S. 208 / Nr. 34 Erbrecht (d)

BGE 73 II 208

34. Urteil der II. Zivilabteilung vom 11. Dezember 1947 i. S. Näf gegen Näf.

Regeste:
Eigenhändiges Testament (Art. 505
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 505 - 1 Die eigenhändige letztwillige Verfügung ist vom Erblasser von Anfang bis zu Ende mit Einschluss der Angabe von Jahr, Monat und Tag der Errichtung von Hand niederzuschreiben sowie mit seiner Unterschrift zu versehen.512
1    Die eigenhändige letztwillige Verfügung ist vom Erblasser von Anfang bis zu Ende mit Einschluss der Angabe von Jahr, Monat und Tag der Errichtung von Hand niederzuschreiben sowie mit seiner Unterschrift zu versehen.512
2    Die Kantone haben dafür zu sorgen, dass solche Verfügungen offen oder verschlossen einer Amtsstelle zur Aufbewahrung übergeben werden können.
ZGB).
Angabe des Errichtungsortes. Deutung einer verstümmelten Bezeichnung unter
Zuhilfenahme äusserer Umstände. Enterbung (Art. 477 ff
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 477 - Der Erblasser ist befugt, durch Verfügung von Todes wegen einem Erben den Pflichtteil zu entziehen:
1  wenn der Erbe gegen den Erblasser oder gegen eine diesem nahe verbundene Person eine schwere Straftat begangen hat;
2  wenn er gegenüber dem Erblasser oder einem von dessen Angehörigen die ihm obliegenden familienrechtlichen Pflichten schwer verletzt hat.
. ZGB).
1. Die nach Art. 479 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 479 - 1 Eine Enterbung ist nur dann gültig, wenn der Erblasser den Enterbungsgrund in seiner Verfügung angegeben hat.
1    Eine Enterbung ist nur dann gültig, wenn der Erblasser den Enterbungsgrund in seiner Verfügung angegeben hat.
2    Ficht der Enterbte die Enterbung wegen Unrichtigkeit dieser Angabe an, so hat der Erbe oder Bedachte, der aus der Enterbung Vorteil zieht, deren Richtigkeit zu beweisen.
3    Kann dieser Nachweis nicht erbracht werden oder ist ein Enterbungsgrund nicht angegeben, so wird die Verfügung insoweit aufrecht erhalten, als sich dies mit dem Pflichtteil des Enterbten verträgt, es sei denn, dass der Erblasser die Verfügung in einem offenbaren Irrtum über den Enterbungsgrund getroffen hat.
ZGB erforderliche Angabe des Enterbungsgrundes
kann unter Umständen darin bestehen, dass der Erblasser in seiner Verfügung
auf eine andere Urkunde (z.B. eine Strafklage) hinweist.
2. Begriff des schweren Verbrechens (Art. 477 Ziff. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 477 - Der Erblasser ist befugt, durch Verfügung von Todes wegen einem Erben den Pflichtteil zu entziehen:
1  wenn der Erbe gegen den Erblasser oder gegen eine diesem nahe verbundene Person eine schwere Straftat begangen hat;
2  wenn er gegenüber dem Erblasser oder einem von dessen Angehörigen die ihm obliegenden familienrechtlichen Pflichten schwer verletzt hat.
ZGB).

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3. Die blosse Tatsache, dass der Erblasser dem Enterbten seine Verfehlung
verzeiht, hat auf die erfolgte Enterbung keinen Einfluss.
Testament olographe (art. 505 CC).
Indication du lieu où l'acte a été dressé. Recours à des éléments extrinsèques
pour déterminer un lieu dont le nom a été mutilé.
Exhérédation (art. 477 CC).
1. L'indication de la cause de l'exhérédation, exigée par l'art. 479 al. 1 CC,
peut consister dans le fait que le défunt, dans son testament, s'est référé à
un autre document (une plainte pénale, par exemple).
2. Notion du délit grave (art. 477 ch. 1 CC).
3. Le fait que le défunt B pardonné à l'exhérédé n'a pas par lui seul
d'influence sur l'exhérédation.
Testamento olografo (art. 505 CC).
Indicazione del luogo ove l'atto è stato fatto. Elementi estrinseci per
stabilire la designazione mutilata d'un luogo.
Diseredazione (art. 477 CC).
1. L'indicazione della causa di diseredazione richiesta dall'art. 479 cp. 1 CC
può consistere nel fatto che il defunto si è riferito nel suo testamento, ad
un altro documento (p. es. ad una querela penale).
2. Nozione del reato grave (art. 477, cifra 1 CC).
3. Il fatto che il defunto ha perdonato al diseredato non ha per sè solo un
influsso sulla diseredazione.

A. ­ Ende April 1942 starb Gottlieb Näf, der seit August 1940 bei seinem
Neffen Jakob Näf, dem heutigen Kläger, gewohnt hatte. Er hinterliess kein
gültiges Testament. Seine gesetzlichen Erben waren sein Bruder Josef Näf-Zirn,
der Vater des Klägers, und die Töchter einer vorverstorbenen Schwester. Der
Kläger erstellte ein Erbschaftsinventar, das an Aktiven nur die bei der
amtlichen Inventarisation vorgefundene Barschaft von rund Fr. 2000.­
aufführte. Das Vorhandensein weiterer Vermögenswerte bestritt er. Der Anwalt
der Erben konnte jedoch ermitteln, dass Gottlieb Näf nach seiner Übersiedelung
zum Kläger Sparguthaben von über Fr. 20,000.­ abgehoben hatte, und verzeigte
deshalb den Kläger am 10. Juni 1942 wegen Unterschlagung, eventuell
Diebstahls. Vor dem Untersuchungsbeamten wollte der Kläger zunächst glaubhaft
machen, Gottlieb Näf habe sein Geld teils in Wirtschaften verbraucht, teils
infolge Unachtsamkeit verloren. Er musste dann aber beim Verhör vom

