188 Hattpflichtrecht. N° 36.

welchem die Verletzung erfolgte. Darunter kann nur der Tag des Unfalls
verstanden werden, nicht der Zeitpunkt, in dem sich die Verletzung in
ihrem ganzen Umfange, in allen ihren Folgen gezeigt hat. Das ergibt sich
zwingend aus Art. 13, wonach sogar in denjenigen Fällen in denen bei
der Urteilsfällung die Folgen der Verletzung noch nicht genügend klar
vorliegen, die Verjährung des Anspruches auf eine weitere rektifizierte
Entschädigung, nicht etwa erst nach der Abklärung dieser Folgen be-ginnt,
sondern schon vom Tage des I. Urteils an. Das Gesetz ist danach bewusst
abgewichen von den sonstigen allgemeinen Verjährungsgrundsätzen, nach
denen die Verjährung voraussetzt, dass zur Klaganhehung Veran-lassung und
Gelegenheit verlag und hat die Verjährung beginnen lassen ohne Rücksicht
darauf, ob die Folgen der Verletzung erkennbar waren oder nicht (SCHERER,
Haftpflicht s. 192). so hart diese Lösung für den Anspruchsberechtigten
ist, der damit seinen Anspruch verliert, obschon ihm dessen Existenz
schuldlos nicht bekannt war, so kann doch angesichts des klaren Gesetzes
keine Interpretation, die zu einem billigeren Resultate führen würde,
Platz greifen.

Die Vorinstanz hat sich für ihren abweichenden Entscheid auf Art. 8
SR 611.0 Bundesgesetz vom 7. Oktober 2005 über den eidgenössischen Finanzhaushalt (Finanzhaushaltgesetz, FHG) - Finanzhaushaltgesetz
FHG Art. 8 Erfolgsrechnung - Die Erfolgsrechnung weist den Aufwand und den Ertrag einer Rechnungsperiode aus; sie zeigt namentlich das operative Ergebnis und das Ergebnis aus Beteiligungen.

letzter Satz der Nov. 2. FHG berufen. Allein zu Unrecht. Die dort
vorgesehene Suspension der ordentlichen Verjährung des Art. 12
SR 611.0 Bundesgesetz vom 7. Oktober 2005 über den eidgenössischen Finanzhaushalt (Finanzhaushaltgesetz, FHG) - Finanzhaushaltgesetz
FHG Art. 12
1    Bundesversammlung und Bundesrat halten die Ausgaben und Einnahmen auf Dauer im Gleichgewicht; dabei richten sie sich nach Artikel 126 der Bundesverfassung (Schuldenbremse).
2    Sie tragen bei der Führung des Bundeshaushalts sowohl der Finanzierungs- als auch der Erfolgssicht Rechnung.
3    Sie stimmen soweit möglich die Sach- und Finanzierungsentscheide aufeinander ab.
4    Bundesrat und Verwaltung führen den Bundeshaushalt nach den Grundsätzen der Gesetzmässigkeit, der Dringlichkeit und der Sparsamkeit. Sie sorgen für einen wirksamen und wirtschaftlichen Einsatz der Mittel.
FHG
tritt nur ein bei späterer Anzeige der Unfallserledigung durch den
Unternehmer. Wie das Bundesgericht wiederholt ausgesprochen hat (E 30 II
220
, 31 II 221) fällt darunter nicht ein Fall wie der vorliegende, in dem
die Schlussanzeige dem zur Zeit ihrer Abgabe erkennbaren Krankheitszustand
entspricht, dagegen später schwerere Unfallsfolgen eintreten, als
bei der Anzeige angenommen wurde. Wenn das Bundesgericht in E 30 II
402
unter Art. 8
SR 611.0 Bundesgesetz vom 7. Oktober 2005 über den eidgenössischen Finanzhaushalt (Finanzhaushaltgesetz, FHG) - Finanzhaushaltgesetz
FHG Art. 8 Erfolgsrechnung - Die Erfolgsrechnung weist den Aufwand und den Ertrag einer Rechnungsperiode aus; sie zeigt namentlich das operative Ergebnis und das Ergebnis aus Beteiligungen.
Nov. z. FHG auch den Fall subsumiert, in welchem die
Schlussanzeige'wissentlich nnrichtige Angaben über die Erledigung der
Entschädigung enthält, so bestätigt dies nur Versicherung-vertrag N °
37. l 39

