S. 81 / Nr. 21 Schuldbetreibungs- und Konkursrecht (d)

BGE 75 III 81

21. Entscheid vom 25. Oktober 1949 i. S. Wyss, Fux A.-G.


Seite: 81
Regeste:
Beschwerde wegen ungerechtfertigter öffentlicher Zustellung des
Zahlungsbefehls (Art. 66 Abs. 4
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 66 - 1 Wohnt der Schuldner nicht am Orte der Betreibung, so werden die Betreibungsurkunden der von ihm daselbst bezeichneten Person oder in dem von ihm bestimmten Lokale abgegeben.
1    Wohnt der Schuldner nicht am Orte der Betreibung, so werden die Betreibungsurkunden der von ihm daselbst bezeichneten Person oder in dem von ihm bestimmten Lokale abgegeben.
2    Mangels einer solchen Bezeichnung erfolgt die Zustellung durch Vermittlung des Betreibungsamtes des Wohnortes oder durch die Post.
3    Wohnt der Schuldner im Ausland, so erfolgt die Zustellung durch die Vermittlung der dortigen Behörden oder, soweit völkerrechtliche Verträge dies vorsehen oder wenn der Empfängerstaat zustimmt, durch die Post.122
4    Die Zustellung wird durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt, wenn:
1  der Wohnort des Schuldners unbekannt ist;
2  der Schuldner sich beharrlich der Zustellung entzieht;
3  der Schuldner im Ausland wohnt und die Zustellung nach Absatz 3 nicht innert angemessener Frist möglich ist.123
5    ...124
SchKG). Unter welchen Voraussetzungen ist eine
solche Beschwerde nach Fortsetzung der Betreibung noch zulässig? Wo ist
Beschwerde zu führen, wenn die Betreibung nicht dort, wo sie angehoben wurde,
sondern anderswo fortgesetzt wird und das mit der Fortsetzung befasste Amt
einer andern Aufsichtsbehörde unterstellt als dasjenige das den Zahlungsbefehl
erlassen hat? Wie ist vorzugehen, wenn nur bei einer dieser beiden Behörden
Beschwerde geführt wird?
Frist für die Beschwerde gegen die Fortsetzung der Betreibung (Art. 17 Abs. 2
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 17 - 1 Mit Ausnahme der Fälle, in denen dieses Gesetz den Weg der gerichtlichen Klage vorschreibt, kann gegen jede Verfügung eines Betreibungs- oder eines Konkursamtes bei der Aufsichtsbehörde wegen Gesetzesverletzung oder Unangemessenheit Beschwerde geführt werden.25
1    Mit Ausnahme der Fälle, in denen dieses Gesetz den Weg der gerichtlichen Klage vorschreibt, kann gegen jede Verfügung eines Betreibungs- oder eines Konkursamtes bei der Aufsichtsbehörde wegen Gesetzesverletzung oder Unangemessenheit Beschwerde geführt werden.25
2    Die Beschwerde muss binnen zehn Tagen seit dem Tage, an welchem der Beschwerdeführer von der Verfügung Kenntnis erhalten hat, angebracht werden.
3    Wegen Rechtsverweigerung oder Rechtsverzögerung kann jederzeit Beschwerde geführt werden.
4    Das Amt kann bis zu seiner Vernehmlassung die angefochtene Verfügung in Wiedererwägung ziehen. Trifft es eine neue Verfügung, so eröffnet es sie unverzüglich den Parteien und setzt die Aufsichtsbehörde in Kenntnis.26

SchKG). Die Frist für die Beschwerde, mit der geltend gemacht wird, das
Betreibungsamt habe zu Unrecht den Rechtsvorschlag als ungültig oder eine ihn
zurückziehende Erklärung als gültig beurteilt, läuft erst von der Zustellung
der Pfändungsurkunde an, wenn das Betreibungsamt dem Schuldner seine
Entscheidung lediglich durch die Fortsetzung der Betreibung zur Kenntnis
gebracht hat (Änderung der Rechtsprechung). Vom gleichen Zeitpunkt an läuft
die Frist für die Beschwerde mit welcher der Schuldner zulässigerweise die
Fortsetzung der Betreibung wegen ungerechtfertigter öffentlicher Zustellung
des Zahlungsbefehls anficht.