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14. September 1942 schliesslich zugeben, von ihm nach und nach insgesamt rund
Fr. 15,000.­ als Darlehen erhalten zu haben. In einem Vergleich vom 6. April
1943 anerkannte er, den Erben Fr. 12,000.­ zu schulden, und verpflichtete sich
zu Ratenzahlungen. Auf Grund dieses Vergleichs zogen die Erben am 1. Oktober
1943 die Strafklage zurück. Am 15. Dezember 1943 wurde hierauf das
Strafverfahren gegen den Kläger eingestellt.
B. ­ Josef Näf-Zirn, geb. 1858, starb am 17. Februar 1944 in Näfels. Als
gesetzliche Erben hinterliess er zwei Söhne: Josef Näf-Schaffner und den
Kläger, sowie die von einem vorverstorbenen Sohne abstammende Enkelin Frieda
Näf. Es fand sich ein handgeschriebenes Testament vor, das sich wie folgt
entziffern lässt:
«1. Mein Erbe ist Josef Nef in Näfs.
2. Jakob Nef in Sargas Erbt Nichts, Ich habe gegen In Strafklage Stellen
Müsen.
Dr. Eger ist Testaments-Vollsdsreker.
Näfes 1. Okdober 1942 Josef Nef.»
C. ­ Am 27. Februar 1945 erhob der Kläger gegen Josef Näf-Schaffner und Frieda
Näf die vorliegende Klage, mit der er das Testament vom 1. Oktober 1942,
eventuell die Enterbung als ungültig anfocht und Ausrichtung seines
gesetzlichen Anteils am väterlichen Nachlass, eventuell seines Pflichtteils
verlangte. Vom Obergericht des Kantons Glarus mit Urteil vom 17./24. September
1947 abgewiesen, hält er vor Bundesgericht an seinen Klagebegehren fest.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. ­ (Zur Parteibezeichnung).
2. ­ Die kantonalen Instanzen haben festgestellt, dass der Erblasser Josef
Näf-Zirn das streitige Testament eigenhändig niedergeschrieben und
unterzeichnet habe, und dass es wie oben angegeben laute. Auf Grund dieser
Feststellungen, die tatsächliche Verhältnisse betreffen und

Seite: 211
deshalb für das Bundesgericht verbindlich sind (Art. 63 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 477 - Der Erblasser ist befugt, durch Verfügung von Todes wegen einem Erben den Pflichtteil zu entziehen:
1  wenn der Erbe gegen den Erblasser oder gegen eine diesem nahe verbundene Person eine schwere Straftat begangen hat;
2  wenn er gegenüber dem Erblasser oder einem von dessen Angehörigen die ihm obliegenden familienrechtlichen Pflichten schwer verletzt hat.
OG), erweist
sich das Testament formell ohne weiteres als gültig. Namentlich genügt die vom
Kläger beanstandete Ortsangabe den gesetzlichen Erfordernissen. Buchstäblich
genommen, ist sie zwar nicht richtig, da das Testament nicht an einem Orte
namens «Näfes» errichtet wurde. Im Hinblick darauf, dass der Erblasser in der
Gemeinde Näfels wohnte, kann jedoch keinem Zweifel unterliegen, dass unter dem
Ausdruck «Näfes» die eben erwähnte Ortschaft zu verstehen ist. Es ist daher so
zu halten, wie wenn der Erblasser «Näfels» geschrieben hätte. Um zu ermitteln,
was ein im Testament verwendeter unklarer Ausdruck bedeutet, dürfen nach
ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtes auch ausserhalb der
Testamentsurkunde liegende Umstände herangezogen werden (BGE 64 II 187 und
dort zit. frühere Entscheide).
Tatsachen, welche die Ungültigerklärung des Testamentes wegen materieller
Mängel im Sinne von Art. 519
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 519 - 1 Eine Verfügung von Todes wegen wird auf erhobene Klage für ungültig erklärt:
1    Eine Verfügung von Todes wegen wird auf erhobene Klage für ungültig erklärt:
1  wenn sie vom Erblasser zu einer Zeit errichtet worden ist, da er nicht verfügungsfähig war;
2  wenn sie aus mangelhaftem Willen hervorgegangen ist;
3  wenn ihr Inhalt oder eine ihr angefügte Bedingung unsittlich oder rechtswidrig ist.
2    Die Ungültigkeitsklage kann von jedermann erhoben werden, der als Erbe oder Bedachter ein Interesse daran hat, dass die Verfügung für ungültig erklärt werde.
ZGB zu begründen vermöchten, liegen nicht vor.
Das Testament dürfte zwar insofern, als es nur Josef Näf-Schaffner, nicht
beide Beklagten als Erben erwähnt, auf einem Irrtum beruhen. Dieser Irrtum
berührt aber die Enterbungsklausel, die für den Kläger allein bedeutsam ist,
in keiner Weise. Er muss die Enterbung also gegen sich gelten lassen, es wäre
denn, sie sei gemäss Art. 477 ff
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 477 - Der Erblasser ist befugt, durch Verfügung von Todes wegen einem Erben den Pflichtteil zu entziehen:
1  wenn der Erbe gegen den Erblasser oder gegen eine diesem nahe verbundene Person eine schwere Straftat begangen hat;
2  wenn er gegenüber dem Erblasser oder einem von dessen Angehörigen die ihm obliegenden familienrechtlichen Pflichten schwer verletzt hat.
. ZGB unwirksam.
3. ­ Nach Art. 479 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 479 - 1 Eine Enterbung ist nur dann gültig, wenn der Erblasser den Enterbungsgrund in seiner Verfügung angegeben hat.
1    Eine Enterbung ist nur dann gültig, wenn der Erblasser den Enterbungsgrund in seiner Verfügung angegeben hat.
2    Ficht der Enterbte die Enterbung wegen Unrichtigkeit dieser Angabe an, so hat der Erbe oder Bedachte, der aus der Enterbung Vorteil zieht, deren Richtigkeit zu beweisen.
3    Kann dieser Nachweis nicht erbracht werden oder ist ein Enterbungsgrund nicht angegeben, so wird die Verfügung insoweit aufrecht erhalten, als sich dies mit dem Pflichtteil des Enterbten verträgt, es sei denn, dass der Erblasser die Verfügung in einem offenbaren Irrtum über den Enterbungsgrund getroffen hat.
ZGB ist die Enterbung nur gültig, wenn der Erblasser
den Enterbungsgrund, d.h. die konkreten Tatsachen, auf welche die Enterbung
sich stützt (BGE 48 II 436 E. 2, 52 II 116, 72 II 341 /2), in seiner Verfügung
angegeben hat. Diese Bedingung ist nicht bloss dann erfüllt, wenn die
fraglichen Tatsachen in der Verfügung einlässlich geschildert werden. Es
genügt vielmehr eine Andeutung, die so klar ist, dass kein Zweifel darüber
bestehen kann, womit der Erblasser die Enterbung begründen wollte. Eine solche
Andeutung kann unter Umständen schon im Hinweis auf eine bestimmte

