196 Entscheidungen

hätte dies zur Folge, dass dem Gläubiger auch derjenige Teil des im
Wagen verkörperten Vennögenswertes zukäme, weicher als Aequivalent .der
auf dessen Ankauf verwendeten Summe erscheint, was mit Art. 92 Ziff. 10
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 92 - 1 Unpfändbar sind:
1    Unpfändbar sind:
1  die dem Schuldner und seiner Familie zum persönlichen Gebrauch dienenden Gegenstände wie Kleider, Effekten, Hausgeräte, Möbel oder andere bewegliche Sachen, soweit sie unentbehrlich sind;
1a  Tiere, die im häuslichen Bereich und nicht zu Vermögens- oder Erwerbszwecken gehalten werden;
10  Ansprüche auf Vorsorge- und Freizügigkeitsleistungen gegen eine Einrichtung der beruflichen Vorsorge vor Eintritt der Fälligkeit;
11  Vermögenswerte eines ausländischen Staates oder einer ausländischen Zentralbank, die hoheitlichen Zwecken dienen.
2  die religiösen Erbauungsbücher und Kultusgegenstände;
3  die Werkzeuge, Gerätschaften, Instrumente und Bücher, soweit sie für den Schuldner und seine Familie zur Ausübung des Berufs notwendig sind;
4  nach der Wahl des Schuldners entweder zwei Milchkühe oder Rinder, oder vier Ziegen oder Schafe, sowie Kleintiere nebst dem zum Unterhalt und zur Streu auf vier Monate erforderlichen Futter und Stroh, soweit die Tiere für die Ernährung des Schuldners und seiner Familie oder zur Aufrechterhaltung seines Betriebes unentbehrlich sind;
5  die dem Schuldner und seiner Familie für die zwei auf die Pfändung folgenden Monate notwendigen Nahrungs- und Feuerungsmittel oder die zu ihrer Anschaffung erforderlichen Barmittel oder Forderungen;
6  die Bekleidungs-, Ausrüstungs- und Bewaffnungsgegenstände, das Dienstpferd und der Sold eines Angehörigen der Armee, das Taschengeld einer zivildienstleistenden Person sowie die Bekleidungs- und Ausrüstungsgegenstände und die Entschädigung eines Schutzdienstpflichtigen;
7  das Stammrecht der nach den Artikeln 516-520 OR189 bestellten Leibrenten;
8  Fürsorgeleistungen und die Unterstützungen von Seiten der Hilfs-, Kranken- und Fürsorgekassen, Sterbefallvereine und ähnlicher Anstalten;
9  Renten, Kapitalabfindung und andere Leistungen, die dem Opfer oder seinen Angehörigen für Körperverletzung, Gesundheitsstörung oder Tötung eines Menschen ausgerichtet werden, soweit solche Leistungen Genugtuung, Ersatz für Heilungskosten oder für die Anschaffung von Hilfsmitteln darstellen;
9a  die Renten gemäss Artikel 20 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1946193 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung oder gemäss Artikel 50 des Bundesgesetzes vom 19. Juni 1959194 über die Invalidenversicherung, die Leistungen gemäss Artikel 12 des Bundesgesetzes vom 19. März 1965195 über Ergänzungsleistungen zur Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung sowie die Leistungen der Familienausgleichskassen;
2    Gegenstände, bei denen von vornherein anzunehmen ist, dass der Überschuss des Verwertungserlöses über die Kosten so gering wäre, dass sich eine Wegnahme nicht rechtfertigt, dürfen nicht gepfändet werden. Sie sind aber mit der Schätzungssumme in der Pfändungsurkunde vorzumerken.198
3    Gegenstände nach Absatz 1 Ziffern 1-3 von hohem Wert sind pfändbar; sie dürfen dem Schuldner jedoch nur weggenommen werden, sofern der Gläubiger vor der Wegnahme Ersatzgegenstände von gleichem Gebrauchswert oder den für ihre Anschaffung erforderlichen Betrag zur Verfügung stellt.199
4    Vorbehalten bleiben die besonderen Bestimmungen über die Unpfändbarkeit des Bundesgesetzes vom 2. April 1908200 über den Versicherungsvertrag (Art. 79 Abs. 2 und 80 VVG), des Urheberrechtsgesetzes vom 9. Oktober 1992201 (Art. 18 URG) und des Strafgesetzbuches202 (Art. 378 Abs. 2 StGB).203

SchKG unvereinbar und daher unzulässig ist.

