91 I 11
4. Urteil vom 20. Januar 1965 i.S. X. gegen Bank Y. und Obergericht des Kantons Zürich.
Regeste (de):
- Art. 59 BV.
- Gerichtsstandsklausel.
- Der Verzicht auf die Garantie des Art. 59
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 59 Militär- und Ersatzdienst - 1 Jeder Schweizer ist verpflichtet, Militärdienst zu leisten. Das Gesetz sieht einen zivilen Ersatzdienst vor.
1 Jeder Schweizer ist verpflichtet, Militärdienst zu leisten. Das Gesetz sieht einen zivilen Ersatzdienst vor. 2 Für Schweizerinnen ist der Militärdienst freiwillig. 3 Schweizer, die weder Militär- noch Ersatzdienst leisten, schulden eine Abgabe. Diese wird vom Bund erhoben und von den Kantonen veranlagt und eingezogen. 4 Der Bund erlässt Vorschriften über den angemessenen Ersatz des Erwerbsausfalls. 5 Personen, die Militär- oder Ersatzdienst leisten und dabei gesundheitlichen Schaden erleiden oder ihr Leben verlieren, haben für sich oder ihre Angehörigen Anspruch auf angemessene Unterstützung des Bundes. - Anwendung dieses Grundsatzes auf eine schwer verständliche, in englischer Sprache abgefasste Gerichtsstandsklausel in einem in der Schweiz abgeschlossenen Vertrag zwischen einer schweizerischen Firma und einer in der Schweiz wohnhaften, geschäftlich nicht erfahrenen und rechtsunkundigen Person.
Regeste (fr):
- Art. 59 Cst.
- Clause de prorogation defor.
- La renonciation à la garantie de l'art. 59 Cst. ne doit pas être admise facilement; il faut pour cela une déclaration expresse, séparée des autres clauses du contrat; il est nécessaire que, par son contenu, cette déclaration ne prête à aucun malentendu et exprime nettement la volonté des parties de constituer un autre for.
- Application de ce principe à une clause de prorogation de for difficile à comprendre, rédigée en anglais et figurant dans un contrat conclu en Suisse entre une maison suisse et une personne habitant la Suisse, inexperte en affaires et non juriste.
Regesto (it):
- Art. 59 CF.
- Clausola di prorogazione diforo.
- La rinuncia alla garanzia dell'art. 59 CF non deve essere ammessa facilmente; occorre, a questo riguardo, una dichiarazione espressa, separata dalle altre clausole contrattuali, il cui contenuto non si presti a malintesi, e che esprima chiaramente la volontà delle parti di costituire un altro foro.
- Applicazione di questo principio a una clausola di prorogazione di foro difficilmente comprensibile, redatta in inglese e contenuta in un contratto concluso tra una ditta svizzera e una persona abitante in Svizzera, inesperta negli affari e senza nozioni giuridiche.
Sachverhalt ab Seite 11
BGE 91 I 11 S. 11
A.- Der Beschwerdeführer X. ist Musiker von Beruf und wohnt in Genf. Am 8. November 1961 schloss er mitder BankY., die ihren Sitz in Zürich und in Genf eine Zweigniederlassung hat, einen als "Margin Account Agreement" bezeichneten Vertrag. Das von der Bank in englischer Sprache abgefasste, maschinengeschriebene und mit Matrize vervielfältigte Vertragsformular besteht aus einer einzigen Seite und enthält einen in
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sechs numerierte Absätze gegliederten Text. Der letzte Absatz steht unmittelbar vor den Unterschriften und lautet: "6. For the present contract Swiss law ist applicable. Venue is Zürich, Switzerland". Auf Grund dieses Vertrages führte die Bank eine Reihe von Börsengeschäften für X. aus. Im Dezember 1963 reichte sie beim Bezirksgericht Zürich eine Klage ein, mit der sie X. auf Bezahlung von Fr. 47'539.75 nebst Zins und Kosten belangte. X. bestritt die örtliche Zuständigkeit des Gerichts. Dieses wies die Einrede mit Beschluss vom 27. August 1964 ab, da der Beklagte mit Ziff. 6 des Vertrages vom 8. November 1961 auf den Wohnsitzgerichtsstand gültig verzichtet und Zürich als Gerichtsstand