Seite: 212
andere Urkunde, z. B. ein gerichtliches Aktenstück oder ein Gerichtsurteil,
liegen. Der Grundsatz, dass testamentarische Anordnungen nicht durch blosse
Bezugnahme auf eine andere Urkunde getroffen werden können (BGE 56 II 354),
steht dem nicht entgegen, da es sich bei der Angabe des Enterbungsgrundes
nicht um eine solche Anordnung, d. h. eine Willensäusserung, sondern um eine
Angabe tatsächlicher Natur handelt. Dem Erblasser zu verwehren, den
Enterbungsgrund im Testament lediglich mittelbar zu bezeichnen, besteht umso
weniger Anlass, als es im Interesse des Enterbten selber liegen kann, dass der
Sachverhalt, der zur Enterbung führte, nicht ohne weiteres allen Personen
offenbar wird, denen das Testament zur Kenntnis gelangt. Es wäre
unbefriedigend, wenn der Erblasser nur die Wahl hätte, entweder den zu
Enterbenden vor allen diesen Personen blosszustellen oder auf die Enterbung zu
verzichten.
Die Worte «Ich habe gegen ihn Strafklage stellen müssen», mit denen Josef
Näf-Zirn die Enterbung des Klägers begründete, lassen mit Sicherheit erkennen,
dass der Kläger wegen des Verhaltens enterbt wurde, das die Strafklage vom
Juni 1942 veranlasst hatte, d.h. deswegen, weil er darauf ausgegangen war,
seinem Vater und dessen Miterbin Vermögenswerte des Gottlieb Näf
vorzuenthalten. Auf eine andere Strafklage als diejenige vom Juni 1942 lassen
sich jene Worte nicht beziehen, da der Kläger selber nicht behauptet, dass
sein Vater ihn noch bei andern Gelegenheiten verzeigt habe. Durch den Hinweis
auf die gegen den Kläger gestellte Strafklage wurden also die Tatsachen, auf
welche die Enterbung sich stützt, unzweideutig bezeichnet, sodass dem
Erfordernis des Art. 479 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 479 - 1 Eine Enterbung ist nur dann gültig, wenn der Erblasser den Enterbungsgrund in seiner Verfügung angegeben hat.
1    Eine Enterbung ist nur dann gültig, wenn der Erblasser den Enterbungsgrund in seiner Verfügung angegeben hat.
2    Ficht der Enterbte die Enterbung wegen Unrichtigkeit dieser Angabe an, so hat der Erbe oder Bedachte, der aus der Enterbung Vorteil zieht, deren Richtigkeit zu beweisen.
3    Kann dieser Nachweis nicht erbracht werden oder ist ein Enterbungsgrund nicht angegeben, so wird die Verfügung insoweit aufrecht erhalten, als sich dies mit dem Pflichtteil des Enterbten verträgt, es sei denn, dass der Erblasser die Verfügung in einem offenbaren Irrtum über den Enterbungsgrund getroffen hat.
ZGB Genüge geschehen ist.
4. ­ Materiell hängt die Gültigkeit der Enterbung davon ab, ob die im
Testament als Enterbungsgrund angegebenen Tatsachen, soweit sie unbestritten
oder nachgewiesen sind (Art. 479 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 479 - 1 Eine Enterbung ist nur dann gültig, wenn der Erblasser den Enterbungsgrund in seiner Verfügung angegeben hat.
1    Eine Enterbung ist nur dann gültig, wenn der Erblasser den Enterbungsgrund in seiner Verfügung angegeben hat.
2    Ficht der Enterbte die Enterbung wegen Unrichtigkeit dieser Angabe an, so hat der Erbe oder Bedachte, der aus der Enterbung Vorteil zieht, deren Richtigkeit zu beweisen.
3    Kann dieser Nachweis nicht erbracht werden oder ist ein Enterbungsgrund nicht angegeben, so wird die Verfügung insoweit aufrecht erhalten, als sich dies mit dem Pflichtteil des Enterbten verträgt, es sei denn, dass der Erblasser die Verfügung in einem offenbaren Irrtum über den Enterbungsgrund getroffen hat.
ZGB), den Vorwurf erlauben, der
Enterbte habe gegen den Erblasser oder gegen

