BGE 69 III 22
8. Urteil der II. Zivilabteilung vom 11. März 1943
i. S. Mina Bolli gegen Liquidationsmasse Robert Bolli.
Regeste:
1. Zur Anwendung von Art. 51, b der Verordnung vom 24. Januar 1941 über
vorübergehende Milderungen der Zwangsvollstreckung.
2. Die Versäumung der Eingabefrist des Art. 300
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 300 - 1 Der Sachwalter fordert durch öffentliche Bekanntmachung (Art. 35 und 296) die Gläubiger auf, ihre Forderungen innert eines Monats einzugeben, mit der Androhung, dass sie im Unterlassungsfall bei den Verhandlungen über den Nachlassvertrag nicht stimmberechtigt sind. Jedem Gläubiger, dessen Name und Wohnort bekannt sind, stellt der Sachwalter ein Exemplar der Bekanntmachung durch uneingeschriebenen Brief zu.542 |
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1 | Der Sachwalter fordert durch öffentliche Bekanntmachung (Art. 35 und 296) die Gläubiger auf, ihre Forderungen innert eines Monats einzugeben, mit der Androhung, dass sie im Unterlassungsfall bei den Verhandlungen über den Nachlassvertrag nicht stimmberechtigt sind. Jedem Gläubiger, dessen Name und Wohnort bekannt sind, stellt der Sachwalter ein Exemplar der Bekanntmachung durch uneingeschriebenen Brief zu.542 |
2 | Der Sachwalter holt die Erklärung des Schuldners über die eingegebenen Forderungen ein. |
Forderungseingaben nach Bestätigung des Nachlassvertrages mit
Vermögensabtretung (Liquidationsvergleich) zwecks Kollokation und Teilnahme am
Ergebnis der Liquidation nicht aus. Art. 250
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 250 - 1 Ein Gläubiger, der den Kollokationsplan anfechten will, weil seine Forderung ganz oder teilweise abgewiesen oder nicht im beanspruchten Rang zugelassen worden ist, muss innert 20 Tagen nach der öffentlichen Auflage des Kollokationsplanes beim Richter am Konkursort gegen die Masse klagen. |
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1 | Ein Gläubiger, der den Kollokationsplan anfechten will, weil seine Forderung ganz oder teilweise abgewiesen oder nicht im beanspruchten Rang zugelassen worden ist, muss innert 20 Tagen nach der öffentlichen Auflage des Kollokationsplanes beim Richter am Konkursort gegen die Masse klagen. |
2 | Will er die Zulassung eines anderen Gläubigers oder dessen Rang bestreiten, so muss er die Klage gegen den Gläubiger richten. Heisst der Richter die Klage gut, so dient der Betrag, um den der Anteil des Beklagten an der Konkursmasse herabgesetzt wird, zur Befriedigung des Klägers bis zur vollen Deckung seiner Forderung einschliesslich der Prozesskosten. Ein Überschuss wird nach dem berichtigten Kollokationsplan verteilt. |
3 | ...447 |
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 251 - 1 Verspätete Konkurseingaben können bis zum Schlusse des Konkursverfahrens angebracht werden. |
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1 | Verspätete Konkurseingaben können bis zum Schlusse des Konkursverfahrens angebracht werden. |
2 | Der Gläubiger hat sämtliche durch die Verspätung verursachten Kosten zu tragen und kann zu einem entsprechenden Vorschusse angehalten werden. |
3 | Auf Abschlagsverteilungen, welche vor seiner Anmeldung stattgefunden haben, hat derselbe keinen Anspruch. |
4 | Hält die Konkursverwaltung eine verspätete Konkurseingabe für begründet, so ändert sie den Kollokationsplan ab und macht die Abänderung öffentlich bekannt. |
5 | Der Artikel 250 ist anwendbar. |
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 300 - 1 Der Sachwalter fordert durch öffentliche Bekanntmachung (Art. 35 und 296) die Gläubiger auf, ihre Forderungen innert eines Monats einzugeben, mit der Androhung, dass sie im Unterlassungsfall bei den Verhandlungen über den Nachlassvertrag nicht stimmberechtigt sind. Jedem Gläubiger, dessen Name und Wohnort bekannt sind, stellt der Sachwalter ein Exemplar der Bekanntmachung durch uneingeschriebenen Brief zu.542 |
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1 | Der Sachwalter fordert durch öffentliche Bekanntmachung (Art. 35 und 296) die Gläubiger auf, ihre Forderungen innert eines Monats einzugeben, mit der Androhung, dass sie im Unterlassungsfall bei den Verhandlungen über den Nachlassvertrag nicht stimmberechtigt sind. Jedem Gläubiger, dessen Name und Wohnort bekannt sind, stellt der Sachwalter ein Exemplar der Bekanntmachung durch uneingeschriebenen Brief zu.542 |
2 | Der Sachwalter holt die Erklärung des Schuldners über die eingegebenen Forderungen ein. |
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 311 - Mit der Bestätigung des Nachlassvertrages fallen alle vor der Stundung gegen den Schuldner eingeleiteten Betreibungen mit Ausnahme derjenigen auf Pfandverwertung dahin; Artikel 199 Absatz 2 gilt sinngemäss. |
Vo. vom 11. April 1935 betreffend das Nachlassverfahren von Banken und
Sparkassen.