vereinbart habe. X. rekurrierte hiegegen an das Obergericht des Kantons Zürich, wurde aber durch Entscheid vom 19. Oktober 1964 abgewiesen, im wesentlichen mit folgender Begründung: Die streitige Gerichtsstandsklausel stehe an gut sichtbarer Stelle des Vertrages und sei vom übrigen Text deutlich getrennt, so dass sie in dieser Beziehung den Anforderungen der bundesgerichtlichen Rechtsprechung genüge und angenommen werden könne, der Verzicht auf den ordentlichen Richter sei bewusst erfolgt. Der Einwand, der Wortlaut der Klausel sei missverständlich und der Beklagte habe infolge mangelhafter Kenntnisse der englischen Sprache nicht gewusst, dass "venue" Gerichtsstand bedeute, sei unbehelflich, da derjenige, der einen fremdsprachigen Vertragstext unterschreibe, sich um dessen Verständnis zu bemühen habe, nötigenfalls unter Beiziehung eines Wörterbuchs oder eines sprachkundigen Dritten. Es verstosse offensichtlich gegen Treu und Glauben, wenn der Beklagte, der einen Vertrag von so erheblicher Bedeutung und Tragweite abgeschlossen habe, sich jetzt, wo er aus dem Vertrag belangt werde, auf Unkenntnis der englischen Sprache berufe. Die Berufung des Beklagten auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung (BGE 52 I 269 und ZR 1932 Nr. 153) gehe fehl, da in jenen Fällen die Gerichtsstandsklausel sich vom übrigen Vertragstext nicht genügend abgehoben habe. In ZR 1953 Nr. 100 sei die Klausel "Rechtsdomizil für beide Parteien ist Zürich" mangels Eindeutigkeit des Begriffs Rechtsdomizil als ungenügende Gerichtsstandsklausel betrachtet worden. Demgegenüber bedeute der vorliegend verwendete Ausdruck "venue" in der anglo-amerikanischen
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Rechtssprache den Ort, wo eine Gerichtsverhandlung stattfindet und damit klar und eindeutig den Gerichtsstand, wie sich ohne weiteres aus den einschlägigen Wörterbüchern (die näher genannt werden) ergebe.
B.- Gegen diesen Rekursentscheid des Obergerichts hat X. staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung des Art. 59
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 59 Militär- und Ersatzdienst - 1 Jeder Schweizer ist verpflichtet, Militärdienst zu leisten. Das Gesetz sieht einen zivilen Ersatzdienst vor. |
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1 | Jeder Schweizer ist verpflichtet, Militärdienst zu leisten. Das Gesetz sieht einen zivilen Ersatzdienst vor. |
2 | Für Schweizerinnen ist der Militärdienst freiwillig. |
3 | Schweizer, die weder Militär- noch Ersatzdienst leisten, schulden eine Abgabe. Diese wird vom Bund erhoben und von den Kantonen veranlagt und eingezogen. |
4 | Der Bund erlässt Vorschriften über den angemessenen Ersatz des Erwerbsausfalls. |
5 | Personen, die Militär- oder Ersatzdienst leisten und dabei gesundheitlichen Schaden erleiden oder ihr Leben verlieren, haben für sich oder ihre Angehörigen Anspruch auf angemessene Unterstützung des Bundes. |
C.- Das Obergericht des Kantons Zürich hat auf Vernehmlassung verzichtet. Die beschwerdebeklagte Bank beantragt Abweisung der Beschwerde.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Der Beschwerdeführer macht ausschliesslich eine Verletzung des Art. 59
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 59 Militär- und Ersatzdienst - 1 Jeder Schweizer ist verpflichtet, Militärdienst zu leisten. Das Gesetz sieht einen zivilen Ersatzdienst vor. |
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1 | Jeder Schweizer ist verpflichtet, Militärdienst zu leisten. Das Gesetz sieht einen zivilen Ersatzdienst vor. |
2 | Für Schweizerinnen ist der Militärdienst freiwillig. |
3 | Schweizer, die weder Militär- noch Ersatzdienst leisten, schulden eine Abgabe. Diese wird vom Bund erhoben und von den Kantonen veranlagt und eingezogen. |