die gleiche Praxis und kann nicht zur Anwendung des Art. 8
SR 611.0 Bundesgesetz vom 7. Oktober 2005 über den eidgenössischen Finanzhaushalt (Finanzhaushaltgesetz, FHG) - Finanzhaushaltgesetz
FHG Art. 8 Erfolgsrechnung - Die Erfolgsrechnung weist den Aufwand und den Ertrag einer Rechnungsperiode aus; sie zeigt namentlich das operative Ergebnis und das Ergebnis aus Beteiligungen.
FHG auf einen
Fall wie den vorliegenden führen,

Demnach erkennt das Bundesgericht :

In Gutheissung der Berufung wird das Urteil des Obergerichts des Kantons
Aargau vom 26. Februar 1920 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

VII. VERSICHERUNGSVERTRAG

CONTRAT D'ASSURANCE37. Urteil der II. Zivilabteilung vom 28. April
1920 i. S. Phoenix gegen Francisco. Feuerversicherungsvertrag : VVG
Art. 4. Verletzung der Anzeigepflicht'? Steinoder Riegelbau? _VVG Art. 6
anwendbar auch bei Kenntnisnahme der Verletzung der Anzeigepflicht

nach Schadenseintritt.-VVG Art. 40. Absichtliche Uebertreibung des
eingetretenen Schadens.

A.Der Aberkennungsbeklagte Francisco baute im Felde zu Naters gemeinsam
mit Giovanni ,Degiorgi ein Wohnhaus in der in diesem Italiener-Viertel
üblichen leichten Bauart. Das Haus wurde bei der Aberkennungs-kiägerin,
der Feuerversicherungsgesellschaft Phoenix in Paris gegen Feuerschaden
versichert und zwar die dem Francisco gehörige westliche Hälfte, in
der er eine Wirtschaft und Pension betrieb, zu 12,000 Fr., das darin
befindliche Mobiliar zu 4800 Fr. und Weine und Liqueure zu 3000 Fr. Im
Steuerregister der Gemeinde Naters wurde das Gebäude als Baracke , in der
Versicherungspolice als Haus ausZiegelsteinen mit Ethernit-Bedekkung
angeführt. Im Versicherungsvertrag findet sich auf die Frage : Comment
les bätiments sont-ils cons-

1 90 Versicherungsvertrag. N° 3'2. '

truits ? o die Antwort: Pierres et briqnes Der Antrag ist vom
Generalagenten der Klägerin, Closuit, der in Begleitung des Lokalagenten,
Rupper, das Haus besichtigte, formuliert und vom Beklagten lediglich
unterzeichnet werden.

In der Nacht vom 30. November auf den 1. Dezember 1916 brannte das
ganze Gebäude nieder, nur die Mauern des ausgebrannten Kellergeschosses
blieben stehen.

Der Versicherungsnehmer machte hierüber unverzüglich Anzeige an die
Klägerin und reichte ihr ein Inventar der verbrannten Mobilien ein, das
mit einer Schadenssumme von 9224 Fr. 50 Cts. abschliesst. In der Folge
einigten sich die Parteien auf die Bestellung von Sachverständigen, die
den entstandenen Schaden am Gebäude auf 9109 Fr. 70 (RS., an den Mobilien
auf 3303 Fr. 80 Cts. schätzten. Der Beklagte anerkannte diese Schätzung.