Der Rekurs ist somit dahin begründet zu erklären, dass das Betreibungsamt
bei Verwertung des Wagens in dem oben angegebenen Sinne zu verfahren hat.

Demnach hat die Schuldbetreibungs und Konkurskammer erkannt :

leer Rekurs wird im Sinne der Motive begründet eràrt.

___--

Entssscheidéngen der Zivilkammem. mets des sections ciriles.

M

35. Urteil der n. Zivilabteilung rom 25. März 1914 i. s. Lieb, Kläger,
gegen Kretz, Beklagte.

1. A'r t . 8 5 0 G setzt nur den Endtermin der Berufungsfrist fest. 2. Art
. 2 Scth ZGB findet auf Art. 21 1 A b s . 2 Z GB, der nur die Art und
Weise betrifft, wie die Gläubiger im Konkurs unter sich und im Verhältnis
zur privilegierten Ehefrau des Konkursiten befriedigt werden sollen,
keine Anwendung.

A. Der Kläger hat seinerzeit dem Richard Kretz, Ehemann der Beklagten,
4930 Fr. als Darlehen gegeben. Am 4. November 1908 wurde fiber Kretz,
der damals in Beinwil, Kanton Aargau, wohnte, der Konkurs erklärt. Der
Kläger trat seine Forderung der Beklagten ab, welche dem Kläger am
13. November 1908 folgenden Schuldschein ausstellte : Die Unterzeichnete
Frau Bar--der Zivilkammern. N° 35. 197

bara Kretz geb. Gilli in Beinwil, bescheinigt anmit, dem Jakob Lieb,
Kiifer in Beinwil, an Zahlungsstatt einer abgetretenen Forderung, den
Gegenwert mit 4930 Fr. sage vier tausend neun hundert dreissig Franken
schul dig zu sein, mit der Erklärung, dass Küfer Lieb be rechtigt
sei, diesen Schuldbetrag von der ersten Hälfte ihres in die Ehe
eingebrachten Vermögens bei der tit. Konkursbehörde Muri zu beziehen,
resp. es wird das Konkursamt Muri hiemit ermächtigt, obigen Betrag
von 4930 Fr. nebst Zins von heute an à 41/2 % von ihrem zufallenden
Frauengut resp. Anweisungsbetrag an Kiifer Lieb nach Durchführung
des Konkurses über ihren Ehemann Richard Kretz, zu bezahlen. Als nach
durchgeiührtem Konkurs der Kläger vom Konkursamt Muri Auszahlung des
ihm abgetretenen Betrages verlangte, widersetzte sich die Beklagte, die
inzwischen ihren Wohnsitz im Kanton Luzern genommen hatte, der Auszahlung,
worauf das Konkursamt den Betrag von 4930 Fr. zuzüglich 239 Fr. Zins
beim Gerichtspräsidenten von Muri deponierte. Am 18. April 1912 erhob
der Kläger beim Bezirksgericht Rothenburg Klage mit dem Begehren, die

ssBeklagte sei zu verurteilen, ihm 4930 Fr. samt Zins zu

41/2 % seit 13. November 1908 zu bezahlen und er berechtigt zu erklären,
auf Rechnung dieser Forderung das beim Gerichtspräsidenten von Muri
liegende Depositum von 5169 Fr. zu erheben. Die Beklagte schloss auf
Abweisung der Klage.

B. Durch Urteil vom 23. Dezember 1913 hat das Obergericht des Kantons
Luzern erkannt:

1. Die Klage sei des gänzlichen abgewiesen.

. 2. Der Beklagten sei gestattet, das streitige Depo situm beim Konkursamt
bezw. Gerichtspräsidenten von Muri im Betrage von 4930 Fr. bezw. 5189 Fr.
nebst Zins zu'entheben. '