4 | Der Bund erlässt Vorschriften über den angemessenen Ersatz des Erwerbsausfalls. |
5 | Personen, die Militär- oder Ersatzdienst leisten und dabei gesundheitlichen Schaden erleiden oder ihr Leben verlieren, haben für sich oder ihre Angehörigen Anspruch auf angemessene Unterstützung des Bundes. |
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1 | Jeder Schweizer ist verpflichtet, Militärdienst zu leisten. Das Gesetz sieht einen zivilen Ersatzdienst vor. |
2 | Für Schweizerinnen ist der Militärdienst freiwillig. |
3 | Schweizer, die weder Militär- noch Ersatzdienst leisten, schulden eine Abgabe. Diese wird vom Bund erhoben und von den Kantonen veranlagt und eingezogen. |
4 | Der Bund erlässt Vorschriften über den angemessenen Ersatz des Erwerbsausfalls. |
5 | Personen, die Militär- oder Ersatzdienst leisten und dabei gesundheitlichen Schaden erleiden oder ihr Leben verlieren, haben für sich oder ihre Angehörigen Anspruch auf angemessene Unterstützung des Bundes. |
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1 | Jeder Schweizer ist verpflichtet, Militärdienst zu leisten. Das Gesetz sieht einen zivilen Ersatzdienst vor. |
2 | Für Schweizerinnen ist der Militärdienst freiwillig. |
3 | Schweizer, die weder Militär- noch Ersatzdienst leisten, schulden eine Abgabe. Diese wird vom Bund erhoben und von den Kantonen veranlagt und eingezogen. |
4 | Der Bund erlässt Vorschriften über den angemessenen Ersatz des Erwerbsausfalls. |
5 | Personen, die Militär- oder Ersatzdienst leisten und dabei gesundheitlichen Schaden erleiden oder ihr Leben verlieren, haben für sich oder ihre Angehörigen Anspruch auf angemessene Unterstützung des Bundes. |
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erklärt werden, ist unbeachtlich (BGE 86 I 41 und 228 mit Verweisungen).
2. Es ist unbestritten, dass der Beschwerdeführer aufrechtstehend ist, dass er in Genf wohnt und dass die gegen ihn erhobene Klage eine persönliche Ansprache im Sinne von Art. 59
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1 | Jeder Schweizer ist verpflichtet, Militärdienst zu leisten. Das Gesetz sieht einen zivilen Ersatzdienst vor. |
2 | Für Schweizerinnen ist der Militärdienst freiwillig. |
3 | Schweizer, die weder Militär- noch Ersatzdienst leisten, schulden eine Abgabe. Diese wird vom Bund erhoben und von den Kantonen veranlagt und eingezogen. |
4 | Der Bund erlässt Vorschriften über den angemessenen Ersatz des Erwerbsausfalls. |
5 | Personen, die Militär- oder Ersatzdienst leisten und dabei gesundheitlichen Schaden erleiden oder ihr Leben verlieren, haben für sich oder ihre Angehörigen Anspruch auf angemessene Unterstützung des Bundes. |
3. Die Beschwerdegegnerin behauptet, dass die Parteien in Ziff. 6 des Vertrages vom 8. November 1961 den Gerichtsstand Zürich vereinbart hätten und der Beschwerdeführer dadurch auf den Richter an seinem Wohnort verzichtet habe. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichts darf ein solcher Verzicht auf die Garantie des Art. 59
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1 | Jeder Schweizer ist verpflichtet, Militärdienst zu leisten. Das Gesetz sieht einen zivilen Ersatzdienst vor. |
2 | Für Schweizerinnen ist der Militärdienst freiwillig. |
3 | Schweizer, die weder Militär- noch Ersatzdienst leisten, schulden eine Abgabe. Diese wird vom Bund erhoben und von den Kantonen veranlagt und eingezogen. |
4 | Der Bund erlässt Vorschriften über den angemessenen Ersatz des Erwerbsausfalls. |
5 | Personen, die Militär- oder Ersatzdienst leisten und dabei gesundheitlichen Schaden erleiden oder ihr Leben verlieren, haben für sich oder ihre Angehörigen Anspruch auf angemessene Unterstützung des Bundes. |