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3. Stellung der Ehefrau des Schuldners bei Güterverbindung im
Nachlassverfahren. Einfluss eines gewöhnlichen Nachlassvertrages
(Prozentvergleiches) auf den Gesamtbestand des Frauengutes und auf die
künftige Bemessung des allenfalls privilegierten Forderungsbetrages. Für den
Wert der im Eigentum der Ehefrau verbliebenen Stücke ihres eingebrachten Gutes
besteht keine Forderung. Art. 211
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 211 - Bei der güterrechtlichen Auseinandersetzung sind die Vermögensgegenstände zu ihrem Verkehrswert einzusetzen. |
1. Application de l'art. 51 lettre b de l'ord. du Conseil fédéral atténuant à
titre temporaire le régime de l'exécution forcée, du 24 janvier 1941.
2. L'inobservation du délai de production fixé à l'art. 300 LP n'empêche pas
de produire encore après l'homologation du concordat par abandon d'actif à
l'effet d'être colloqué et de prendre part à la distribution du produit de la
liquidation. Art. 250, 251, 300, 311 LP, 30 de l'ord. concernant la procédure
de concordat pour les banques et les caisses d'épargne, du 11 avril 1935.
3. Situation juridique de la femme du débiteur soumise au régime de l'union
des biens dans la procédure de concordat. Effet d'un concordat ordinaire sur
l'état général des biens de la femme et sur la détermination ultérieure du
montant privilégié de sa créance. Elle ne possède pas de créance pour la part
de ses apports qui est demeurée sa propriété. Art. 211 CC, 219, 250 LP.
1. Applicazione dell'art. 51 lett. b dell'Ordinanza del Consiglio federale che
mitiga temporaneamente le disposizioni sull'esecuzione forzata.
2. L'inosservanza del termine di produzione fissato dall'art. 300 LEF non
impedisce di produrre anche dopo l'omologazione del concordato con abbandono
dell'attivo allo scopo di essere iscritto e di partecipare al riparto del
ricavo della liquidazione. Art. 250, 251, 300, 311 LEF, 30 del regolamento 11
aprile 1935 concernente la procedura del concordato per le banche e le casse
di risparmio.
3. Situazione giuridica della moglie del debitore, che vive sotto il regime
dell'unione dei beni, nella procedura di concordato. Effetto d'un concordato
ordinario sullo stato generale dei beni della moglie e sulla determinazione
ulteriore dell'ammontare privilegiato del suo credito. La moglie non possiede
un credito per la parte dei suoi apporti che è restata di sua proprietà. Art.
211 CC, 219, 250 LEF.
A. Robert Bolli, der Ehemann der Klägerin, steht im dritten
Nachlassverfahren. Die ersten beiden Nachlassverträge, der erste 1930, der
zweite 1933 bestätigt, waren Prozentvergleiche. Nach dem ersten waren die
Forderungen V. Klasse mit 70 %, nach dem zweiten mit 10 % abzufinden. Die
Klägerin gab im ersten Verfahren eine Frauengutsforderung von Fr. 31750. und
im zweiten eine solche von Fr. 31500.ein. Beide Male wurde sie mit der
eingegebenen Forderung je zur Hälfte in IV. und V. Klasse
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berücksichtigt. Im ersten Verfahren verzichtete sie auf Sicherstellung und auf
Auszahlung ihrer Ansprüche. Sie erhielt auch nichts. Im zweiten Verfahren
verzichtete sie gleichfalls auf Sicherstellung. Im übrigen stimmte sie dem
Nachlassvertrage zu, ohne wie die andern Gläubiger Erfüllung binnen bestimmter
Frist zu verlangen. Ihre Ansprüche blieben denn auch unerfüllt.