B. Am 31. März setzte der Beklagte die beiden Schadenssummen, da die
Klägerin sie nicht zahlte, in Betreibung und erhielt provisorische
Rechtsöffnung, worauf die Klägerin die vorliegende Aberkennungsklage
einreichte, mit der sie Aberkennung der gesamten beklagtischen
Forderung verlangt. Sie begründete dieses Begehren damit, dass
die Beklagte sie über die Bauart des Hauses, das als Riegelbau
nicht als Steinbau hätte bezeichnet werden sollen, getäuscht habe
(Art. 4
SR 221.229.1 Bundesgesetz vom 2. April 1908 über den Versicherungsvertrag (Versicherungsvertragsgesetz, VVG) - Versicherungsvertragsgesetz
VVG Art. 4
1    Der Antragsteller hat dem Versicherungsunternehmen anhand eines Fragebogens oder auf sonstiges Befragen alle für die Beurteilung der Gefahr erheblichen Tatsachen, soweit und so wie sie ihm bekannt sind oder bekannt sein müssen, mitzuteilen. Sowohl das Befragen als auch die Mitteilung haben schriftlich oder in einer anderen Form, die den Nachweis durch Text ermöglicht, zu erfolgen.24
2    Erheblich sind diejenigen Gefahrstatsachen, die geeignet sind, auf den Entschluss des Versicherungsunternehmens, den Vertrag überhaupt oder zu den vereinbarten Bedingungen abzuschliessen, einen Einfluss auszuüben.
3    Die Gefahrstatsachen, auf welche die Fragen des Versicherungsunternehmens in bestimmter, unzweideutiger Fassung gerichtet sind, werden als erheblich vermutet.25
VVG). Ferner habe er in dem von ihm eingereichten Inventar den
Mobiliarschaden bewusst viel zn hoch angegeben, worin für sie gemäss §
11 der allgemeinen Versicherungsbedingungen in' Verbindung mit Art. 40
SR 221.229.1 Bundesgesetz vom 2. April 1908 über den Versicherungsvertrag (Versicherungsvertragsgesetz, VVG) - Versicherungsvertragsgesetz
VVG Art. 40 - Hat der Anspruchsberechtigte oder sein Vertreter Tatsachen, welche die Leistungspflicht des Versicherungsunternehmens ausschliessen oder mindern würden, zum Zwecke der Täuschung unrichtig mitgeteilt oder verschwiegen oder hat er die ihm nach Massgabe des Artikels 39 dieses Gesetzes obliegenden Mitteilungen zum Zwecke der Täuschung zu spät oder gar nicht gemacht, so ist das Versicherungsunternehmen gegenüber dem Anspruchsberechtigten an den Vertrag nicht gebunden.

VVG ein Befreiungsgrund liege.

Der Beklagte beantragte Abweisung der Klage und bestritt, der Klägerin
hinsichtlich der Bauart des Hauses falsche Angaben gemacht zu haben. Das
Haus sei in der Hauptsache aus Stein gebaut gewesen. Zudem haben
die Agenten der Klägerin die Beschreibung des Gebäudes vorgenommen,
er selber verstehe von der französischen Sprache nur sehr wenig. Die
Erklärung über den Mobi-Versicherungsvertrag. N° 37. . 191

liarsehaden habe er in gutem Glauben abgegeben, ersei der Meinung gewesen,
er müsse auch die Effekten seiner Pensionäre entführen, und wenn er sich
über den Bestand der Mobilien sonst geirrt haben sollte, so beweise das
noch nicht seine Täuschungsabsicht.

C. Beide kantonalen Instanzen haben die Einwendungen, die die Klägerin
gegenüber ihrer Sshuldpfli'cht erhebt, als unbegründet erachtet und
die Aberkennungsklage abgewiesen, das Kantonsgericht mit Urteil vom
15. Dezember 1919. Die Motive der Vorinstanz werden soweit erforderlich
in den nachfolgenden Erwägungen angeführt werden.

D. Gegen das kantonsgerichtliche Urteil hat die Klägerin die Berufung an
das Bundesgericht ergriffen mit dem Antrag, die Klage anzusprechen. Die
Beklagte hat auf Abweisung der Berufung antragen lassen.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung :

1. Die Berufungserklärung gibt an, inwieweit das Urteil des
Kantonsgerichtes angefochten wird, der formelle Einwand, die Berufung
sei ungenügend begründet, ist daher nach Art. 67
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 67 - 1 Der Bereicherungsanspruch verjährt mit Ablauf von drei Jahren, nachdem der Verletzte von seinem Anspruch Kenntnis erhalten hat, in jedem Fall aber mit Ablauf von zehn Jahren seit der Entstehung des Anspruchs.39
1    Der Bereicherungsanspruch verjährt mit Ablauf von drei Jahren, nachdem der Verletzte von seinem Anspruch Kenntnis erhalten hat, in jedem Fall aber mit Ablauf von zehn Jahren seit der Entstehung des Anspruchs.39
2    Besteht die Bereicherung in einer Forderung an den Verletzten, so kann dieser die Erfüllung auch dann verweigern, wenn der Bereicherungsanspruch verjährt ist.
OR nicht stichhaltig.