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Wie die Beschwerdegegnerin in der Klageschrift vom 6. Dezember 1963 anerkannt hat, kann im angelsächsischen Recht der Gerichtsstand nicht von den Parteien vereinbart werden. Die Klausel "venue is Zürich" wird somit von einem Engländer nicht als Gerichtsstandsvereinbarung verstanden. Sie bekommt diese Bedeutung erst durch die Übersetzung ins Deutsche oder Französische. In den Wörterbüchern wird "venue" meist (auch) mit Ort der Gerichtsverhandlung, zuständiger Gerichtsort, Gerichtsstand, lieu du jugement, juridiction und dergleichen übersetzt. Nach diesen Übersetzungen und auf schweizerische Verhältnisse übertragen, kann die an die Bestimmung des auf den Vertrag anwendbaren Rechts anschliessende Klausel "venue is Zürich" von einem Rechtskundigen kaum anders verstanden werden denn als Bezeichnung des Ortes, vor dessen Gerichten im Streitfall der Prozess durchzuführen ist, d.h. als Bezeichnung des Gerichtsstands. Damit ist aber noch nicht gesagt, dass der Beschwerdeführer mit der Unterzeichnung des diese Klausel enthaltenden Vertrages gültig auf die Garantie des Art. 59
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1 | Jeder Schweizer ist verpflichtet, Militärdienst zu leisten. Das Gesetz sieht einen zivilen Ersatzdienst vor. |
2 | Für Schweizerinnen ist der Militärdienst freiwillig. |
3 | Schweizer, die weder Militär- noch Ersatzdienst leisten, schulden eine Abgabe. Diese wird vom Bund erhoben und von den Kantonen veranlagt und eingezogen. |
4 | Der Bund erlässt Vorschriften über den angemessenen Ersatz des Erwerbsausfalls. |
5 | Personen, die Militär- oder Ersatzdienst leisten und dabei gesundheitlichen Schaden erleiden oder ihr Leben verlieren, haben für sich oder ihre Angehörigen Anspruch auf angemessene Unterstützung des Bundes. |
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In der Bestreitung der Gültigkeit der fraglichen Klausel ist auch kein Verstoss gegen Treu und Glauben zu erblicken. Wer einen Vertrag unterschreibt, muss zwar seine Bestimmungen grundsätzlich auch insoweit gegen sich gelten lassen, als er sie nicht gelesen oder nicht verstanden hat (vgl. BGE 76 I 350 und dort zitierte Urteile). Dieser Grundsatz gilt indes, jedenfalls soweit Gerichtsstandsklauseln in Frage stehen, nur in bezug auf Geschäftsleute vorbehaltslos. Bei einer geschäftsunerfahrenen und rechtsunkundigen Person dagegen ist eine Ausnahme zu machen, wenn es, wie hier, als glaubhaft und entschuldbar erscheint, dass sie die Bedeutung der Klausel nicht richtig erfasste und sich nicht bewusst war, damit sich einem auswärtigen Richter zu unterwerfen und auf die Garantie des Art. 59
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 59 Militär- und Ersatzdienst - 1 Jeder Schweizer ist verpflichtet, Militärdienst zu leisten. Das Gesetz sieht einen zivilen Ersatzdienst vor. |
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1 | Jeder Schweizer ist verpflichtet, Militärdienst zu leisten. Das Gesetz sieht einen zivilen Ersatzdienst vor. |
2 | Für Schweizerinnen ist der Militärdienst freiwillig. |
3 | Schweizer, die weder Militär- noch Ersatzdienst leisten, schulden eine Abgabe. Diese wird vom Bund erhoben und von den Kantonen veranlagt und eingezogen. |
4 | Der Bund erlässt Vorschriften über den angemessenen Ersatz des Erwerbsausfalls. |
5 | Personen, die Militär- oder Ersatzdienst leisten und dabei gesundheitlichen Schaden erleiden oder ihr Leben verlieren, haben für sich oder ihre Angehörigen Anspruch auf angemessene Unterstützung des Bundes. |
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird dahin gutgeheissen, dass der Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich vom 19. Oktober 1964 aufgehoben und festgestellt wird, dass die zürcherischen Gerichte zur Behandlung der Klage der Beschwerdegegnerin gegen den Beschwerdeführer nicht zuständig sind.