Seite: 213
eine diesem nahe verbundene Person ein schweres Verbrechen begangen (Art. 477
Ziff. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 477 - Der Erblasser ist befugt, durch Verfügung von Todes wegen einem Erben den Pflichtteil zu entziehen:
1  wenn der Erbe gegen den Erblasser oder gegen eine diesem nahe verbundene Person eine schwere Straftat begangen hat;
2  wenn er gegenüber dem Erblasser oder einem von dessen Angehörigen die ihm obliegenden familienrechtlichen Pflichten schwer verletzt hat.
ZGB) oder gegenüber dem Erblasser oder einem von dessen Angehörigen
die ihm obliegenden familienrechtlichen Pflichten schwer verletzt (Art. 477
Ziff. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 477 - Der Erblasser ist befugt, durch Verfügung von Todes wegen einem Erben den Pflichtteil zu entziehen:
1  wenn der Erbe gegen den Erblasser oder gegen eine diesem nahe verbundene Person eine schwere Straftat begangen hat;
2  wenn er gegenüber dem Erblasser oder einem von dessen Angehörigen die ihm obliegenden familienrechtlichen Pflichten schwer verletzt hat.
ZGB).
Dass der Enterbte ein «schweres Verbrechen» (délit grave, grave reato)
begangen habe, lässt sich nach allgemeinem Sprachgebrauch nicht sagen, wenn
ihm keine strafbare Handlung zur Last fällt; und eine Handlung, die das
Strafrecht bloss als Übertretung beurteilt, kann kaum als «schweres
Verbrechen» gelten. Hievon abgesehen aber lassen sich strafrechtliche Begriffe
bei der Anwendung von Art. 477 Ziff. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 477 - Der Erblasser ist befugt, durch Verfügung von Todes wegen einem Erben den Pflichtteil zu entziehen:
1  wenn der Erbe gegen den Erblasser oder gegen eine diesem nahe verbundene Person eine schwere Straftat begangen hat;
2  wenn er gegenüber dem Erblasser oder einem von dessen Angehörigen die ihm obliegenden familienrechtlichen Pflichten schwer verletzt hat.
ZGB nicht verwerten; insbesondere kann
nicht gesagt werden, dass deliktische Handlungen, die im StGB als «Vergehen»
qualifiziert sind, nie als «Verbrechen» im Sinne des Art. 477
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 477 - Der Erblasser ist befugt, durch Verfügung von Todes wegen einem Erben den Pflichtteil zu entziehen:
1  wenn der Erbe gegen den Erblasser oder gegen eine diesem nahe verbundene Person eine schwere Straftat begangen hat;
2  wenn er gegenüber dem Erblasser oder einem von dessen Angehörigen die ihm obliegenden familienrechtlichen Pflichten schwer verletzt hat.
ZGB angesehen
werden können. Die in Art. 9 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 9 - 1 Dieses Gesetz ist nicht anwendbar auf Personen, soweit deren Taten nach dem Militärstrafrecht zu beurteilen sind.
1    Dieses Gesetz ist nicht anwendbar auf Personen, soweit deren Taten nach dem Militärstrafrecht zu beurteilen sind.
2    Für Personen, welche zum Zeitpunkt der Tat das 18. Altersjahr noch nicht vollendet haben, bleiben die Vorschriften des Jugendstrafgesetzes vom 20. Juni 200313 (JStG) vorbehalten. Sind gleichzeitig eine vor und eine nach der Vollendung des 18. Altersjahres begangene Tat zu beurteilen, so ist Artikel 3 Absatz 2 JStG anwendbar.14
StGB enthaltene Definition der Verbrechen
kann hier schon deswegen nicht massgebend sein, weil das StGB erst lange nach
dem ZGB erlassen wurde, und weil überdies der französische Text des StGB den
Ausdruck délit in der Bedeutung von Vergehen (Art. 9 Abs. 2) und der
italienische Text den Ausdruck reato als Oberbegriff von Verbrechen, Vergehen
und Übertretung verwendet. Ob eine strafbare Handlung, die nicht bloss eine
Übertretung darstellt, als «schweres Verbrechen» im Sinne von Art. 477 Ziff. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 477 - Der Erblasser ist befugt, durch Verfügung von Todes wegen einem Erben den Pflichtteil zu entziehen:
1  wenn der Erbe gegen den Erblasser oder gegen eine diesem nahe verbundene Person eine schwere Straftat begangen hat;
2  wenn er gegenüber dem Erblasser oder einem von dessen Angehörigen die ihm obliegenden familienrechtlichen Pflichten schwer verletzt hat.

ZGB anzusehen sei oder nicht, ist daher ausschliesslich nach zivilrechtlichen
Gesichtspunkten zu beurteilen. Auszugehen ist dabei von der Erwägung, dass der
Pflichtteil seine Rechtfertigung im engen Verwandtschaftsverhältnis zwischen
dem Erblasser und dem Noterben findet. Dieser muss sich demgemäss den Entzug
des Pflichtteils gefallen lassen, wenn er die Familienbeziehungen zum
Erblasser selber bricht, indem er eine Verfehlung begeht, die einen
schwerwiegenden Mangel an Familiensinn verrät und den Erblasser tief verletzt
(vgl. StenB 1906 S. 184, Votum CALONDER, und BGE 46 II 9). Bei der Anwendung