2. Der Beklagte hat in seiner persönlichen Einvernahme zugestanden, dass
das abgebrannte Haus nicht allein aus Ziegeln und Steinen bestanden
hat, dass vielmehr vom Erdgeschoss bis an das Dach massive Hölzer
eingelegt waren, an welchen die Horizontalpfosten der Fenster und Türen
befestigt wurden. Es handelte sich somit in der Tat nicht um einen reinen
Steinbau. Damit ist jedoch entgegen der Ansicht der Klägerin die Frage
noch nicht beantwortet, ob angesichts dieser Tatsache eine Verletzung der
Anzeigepflicht des Beklagten ihr gegenüber anzunehmen sei. Auch Häuser,
die allgemein als Steinbauten betrachtet werden, sind regelmässig zu
einem Teil in Holz konstruiert. Erst wenn diese Holzkonstruktionen eine
gewisse Bedeutung annehmen, spricht man nicht mehr von Steinsondern von
gemischten, von Rie--

1:)2 Versicherungsvertrag. N° li?.

gelbauten, etc. Entscheidend ist daher, ob im vorliegenden Falle die
Holzkonstruktionen einen derartigen Raum eingenommen haben, dass der
Beklagte nicht mehr von einem Steinbau sprechen durfte, und zwar ist
dabei massgebend die Auffassung und der Sprachgebrauch der Gegend, wo der
Versicherungsvertrag abgeschlossen wurde. In dieser letzteren Hinsicht
steht nun aber das Bundesgericht vor einer verbindlichen, tatsächlichen
Feststellung der Vorinstanz. Das Kantonsgericht nimmt auf Grund einer
nicht willkürlichen Würdigung der Aussagen verschiedener Sachverständiger
und Zeugen an, an dem abgebrannten Hause sei das Mauerwerk das tragende
Element, der Halt und die Basis gewesen, die Holzkonstruktion aber
habe eine derart untergeordnete Rolle gespielt, dass man nach der
hierzulande geltenden Auffassung das Haus des Beklagten nicht als
Riegeloder Beinchen-, wohl aber als Steinbau habe bezeichnen dürfen.

Die Klägerin ist übrigens um so weniger befugt, sich auf den Mangel
einer genaueren Beschreibung des Versicherungsobjektes zu berufen, als
ihr Generalagent selber diese Beschreibung vorgenommen hat, und zwar
nachdem er und der Lokaiagent, der zugleich Ortschätzcr und daher mit den
Verhältnissen vertraut ist, das Haus besichtigt hatten. Die Vorinstanz
darf daher mit Fug annehmen. dem Generaiagenten sei die Bauart bekannt
gewesen. Diese Kenntnis aber muss die Klägerin sich entgegenhalten
lassen, denn der Generalagent war zugleich Abschlussagent d. h. das
alter ego des Versicherers. Im weiteren musste es dem Vertreter der
Klägerin erkennbar sein, dass der Beklagte die französische Sprache
nur sehr schlecht verstand (auch diese Tatsache stellt die Vorinstanz
verbindlich fest), er hätte daher doppelt Uisache gehabt, bei der
Anfertigung des Versicherungsantrages mit aller Vorsicht vorzugehen,
dem Beklagten besonders eingehende Fragen zu stellen und das Haus selber
gründlich zu untersuchen.Versichemngsvelsi'txng. N° 37 . 19?