Plainte contre un commandement illégalement notifié par voie de publication
(art. 66 al. 4 LP). A quelles conditions cette plainte est-elle encore
admissible une fois que la poursuite a été continuée? A qui doit-elle être
adresse lorsque la poursuite a été continuée non pas au lieu où elle a été
intentée mais ailleurs et que l'office qui l'a continuée relève d'une autre
autorité de surveillance que celui qui a notifié le commandement de payer?
Comment procéder lorsque la plainte n'a été portée que devant l'une de ces
deux autorités?

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Délai de plainte contre la continuation de la poursuite (art. 17 al. 2 LP). Le
délai pour porter plainte contre la continuation de la poursuite par le motif
que l'office des poursuites a considéré à tort l'opposition comme non valable
ou comme valable une déclaration portant retrait de l'opposition ne court que
du jour de la notification du procès-verbal de saisie lorsque l'office n'a
fait connaître sa décision au débiteur qu'en continuant la poursuite.
(Modification de la jurisprudence.) C'est également à compter de ce moment-là
que court le délai dans lequel, lorsqu'il est recevable à le faire, le
débiteur doit déposer la plainte par laquelle il attaque la continuation de la
poursuite en prétendant que le commandement n'aurait pas dû être notifié par
voie de publication.
Reclamo contro un precetto esecutivo notificato illegalmente mediante
pubblicazione (art. 66 cp. 4 LEF). A quali condizioni questo reclamo è ancora
ricevibile dopo il proseguimento dell'esecuzione? A chi dev'essere inoltrato
allorchè l'esecuzione non è stata proseguita nel luogo ove è stata promossa,
ma altrove, e che l'ufficio che l'ha proseguita dipende da un'autorità di
vigilanza che non è quella dell'ufficio che ha notificato il precetto
esecutivo 9 Come procedere quando il reclamo è stato inoltrato soltanto
davanti ad una di queste due autorità?
Termine per l'inoltro del reclamo contro il proseguimento dell'esecuzione
(art. 17 op. 2 LEF). Il termine per l'inoltro del reclamo contro il
proseguimento dell'esecuzione a motivo che l'ufficio ha considerato a torto
come invalida l'opposizione o come valida una dichiarazione di ritiro
dell'opposizione decorre soltanto dal giorno della notifica del verbale di
pignoramento, se l'ufficio ha fatto conoscere al debitore la sua decisione
soltanto mediante il proseguimento dell'esecuzione. (Cambiamento della
giurisprudenza.) Pure da questo momento decorre il termine entro il quale il
debitore, che ne ha il diritto, deve inoltrare il reclamo con cui impugna il
proseguimento dell'esecuzione allegando che il precetto esecutivo non avrebbe
dovuto essere notificato mediante pubblicazione.

A. - Im November 1948 stellte die Rekurrentin beim Betreibungsamte Brig gegen
Hans Haldemann, «früher in Brig, nun unbekannten Wohnortes N, das
Betreibungsbegehren für eine Forderung von Fr. 285.- nebst Fr. 5.50 Spesen und
Zins. Der Zahlungsbefehl vom 11. November wurde am 19. November 1948 im
Amtsblatt des Kantons Wallis veröffentlicht. Es erfolgte kein Rechtsvorschlag.