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dieses Grundsatzes spielt das richterliche Ermessen naturgemäss eine grosse
Rolle.
Dass die strafbare Handlung vollendet sei, wird in Art. 477 Ziff. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 477 - Der Erblasser ist befugt, durch Verfügung von Todes wegen einem Erben den Pflichtteil zu entziehen:
1  wenn der Erbe gegen den Erblasser oder gegen eine diesem nahe verbundene Person eine schwere Straftat begangen hat;
2  wenn er gegenüber dem Erblasser oder einem von dessen Angehörigen die ihm obliegenden familienrechtlichen Pflichten schwer verletzt hat.
ZGB nicht
vorausgesetzt. Schon der Versuch einer solchen Handlung kann also die
Enterbung begründen. Nach der genannten Bestimmung ist auch nicht
erforderlich, dass der Erbe für seine Handlung verfolgt und bestraft wurde. Es
genügt, wenn er eine Straftat begangen hat. Als gegen den Erblasser gerichtet
sind ferner nicht etwa nur Handlungen anzusehen, die seine
Persönlichkeitsgüter treffen, sondern auch Handlungen, die seine
Vermögensrechte beeinträchtigen. Indem der Kläger den Erben des Gottlieb Näf
ein unvollständiges Erbschaftsinventar vorlegte und ihnen vorzutäuschen
suchte, Gottlieb Näf habe das in Wirklichkeit ihm (dem Kläger) geliehene Geld
verloren oder verbraucht, hat er ihnen gegenüber einen Betrugsversuch
begangen. Aus den tatsächlichen Feststellungen der kantonalen Instanzen ergibt
sich klar, dass er in der Absicht handelte, die Erben von der Geltendmachung
der Darlehensforderung gegen ihn abzuhalten und sich auf diese Weise
unrechtmässig zu bereichern. Mit diesem Betrugsversuch, den er mit grosser
Hartnäckigkeit durchführte, zeigte er neben einem starken deliktischen Willen
eine völlig pietätlose Einstellung gegenüber seinem Vater, der die Hälfte der
Erbschaft zu beanspruchen hatte. Sein Vater musste den Versuch, ihn um mehrere
tausend Franken zu prellen, umso stärker empfinden, als er in bescheidenen
Verhältnissen lebte. In der Straftat des Klägers ist daher ein schweres
Verbrechen im Sinne von Art. 477 Ziff. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 477 - Der Erblasser ist befugt, durch Verfügung von Todes wegen einem Erben den Pflichtteil zu entziehen:
1  wenn der Erbe gegen den Erblasser oder gegen eine diesem nahe verbundene Person eine schwere Straftat begangen hat;
2  wenn er gegenüber dem Erblasser oder einem von dessen Angehörigen die ihm obliegenden familienrechtlichen Pflichten schwer verletzt hat.
ZGB zu erblicken.
5. ­ Da die Enterbung wegen schweren Verbrechens eine strafrechtliche
Verfolgung und Verurteilung des Täters nicht voraussetzt, konnte der blosse
Umstand, dass der Erblasser die Strafklage (den Strafantrag) gegen den Kläger
zurückzog, entgegen der Ansicht des Klägers nicht bewirken, dass «jeder Grund
für eine Enterbung

Seite: 215
entfiel». Es kann auch keine Rede davon sein, dass der Erblasser mit dem
Rückzug des Strafantrages die vorher erfolgte Enterbung gemäss Art. 509 ff
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 509 - 1 Der Erblasser kann seine letztwillige Verfügung jederzeit in einer der Formen widerrufen, die für die Errichtung vorgeschrieben sind.
1    Der Erblasser kann seine letztwillige Verfügung jederzeit in einer der Formen widerrufen, die für die Errichtung vorgeschrieben sind.
2    Der Widerruf kann die Verfügung ganz oder zum Teil beschlagen.
.
ZGB widerrufen habe. Die Rückzugserklärung stellt weder der Form noch dem
Inhalte nach einen solchen Widerruf dar.
6. ­ Um die am 1. Oktober 1942 verfügte Enterbung zu entkräften, macht der
Kläger schliesslich noch geltend, der Erblasser habe ihm eine allfällige
Verfehlung durch den am 1. Oktober 1943 erklärten Rückzug der Strafklage und
die spätere Wiederaufnahme persönlicher Beziehungen mit ihm verziehen. Auch
dieser Einwand ist jedoch unstichhaltig.
a) Die Annahme, dass die Verzeihung der Verfehlung des Enterbten die
ausgesprochene Enterbung beseitige, lässt sich von vornherein nicht damit
begründen, dass der Erblasser durch die Verzeihung den Willen geäussert habe,
die Enterbung aufzuheben. Die Verzeihung lässt nicht ohne weiteres auf einen
solchen Willen schliessen, sondern es ist denkbar, dass der Erblasser die
Verfehlung zwar menschlich verzeihen, die daran geknüpfte Sanktion aber
gleichwohl aufrechterhalten will. Zudem kann der Wille, eine letztwillige
Verfügung aufzuheben, gemäss Art. 509 ff
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 509 - 1 Der Erblasser kann seine letztwillige Verfügung jederzeit in einer der Formen widerrufen, die für die Errichtung vorgeschrieben sind.
1    Der Erblasser kann seine letztwillige Verfügung jederzeit in einer der Formen widerrufen, die für die Errichtung vorgeschrieben sind.
2    Der Widerruf kann die Verfügung ganz oder zum Teil beschlagen.
. ZGB nur Beachtung finden, wenn der
Erblasser ihn durch Errichtung einer neuen formgerechten Verfügung oder durch
Vernichtung der Urkunde äussert.
b) Die Verzeihung macht die ausgesprochene Enterbung auch nicht etwa
unmittelbar von Gesetzes wegen (also ohne Rücksicht auf den Willen des
Erblassers) unwirksam. Eine Bestimmung dieses Inhalts ist, wie in BGE 55 II
167
E. 11 dargelegt, bewusst und mit guten Gründen nicht in das ZGB
aufgenommen worden.
Nach Art. 540 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 540 - 1 Unwürdig, Erbe zu sein oder aus einer Verfügung von Todes wegen irgendetwas zu erwerben, ist:
1    Unwürdig, Erbe zu sein oder aus einer Verfügung von Todes wegen irgendetwas zu erwerben, ist:
1  wer vorsätzlich und rechtswidrig den Tod des Erblassers herbeigeführt oder herbeizuführen versucht hat;
2  wer den Erblasser vorsätzlich und rechtswidrig in einen Zustand bleibender Verfügungsunfähigkeit gebracht hat;
3  wer den Erblasser durch Arglist, Zwang oder Drohung dazu gebracht oder daran verhindert hat, eine Verfügung von Todes wegen zu errichten oder zu widerrufen;
4  wer eine Verfügung von Todes wegen vorsätzlich und rechtswidrig unter Umständen, die dem Erblasser deren Erneuerung nicht mehr ermöglichten, beseitigt oder ungültig gemacht hat.
2    Durch Verzeihung des Erblassers wird die Erbunwürdigkeit aufgehoben.
ZGB wird freilich die Erbunwürdigkeit durch Verzeihung
des Erblassers aufgehoben. Die Erbunwürdigkeit tritt jedoch im Unterschied zur
Enterbung nicht kraft Anordnung des Erblassers, sondern kraft Gesetzes ein und
kann vom Erblasser schon aus diesem Grunde nicht durch eine letztwillige
Verfügung