B. Im vorliegenden Nachlassverfahren mit Vermögensabtretung gab die Klägerin
am 11. November 1941 wiederum Fr. 31500. ein. Der Sachwalter zog jedoch nur
eine Frauengutsforderung von Fr. 14700., wovon die Hälfte = Fr. 7350.
privilegiert, in Betracht. Darauf beruhen die Angaben seines Zirkulars vom 29.
November 1941, wonach mit einem Liquidationsergebnis von 16-17 % für die
Forderungen V. Klasse zu rechnen sei. Die Klägerin liess sich dahin belehren,
dass ihre Forderung zufolge der vorausgegangenen Forderungsnachlasse auf den
erwähnten Betrag zurückgegangen sei. Sie unterzeichnete am 4. Dezember 1941
eine Zustimmungserklärung mit entsprechenden Angaben. Eine Eingabe des Sohnes
R. Bolli vom 17. Dezember 1941, wonach der Klägerin nach wie vor eine
privilegierte Frauengutsforderung von Fr. 15750. zustehe, blieb erfolglos. In
dem am 19. Dezember 1941 abgeschlossenen Eingabenverzeichnis ist die
Frauengutsforderung mit je Fr. 7350. in IV. und V. Klasse aufgeführt.
C. Der Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung wurde am 30. Dezember 1941
bestätigt und der Sachwalter zum Liquidator ernannt. Er ging bei Aufstellung
des Kollokationsplanes von einer Frauengutsforderung von Fr. 29500.aus.
Ausser Berechnung falle eine Zahlung von Fr. 2250.; denn diese stelle nicht
Frauengut, sondern eine dem Ehemanne zugekommene Mietvergütung dar. Die
Frauengutsforderung habe sich nun infolge der beiden vorausgegangenen
Forderungsnachlässe auf Fr. 13791.25 verringert. Darin sei die auszusondernde
Aussteuer im Wert von Fr. 3000.inbegriffen. Demgemäss wurde die
Frauengutsforderung kolloziert mit Fr. 3895.60 in IV. und mit Fr. 6895.60 in
V. Klasse.
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D. Frau Bolli focht den Kollokationsplan an. Sie verlangte Erhöhung ihrer
Kollokation in IV. und V. Klasse auf je Fr. 15750.. Die Begründung geht
wesentlich dahin: Der privilegierte Teil der Frauengutsforderung sei durch die
vorausgegangenen Nachlassverträge nicht berührt worden, und der übrige Teil
sei mangels Zahlung der Nachlassdividende ebenfalls unverändert geblieben. Auf
diese Ansprüche habe die Klägerin nicht rechtsgültig verzichtet.
E. Das Gericht erster Instanz (Bezirksgericht Arbon) bemass das Frauengut
mit Einschluss der Aussteuer, entsprechend dem im Zustimmungsverfahren
beiderseits angenommenen Betrage, auf Fr. 14700., SO dass die Klägerin mit
Fr. 4350. in IV. und mit Fr. 7350. in V. Klasse zu kollozieren sei. Das
Obergericht des Kantons Thurgau bestätigte dieses Urteil am 22. Dezember 1942
mit der formellen Änderung, dass die Klägerin in IV. und V. Klasse
gleicherweise mit je Fr. 7350. zu kollozieren und die Anrechnung der von ihr
zurückgenommenen Aussteuer erst bei der Verteilung des Liquidationsergebnisses
vorzunehmen sei.
F. Mit rechtzeitig eingelegter Berufung beanspruchte die Klägerin zunächst
eine Erhöhung der Kollokation ihrer Frauengutsforderung auf Fr. 15500. in IV.