B. - Auf Grund dieses Zahlungsbefehls verlangte die Rekurrentin im Mai 1949
beim Betreibungsamt Bern Fortsetzung der Betreibung gegen Haldemann, der
nunmehr an der Landoltstrasse in Bern wohne. Das Betreibungsamt Bern gab
diesem Begehren Folge, indem es Haldemann am

Seite: 83
13. Juni 1949 die Pfändung ankündigte und diese am 16. Juni 1949 vollzog.
Am 27. Juni 1949 (Montag), noch vor der Zustellung der Pfändungsurkunde,
führte Haldemann bei der bernischen kantonalen Aufsichtsbehörde Beschwerde mit
dem Antrag, die Zustellung des Zahlungsbefehls im Walliser Amtsblatt sowie die
Pfändung seien als nichtig zu erklären. Er machte in der Beschwerdeschrift und
bei seiner Einvernahme durch die Aufsichtsbehörde geltend, seine Adresse sei
der Rekurrentin und vermutlich auch dem Betreibungsamte Brig bekannt gewesen;
jedenfalls hätte sie durch Erkundigungen in Brig ohne weiteres ausfindig
gemacht werden können; die öffentliche zustellung des Zahlungsbefehls sei
daher nicht statthaft gewesen. Die kantonale Aufsichtsbehörde schloss sich
dieser Auffassung an, ohne die Angaben Haldemanns zu überprüfen, namentlich
ohne die Rekurrentin oder das Betreibungsamt Brig anzuhören, und hiess die
Beschwerde am 13. Juli 1949 in dem Sinne gut, dass sie die Pfändung aufhob.
Zur Aufhebung des Zahlungsbefehls erachtete sie sich als örtlich nicht
zuständig.
C. - Diesen Entscheid hat die Rekurrentin an das Bundesgericht weitergezogen.
Sie legt dar, dass der öffentlichen Zustellung des Zahlungsbefehls eine
Anfrage bei der Gemeindekanzlei Brig, die erfolglose Zustellung eines
Zahlungsbefehls an die dort erfahrene (unrichtige) Berner Adresse sowie
ergebnislose Erkundigungen bei der Polizeidirektion Bern und bei der frühern
Arbeitgeberin Haldemanns in Brig vorausgegangen seien.
Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer
zieht in Erwägung:
1.- .....
2.- Wird ein Zahlungsbefehl öffentlich bekanntgemacht, ohne dass die
Voraussetzungen von Art. 66 Abs. 4
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 66 - 1 Wohnt der Schuldner nicht am Orte der Betreibung, so werden die Betreibungsurkunden der von ihm daselbst bezeichneten Person oder in dem von ihm bestimmten Lokale abgegeben.
1    Wohnt der Schuldner nicht am Orte der Betreibung, so werden die Betreibungsurkunden der von ihm daselbst bezeichneten Person oder in dem von ihm bestimmten Lokale abgegeben.
2    Mangels einer solchen Bezeichnung erfolgt die Zustellung durch Vermittlung des Betreibungsamtes des Wohnortes oder durch die Post.
3    Wohnt der Schuldner im Ausland, so erfolgt die Zustellung durch die Vermittlung der dortigen Behörden oder, soweit völkerrechtliche Verträge dies vorsehen oder wenn der Empfängerstaat zustimmt, durch die Post.122
4    Die Zustellung wird durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt, wenn:
1  der Wohnort des Schuldners unbekannt ist;
2  der Schuldner sich beharrlich der Zustellung entzieht;
3  der Schuldner im Ausland wohnt und die Zustellung nach Absatz 3 nicht innert angemessener Frist möglich ist.123
5    ...124
SchKG erfüllt sind, so ist er deswegen
nicht etwa als nichtig anzusehen. Die Verletzung von Art. 66 Abs. 4
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 66 - 1 Wohnt der Schuldner nicht am Orte der Betreibung, so werden die Betreibungsurkunden der von ihm daselbst bezeichneten Person oder in dem von ihm bestimmten Lokale abgegeben.
1    Wohnt der Schuldner nicht am Orte der Betreibung, so werden die Betreibungsurkunden der von ihm daselbst bezeichneten Person oder in dem von ihm bestimmten Lokale abgegeben.
