S. 108 / Nr. 30 Schuldbetreibungs- und Konkursrecht (Zivilabteilungen) (d)

BGE 57 III 108

30. Urteil der II. Zivilabteilung vom 2. Juli 1931 i. S. Rüdisser und
Konsorten gegen Lüönd und Huber.

Regeste:
Anfechtungsklage (ausser Konkurs): Der Beklagte hat selbst dann keinen
Anspruch auf Teilnahme am Prozessergebnis, wenn er in der gleichen
Pfändungsgruppe wie die Anfechtungskläger zu Verlust gekommen ist. (Erw. 2)
Stehen die mehreren Anfechtungskläger im gleichen Rang, so haben sie, wenn der
Beklagte zur Herausgabe von Bargeld verpflichtet wird, Anspruch auf direkte
Aushändigung des Geldes an sie unter Umgehung des Betreibungsamtes (Erw. 3).
Art. 291
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 291 - 1 Wer durch eine anfechtbare Rechtshandlung Vermögen des Schuldners erworben hat, ist zur Rückgabe desselben verpflichtet. Die Gegenleistung ist zu erstatten, soweit sie sich noch in den Händen des Schuldners befindet oder dieser durch sie bereichert ist. Darüber hinaus kann ein Anspruch nur als Forderung gegen den Schuldner geltend gemacht werden.
1    Wer durch eine anfechtbare Rechtshandlung Vermögen des Schuldners erworben hat, ist zur Rückgabe desselben verpflichtet. Die Gegenleistung ist zu erstatten, soweit sie sich noch in den Händen des Schuldners befindet oder dieser durch sie bereichert ist. Darüber hinaus kann ein Anspruch nur als Forderung gegen den Schuldner geltend gemacht werden.
2    Bestand die anfechtbare Rechtshandlung in der Tilgung einer Forderung, so tritt dieselbe mit der Rückerstattung des Empfangenen wieder in Kraft.
3    Der gutgläubige Empfänger einer Schenkung ist nur bis zum Betrag seiner Bereicherung zur Rückerstattung verpflichtet.
SchKG.
Action révocatoire en dehors de la faillite. Le défendeur n'a pas droit à une
part du produit du procès, fût-il resté en perte dans la même série de saisie
que les demandeurs (consid. 2).
Lorsque les demandeurs ont le même rang, ils ont droit à un versement direct
entre leurs mains, sans passer par l'office des poursuites, si le défendeur
est tenu de payer en espèces (consid. 3).
Art. 291 LP.

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Azione rivocatoria fuori fallimento: Il convenuto non ha diritto ad une parte
dell'utile della causa quand'anche fosse rimesto perdente nello stesso gruppo
che l'attore (consid. 2).
Se gli attori hanno lo stesso rango, essi hanno diritto a che il pagamento sia
fatto direttamente ad essi, senza passare per il tramite dell'ufficio
esecuzioni, quando il convenuto è obbligato e pagare in contanti.

Tatbestand (gekürzt):
Die Kläger waren mit ihren Betreibungen gegen A. Reichmuth in der nämlichen
Pfändungsgruppe wie die Beklagten zu Verlust gekommen. Eine hierauf von ihnen
gegen die Beklagten eingereichte Anfechtungsklage wurde von den kantonalen
Gerichten geschützt; indessen wurde dabei verfügt, dass die Beklagten den
Geldbetrag, um den sich der Streit noch drehte, nicht den Klägern, sondern dem
Betreibungsamt zur Verteilung herauszugeben habe und dass an diesem
Prozessergebnis auch die Beklagten nach Massgabe ihrer
Verlustscheinforderungen anteilsberechtigt seien, mit folgender Begründung:
Zwar mache bei einer Anfechtungsklage ausserhalb des Konkurses das
Anfechtungsurteil nur Recht für den klagenden Gläubiger, nicht aber (im Falle
einer Pfändungsgruppe) für die weitern Mitglieder dieser Gruppe. Dieser
Grundsatz müsse jedoch eine Einschränkung erfahren mit Bezug auf einen
Beklagten, der zugleich Gruppengläubiger sei, weil die Stellung des Beklagten
im Anfechtungsprozess ausserhalb des Konkurses ähnlich derjenigen des
Beklagten im Widerspruchsprozess nach Art. 109
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 109 - 1 Beim Gericht des Betreibungsortes sind einzureichen:
1    Beim Gericht des Betreibungsortes sind einzureichen:
1  Klagen nach Artikel 107 Absatz 5;
2  Klagen nach Artikel 108 Absatz 1, sofern der Beklagte Wohnsitz im Ausland hat.
2    Richtet sich die Klage nach Artikel 108 Absatz 1 gegen einen Beklagten mit Wohnsitz in der Schweiz, so ist sie an dessen Wohnsitz einzureichen.
3    Bezieht sich der Anspruch auf ein Grundstück, so ist die Klage in jedem Fall beim Gericht des Ortes einzureichen, wo das Grundstück oder sein wertvollster Teil liegt.
4    Das Gericht zeigt dem Betreibungsamt den Eingang und die Erledigung der Klage an. ...226
5    Bis zur Erledigung der Klage bleibt die Betreibung in Bezug auf die streitigen Gegenstände eingestellt, und die Fristen für Verwertungsbegehren (Art. 116) stehen still.
SchKG sei, welcher ebenfalls am
Prozessgewinn teilnehme, wenn er zugleich Gruppengläubiger sei. Es sei auch
durchaus gerechtfertigt, die Beklagten (als Gruppengläubiger) anders zu
behandeln als die übrigen nicht klagenden Gruppengläubiger, denn die erstern
hätten im Gegensatz zu den letztern keine Möglichkeit gehabt, die
Rechtshandlung, an der sie selbst beteiligt gewesen seien, paullianisch
anzufechten.
Die von den Klägern hiegegen eingereichte Berufung wurde vom Bundesgericht
gutgeheissen.