und auf Fr. 10850. in V. Klasse, unter Ausschluss eines bei der Verteilung
vorzunehmenden Abzuges von Fr. 3000. in IV. Klasse für zurückgenommenes
Frauengut. Mit Eingabe vom 6. März 1943 ermässigte sie den in IV. Klasse zu
berücksichtigenden Anspruch auf Fr. 10000.. Die beklagte Liquidationsmasse
beantragt Nichteintreten auf die Berufung, eventuell deren Abweisung.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Nach dem geltenden Notverordnungsrecht (Verordnung des Bundesrates vom
24. Januar 1941 über vorübergehende Milderungen der Zwangsvollstreckung, Art.
51) sind für den Inhalt und die Wirkungen eines Nachlassvertrages mit
Vermögensabtretung (Liquidationsvergleich)
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die zutreffenden Vorschriften der Verordnung des Bundesgerichts vom 11. April
1935 betreffend das Nachlassverfahren von Banken und Sparkassen sinngemäss
anzuwenden, mit der Abänderung ... b) dass eine Weiterziehung von Verfügungen
an das Bundesgericht ausgeschlossen ist. Daraus schliesst die beklagte
Liquidationsmasse auf Unzulässigkeit der vorliegenden Berufung. Die
Beschränkung der Rechtsmittel ist jedoch nur für das Beschwerdeverfahren zu
verstehen. Gegenüber Verfügungen des Liquidators und des Gläubigerausschusses
ist abweichend von Art. 28 der Bankennachlassverordnung die bundesgerichtliche
Instanz ausgeschlossen. Hinsichtlich gerichtlicher Klagen bleibt es dagegen
bei den gewöhnlichen Bestimmungen über die Weiterziehung an das Bundesgericht
nach Art. 56 ff
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 211 - Bei der güterrechtlichen Auseinandersetzung sind die Vermögensgegenstände zu ihrem Verkehrswert einzusetzen. |
2. Einen weitern Grund, auf die Berufung nicht einzutreten, sieht die
Beklagtschaft in den Grundlagen der Zustimmungserklärungen der übrigen
Gläubiger und des Bestätigungsentscheides der Nachlassbehörde. Man habe auf
die Eingabe der Klägerin abgestellt, so wie sie laut dem Eingabenverzeichnis
vom 19. Dezember 1941 noch aufrechterhalten war. Eine nachträgliche Erhöhung
der Forderungen der Klägerin, namentlich des privilegierten Betrages, sei
unzulässig; es gehe nicht an, den Stand der Passiven nach Genehmigung des
Nachlassvertrages zugunsten der Ehefrau des Schuldners zu ändern, so dass für
die V. Klasse nichts oder fast nichts statt der in Aussicht gestellten 16-17 %
entfallen würde.
Diese Argumentation richtet sich indessen nicht gegen die Zulässigkeit der
Weiterziehung an das Bundesgericht, sondern gegen die Zulässigkeit und
Begründetheit der Klage als solcher. Wäre diese in kantonaler Instanz
zugesprochen worden, so hätte die Beklagtschaft mit derselben
Betrachtungsweise eine Weiterziehung ihrerseits an das Bundesgericht begründen
können. Die erwähnten Ausführungen laufen darauf hinaus, der Klage stehe von
vornherein die im Zustimmungs- und Bestätigungsverfahren erfolgte
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Beschränkung der Ansprüche der Klägerin entgegen; darauf könne nicht
zurückgekommen werden.
3. Die Vorinstanz hat die Klage denn auch vorweg aus dem erwähnten Grunde
abgewiesen: «Es kann kein Zweifel darüber bestehen, dass ein Gläubiger beim
Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung an der Verteilung nicht mit mehr
teilnehmen kann, als er anmeldete». Damit ist gesagt, der im
Zustimmungsverfahren angemeldete Betrag einer Forderung stelle den
Höchstbetrag dar, der im Durchführungsverfahren kolloziert werden könne.