3. Habe in erster Instanz der Kläger die Judizialien zu tragen, die
übrigen Kosten seien gegenseitig wett-

198 Entscheidungen. geschlagen, die zweitinstanzlichen Kosten seien dem

Kläger überbunden, welcher von daher an die Bee '

klagte eine Kostenvergütung von 124 Fr. 85 ,(l ts. zu leisten hat. o . ,

Dieses Urteil beruht auf der Erwägung, dass die Abtretung des Vorrechts
der Ehefrau für ihre Frauengutsforderung im Konkurse des Ehemannes gemäss
Art. 211
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 211 - Bei der güterrechtlichen Auseinandersetzung sind die Vermögensgegenstände zu ihrem Verkehrswert einzusetzen.
ZGB, der nach Art. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 2 - 1 Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln.
1    Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln.
2    Der offenbare Missbrauch eines Rechtes findet keinen Rechtsschutz.
Scth ZGB zur Anwendung ,zu kommen habe,
nicht zulässig sei. '

C. Gegen dieses Urteil haben beide Parteien der Kläger mittelst Haupt ,
die Beklagte mittelst Anschlussherufung den Weiterzug an das Bundesgericht
ergriffen:

a) der Kläger nach Mitteilung des Urteilsdispositivs, aber vor Zustellung
des motivierten Entseheides mit den Anträgen: die Klage sei gutzuheissen
; eventuell sei die Sache zur neuen Beurteilung nach kan-tonalem Recht
an die Vorinstanz zurückzuweisen; unter Kostenfolge aller Instanzen für
die Beklagte.

b) die Beklagte mit dem Antrag, es seien in Abänderung des Dispositifs 3
des angefochtenen Urteils auch die sämtlichen erstinstanzlichen Kosten dem
Kläger aufzuerlegen. Ueberdies hat die Beklagte das Gesuch um Bewilligung
des Armenrechts für das Verfahren vor Bundesgericht gestellt.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung :

l. Da die Vorinstanz die Klage auf Grund eidgenössischen Rechtes
abgewiesen hat, ist die Kompetenz des Bundesgerichts hinsichtlich der
Rechtsanwendung gegeben. Dass der Kläger die Berufungserklärung vor der in
Art. 63 Ziff. 4
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 2 - 1 Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln.
1    Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln.
2    Der offenbare Missbrauch eines Rechtes findet keinen Rechtsschutz.
OG vorgesehenen Mitteilung des Urteils eingelegt hat, ist
entgegen der Auffassung der Beklagten irrelevant. Wie das Bundesgericht
schon, früher erkannt hat, wird durch die Bestimmung des

_ ...a ...,...

.__ff.-... _der zwnkammem.nyas.g; ' .· _ 19,9

Art. 65
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 2 - 1 Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln.
1    Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln.
2    Der offenbare Missbrauch eines Rechtes findet keinen Rechtsschutz.
OG, wonach die Berufunäibjnnengfl Tage:, fvon deischriftlichen
Mitteilung des. Urteils ein-zu erklären ist, nur der Endtermin '
der Berufungsfiist festgesetzt (vergl. z. B. AS_254II. S. 366). Die
Weitere .Einvyendung der Beklagten, diesisiKIagess'sssei' veiWirkt','
weil der Kläger die von der Beklagten erlassene Provokation zur Klage
nicht bestritten, bezw. auf die Provokation keine Klage eingereicht
habe, entzieht sich als eine Frage des kantonalen Prozessrechtes der
Ueberprüfung durch das Bundesgericht.

2. (Ausführungen darüber, dass nach dem vor dem . ZGB in Kraft gewesenen
aargauischen Recht die Ehefrau mit Ausbruch des Konkurses über ihren
Ehemann die volle Handlungsfähigkeit erlangte und die Beklagte sich daher
durch ihre Erklärung vom 13. November 1908 dem Beklagten gegenüber als
Schuldnerin giltig verpflichten konnte).

3. Was den im zweiten Teil des Klagehegehrens geltend gemachten Anspruch
auf Aushändigung des beim Gerichtspräsidenten von Muri liegenden
Depositums anlangt, so kann sich die Beklagte nicht auf Art. 211 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 211 - Bei der güterrechtlichen Auseinandersetzung sind die Vermögensgegenstände zu ihrem Verkehrswert einzusetzen.