Seite: 216
aufgehoben werden. Eine Verfügung zugunsten des Erbunwürdigen zu treffen, wäre
dem Erblasser übrigens in vielen Fällen gar nicht mehr möglich. Wollte man
denjenigen, der einen Erbunwürdigkeitsgrund gesetzt hat, nicht unter allen
Umständen selbst gegen den Willen des Erblassers vom Erbe ausschliessen, so
blieb daher nichts anderes übrig, a]s eine allfällige Verzeihung zu
berücksichtigen und zu bestimmen, dass sie die Erbunwürdigkeit von selbst
aufhebe. Die Vorschrift des Art. 540 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 540 - 1 Unwürdig, Erbe zu sein oder aus einer Verfügung von Todes wegen irgendetwas zu erwerben, ist:
1    Unwürdig, Erbe zu sein oder aus einer Verfügung von Todes wegen irgendetwas zu erwerben, ist:
1  wer vorsätzlich und rechtswidrig den Tod des Erblassers herbeigeführt oder herbeizuführen versucht hat;
2  wer den Erblasser vorsätzlich und rechtswidrig in einen Zustand bleibender Verfügungsunfähigkeit gebracht hat;
3  wer den Erblasser durch Arglist, Zwang oder Drohung dazu gebracht oder daran verhindert hat, eine Verfügung von Todes wegen zu errichten oder zu widerrufen;
4  wer eine Verfügung von Todes wegen vorsätzlich und rechtswidrig unter Umständen, die dem Erblasser deren Erneuerung nicht mehr ermöglichten, beseitigt oder ungültig gemacht hat.
2    Durch Verzeihung des Erblassers wird die Erbunwürdigkeit aufgehoben.
ZGB erklärt sich also aus der
besondern Natur der Erbunwürdigkeit und darf deshalb im Falle der Enterbung,
die der Erblasser auf einfache Weise widerrufen kann, nicht entsprechend
angewendet werden.
c) In der Literatur wird schliesslich noch die Ansicht vertreten, die
Verzeihung hebe die Enterbung zwar nicht ohne weiteres auf, mache aber den
ursprünglich zureichenden Enterbungsgrund zu einem ungenügenden, sodass der
Enterbte die Verfügung gemäss Art. 479 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 479 - 1 Eine Enterbung ist nur dann gültig, wenn der Erblasser den Enterbungsgrund in seiner Verfügung angegeben hat.
1    Eine Enterbung ist nur dann gültig, wenn der Erblasser den Enterbungsgrund in seiner Verfügung angegeben hat.
2    Ficht der Enterbte die Enterbung wegen Unrichtigkeit dieser Angabe an, so hat der Erbe oder Bedachte, der aus der Enterbung Vorteil zieht, deren Richtigkeit zu beweisen.
3    Kann dieser Nachweis nicht erbracht werden oder ist ein Enterbungsgrund nicht angegeben, so wird die Verfügung insoweit aufrecht erhalten, als sich dies mit dem Pflichtteil des Enterbten verträgt, es sei denn, dass der Erblasser die Verfügung in einem offenbaren Irrtum über den Enterbungsgrund getroffen hat.
ZGB innert der Frist des Art.
533
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 533 - 1 Die Herabsetzungsklage verjährt mit Ablauf eines Jahres von dem Zeitpunkt an gerechnet, da die Erben von der Verletzung ihrer Rechte Kenntnis erhalten haben, und in jedem Fall mit Ablauf von zehn Jahren, die bei den letztwilligen Verfügungen von dem Zeitpunkte der Eröffnung, bei den andern Zuwendungen aber vom Tode des Erblassers an gerechnet werden.
1    Die Herabsetzungsklage verjährt mit Ablauf eines Jahres von dem Zeitpunkt an gerechnet, da die Erben von der Verletzung ihrer Rechte Kenntnis erhalten haben, und in jedem Fall mit Ablauf von zehn Jahren, die bei den letztwilligen Verfügungen von dem Zeitpunkte der Eröffnung, bei den andern Zuwendungen aber vom Tode des Erblassers an gerechnet werden.
2    Ist durch Ungültigerklärung einer späteren Verfügung eine frühere gültig geworden, so beginnen die Fristen mit diesem Zeitpunkte.
3    Einredeweise kann der Herabsetzungsanspruch jederzeit geltend gemacht werden.
ZGB anfechten könne, wie wenn ein Enterbungsgrund von Anfang an gefehlt
hätte (TUOR N. 19 zu Art. 477
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 477 - Der Erblasser ist befugt, durch Verfügung von Todes wegen einem Erben den Pflichtteil zu entziehen:
1  wenn der Erbe gegen den Erblasser oder gegen eine diesem nahe verbundene Person eine schwere Straftat begangen hat;
2  wenn er gegenüber dem Erblasser oder einem von dessen Angehörigen die ihm obliegenden familienrechtlichen Pflichten schwer verletzt hat.
ZGB, S. 174 und 1058 f.). Diese Auffassung ist
ebenfalls abzulehnen.
Damit die Enterbung vor Art. 477
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 477 - Der Erblasser ist befugt, durch Verfügung von Todes wegen einem Erben den Pflichtteil zu entziehen:
1  wenn der Erbe gegen den Erblasser oder gegen eine diesem nahe verbundene Person eine schwere Straftat begangen hat;
2  wenn er gegenüber dem Erblasser oder einem von dessen Angehörigen die ihm obliegenden familienrechtlichen Pflichten schwer verletzt hat.
ZGB Bestand habe, ist erforderlich, aber auch
ausreichend, dass im Zeitpunkte der Enterbung ein Enterbungsgrund im Sinne
dieser Bestimmung vorgelegen hat. Was nachher geschieht, fällt beim Entscheid
darüber, ob die Enterbung begründet sei, nicht in Betracht, Wenn Art. 480 Abs.
2
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ZGB Art. 480 - 1 Bestehen gegen einen Nachkommen des Erblassers Verlustscheine, so kann ihm der Erblasser die Hälfte seines Pflichtteils entziehen, wenn er diese den vorhandenen und später geborenen Kindern desselben zuwendet.
1    Bestehen gegen einen Nachkommen des Erblassers Verlustscheine, so kann ihm der Erblasser die Hälfte seines Pflichtteils entziehen, wenn er diese den vorhandenen und später geborenen Kindern desselben zuwendet.
2    Diese Enterbung fällt jedoch auf Begehren des Enterbten dahin, wenn bei der Eröffnung des Erbganges Verlustscheine nicht mehr bestehen, oder wenn deren Gesamtbetrag einen Vierteil des Erbteils nicht übersteigt.
ZGB dem wegen Zahlungsunfähigkeit Enterbten gestattet, die Enterbung unter
Berufung auf die nachträgliche Besserung seiner Lage anzufechten, so handelt
es sich dabei um eine auf den Fall des Art. 480 Abs. 1
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ZGB Art. 480 - 1 Bestehen gegen einen Nachkommen des Erblassers Verlustscheine, so kann ihm der Erblasser die Hälfte seines Pflichtteils entziehen, wenn er diese den vorhandenen und später geborenen Kindern desselben zuwendet.
1    Bestehen gegen einen Nachkommen des Erblassers Verlustscheine, so kann ihm der Erblasser die Hälfte seines Pflichtteils entziehen, wenn er diese den vorhandenen und später geborenen Kindern desselben zuwendet.
2    Diese Enterbung fällt jedoch auf Begehren des Enterbten dahin, wenn bei der Eröffnung des Erbganges Verlustscheine nicht mehr bestehen, oder wenn deren Gesamtbetrag einen Vierteil des Erbteils nicht übersteigt.
ZGB zugeschnittene
Sonderbestimmung, die mittelbar bestätigt, dass nach der Enterbung
eingetretene Tatsachen im allgemeinen unbeachtlich sind. Schon deswegen kann
die nachträgliche Verzeihung nicht die Bedeutung haben, die Tuor ihr
zuschreibt.