Sodann, die Kollozierung von Forderungen, die im Zustimmungsverfahren nicht
angemeldet waren, sei überhaupt abzulehnen. Für einen derartigen Ausschluss
nachträglicher Ansprachen bietet jedoch weder das Gesetz noch die sinngemäss
anzuwendende Bankennachlassverordnung einen Halt. Nach Art. 300
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 300 - 1 Der Sachwalter fordert durch öffentliche Bekanntmachung (Art. 35 und 296) die Gläubiger auf, ihre Forderungen innert eines Monats einzugeben, mit der Androhung, dass sie im Unterlassungsfall bei den Verhandlungen über den Nachlassvertrag nicht stimmberechtigt sind. Jedem Gläubiger, dessen Name und Wohnort bekannt sind, stellt der Sachwalter ein Exemplar der Bekanntmachung durch uneingeschriebenen Brief zu.542 |
|
1 | Der Sachwalter fordert durch öffentliche Bekanntmachung (Art. 35 und 296) die Gläubiger auf, ihre Forderungen innert eines Monats einzugeben, mit der Androhung, dass sie im Unterlassungsfall bei den Verhandlungen über den Nachlassvertrag nicht stimmberechtigt sind. Jedem Gläubiger, dessen Name und Wohnort bekannt sind, stellt der Sachwalter ein Exemplar der Bekanntmachung durch uneingeschriebenen Brief zu.542 |
2 | Der Sachwalter holt die Erklärung des Schuldners über die eingegebenen Forderungen ein. |
dem Schuldenruf nur die Androhung zu verbinden, dass die nicht anmeldenden
Gläubiger bei den Verhandlungen über den Nachlassvertrag nicht stimmberechtigt
wären. Ferner folgt aus Art. 311
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 311 - Mit der Bestätigung des Nachlassvertrages fallen alle vor der Stundung gegen den Schuldner eingeleiteten Betreibungen mit Ausnahme derjenigen auf Pfandverwertung dahin; Artikel 199 Absatz 2 gilt sinngemäss. |
Forderungen dem Nachlassvertrag unterstehen. Das heisst, dass sie einerseits
gemäss dem Nachlassvertrage beschränkt, aber anderseits auch gemäss dem
Nachlassvertrage zu erfüllen sind. Beim Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung
(Liquidationsvergleich) tritt anstelle des Bezugs der Nachlassdividende die
Teilnahme am Ergebnis der Liquidation. Die Teilnahmerechte sind nach
feststehender Rechtsprechung erst nach Bestätigung eines solchen
Nachlassvertrages massgebend zu bestimmen in einem den konkursrechtlichen
Grundsätzen entsprechenden Kollokationsverfahren. Darauf beruhen auch die
Vorschriften der Bankennachlassverordnung. Deren Art. 30 sieht nicht nur die
Nachleistung von Abschlagszahlungen an unberücksichtigt gebliebene Gläubiger
vor, deren Forderungen aus den Geschäftsbüchern des Schuldners hervorgehen
(Abs. 3). In Abs. 1 daselbst ist im weitern eine Reihe konkursrechtlicher
Vorschriften anwendbar erklärt. darunter Art. 251
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 251 - 1 Verspätete Konkurseingaben können bis zum Schlusse des Konkursverfahrens angebracht werden. |
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1 | Verspätete Konkurseingaben können bis zum Schlusse des Konkursverfahrens angebracht werden. |
2 | Der Gläubiger hat sämtliche durch die Verspätung verursachten Kosten zu tragen und kann zu einem entsprechenden Vorschusse angehalten werden. |
3 | Auf Abschlagsverteilungen, welche vor seiner Anmeldung stattgefunden haben, hat derselbe keinen Anspruch. |
4 | Hält die Konkursverwaltung eine verspätete Konkurseingabe für begründet, so ändert sie den Kollokationsplan ab und macht die Abänderung öffentlich bekannt. |
5 | Der Artikel 250 ist anwendbar. |
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verspätete Eingaben noch bis zum Schluss des Liquidationsverfahrens zu
berücksichtigen sind. Nur wer auch die Schlussverteilung verpasst, geht leer
aus, eben weil nichts mehr zu verteilen bleibt. Eine Frage für sich ist, ob
der Nachlassvertrag dem Widerruf unterliegt, falls gar kein für die
Forderungen V. Klasse zu verwendendes Liquidationsergebnis vorliegt. Darum
handelt es sich hier nicht. Der Nachlassvertrag als solcher ist nicht in Frage
gestellt. Und nach dem Gesagten kann einer erst seit Bestätigung des
Nachlassvertrages eingegebenen Forderung nicht Verwirkung des Teilnahmerechtes
entgegengehalten werden. Allerdings mag der Entschluss eines Gläubigers zur
Zustimmung mitunter von der Erwartung eines bestimmten Treffnisses gemäss dem
ihm vorliegenden Forderungsverzeichnis beeinflusst sein. Dieses Verzeichnis
ist aber so wenig wie die Schätzung der Aktiven eine sichere Grundlage der
Berechnung. Vielmehr bleibt der Verlauf des Durchführungsverfahrens
vorbehalten. Dazu gehört das Kollokationsverfahren nach Konkursgrundsätzen.
Eine abweichende Ordnung mit Aufstellung eines Verwirkungstermins für Eingaben
(vgl. MARAIS, le règlement transactionnel entre les commercants et leurs
créanciers, p. 82: « Clôture du procès-verbal d'admission») liesse sich nur
auf dem Wege der Rechtsetzung einführen.