ZGB berufen. Die Vorinstanz ist zu einem anderen Resultate gelangt,
weil sie diese Bestimmung als zum Schutze der Ehefrau und ihrer Kinder
und daher als um der öffentlichen Ordnung und Sittlichkeit Willen im
Sinne des Art. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 2 - 1 Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln.
1    Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln.
2    Der offenbare Missbrauch eines Rechtes findet keinen Rechtsschutz.
Scth ZGB aufgestellt betrachtete. Diese Auffassung
hält jedoch nicht Stich. Art. 211 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 211 - Bei der güterrechtlichen Auseinandersetzung sind die Vermögensgegenstände zu ihrem Verkehrswert einzusetzen.
ZGB will nicht die Ehefrau
in Bezug auf ihr Frauenvermögen schützen, sondern nur verunmöglichen,
dass durch die Abtretung des Vorrechtes der Ehefrau einzelne Gläubiger
den andern gegenüber ohne innern Grund besser gestellt ,werden. Für diese
Auslegung der Vorschrift des Art. 211 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 211 - Bei der güterrechtlichen Auseinandersetzung sind die Vermögensgegenstände zu ihrem Verkehrswert einzusetzen.
ZGB spricht, dass die Ehefrau
zweifellos auf ihr Vorrecht zu Gunsten aller Gläubiger verzichten kann,
sei es direkt durch Anmeldung

200 Entscheidungen

ihrer Forderung in V. statt in IV. Klasse, sei es indirekt durchs
Unterlassung der Forderungseingabe überhaupt. Ebenso ist anzunehmen,
dass ein Verzicht zu Gunsten des Ehemannes zulässig ist (vergl. JAEGER,
Kommentar zu Art. 219
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 219 - 1 Die pfandgesicherten Forderungen werden aus dem Ergebnisse der Verwertung der Pfänder vorweg bezahlt.
1    Die pfandgesicherten Forderungen werden aus dem Ergebnisse der Verwertung der Pfänder vorweg bezahlt.
2    Hafteten mehrere Pfänder für die nämliche Forderung, so werden die daraus erlösten Beträge im Verhältnisse ihrer Höhe zur Deckung der Forderung verwendet.
3    Der Rang der Grundpfandgläubiger und der Umfang der pfandrechtlichen Sicherung für Zinse und andere Nebenforderungen bestimmt sich nach den Vorschriften über das Grundpfand.392
4    Die nicht pfandgesicherten Forderungen sowie der ungedeckte Betrag der pfandgesicherten Forderungen werden in folgender Rangordnung aus dem Erlös der ganzen übrigen Konkursmasse gedeckt:
a  Die Forderungen von Personen, deren Vermögen kraft elterlicher Gewalt dem Schuldner anvertraut war, für alles, was derselbe ihnen in dieser Eigenschaft schuldig geworden ist. Dieses Vorzugsrecht gilt nur dann, wenn der Konkurs während der elterlichen Verwaltung oder innert einem Jahr nach ihrem Ende veröffentlicht worden ist.
abis  Die Rückforderungen von Arbeitnehmern betreffend Kautionen.
ater  Die Forderungen von Arbeitnehmern aus Sozialplänen, die nicht früher als sechs Monate vor der Konkurseröffnung entstanden oder fällig geworden sind.
b  Die Beitragsforderungen nach dem Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946400 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung, dem Bundesgesetz vom 19. Juni 1959401 über die Invalidenversicherung, dem Bundesgesetz vom 20. März 1981 über die Unfallversicherung, dem Erwerbsersatzgesetz vom 25. September 1952402 und dem Arbeitslosenversicherungsgesetz vom 25. Juni 1982403.
c  Die Prämien- und Kostenbeteiligungsforderungen der sozialen Krankenversicherung.
d  Die Beiträge an die Familienausgleichskasse.
e  ...
f  Die Einlagen nach Artikel 37a des Bankengesetzes vom 8. November 1934406.
5    Bei den in der ersten und zweiten Klasse gesetzten Fristen werden nicht mitberechnet:
1  die Dauer eines vorausgegangenen Nachlassverfahrens;
2  die Dauer eines Prozesses über die Forderung;
3  bei der konkursamtlichen Liquidation einer Erbschaft die Zeit zwischen dem Todestag und der Anordnung der Liquidation.408
SchKG Note 9). Betrifft die Bestimmung des Art. 211
Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 211 - Bei der güterrechtlichen Auseinandersetzung sind die Vermögensgegenstände zu ihrem Verkehrswert einzusetzen.
ZGB aber nur die Art und Weise, wie die Konkursgläubiger im
Konkurse unter sich und im Verhältnis zur privilegierten Ehefrau des
Konkursiten befriedigt werden sollen, so kann es sich dabei nicht um
eine um der öffentlichen Ordnung und Sittlichkeit willen erlassene
Gesetzesnorrn handeln. Die genannte Gesetzesstelle wäre aber auch dann
nicht als eine die öffentliche Ordnung und Sittlichkeit betreffende
Bestimmung aufzufassen, wenn mit der Vorinstanz angenommen werden wollte,
dass die Abtretung des Vorrechts und der Verzicht darauf nur zur Verhütung
von übereilten Geschäften verboten worden sei, durch welche sich die
Ehefrau der Vorteile ihrer privilegierten Stellung begeben könnte. Dies
ergibt sich zwingend daraus, dass das Gesetz selbst ein Güterrechtssystem
kennt, bei dem ein Privilegium der Ehefrau überhaupt nicht besteht: das
System der Gütertrennung. Sieht das Gesetz aber selber die Möglichkeit
vor, dass die Ehefrau im. Konkurs ihres Mannes nicht günstiger als die
übrigen Gläubiger gestellt wird, und ist es den Eheleuten überlassen,
durch die Wahl des zwischen ihnen geltenden Güter-rechts das Vorrecht
der Ehefrau auszuschliessen, so kann ein Rechtsgeschäft, durch welches
die Ehefrau auf ihr Privilegium verzichtet, nicht als unsittlich und
gegen die öffentliche Ordnung verstossend bezeichnet werden. Ueberhaupt
ist zu sagen, dass Art. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 2 - 1 Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln.
1    Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln.
2    Der offenbare Missbrauch eines Rechtes findet keinen Rechtsschutz.
Scth ZGB nicht zum vornherein alle bereits
erworbenen Rechte, die mit den Grundsätzen der öffentlichen Ordnung und
Sittiiehkeit nicht übereinstimmen, .umstossen will und darum nicht zu
weit interpretiert werden darf. Dies ergibt sich aus einer ganzen Reihe
von Bestimmungen, durch welche das ZGB die Rückwirkung des neuen Rechtes
ausgeschlossen hat,der Zivilkammem. N° 36. 201...