2    Mangels einer solchen Bezeichnung erfolgt die Zustellung durch Vermittlung des Betreibungsamtes des Wohnortes oder durch die Post.
3    Wohnt der Schuldner im Ausland, so erfolgt die Zustellung durch die Vermittlung der dortigen Behörden oder, soweit völkerrechtliche Verträge dies vorsehen oder wenn der Empfängerstaat zustimmt, durch die Post.122
4    Die Zustellung wird durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt, wenn:
1  der Wohnort des Schuldners unbekannt ist;
2  der Schuldner sich beharrlich der Zustellung entzieht;
3  der Schuldner im Ausland wohnt und die Zustellung nach Absatz 3 nicht innert angemessener Frist möglich ist.123
5    ...124
ist
vielmehr grundsätzlich innert der Frist von Art. 17 Abs. 2
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 17 - 1 Mit Ausnahme der Fälle, in denen dieses Gesetz den Weg der gerichtlichen Klage vorschreibt, kann gegen jede Verfügung eines Betreibungs- oder eines Konkursamtes bei der Aufsichtsbehörde wegen Gesetzesverletzung oder Unangemessenheit Beschwerde geführt werden.25
1    Mit Ausnahme der Fälle, in denen dieses Gesetz den Weg der gerichtlichen Klage vorschreibt, kann gegen jede Verfügung eines Betreibungs- oder eines Konkursamtes bei der Aufsichtsbehörde wegen Gesetzesverletzung oder Unangemessenheit Beschwerde geführt werden.25
2    Die Beschwerde muss binnen zehn Tagen seit dem Tage, an welchem der Beschwerdeführer von der Verfügung Kenntnis erhalten hat, angebracht werden.
3    Wegen Rechtsverweigerung oder Rechtsverzögerung kann jederzeit Beschwerde geführt werden.
4    Das Amt kann bis zu seiner Vernehmlassung die angefochtene Verfügung in Wiedererwägung ziehen. Trifft es eine neue Verfügung, so eröffnet es sie unverzüglich den Parteien und setzt die Aufsichtsbehörde in Kenntnis.26


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SchKG, d. h. binnen 10 Tagen, nachdem der Betriebene von der öffentlichen
Zustellung Kenntnis erhalten hat, durch Beschwerde zu rügen, wenn die
Zustellung nicht unanfechtbar werden soll (vgl. BGE 64 III 40 ff.).
Der Schuldner kann sich demnach gegenüber Betreibungshandlungen, die erst nach
unbenütztem Ablauf der erwähnten Frist gegen ihn vorgenommen werden, nicht
mehr unter Berufung darauf beschweren, dass der Zahlungsbefehl zu Unrecht
öffentlich zugestellt worden sei. Wird die Betreibung dagegen vor Ablauf, ja
überhaupt vor Beginn jener Frist fortgesetzt, wie es meist geschehen dürfte,
so hat er die Möglichkeit, ausser dem Zahlungsbefehl auch die
Fortsetzungshandlungen aus dem erwähnten Grunde anzufechten. In der Regel ist
er sogar gezwungen, dies zu tun, um zu verhindern, dass die betreffenden
Verfügungen rechtskräftig werden.
Die Beschwerdeführung gestaltet sich einfach, wenn die Betreibung dort
fortgesetzt wird, wo sie angehoben wurde. Schwierigkeiten können sich dagegen
ergeben, wenn die Betreibung anderswo fortgesetzt wird, wie es geschehen kann,
wenn der Gläubiger nach der öffentlichen Zustellung des Zahlungsbefehls
erfährt, wo der Schuldner wohnt. Untersteht das Betreibungsamt, das die
Betreibung weiterführt, einer andern Aufsichtsbehörde als dasjenige, das den
Zahlungsbefehl erlassen hat, so müsste der Schuldner streng genommen bei zwei
verschiedenen Instanzen Beschwerde führen: gegen den Zahlungsbefehl bei der
Aufsichtsbehörde über das Amt, das ihn erlassen hat, und gegen die Fortsetzung
der Betreibung bei der Aufsichtsbehörde über das Amt, das die Betreibung
weiterführt. Denn zur Aufhebung des Zahlungsbefehls ist nur die erstgenannte
Behörde zuständig, zur Aufhebung der Fortsetzungshandlungen dagegen nur die
zweitgenannte.