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Würde die Verzeihung dem Enterbten erlauben, die Enterbung als unbegründet
anzufechten, so hätte dies im übrigen zur Folge, dass der Erblasser bei
Wiederannäherungsversuchen des Enterbten entweder auf die Enterbung verzichten
oder sich der Aussöhnung verschliessen müsste. In eine solche Zwangslage darf
der Erblasser nicht versetzt werden; denn er kann achtbare Gründe dafür haben,
dem Enterbten zwar zu verzeihen, ihn aber die verdiente Sanktion seiner
Verfehlung (die durch die Verzeihung nicht aufgehoben wird) gleichwohl tragen
zu lassen.
Die blosse Verzeihung kann daher die vorausgegangene Enterbung in keiner Weise
beeinflussen.
Im vorliegenden Falle hat die Vorinstanz überdies mit Recht angenommen, dass
der Rückzug der Strafklage und die Tatsache, dass der Erblasser in der letzten
Zeit vor seinem Tode Besuche des Klägers duldete, eine Verzeihung nicht zu
beweisen vermögen.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Obergerichtes des Kantons
Glarus vom 17./24. September 1947 bestätigt.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 73 II 208
Datum : 01. Januar 1947
Publiziert : 11. Dezember 1947
Quelle : Bundesgericht
Status : 73 II 208
Sachgebiet : BGE - Zivilrecht
Gegenstand : Eigenhändiges Testament (Art. 505 ZGB).Angabe des Errichtungsortes. Deutung einer verstümmelten...