4. Die Tatsache, dass eine Ansprache nicht schon vor Bestätigung des
Nachlassvertrages mit Vermögensabtretung geltend gemacht wurde, zieht also
nicht ohne weiteres deren Verwirkung nach sich. Eine andere Frage ist, ob die
Klägerin im Zustimmungsverfahren förmlich auf Geltendmachung der nun
eingeklagten Mehrforderung verzichtet habe. Und wenn dies verneint werden
sollte, fragt sich weiter, ob der Klägerin nicht obgelegen hätte, gegenüber
dem Sachwalter bereits im Zustimmungsverfahren endgültig Stellung zu beziehen,
mit andern Worten: ob es nicht gegen Treu und Glauben verstosse, nach Duldung
der vom Sachwalter vorgenommenen Änderung ihrer Eingabe ohne Anbringung eines
Vorbehaltes im
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Eingabenverzeichnis dann erst im Kollokationsverfahren die Mehrforderung
wieder zur Geltung zu bringen. In letzterer Beziehung möchte allenfalls die
Eingabe des Sohnes R. Bolli vom 17. Dezember 1941 einen genügenden Vorbehalt
aufweisen. Doch mag all dies dahingestellt bleiben. Die Klage erweist sich,
auch wenn einfach auf die ursprüngliche, die streitige Mehrforderung
mitumfassende Eingabe der Klägerin abgestellt wird, als unbegründet, weil der
streitige Forderungsbetrag zufolge der beiden vorausgegangenen
Prozentvergleiche erloschen war.
Der erste Prozentvergleich verringerte den nicht privilegierten Teil der
Frauengutsforderung gleichwie die andern Forderungen V. Klasse auf 70 % ihres
Betrages. Allerdings kam diese Wirkung grundsätzlich erst der Erfüllung des
Nachlassvertrages zu, wozu es gegenüber der Klägerin nicht gekommen ist (BGE
26 II 194 Erw. 4 und 5). Indem jedoch die Klägerin ausdrücklich auf die ihr
zukommende Zahlung verzichtet hatte, muss sie den Nachlassvertrag als wirksam
gelten lassen. Ob und wie weit die Ehefrau des Schuldners ihre Forderungen im
Nachlassverfahren geltend machen will, ist Sache ihrer selbständigen
Entschliessung, ebenso wie ihr die selbständige Verfolgung ihrer
Frauengutansprüche bei einer von dritter Seite gegen den Ehemann gerichteten
Pfändung zusteht (Art. 107 Abs. 5
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 107 - 1 Schuldner und Gläubiger können den Anspruch des Dritten beim Betreibungsamt bestreiten, wenn sich der Anspruch bezieht auf: |
|
1 | Schuldner und Gläubiger können den Anspruch des Dritten beim Betreibungsamt bestreiten, wenn sich der Anspruch bezieht auf: |
1 | eine bewegliche Sache im ausschliesslichen Gewahrsam des Schuldners; |
2 | eine Forderung oder ein anderes Recht, sofern die Berechtigung des Schuldners wahrscheinlicher ist als die des Dritten; |
3 | ein Grundstück, sofern er sich nicht aus dem Grundbuch ergibt. |
2 | Das Betreibungsamt setzt ihnen dazu eine Frist von zehn Tagen. |
3 | Auf Verlangen des Schuldners oder des Gläubigers wird der Dritte aufgefordert, innerhalb der Bestreitungsfrist seine Beweismittel beim Betreibungsamt zur Einsicht vorzulegen. Artikel 73 Absatz 2 gilt sinngemäss. |
4 | Wird der Anspruch des Dritten nicht bestritten, so gilt er in der betreffenden Betreibung als anerkannt. |
5 | Wird der Anspruch bestritten, so setzt das Betreibungsamt dem Dritten eine Frist von 20 Tagen, innert der er gegen den Bestreitenden auf Feststellung seines Anspruchs klagen kann. Reicht er keine Klage ein, so fällt der Anspruch in der betreffenden Betreibung ausser Betracht. |
Im zweiten Nachlassverfahren war also nur mehr ein verringerter Betrag des
Frauengutes vorhanden. Es verschlägt nichts, dass die Klägerin gleichwohl Fr.