Die Anrufuug des Art. 4
SR 221.229.1 Bundesgesetz vom 2. April 1908 über den Versicherungsvertrag (Versicherungsvertragsgesetz, VVG) - Versicherungsvertragsgesetz
VVG Art. 4
1    Der Antragsteller hat dem Versicherungsunternehmen anhand eines Fragebogens oder auf sonstiges Befragen alle für die Beurteilung der Gefahr erheblichen Tatsachen, soweit und so wie sie ihm bekannt sind oder bekannt sein müssen, mitzuteilen. Sowohl das Befragen als auch die Mitteilung haben schriftlich oder in einer anderen Form, die den Nachweis durch Text ermöglicht, zu erfolgen.24
2    Erheblich sind diejenigen Gefahrstatsachen, die geeignet sind, auf den Entschluss des Versicherungsunternehmens, den Vertrag überhaupt oder zu den vereinbarten Bedingungen abzuschliessen, einen Einfluss auszuüben.
3    Die Gefahrstatsachen, auf welche die Fragen des Versicherungsunternehmens in bestimmter, unzweideutiger Fassung gerichtet sind, werden als erheblich vermutet.25
VVG bleibt der Klägerin ,auch noch aus einem
anderen Grunde versagt. Nach Art. 6
SR 221.229.1 Bundesgesetz vom 2. April 1908 über den Versicherungsvertrag (Versicherungsvertragsgesetz, VVG) - Versicherungsvertragsgesetz
VVG Art. 6
1    Hat der Anzeigepflichtige bei der Beantwortung der Fragen gemäss Artikel 4 Absatz 1 eine erhebliche Gefahrstatsache, die er kannte oder kennen musste und über die er befragt worden ist, unrichtig mitgeteilt oder verschwiegen, so ist das Versicherungsunternehmen berechtigt, den Vertrag schriftlich oder in einer anderen Form, die den Nachweis durch Text ermöglicht, zu kündigen.29 Die Kündigung wird mit Zugang beim Versicherungsnehmer wirksam.
2    Das Kündigungsrecht erlischt vier Wochen, nachdem das Versicherungsunternehmen von der Verletzung der Anzeigepflicht Kenntnis erhalten hat.30
3    Wird der Vertrag durch Kündigung nach Absatz 1 aufgelöst, so erlischt auch die Leistungspflicht des Versicherungsunternehmens für bereits eingetretene Schäden, soweit deren Eintritt oder Umfang durch die nicht oder unrichtig angezeigte erhebliche Gefahrstatsache beeinflusst worden ist. Soweit die Leistungspflicht schon erfüllt wurde, hat das Versicherungsunternehmen Anspruch auf Rückerstattung.31
4    Wird ein Lebensversicherungsvertrag, der nach Massgabe dieses Gesetzes rückkauffähig ist (Art. 90 Abs. 2) aufgelöst, so hat das Versicherungsunternehmen die für den Rückkauf festgestellte Leistung zu gewähren.
VVG muss der Versicherer, dem
unrichtige Angaben über erhebliche Gefahrtatsachen gemacht wurden, und der
deshalb nicht an den Vertrag gebunden sein Will, binnen 4 Wochen, nachdem
er von der Verletzung der Anzeigepflicht Kenntnis erhalten hat, vom
Vertrage zurücktreten. Das gilt auch für die Kenntnisnahme nach Eintritt
des Schadens, wurde doch sonst der Hauptteil der Entdeckung unrichtiger
Angaben (vor Schadenseintritt wird sie in den wenigsten Fällen erfolgen)
der Vorschrift des Art. 6 entrückt bleiben (Ostertag N. 4 zu Art. 6). Eine
solche Rücktrittserklärung hat die Klägerin innert der gesetzlichen Frist
nicht abgegeben. Erst im Prozess wurde der Beklagte nach vorinstanzlicher
Feststellung über den Grund der Zahlungsverweigerung aufgeklärt.

3. Mit gutem Grund haben die kantonalen Gerichte aber auch die zweite
der von der Klägerin gegenüber der Forderung des Beklagten erhobenen
Einwendungen zurückgewiesen.