Gesetzesregister
OG: 63
StGB: 9
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 9 - 1 Dieses Gesetz ist nicht anwendbar auf Personen, soweit deren Taten nach dem Militärstrafrecht zu beurteilen sind.
1    Dieses Gesetz ist nicht anwendbar auf Personen, soweit deren Taten nach dem Militärstrafrecht zu beurteilen sind.
2    Für Personen, welche zum Zeitpunkt der Tat das 18. Altersjahr noch nicht vollendet haben, bleiben die Vorschriften des Jugendstrafgesetzes vom 20. Juni 200313 (JStG) vorbehalten. Sind gleichzeitig eine vor und eine nach der Vollendung des 18. Altersjahres begangene Tat zu beurteilen, so ist Artikel 3 Absatz 2 JStG anwendbar.14
ZGB: 477 
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 477 - Der Erblasser ist befugt, durch Verfügung von Todes wegen einem Erben den Pflichtteil zu entziehen:
1  wenn der Erbe gegen den Erblasser oder gegen eine diesem nahe verbundene Person eine schwere Straftat begangen hat;
2  wenn er gegenüber dem Erblasser oder einem von dessen Angehörigen die ihm obliegenden familienrechtlichen Pflichten schwer verletzt hat.
479 
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 479 - 1 Eine Enterbung ist nur dann gültig, wenn der Erblasser den Enterbungsgrund in seiner Verfügung angegeben hat.
1    Eine Enterbung ist nur dann gültig, wenn der Erblasser den Enterbungsgrund in seiner Verfügung angegeben hat.
2    Ficht der Enterbte die Enterbung wegen Unrichtigkeit dieser Angabe an, so hat der Erbe oder Bedachte, der aus der Enterbung Vorteil zieht, deren Richtigkeit zu beweisen.
3    Kann dieser Nachweis nicht erbracht werden oder ist ein Enterbungsgrund nicht angegeben, so wird die Verfügung insoweit aufrecht erhalten, als sich dies mit dem Pflichtteil des Enterbten verträgt, es sei denn, dass der Erblasser die Verfügung in einem offenbaren Irrtum über den Enterbungsgrund getroffen hat.
480 
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 480 - 1 Bestehen gegen einen Nachkommen des Erblassers Verlustscheine, so kann ihm der Erblasser die Hälfte seines Pflichtteils entziehen, wenn er diese den vorhandenen und später geborenen Kindern desselben zuwendet.
1    Bestehen gegen einen Nachkommen des Erblassers Verlustscheine, so kann ihm der Erblasser die Hälfte seines Pflichtteils entziehen, wenn er diese den vorhandenen und später geborenen Kindern desselben zuwendet.
2    Diese Enterbung fällt jedoch auf Begehren des Enterbten dahin, wenn bei der Eröffnung des Erbganges Verlustscheine nicht mehr bestehen, oder wenn deren Gesamtbetrag einen Vierteil des Erbteils nicht übersteigt.
505 
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 505 - 1 Die eigenhändige letztwillige Verfügung ist vom Erblasser von Anfang bis zu Ende mit Einschluss der Angabe von Jahr, Monat und Tag der Errichtung von Hand niederzuschreiben sowie mit seiner Unterschrift zu versehen.512
1    Die eigenhändige letztwillige Verfügung ist vom Erblasser von Anfang bis zu Ende mit Einschluss der Angabe von Jahr, Monat und Tag der Errichtung von Hand niederzuschreiben sowie mit seiner Unterschrift zu versehen.512
2    Die Kantone haben dafür zu sorgen, dass solche Verfügungen offen oder verschlossen einer Amtsstelle zur Aufbewahrung übergeben werden können.
509 
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 509 - 1 Der Erblasser kann seine letztwillige Verfügung jederzeit in einer der Formen widerrufen, die für die Errichtung vorgeschrieben sind.
1    Der Erblasser kann seine letztwillige Verfügung jederzeit in einer der Formen widerrufen, die für die Errichtung vorgeschrieben sind.
2    Der Widerruf kann die Verfügung ganz oder zum Teil beschlagen.
519 
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 519 - 1 Eine Verfügung von Todes wegen wird auf erhobene Klage für ungültig erklärt:
1    Eine Verfügung von Todes wegen wird auf erhobene Klage für ungültig erklärt:
1  wenn sie vom Erblasser zu einer Zeit errichtet worden ist, da er nicht verfügungsfähig war;
2  wenn sie aus mangelhaftem Willen hervorgegangen ist;
3  wenn ihr Inhalt oder eine ihr angefügte Bedingung unsittlich oder rechtswidrig ist.
2    Die Ungültigkeitsklage kann von jedermann erhoben werden, der als Erbe oder Bedachter ein Interesse daran hat, dass die Verfügung für ungültig erklärt werde.
533 
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 533 - 1 Die Herabsetzungsklage verjährt mit Ablauf eines Jahres von dem Zeitpunkt an gerechnet, da die Erben von der Verletzung ihrer Rechte Kenntnis erhalten haben, und in jedem Fall mit Ablauf von zehn Jahren, die bei den letztwilligen Verfügungen von dem Zeitpunkte der Eröffnung, bei den andern Zuwendungen aber vom Tode des Erblassers an gerechnet werden.
1    Die Herabsetzungsklage verjährt mit Ablauf eines Jahres von dem Zeitpunkt an gerechnet, da die Erben von der Verletzung ihrer Rechte Kenntnis erhalten haben, und in jedem Fall mit Ablauf von zehn Jahren, die bei den letztwilligen Verfügungen von dem Zeitpunkte der Eröffnung, bei den andern Zuwendungen aber vom Tode des Erblassers an gerechnet werden.
2    Ist durch Ungültigerklärung einer späteren Verfügung eine frühere gültig geworden, so beginnen die Fristen mit diesem Zeitpunkte.
3    Einredeweise kann der Herabsetzungsanspruch jederzeit geltend gemacht werden.
540
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 540 - 1 Unwürdig, Erbe zu sein oder aus einer Verfügung von Todes wegen irgendetwas zu erwerben, ist:
1    Unwürdig, Erbe zu sein oder aus einer Verfügung von Todes wegen irgendetwas zu erwerben, ist:
1  wer vorsätzlich und rechtswidrig den Tod des Erblassers herbeigeführt oder herbeizuführen versucht hat;
2  wer den Erblasser vorsätzlich und rechtswidrig in einen Zustand bleibender Verfügungsunfähigkeit gebracht hat;
3  wer den Erblasser durch Arglist, Zwang oder Drohung dazu gebracht oder daran verhindert hat, eine Verfügung von Todes wegen zu errichten oder zu widerrufen;
4  wer eine Verfügung von Todes wegen vorsätzlich und rechtswidrig unter Umständen, die dem Erblasser deren Erneuerung nicht mehr ermöglichten, beseitigt oder ungültig gemacht hat.
2    Durch Verzeihung des Erblassers wird die Erbunwürdigkeit aufgehoben.
BGE Register
46-II-7 • 48-II-434 • 52-II-113 • 55-II-164 • 56-II-351 • 64-II-186 • 72-II-338 • 73-II-208
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
erblasser • testament • erbe • wille • bundesgericht • vater • strafbare handlung • pflichtteil • weiler • entscheid • wirkung • strafantrag • stelle • zweifel • treffen • irrtum • sanktion • gesetzlicher erbe • geld • nichtigkeit
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