31500. eingab und damit berücksichtigt wurde. Da es sich um einen
Prozentvergleich handelte, hätte nur der Schuldner die Frauengutsforderung
bestreiten können, wozu er keine Veranlassung hatte. Im übrigen ist die
Stellungnahme des Sachwalters und der Nachlassbehörde ohne Einfluss auf den
materiellen Bestand der Rechte. Es blieb bei der eingetretenen Verminderung
der Frauengutsforderung. Sie kann daher im vorliegenden Kollokationsverfahren
von der Liquidationsmasse eingewendet werden. Der zweite
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Prozentvergleich verringerte den nicht privilegierten Teil der damaligen
Frauengutsforderung um 90 %. Allerdings erhielt die Klägerin die Dividende von
10 % nicht, und im Unterschied zum ersten Nachlassverfahren hatte sie nicht
ausdrücklich auf die Auszahlung verzichtet. Es lag aber dennoch ein
eindeutiger Verzicht vor, indem die Klägerin nicht wie die andern Gläubiger
eine Zahlungsfrist für sich in Anspruch nahm. Damit trug sie augenscheinlich
der bedrängten Lage des Schuldners Rechnung. Die unbefristete Stundung der
Nachlassdividende hat zur Folge, dass trotz Nichterfüllung nur der Betrag der
Dividende statt des ursprünglichen Forderungsbetrages geschuldet ist.
Aus BGE 67 II 200 oben scheint die Klägerin zu folgern, wenigstens der
privilegierte Forderungsbetrag sei unverändert geblieben. Mit Unrecht. Jene
Entscheidung betrifft den Fall, dass bei einer Anschlusspfändung der Ehefrau
nicht nur die nicht privilegierte, sondern (ganz oder teilweise) auch die
privilegierte Forderung zu Verlust kommt. Dieser Fehlbetrag kann, falls nicht
Gütertrennung eingetreten ist, bei einer spätern Anschlusspfändung wiederum
als privilegiert geltend gemacht werden. Vorausgesetzt ist dabei, dass die
Frauengutsforderung als solche unvermindert fortbesteht. Das trifft aber eben
nach Durchführung eines Prozentvergleiches des Ehemannes nicht zu. Dem
Prozentvergleich unterliegen zwar an sich nur die nicht privilegierten
Forderungen. Aber die Verminderung des nicht privilegierten Teiles der
Frauengutsforderung (durch Bezahlung der Nachlassdividende oder, wie hier,
durch deren Anerkennung unter Verzicht auf Erfüllung) zieht eine Verminderung
des Gesamtbestandes des Frauengutes nach sich. Dementsprechend sind hinfort
auch die beiden Hälften verringert, auf deren eine das im Eigentum der Frau
verbliebene Gut anzurechnen und die nur in ihrem allfälligen Restbetrage
privilegiert ist. Die Sachlage ändert sich, wenn die Ehefrau nachträglich
neues Vermögen einbringt, was aber hier nicht geschehen ist.
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Mit dem Sachwalter ist hier von einem ursprünglichen Betrag des Frauengutes
von Fr. 29500. (mit Einschluss der auf Fr. 3000. gewerteten Aussteuer)
auszugehen und die weitere Leistung von Fr. 2250. aus dem Nachlass der Mutter
der Klägerin nicht als Frauengut zu betrachten. Auf dieser Grundlage ergibt
sich folgende Rechnung:
Frauengut samt der Aussteuer im Wert von Fr. 3,000.--
= Fr. 29,500.--
Hälfte Fr. 14,750., davon nachgelassen
30 % = Fr. 4,425.--
Rest = Fr. 25,075.--
Hälfte Fr. 12,537.50, davon nachgelassen
90 % = Fr. 11,283.75
Rest = Fr. 13,791.25
Das ist der heutige Bestand des Frauengutes einschliesslich Aussteuer. Die
hälftige Summe umfasst die auszusondernde Aussteuer im Wert von Fr. 3000. und
einen privilegierten Forderungsbetrag von Fr. 3895.62; die andere Hälfte von
Fr. 6895.63 ist nicht privilegiert. Diese Beträge sind noch etwas niedriger
als die im Zustimmungsverfahren angenommenen, von der Vorinstanz geschützten
und von der beklagten Liquidationsmasse nicht mehr bestrittenen Beträge. Das
führt zur Abweisung der Berufung.
5. Mit Unrecht glaubt die Vorinstanz in IV. Klasse ausser dem betreffenden
Forderungsbetrag von Fr. 4350. den Wert des Eigentums der Klägerin von Fr.