Es ist allerdings richtig, dass Francisco unterm l2. Dezember 1916 ein
Inventar an die Klägerin sandte, m dem er seinen Mobiliarschaden auf 9224
Fr. 50 Cts. bezifferte. während die von den Parteien bestellten Experten
zu einer Schadenssumme von nur 3303 Fr. 80 Cts. kamen. dass ferner §
11 der allgemeinen Versicherungsbedtngungen für den Fall wissentlicher
Angabe einer offensichtlich zu hohen Sehadenssumme den VerSIcherten
jedes Anspruches verlustig erklärt, und dass endlich der Art. 40
SR 221.229.1 Bundesgesetz vom 2. April 1908 über den Versicherungsvertrag (Versicherungsvertragsgesetz, VVG) - Versicherungsvertragsgesetz
VVG Art. 40 - Hat der Anspruchsberechtigte oder sein Vertreter Tatsachen, welche die Leistungspflicht des Versicherungsunternehmens ausschliessen oder mindern würden, zum Zwecke der Täuschung unrichtig mitgeteilt oder verschwiegen oder hat er die ihm nach Massgabe des Artikels 39 dieses Gesetzes obliegenden Mitteilungen zum Zwecke der Täuschung zu spät oder gar nicht gemacht, so ist das Versicherungsunternehmen gegenüber dem Anspruchsberechtigten an den Vertrag nicht gebunden.
VVG
dieser Bestimmung die gesetzliche Grundlage schafft. '

Allein im vorliegenden Falle fehlt für die Anwendbarkeit dieser
Verwirkungsklausel das subjektive Requisit, die absichtliche lrreleitung,
die betrügerische Begründung des Versicherungsanspruches wie sich der
Gesetzgeber im? Marginale des Art. 40
SR 221.229.1 Bundesgesetz vom 2. April 1908 über den Versicherungsvertrag (Versicherungsvertragsgesetz, VVG) - Versicherungsvertragsgesetz
VVG Art. 40 - Hat der Anspruchsberechtigte oder sein Vertreter Tatsachen, welche die Leistungspflicht des Versicherungsunternehmens ausschliessen oder mindern würden, zum Zwecke der Täuschung unrichtig mitgeteilt oder verschwiegen oder hat er die ihm nach Massgabe des Artikels 39 dieses Gesetzes obliegenden Mitteilungen zum Zwecke der Täuschung zu spät oder gar nicht gemacht, so ist das Versicherungsunternehmen gegenüber dem Anspruchsberechtigten an den Vertrag nicht gebunden.
VVG ausdruckt.

si Die Vorinstanz betrachtet als festgestellt, dass der

1 94 Versicherun gsvertrag. N° 37].

Beklagte, der in diesen Fragen durchaus unerfahren sei, bei Einreichung
des Inventars sich von einem gewissen Vercellina habe beraten lassen,
wobei dieser ihn irrtümlicherweise veranlasst habe, auch die Effekten
der Pensionäre in das Inventar aufzunehmen. Dass hiebei irgendwelcher
Täuschnngswille des Beklagten vorgelegen, ist nicht ersichtlich.

Was sodann die auch nach Streichung dieser fremden Gegenstände im Inventar
noch verbleibende Differenz gegenüber der Aufstellung der Experten
anbelangt, so ist zunächst darauf hinzuweisen,-dass der Beklagte nicht
etwa zugegeben hat, er habe mehr inventarisiert als bei Brandausbruch
irorhanden gewesen sei. Dagegen war es ihm nicht möglich den Experten
das Vorhandensein aller der von ihm angeführten Objekte zu beweisen,
weswegen er sich widerstrebend zur Anerkennung der Schätzung bewegen
liess. Danach aber liegen die Veihältnisse nicht derart, dass aus der
Differenz der beiden Schätzungen auf den Dolus des Beklagten geschlossen
werden könnte. Fest steht nur, dass es ihm nicht gelungen ist, den von
ihm behaupteten Schaden zu beweisen. Dieser letztere Umstand ist aber
leicht erklärlich, wenn man bedenkt, dass bei Leuten von seinem Stand
die Aufb1ingung namentlich schriftlicher Beweismittel bekanntermassen
äusserst schwierig ist.

Berücksichtigt man endlich noch, dass die Experten verschiedene
Gegenstände offensichtlich zu niedrig eingeschätzt haben, so ist damit
die Abweichung der Schätzung des Beklagten von der der Sachverständigen
zur Genüge erklärt, ohne dass dabei Anhaltspunkte für eine betrügerische
Absicht des Beklagten bestehen bleiben würden.