Das Erfordernis, wegen einer und derselben Rechtsverletzung gleichzeitig bei
zwei verschiedenen Aufsichtsbehörden Beschwerde zu führen, ist jedoch aus
praktischen Gründen untragbar. Es aufzustellen käme einer

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Rechtsverweigerung gleich, da sich kaum je ein Schuldner von der Notwendigkeit
eines solchen aussergewöhnlichen Vorgehens Rechenschaft gäbe. Es geht aber
auch nicht an, ein für allemal zu bestimmen, bei welcher von den beiden in
Betracht kommenden Behörden in derartigen Fällen Beschwerde zu führen sei. Der
Schuldner, der sich an die Behörde wendet, die für die Aufhebung der seine
Vermögensrechte unmittelbar bedrohenden Fortsetzungshandlungen (namentlich der
Pfändung) zuständig ist, kann mit ebenso guten Gründen annehmen, das Gebotene
getan zu haben, wie der Schuldner, der an die Behörde gelangt, die den
öffentlich zugestellten Zahlungsbefehl ungültig erklären kann. Es muss daher
genügen, wenn am einen oder am andern Orte Beschwerde geführt wird.
a) Beschwert sich der Schuldner nur gegen das Amt, das den Zahlungsbefehl
erlassen hat, und wird dieser Beschwerde aufschiebende Wirkung erteilt, so hat
das Amt, das die Betreibung weiterführt, diese Verfügung zu beachten, auch
wenn sie von einer ausserkantonalen Behörde ausgeht. Ferner hat es eine
bereits vollzogene Pfändung von Amtes wegen aufzuheben, wenn der
Zahlungsbefehl, der die Grundlage der Betreibung bildet, von der hiefür
zuständigen Behörde aufgehoben wird.
b) Wendet sich der Schuldner wie im vorliegenden Falle nur an die
Aufsichtsbehörde über das Amt, das die Betreibung weiterführt, so steht es
dieser entgegen der Auffassung der Vorinstanz nicht zu, vorfrageweise selber
darüber zu befinden, ob der Zahlungsbefehl gültig zugestellt worden sei; denn
der Streit hierüber betrifft die Rechtmässigkeit einer Verfügung eines Amtes,
das nicht ihrer Aufsicht untersteht und daher auch nicht verpflichtet ist, ihr
Rede zu stehen, wie es für eine richtige Instruktion erforderlich ist. Dagegen
hat sie dafür zu sorgen, dass dieser Streit vor der Aufsichtsbehörde über das
für die Zustellung verantwortliche Amt zum Austrag kommt.
Zu diesem Zwecke kann sie dem Schuldner eine zehntägige Frist setzen, um bei
der zuständigen Behörde

Seite: 86
nachträglich noch Beschwerde gegen den Zahlungsbefehl zu führen. Eine innert
dieser Frist eingereichte Beschwerde ist als rechtzeitig entgegenzunehmen. Der
Entscheid über die Beschwerde gegen die Fortsetzung der Betreibung ist im
Falle solcher Fristsetzung bis zum Ablauf der Nachfrist und, wenn diese
benützt wird, bis zur Erledigung der zweiten Beschwerde auszusetzen. Lässt der
Schuldner die Nachfrist unbenützt verstreichen, so ist auf die Beschwerde
gegen die Fortsetzung der Betreibung nicht einzutreten, es sei denn, dass sich
der Schuldner nicht bloss wegen unrichtiger Zustellung des Zahlungsbefehls,
sondern auch noch aus andern Gründen hiegegen beschwerte. Macht der Schuldner
dagegen von der Nachfrist Gebrauch, und wird die Beschwerde gegen den
Zahlungsbefehl gutgeheissen, so ist ohne weiteres auch die Beschwerde gegen
die Fortsetzung der Betreibung zu schützen. Kommt es umgekehrt zur Abweisung
jener zweiten Beschwerde, so muss das gleiche Schicksal auch der ersten zuteil
werden, sofern sie nur gerade damit begründet wurde, dass der Zahlungsbefehl
nicht habe öffentlich zugestellt werden dürfen.