3000. einsetzen zu sollen. Sie führt zur Begründung an, nach BGE 52 III 110
seien die Fr. 3000. erst im Verteilungsverfahren abzuziehen. Das angezogene
Präjudiz betrifft jedoch das Verhältnis der Anschlussprosequierungsklage nach
Art. 111 Abs. 3
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 111 - 1 An der Pfändung können ohne vorgängige Betreibung innert 40 Tagen nach ihrem Vollzug teilnehmen: |
|
1 | An der Pfändung können ohne vorgängige Betreibung innert 40 Tagen nach ihrem Vollzug teilnehmen: |
1 | der Ehegatte, die eingetragene Partnerin oder der eingetragene Partner des Schuldners; |
2 | die Kinder des Schuldners für Forderungen aus dem elterlichen Verhältnis und volljährige Personen für Forderungen aus einem Vorsorgeauftrag (Art. 360-369 ZGB232); |
3 | die volljährigen Kinder und die Grosskinder des Schuldners für die Forderungen aus den Artikeln 334 und 334bis ZGB; |
4 | der Pfründer des Schuldners für seine Ersatzforderung nach Artikel 529 OR234. |
2 | Die Personen nach Absatz 1 Ziffern 1 und 2 können ihr Recht nur geltend machen, wenn die Pfändung während der Ehe, der eingetragenen Partnerschaft, des elterlichen Verhältnisses oder der Wirksamkeit des Vorsorgeauftrags oder innert eines Jahres nach deren Ende erfolgt ist; die Dauer eines Prozess- oder Betreibungsverfahrens wird dabei nicht mitgerechnet. Anstelle der Kinder oder einer Person unter einer Massnahme des Erwachsenenschutzes kann auch die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde die Anschlusserklärung abgeben.235 |
3 | Soweit dem Betreibungsamt anschlussberechtigte Personen bekannt sind, teilt es diesen die Pfändung durch uneingeschriebenen Brief mit. |
4 | Das Betreibungsamt gibt dem Schuldner und den Gläubigern von einem solchen Anspruch Kenntnis und setzt ihnen eine Frist von zehn Tagen zur Bestreitung. |
5 | Wird der Anspruch bestritten, so findet die Teilnahme nur mit dem Recht einer provisorischen Pfändung statt, und der Ansprecher muss innert 20 Tagen beim Gericht des Betreibungsortes klagen; nutzt er die Frist nicht, so fällt seine Teilnahme dahin. ...236 |
Art. 146 ff
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 146 - 1 Können nicht sämtliche Gläubiger befriedigt werden, so erstellt das Betreibungsamt den Plan für die Rangordnung der Gläubiger (Kollokationsplan) und die Verteilungsliste. |
|
1 | Können nicht sämtliche Gläubiger befriedigt werden, so erstellt das Betreibungsamt den Plan für die Rangordnung der Gläubiger (Kollokationsplan) und die Verteilungsliste. |
2 | Die Gläubiger erhalten den Rang, den sie nach Artikel 219 im Konkurs des Schuldners einnehmen würden. Anstelle der Konkurseröffnung ist der Zeitpunkt des Fortsetzungsbegehrens massgebend. |
der Verteilung vorausgehenden Kollokationsverfahren, wie es im Konkurs und
ebenso bei der Durchführung eines
Seite: 32
Liquidationsvergleiches stattzufinden hat, der Aussonderungsanspruch der
Ehefrau einer Forderung IV. Klasse gleichgeachtet werde, um dann erst bei der
Verteilung in Abzug zu kommen. Das wäre sinnlos. Im Umfang des
Eigentumsanspruches besteht gar keine Forderung. Das im Eigentum der Ehefrau
stehende Frauengut kommt bei der Kollokation nur als Berechnungsgrundlage in
Betracht. Nach seinem Wert bestimmt sich, ob und wie weit die daneben
allenfalls bestehende Ersatzforderung für das übrige Frauengut privilegiert
ist. Nur dieser allfällige privilegierte Forderungsbetrag ist in IV. Klasse zu
kollozieren. Der Eigentumsanspruch kommt dagegen ausserhalb des
Kollokationsverfahrens, eben durch Aussonderung der betreffenden Gegenstände
zur Geltung. Dementsprechend ist das kantonale Urteil von Amtes wegen zu
berichtigen.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Obergerichtes des Kantons
Thurgau vom 22. Dezember 1942 bestätigt, mit der Berichtigung, dass die
Berufungsklägerin in IV. Klasse mit Fr. 4350. und in V. Klasse mit Fr. 7350.
zu kollozieren ist.