Die Klägerin hat zur Unterstützung ihres Standpunktes weiter eine
angeblich vom Beklagten dem Betreibungsamt Naters gegenüber abgegebene
Erklärung, er besitze kein pfändbares Vermögen, angerufen. Diese Erklärung
kann aber schon deswegen nicht in BetrachtVerieherungsvertrag. N° 38. 195

fallen, weil nach vciinstanriicher Feststellung die Praxis des
Betreihungsbeamten dahin geht, dass er den Schuldner, bei dem er piänden
sollte, einfach brieflich auffordert, pfändbare Vermögensstücke beim
Betreibungsamt anzumelden ansonst dem Gläubiger ein Verlustschein
ausgestellt werde. Ein solches Verfahren kann selbstredend das
Nichtvorhandensein von Vermögensobjekten nicht dartun. Uebrigens hat der
Beklagte die tatsächlichen Grundlagen dieser klägerischen Behauptung
bestritten und ein Beweis dieser Grundlagen ist in den Akten nicht
enthalten.

Demnach erkennt das Bundesgericht :

Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Kan'tonsgerichtes des
Kantons Wailis vom 15. Dezember 1919 bestätigt.

38. Urteil der II. Zivilabteilung vom 18. Mai 1920 i. S. Assicuratrîce
Italiana. und Frankfurter Versicherungsgesellschaft gegen Anders.

U.nfallversich'erungsvertrag . Selbstverstümmelung. Beweis.

A. Der Kläger Anders, deutscher Staatsangehöriger,
schloss mit den Beklagten, nämlich am 6. Juli 1915 mit der
Assicuratrice Italiana und ungefähr drei Wochen später mit der
FrankfurterVersicherungsgesellschaft,Versicherungen gegen die Folgen
körperlicher Unfälle ab. Der Vertrag mit der italienischen Gesellschaft
sieht für den Fall gänzlicher Invalidität Zahlung einer Versicherungssumme
von 20,000 Fr., der Vertrag mit der Frankfurter Gesellschaft eine
Zahlung von 30,000 Fr.vor. BeideVerträge enthalten ferner für teilweise
Invalidität eine sog. Gliedertaxa. Die Versicherungerstreckt sich nach
beiden Verträ-
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 46 II 189
Datum : 26. Februar 1920
Publiziert : 31. Dezember 1920
Quelle : Bundesgericht
Status : 46 II 189
Sachgebiet : BGE - Zivilrecht
Gegenstand : 188 Hattpflichtrecht. N° 36. welchem die Verletzung erfolgte. Darunter kann nur