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Erwägungen:
1.- ... (Prozessuales).
2.- Nach Art. 291
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 291 - 1 Wer durch eine anfechtbare Rechtshandlung Vermögen des Schuldners erworben hat, ist zur Rückgabe desselben verpflichtet. Die Gegenleistung ist zu erstatten, soweit sie sich noch in den Händen des Schuldners befindet oder dieser durch sie bereichert ist. Darüber hinaus kann ein Anspruch nur als Forderung gegen den Schuldner geltend gemacht werden.
1    Wer durch eine anfechtbare Rechtshandlung Vermögen des Schuldners erworben hat, ist zur Rückgabe desselben verpflichtet. Die Gegenleistung ist zu erstatten, soweit sie sich noch in den Händen des Schuldners befindet oder dieser durch sie bereichert ist. Darüber hinaus kann ein Anspruch nur als Forderung gegen den Schuldner geltend gemacht werden.
2    Bestand die anfechtbare Rechtshandlung in der Tilgung einer Forderung, so tritt dieselbe mit der Rückerstattung des Empfangenen wieder in Kraft.
3    Der gutgläubige Empfänger einer Schenkung ist nur bis zum Betrag seiner Bereicherung zur Rückerstattung verpflichtet.
SchKG und der Auslegung, welche diese Bestimmung im Fall der
Anfechtung ausserhalb des Konkurses in der Rechtsprechung (BGE 43 III 214; 53
III 119
) gefunden hat, ist der Anfechtungsbeklagte verpflichtet, das
anfechtbar Erworbene zurückzuerstatten, soweit dies zur Befriedigung des oder
der Anfechtenden erforderlich ist. An dieser Verpflichtung vermag im
vorliegenden Fall weder die Zugehörigkeit der Beklagten zur Pfändungsgruppe
der Kläger noch der Umstand, dass niemand gegen sich selbst klagen kann, etwas
zu ändern:
Die Tatsache, dass beide Parteien zur nämlichen Pfändungsgruppe gehörten, gab
den Klägern lediglich Anspruch darauf, aus dem Erlös der für die Gruppe
gepfändeten Objekte im gleichen Verhältnis wie die Kläger befriedigt zu
werden. Dies ist jedoch geschehen und damit sind die Rechte der Beklagten aus
diesem Pfändungspfandrecht erledigt; das letztere erstreckte sich nicht auch
noch auf den (in der Pfändungsurkunde nicht als gepfändet aufgeführten)
Anfechtungsanspruch. Von einer analogen Anwendung von Art. 200
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 200 - Zur Konkursmasse gehört ferner alles, was nach Massgabe der Artikel 214 und 285-292 Gegenstand der Anfechtungsklage ist.
SchKG in dem
Sinn, dass der Anfechtungsanspruch, sofern die Verwertung mit einem Verlust
abschliesst, als ebenfalls für die Gruppe gepfändet zu gelten habe, kann keine
Rede sein. Art. 200
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 200 - Zur Konkursmasse gehört ferner alles, was nach Massgabe der Artikel 214 und 285-292 Gegenstand der Anfechtungsklage ist.
SchKG erklärt sich durch die Natur des Konkurses als einer
Generalexecution, während die Betreibung auf Pfändung auch im Fall einer
Gruppenbildung Spezialexecution bleibt. - Infolgedessen kann auch nicht von
einer Analogie der Stellung der Beklagten mit derjenigen eines
Widerspruchsbeklagten, der der gleichen Gruppe wie der Kläger angehört und am
vindizierten Objekt selbst ebenfalls Pfändungspfandrecht erwirkt hat,
gesprochen werden.
Sodann steht der Anfechtungsanspruch als solcher (ausser Konkurs) nur den
durch die anfechtbare Handlung