trotzdem es sich dabei um Materien handelt, welche die öffentliche
Sittlichkeit und Ordnung berühren (vergl. 2. B. Art. 13 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 13 - Die Handlungsfähigkeit besitzt, wer volljährig und urteilsfähig ist.
&:th
ZGB). Ebenso bestimmt das Gesetz in einzelnen die öffentliche Ordnung
betref-. {enden Fällen, dass das neue Recht erst mit einem gewissen
Zeitpunkte nach seinem Inkrafttreten rückwirkend zur Anwendung kommen
solle (vergl. z. B. Art. 34 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 34 - Der Tod einer Person kann, auch wenn niemand die Leiche gesehen hat, als erwiesen betrachtet werden, sobald die Person unter Umständen verschwunden ist, die ihren Tod als sicher erscheinen lassen.
Scth ZGB).

4. Greift demnach Art. 211 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 211 - Bei der güterrechtlichen Auseinandersetzung sind die Vermögensgegenstände zu ihrem Verkehrswert einzusetzen.
ZGB nicht Platz, so besteht die
Abtretung der Beklagten an den Kläger zu Recht .....

Demnach hat das Bundesgericht erkannt :

Die Hauptberufung wird gutgeheissen, die Anschlussberufung abgewiesen
und in Aufhebung des Urteils des Obergerichtes des Kantons Luzern vom
23. Dezember 1913 die Klage zugesprochen.

36. Urteil der H.Kîvila'bteîlung vom 6. April 1914 i. S. Ackermann und
Genossen, Kläger, gegen Wyss, Beklagte.

1. Un gilti gkeit der Abtretung einer Gült wegen mangelnder
Handlungsfähigkeit des Zedenten. 2. Der Umstand, dass die Zession
in Erfüllung einer dem Zedenten vom kantonalen Recht auferlegten
Rechtspflicht stattgefunden hat, schliesst die Anfechtb ark eit des
Rechtsgeschäftes _auf Grund des SchKG nicht aus.