Ist die Zulässigkeit dieser öffentlichen Zustellung der einzige Streitpunkt,
wie es im vorliegenden Falle zutrifft, so lässt sich das eben beschriebene
Vorgehen unter Umständen in der Weise vereinfachen, dass die vom Schuldner
angerufene Aufsichtsbehörde die Aufsichtsbehörde über das für die Zustellung
des Zahlungsbefehls verantwortliche Amt darum ersucht, die Beurteilung der
(zulässigerweise) bei ihr eingereichten Beschwerde gegen die Fortsetzung der
Betreibung zu übernehmen, und dass sich die ersuchte Behörde hiezu bereit
erklärt. Dieses Verfahren wird namentlich im Verhältnis zwischen zwei untern
Aufsichtsbehörden des gleichen Kantons in Frage kommen, die vor der kantonalen
Aufsichtsbehörde nötigenfalls dazu angehalten werden können, so vorzugehen. Es
verstösst aber auch nicht gegen Bundesrecht, wenn sich Behörden verschiedener
Kantone in diesem Sinne verständigen. Kommt zwischen ihnen eine solche
Verständigung nicht zustande, so ist Fristsetzung im erwähnten Sinne
notwendig.

Seite: 87
Der angefochtene Entscheid ist demnach aufzuheben und die Sache zur Behandlung
gemäss den vorstehenden Erwägungen (lit. b) an die Vorinstanz zurückzuweisen,
sofern die bei ihr eingereichte Beschwerde, die zu führen nach dem Gesagten
zur Wahrung der Rechte Haldemanns an sich genügte, nicht etwa als verspätet
anzusehen ist.
3.- In BGE 73 III 154 wurde entschieden, der Betriebene, der geltend machen
wolle, dass das Betreibungsamt die Betreibung in Missachtung eines gültigen
Rechtsvorschlages fortgesetzt habe, müsse binnen 10 Tagen vom Empfang der
Pfändungsankündigung an Beschwerde führen, weil er von diesem Zeitpunkt an
darüber im klaren sei, dass das Amt das Vorliegen eines gültigen
Rechtsvorschlages verneint habe. Aus diesem Entscheide folgt nicht ohne
weiteres, dass auch Beschwerden der vorliegenden Art innert der erwähnten
Frist einzureichen seien. Die Fälle, in denen der Schuldner sich damit
begnügen kann, den Mangel der gesetzlichen Voraussetzungen für die öffentliche
Zustellung des Zahlungsbefehls durch Beschwerde gegen die Fortsetzung der
Betreibung geltend zu machen, bieten sich in der Regel so dar, dass der
Schuldner bis zum Empfang der Pfändungsankündigung von der Betreibung
überhaupt nichts weiss, und dass auch die Pfändungsankündigung ihn nicht
darüber belehrt, wie sie angehoben wurde, ja ihm nicht einmal unbedingt die
Gewissheit verschafft, dass gegen ihn wirklich ein Zahlungsbefehl ergangen
ist. Im vorliegenden Falle hat der Schuldner denn auch erst bei der Pfändung
von dem in Brig erlassenen Zahlungsbefehl und von dessen Veröffentlichung im
Walliser Amtsblatt erfahren. Solange aber der Schuldner über den
Zahlungsbefehl und die Art seiner Zustellung nicht oder jedenfalls nicht
zuverlässig unterrichtet ist, kann ihm nicht zugemutet werden, wegen dieser
Zustellungsart Beschwerde zu führen. Es kann sich höchstens fragen, ob der
Schuldner, der eine Pfändungsankündigung erhält, ohne etwas vom Zahlungsbefehl
zu wissen, sich binnen angemessener Frist beim Betreibungsamte darnach zu
erkundigen habe. Eine solche Erkundigung wurde hier jedoch damit überflüssig,

Seite: 88
dass Haldemann bei der Pfändung in das mit dem Publikationsvermerk versehene
Gläubigerdoppel des Zahlungsbefehls Einsicht erhielt. Aus der Tatsache, dass
Haldemann sich nicht schon vor der Pfändung erkundigte, kann ihm kein Nachteil
erwachsen. Die Beschwerdefrist kann hier also frühestens vom Tage der Pfändung
(16. Juni 1949) an berechnet werden, so dass die am Montag, dem 27. Juni,
eingereichte Beschwerde auf jeden Fall rechtzeitig ist.
