |
2 | Der offenbare Missbrauch eines Rechtes findet keinen Rechtsschutz. |
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1 | Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln. |
2 | Der offenbare Missbrauch eines Rechtes findet keinen Rechtsschutz. |
BGE 95 II 509 S. 512
Bd. 57, S. 371 f. und in Sem. jud., Bd. 89, S. 582 ff. sowie das nicht veröffentlichte Urteil vom 25. März 1968 i.S. Sch. c. Sch., S. 9 f.; GMÜR, Kommentar, N. 15 a und 30 zu Art. 137 ZGB; MERZ, Kommentar, N. 551 zu Art. 2
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1 | Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln. |
2 | Der offenbare Missbrauch eines Rechtes findet keinen Rechtsschutz. |
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1 | Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln. |
2 | Der offenbare Missbrauch eines Rechtes findet keinen Rechtsschutz. |
5. Die Anträge des Berufungsklägers zu den Nebenfolgen
BGE 95 II 509 S. 513
sind, auch wenn sich das aus ihrer Formulierung nicht ausdrücklich ergibt, so zu verstehen, dass sie nicht nur für den Fall der widerklageweise beantragten Scheidung gelten sollen, sondern als Eventualbegehren auch gelten, wenn es bei der von den Vorinstanzen ausgesprochenen Ehetrennung bleibt. a) Der Berufungskläger verlangt in erster Linie die Anordnung einer vormundschaftlichen Aufsicht über die der Berufungsbeklagten zugewiesenen beiden Kinder. Er beanstandet, dass die Vorinstanz ihn nicht zum Beweis für die gegen die Berufungsbeklagte als Mutter erhobenen Vorwürfe zugelassen habe. Ferner rügt er, dass die Vormundschaftsbehörde nicht angehört worden sei. Die Anordnung bzw. Nichtanordnung einer vormundschaftlichen Erziehungsaufsicht durch den Scheidungs- oder Trennungsrichter muss beim Bundesgericht als Berufungsinstanz angefochten werden können; denn die Anordnung einer solchen Massnahme stellt in Wirklichkeit eine Beschränkung der elterlichen Gewalt dar. Die in BGE 60 II 16 ff. vertretene gegenteilige Auffassung ist daher nicht haltbar (vgl. HEGNAUER, Kommentar, N. 132 zu Art. 283
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1 | Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln. |
2 | Der offenbare Missbrauch eines Rechtes findet keinen Rechtsschutz. |
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2 | Der offenbare Missbrauch eines Rechtes findet keinen Rechtsschutz. |
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BGE 95 II 509 S. 514
dass es die Vorinstanz unterliess, die Vormundschaftsbehörde anzuhören, kann nicht zur Rückweisung der Sache an jene führen, da Art. 156 Abs. 1
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2 | Der offenbare Missbrauch eines Rechtes findet keinen Rechtsschutz. |
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2 | Der offenbare Missbrauch eines Rechtes findet keinen Rechtsschutz. |
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