A. Am 7. Januar 1909 wurde der in Knutwil wohnhafte Ehemann der
Beklagten, Josef Wyss, vom Gemeinderat seiner Heimatgemeinde Triengen
unter Vormundschaft gestellt, weil er sich durch Trunksucht und die Art
und Weise seiner Vermögensverwaltung der Gefahr der Verarmnng ausgesetzt
hatte. Am 18. Februar 1909 wurde diese Vormundschaft auf das Versprechen
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 40 III 196
Datum : 25. März 1914
Publiziert : 31. Dezember 1914
Quelle : Bundesgericht
Status : 40 III 196
Sachgebiet : BGE - Schuldbetreibungs- und Konkursrecht
Gegenstand : 196 Entscheidungen hätte dies zur Folge, dass dem Gläubiger auch derjenige Teil


Gesetzesregister
OG: 63  65
SchKG: 92 
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 92 - 1 Unpfändbar sind:
1    Unpfändbar sind:
1  die dem Schuldner und seiner Familie zum persönlichen Gebrauch dienenden Gegenstände wie Kleider, Effekten, Hausgeräte, Möbel oder andere bewegliche Sachen, soweit sie unentbehrlich sind;
1a  Tiere, die im häuslichen Bereich und nicht zu Vermögens- oder Erwerbszwecken gehalten werden;
10  Ansprüche auf Vorsorge- und Freizügigkeitsleistungen gegen eine Einrichtung der beruflichen Vorsorge vor Eintritt der Fälligkeit;
11  Vermögenswerte eines ausländischen Staates oder einer ausländischen Zentralbank, die hoheitlichen Zwecken dienen.
2  die religiösen Erbauungsbücher und Kultusgegenstände;
3  die Werkzeuge, Gerätschaften, Instrumente und Bücher, soweit sie für den Schuldner und seine Familie zur Ausübung des Berufs notwendig sind;
4  nach der Wahl des Schuldners entweder zwei Milchkühe oder Rinder, oder vier Ziegen oder Schafe, sowie Kleintiere nebst dem zum Unterhalt und zur Streu auf vier Monate erforderlichen Futter und Stroh, soweit die Tiere für die Ernährung des Schuldners und seiner Familie oder zur Aufrechterhaltung seines Betriebes unentbehrlich sind;
5  die dem Schuldner und seiner Familie für die zwei auf die Pfändung folgenden Monate notwendigen Nahrungs- und Feuerungsmittel oder die zu ihrer Anschaffung erforderlichen Barmittel oder Forderungen;
6  die Bekleidungs-, Ausrüstungs- und Bewaffnungsgegenstände, das Dienstpferd und der Sold eines Angehörigen der Armee, das Taschengeld einer zivildienstleistenden Person sowie die Bekleidungs- und Ausrüstungsgegenstände und die Entschädigung eines Schutzdienstpflichtigen;
7  das Stammrecht der nach den Artikeln 516-520 OR189 bestellten Leibrenten;
8  Fürsorgeleistungen und die Unterstützungen von Seiten der Hilfs-, Kranken- und Fürsorgekassen, Sterbefallvereine und ähnlicher Anstalten;
9  Renten, Kapitalabfindung und andere Leistungen, die dem Opfer oder seinen Angehörigen für Körperverletzung, Gesundheitsstörung oder Tötung eines Menschen ausgerichtet werden, soweit solche Leistungen Genugtuung, Ersatz für Heilungskosten oder für die Anschaffung von Hilfsmitteln darstellen;
9a  die Renten gemäss Artikel 20 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1946193 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung oder gemäss Artikel 50 des Bundesgesetzes vom 19. Juni 1959194 über die Invalidenversicherung, die Leistungen gemäss Artikel 12 des Bundesgesetzes vom 19. März 1965195 über Ergänzungsleistungen zur Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung sowie die Leistungen der Familienausgleichskassen;
2    Gegenstände, bei denen von vornherein anzunehmen ist, dass der Überschuss des Verwertungserlöses über die Kosten so gering wäre, dass sich eine Wegnahme nicht rechtfertigt, dürfen nicht gepfändet werden. Sie sind aber mit der Schätzungssumme in der Pfändungsurkunde vorzumerken.198
3    Gegenstände nach Absatz 1 Ziffern 1-3 von hohem Wert sind pfändbar; sie dürfen dem Schuldner jedoch nur weggenommen werden, sofern der Gläubiger vor der Wegnahme Ersatzgegenstände von gleichem Gebrauchswert oder den für ihre Anschaffung erforderlichen Betrag zur Verfügung stellt.199