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benachteiligten Gläubigern zu. Dass die Beklagten, selbst wenn sie für ihre
(durch das angefochtene Geschäft nicht gedeckte) Pestforderung einen
Verlustschein erlangt haben, nicht zu diesen Benachteiligten gehören, bedarf
keiner weiteren Ausführungen. Wenn aber demzufolge auf Seite der Beklagten
überhaupt die Voraussetzungen für die Entstehung eines Anfechtungsanspruches
fehlten, so ist dem Einwand, die Beklagten seien an der Geltendmachung eines
solchen Anspruches durch die Unmöglichkeit, sich selbst einzuklagen, gehindert
worden, der Boden entzogen. Infolgedessen liegt auch keine Beeinträchtigung
irgendwelcher betreibungsrechtlicher Befugnisse der Beklagten darin, dass
ihnen kein Anteil am Prozessergebnis eingeräumt wird.
3.- Das Bundesgericht hat sodann bereits in BGE 47 III 93 ausgesprochen, dass
dann, wenn die Anfechtung für den Beklagten die Verpflichtung zur Herausgabe
von barem Geld zur Folge hat, wie das im vorliegenden Fall zutrifft, der
Kläger Anspruch auf direkte Bezahlung haben soll. Hieran ist auch für den Fall
festzuhalten, wo sich mehrere Kläger in das Prozessergebnis zu teilen haben;
denn auch hier würde sich die Tätigkeit des Betreibungsamtes auf die
Entgegennahme und Ablieferung des Geldes beschränken und daher unnötigerweise
Kosten verursachen. Anders wäre es lediglich dann zu halten, wenn mehrere
Anfechtungskläger, die nicht im gleichen Rang stehen, auf den Prozesserlös
Anspruch erheben. Hier erschiene es allerdings zweckmässiger, wenn das
Betreibungsamt das Geld zunächst einzöge und hernach durch Erlass einer
Kollokationsverfügung einen allfälligen Rangstreit provozierte. Im
vorliegenden Fall sind jedoch die drei Kläger einig darüber, dass die 19570
Fr. ihnen im Verhältnis ihrer Verlustscheinforderungen zukommen, sodass ihnen
ein direkter Anspruch auf Aushändigung des Wertersatzes zugesprochen werden
kann.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 57 III 108
Datum : 01. Januar 1931
Publiziert : 02. Juli 1931
Quelle : Bundesgericht
Status : 57 III 108
Sachgebiet : BGE - Schuldbetreibungs- und Konkursrecht
Gegenstand : Anfechtungsklage (ausser Konkurs): Der Beklagte hat selbst dann keinen Anspruch auf Teilnahme am...


Gesetzesregister
SchKG: 109 
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 109 - 1 Beim Gericht des Betreibungsortes sind einzureichen:
1    Beim Gericht des Betreibungsortes sind einzureichen:
1  Klagen nach Artikel 107 Absatz 5;
2  Klagen nach Artikel 108 Absatz 1, sofern der Beklagte Wohnsitz im Ausland hat.
2    Richtet sich die Klage nach Artikel 108 Absatz 1 gegen einen Beklagten mit Wohnsitz in der Schweiz, so ist sie an dessen Wohnsitz einzureichen.
3    Bezieht sich der Anspruch auf ein Grundstück, so ist die Klage in jedem Fall beim Gericht des Ortes einzureichen, wo das Grundstück oder sein wertvollster Teil liegt.
4    Das Gericht zeigt dem Betreibungsamt den Eingang und die Erledigung der Klage an. ...226
5    Bis zur Erledigung der Klage bleibt die Betreibung in Bezug auf die streitigen Gegenstände eingestellt, und die Fristen für Verwertungsbegehren (Art. 116) stehen still.
200 
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 200 - Zur Konkursmasse gehört ferner alles, was nach Massgabe der Artikel 214 und 285-292 Gegenstand der Anfechtungsklage ist.
291
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 291 - 1 Wer durch eine anfechtbare Rechtshandlung Vermögen des Schuldners erworben hat, ist zur Rückgabe desselben verpflichtet. Die Gegenleistung ist zu erstatten, soweit sie sich noch in den Händen des Schuldners befindet oder dieser durch sie bereichert ist. Darüber hinaus kann ein Anspruch nur als Forderung gegen den Schuldner geltend gemacht werden.
1    Wer durch eine anfechtbare Rechtshandlung Vermögen des Schuldners erworben hat, ist zur Rückgabe desselben verpflichtet. Die Gegenleistung ist zu erstatten, soweit sie sich noch in den Händen des Schuldners befindet oder dieser durch sie bereichert ist. Darüber hinaus kann ein Anspruch nur als Forderung gegen den Schuldner geltend gemacht werden.
2    Bestand die anfechtbare Rechtshandlung in der Tilgung einer Forderung, so tritt dieselbe mit der Rückerstattung des Empfangenen wieder in Kraft.
3    Der gutgläubige Empfänger einer Schenkung ist nur bis zum Betrag seiner Bereicherung zur Rückerstattung verpflichtet.
BGE Register
43-III-212 • 47-III-89 • 53-III-118 • 57-III-108
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
beklagter • geld • betreibungsamt • anfechtungsklage • ausserhalb • rang • bundesgericht • schuldbetreibungs- und konkursrecht • bruchteil • begründung des entscheids • analogie • errichtung eines dinglichen rechts • weiler • verlustschein • betreibung auf pfändung • serie