An dem in BGE 73 III 154 ausgesprochenen Grundsatze kann im übrigen nicht
uneingeschränkt festgehalten werden. Für den Schuldner, der die
Pfändungsankündigung regelmässig erst ganz kurz vor der Pfändung erhält (Art.
89
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 89 - Unterliegt der Schuldner der Betreibung auf Pfändung, so hat das Betreibungsamt nach Empfang des Fortsetzungsbegehrens unverzüglich die Pfändung zu vollziehen oder durch das Betreibungsamt des Ortes, wo die zu pfändenden Vermögensstücke liegen, vollziehen zu lassen.
, 90
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 90 - Dem Schuldner wird die Pfändung spätestens am vorhergehenden Tage unter Hinweis auf die Bestimmung des Artikels 91 angekündigt.
SchKG), liegt die Annahme nahe, er werde bei der bevorstehenden
Pfändung Gelegenheit erhalten, den Betreibungsbeamten auf den Mangel eines
Vollstreckungstitels hinzuweisen, und ein solcher Hinweis werde genügen, um
die Fortsetzung der Betreibung zu verhindern, deren Zulässigkeit das
Betreibungsamt ja, von Amtes wegen zu prüfen hat. Erst die Zustellung der
Pfändungsurkunde zeigt ihm dann mit Bestimmtheit, dass das Betreibungsamt über
die Frage, ob die Betreibung fortgesetzt werden dürfe, endgültig zu seinen
Ungunsten entschieden hat. Die Frist für die Beschwerde, mit der geltend
gemacht wird, dass das Betreibungsamt zu Unrecht das Vorliegen eines gültigen
Rechtsvorschlags verneint oder (vgl. BGE 73 III 145 ff.) eine den
Rechtsvorschlag zurückziehende Erklärung als gültig betrachtet habe, beginnt
daher erst mit der Zustellung der Pfändungsurkunde zu laufen (es wäre denn,
das Betreibungsamt habe dem Schuldner seinen Entscheid über die Gültigkeit des
Rechtsvorschlages bzw. der Rückzugserklärung schon vor der Fortsetzung der
Betreibung durch eine formelle Verfügung eröffnet).
Aus ähnlichen Gründen ist anzunehmen, dass die Frist für Beschwerden wie die
vorliegende erst durch die Zustellung der Pfändungsurkunde in Gang gesetzt
wird, auch wenn der Schuldner schon bei der Pfändung von der öffentlichen
Zustellung des Zahlungsbefehls Kenntnis

Seite: 89
erhalten hat. Dem Schuldner ist es jedoch unbenommen, sich schon vor Empfang
der Pfändungsurkunde zu beschweren, wie Haldemann es getan hat.
Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer:
Der Rekurs wird dahin gutgeheissen, dass der angefochtene Entscheid aufgehoben
und die Sache zur Behandlung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz
zurückgewiesen wird.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 75 III 81
Datum : 01. Januar 1948
Publiziert : 25. Oktober 1949
Quelle : Bundesgericht
Status : 75 III 81
Sachgebiet : BGE - Schuldbetreibungs- und Konkursrecht
Gegenstand : Beschwerde wegen ungerechtfertigter öffentlicher Zustellung des Zahlungsbefehls (Art. 66 Abs. 4...
Einordnung : Änderung der Rechtsprechung


Gesetzesregister
SchKG: 17 
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 17 - 1 Mit Ausnahme der Fälle, in denen dieses Gesetz den Weg der gerichtlichen Klage vorschreibt, kann gegen jede Verfügung eines Betreibungs- oder eines Konkursamtes bei der Aufsichtsbehörde wegen Gesetzesverletzung oder Unangemessenheit Beschwerde geführt werden.25
1    Mit Ausnahme der Fälle, in denen dieses Gesetz den Weg der gerichtlichen Klage vorschreibt, kann gegen jede Verfügung eines Betreibungs- oder eines Konkursamtes bei der Aufsichtsbehörde wegen Gesetzesverletzung oder Unangemessenheit Beschwerde geführt werden.25
2    Die Beschwerde muss binnen zehn Tagen seit dem Tage, an welchem der Beschwerdeführer von der Verfügung Kenntnis erhalten hat, angebracht werden.
3    Wegen Rechtsverweigerung oder Rechtsverzögerung kann jederzeit Beschwerde geführt werden.
4    Das Amt kann bis zu seiner Vernehmlassung die angefochtene Verfügung in Wiedererwägung ziehen. Trifft es eine neue Verfügung, so eröffnet es sie unverzüglich den Parteien und setzt die Aufsichtsbehörde in Kenntnis.26
66 
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 66 - 1 Wohnt der Schuldner nicht am Orte der Betreibung, so werden die Betreibungsurkunden der von ihm daselbst bezeichneten Person oder in dem von ihm bestimmten Lokale abgegeben.
1    Wohnt der Schuldner nicht am Orte der Betreibung, so werden die Betreibungsurkunden der von ihm daselbst bezeichneten Person oder in dem von ihm bestimmten Lokale abgegeben.
2    Mangels einer solchen Bezeichnung erfolgt die Zustellung durch Vermittlung des Betreibungsamtes des Wohnortes oder durch die Post.
3    Wohnt der Schuldner im Ausland, so erfolgt die Zustellung durch die Vermittlung der dortigen Behörden oder, soweit völkerrechtliche Verträge dies vorsehen oder wenn der Empfängerstaat zustimmt, durch die Post.122
4    Die Zustellung wird durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt, wenn:
1  der Wohnort des Schuldners unbekannt ist;
2  der Schuldner sich beharrlich der Zustellung entzieht;
3  der Schuldner im Ausland wohnt und die Zustellung nach Absatz 3 nicht innert angemessener Frist möglich ist.123
5    ...124
89 
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 89 - Unterliegt der Schuldner der Betreibung auf Pfändung, so hat das Betreibungsamt nach Empfang des Fortsetzungsbegehrens unverzüglich die Pfändung zu vollziehen oder durch das Betreibungsamt des Ortes, wo die zu pfändenden Vermögensstücke liegen, vollziehen zu lassen.
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SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 90 - Dem Schuldner wird die Pfändung spätestens am vorhergehenden Tage unter Hinweis auf die Bestimmung des Artikels 91 angekündigt.
BGE Register
64-III-40 • 73-III-145 • 73-III-152 • 75-III-81
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
zahlungsbefehl • schuldner • betreibungsamt • frist • rechtsvorschlag • kenntnis • nichtigkeit • adresse • tag • empfang • frage • vorinstanz • wallis • termin • amtsblatt • von amtes wegen • richtigkeit • rechtsverletzung • entscheid • betreibungsbegehren
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