4    Vorbehalten bleiben die besonderen Bestimmungen über die Unpfändbarkeit des Bundesgesetzes vom 2. April 1908200 über den Versicherungsvertrag (Art. 79 Abs. 2 und 80 VVG), des Urheberrechtsgesetzes vom 9. Oktober 1992201 (Art. 18 URG) und des Strafgesetzbuches202 (Art. 378 Abs. 2 StGB).203
219
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 219 - 1 Die pfandgesicherten Forderungen werden aus dem Ergebnisse der Verwertung der Pfänder vorweg bezahlt.
1    Die pfandgesicherten Forderungen werden aus dem Ergebnisse der Verwertung der Pfänder vorweg bezahlt.
2    Hafteten mehrere Pfänder für die nämliche Forderung, so werden die daraus erlösten Beträge im Verhältnisse ihrer Höhe zur Deckung der Forderung verwendet.
3    Der Rang der Grundpfandgläubiger und der Umfang der pfandrechtlichen Sicherung für Zinse und andere Nebenforderungen bestimmt sich nach den Vorschriften über das Grundpfand.392
4    Die nicht pfandgesicherten Forderungen sowie der ungedeckte Betrag der pfandgesicherten Forderungen werden in folgender Rangordnung aus dem Erlös der ganzen übrigen Konkursmasse gedeckt:
a  Die Forderungen von Personen, deren Vermögen kraft elterlicher Gewalt dem Schuldner anvertraut war, für alles, was derselbe ihnen in dieser Eigenschaft schuldig geworden ist. Dieses Vorzugsrecht gilt nur dann, wenn der Konkurs während der elterlichen Verwaltung oder innert einem Jahr nach ihrem Ende veröffentlicht worden ist.
abis  Die Rückforderungen von Arbeitnehmern betreffend Kautionen.
ater  Die Forderungen von Arbeitnehmern aus Sozialplänen, die nicht früher als sechs Monate vor der Konkurseröffnung entstanden oder fällig geworden sind.
b  Die Beitragsforderungen nach dem Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946400 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung, dem Bundesgesetz vom 19. Juni 1959401 über die Invalidenversicherung, dem Bundesgesetz vom 20. März 1981 über die Unfallversicherung, dem Erwerbsersatzgesetz vom 25. September 1952402 und dem Arbeitslosenversicherungsgesetz vom 25. Juni 1982403.
c  Die Prämien- und Kostenbeteiligungsforderungen der sozialen Krankenversicherung.
d  Die Beiträge an die Familienausgleichskasse.
e  ...
f  Die Einlagen nach Artikel 37a des Bankengesetzes vom 8. November 1934406.
5    Bei den in der ersten und zweiten Klasse gesetzten Fristen werden nicht mitberechnet:
1  die Dauer eines vorausgegangenen Nachlassverfahrens;
2  die Dauer eines Prozesses über die Forderung;
3  bei der konkursamtlichen Liquidation einer Erbschaft die Zeit zwischen dem Todestag und der Anordnung der Liquidation.408
ZGB: 2 
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 2 - 1 Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln.
1    Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln.
2    Der offenbare Missbrauch eines Rechtes findet keinen Rechtsschutz.
13 
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 13 - Die Handlungsfähigkeit besitzt, wer volljährig und urteilsfähig ist.
34 
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 34 - Der Tod einer Person kann, auch wenn niemand die Leiche gesehen hat, als erwiesen betrachtet werden, sobald die Person unter Umständen verschwunden ist, die ihren Tod als sicher erscheinen lassen.
211
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 211 - Bei der güterrechtlichen Auseinandersetzung sind die Vermögensgegenstände zu ihrem Verkehrswert einzusetzen.
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
beklagter • bundesgericht • vorrecht • vorinstanz • wille • zins • konkursamt • weiler • zedent • provokation • aargau • gesuch an eine behörde • entscheid • sitte • ehegatte • kommunikation • zahlung • rechtsmittel • berechnung • anschlussbeschwerde
... Alle anzeigen