Gesetzesregister
FHG: 8 
SR 611.0 Bundesgesetz vom 7. Oktober 2005 über den eidgenössischen Finanzhaushalt (Finanzhaushaltgesetz, FHG) - Finanzhaushaltgesetz
FHG Art. 8 Erfolgsrechnung - Die Erfolgsrechnung weist den Aufwand und den Ertrag einer Rechnungsperiode aus; sie zeigt namentlich das operative Ergebnis und das Ergebnis aus Beteiligungen.
12
SR 611.0 Bundesgesetz vom 7. Oktober 2005 über den eidgenössischen Finanzhaushalt (Finanzhaushaltgesetz, FHG) - Finanzhaushaltgesetz
FHG Art. 12
1    Bundesversammlung und Bundesrat halten die Ausgaben und Einnahmen auf Dauer im Gleichgewicht; dabei richten sie sich nach Artikel 126 der Bundesverfassung (Schuldenbremse).
2    Sie tragen bei der Führung des Bundeshaushalts sowohl der Finanzierungs- als auch der Erfolgssicht Rechnung.
3    Sie stimmen soweit möglich die Sach- und Finanzierungsentscheide aufeinander ab.
4    Bundesrat und Verwaltung führen den Bundeshaushalt nach den Grundsätzen der Gesetzmässigkeit, der Dringlichkeit und der Sparsamkeit. Sie sorgen für einen wirksamen und wirtschaftlichen Einsatz der Mittel.
OR: 67
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 67 - 1 Der Bereicherungsanspruch verjährt mit Ablauf von drei Jahren, nachdem der Verletzte von seinem Anspruch Kenntnis erhalten hat, in jedem Fall aber mit Ablauf von zehn Jahren seit der Entstehung des Anspruchs.39
1    Der Bereicherungsanspruch verjährt mit Ablauf von drei Jahren, nachdem der Verletzte von seinem Anspruch Kenntnis erhalten hat, in jedem Fall aber mit Ablauf von zehn Jahren seit der Entstehung des Anspruchs.39
2    Besteht die Bereicherung in einer Forderung an den Verletzten, so kann dieser die Erfüllung auch dann verweigern, wenn der Bereicherungsanspruch verjährt ist.
VVG: 4 
SR 221.229.1 Bundesgesetz vom 2. April 1908 über den Versicherungsvertrag (Versicherungsvertragsgesetz, VVG) - Versicherungsvertragsgesetz
VVG Art. 4
1    Der Antragsteller hat dem Versicherungsunternehmen anhand eines Fragebogens oder auf sonstiges Befragen alle für die Beurteilung der Gefahr erheblichen Tatsachen, soweit und so wie sie ihm bekannt sind oder bekannt sein müssen, mitzuteilen. Sowohl das Befragen als auch die Mitteilung haben schriftlich oder in einer anderen Form, die den Nachweis durch Text ermöglicht, zu erfolgen.24
2    Erheblich sind diejenigen Gefahrstatsachen, die geeignet sind, auf den Entschluss des Versicherungsunternehmens, den Vertrag überhaupt oder zu den vereinbarten Bedingungen abzuschliessen, einen Einfluss auszuüben.
3    Die Gefahrstatsachen, auf welche die Fragen des Versicherungsunternehmens in bestimmter, unzweideutiger Fassung gerichtet sind, werden als erheblich vermutet.25
6 
SR 221.229.1 Bundesgesetz vom 2. April 1908 über den Versicherungsvertrag (Versicherungsvertragsgesetz, VVG) - Versicherungsvertragsgesetz
VVG Art. 6
1    Hat der Anzeigepflichtige bei der Beantwortung der Fragen gemäss Artikel 4 Absatz 1 eine erhebliche Gefahrstatsache, die er kannte oder kennen musste und über die er befragt worden ist, unrichtig mitgeteilt oder verschwiegen, so ist das Versicherungsunternehmen berechtigt, den Vertrag schriftlich oder in einer anderen Form, die den Nachweis durch Text ermöglicht, zu kündigen.29 Die Kündigung wird mit Zugang beim Versicherungsnehmer wirksam.
2    Das Kündigungsrecht erlischt vier Wochen, nachdem das Versicherungsunternehmen von der Verletzung der Anzeigepflicht Kenntnis erhalten hat.30
3    Wird der Vertrag durch Kündigung nach Absatz 1 aufgelöst, so erlischt auch die Leistungspflicht des Versicherungsunternehmens für bereits eingetretene Schäden, soweit deren Eintritt oder Umfang durch die nicht oder unrichtig angezeigte erhebliche Gefahrstatsache beeinflusst worden ist. Soweit die Leistungspflicht schon erfüllt wurde, hat das Versicherungsunternehmen Anspruch auf Rückerstattung.31
4    Wird ein Lebensversicherungsvertrag, der nach Massgabe dieses Gesetzes rückkauffähig ist (Art. 90 Abs. 2) aufgelöst, so hat das Versicherungsunternehmen die für den Rückkauf festgestellte Leistung zu gewähren.
40
SR 221.229.1 Bundesgesetz vom 2. April 1908 über den Versicherungsvertrag (Versicherungsvertragsgesetz, VVG) - Versicherungsvertragsgesetz
VVG Art. 40 - Hat der Anspruchsberechtigte oder sein Vertreter Tatsachen, welche die Leistungspflicht des Versicherungsunternehmens ausschliessen oder mindern würden, zum Zwecke der Täuschung unrichtig mitgeteilt oder verschwiegen oder hat er die ihm nach Massgabe des Artikels 39 dieses Gesetzes obliegenden Mitteilungen zum Zwecke der Täuschung zu spät oder gar nicht gemacht, so ist das Versicherungsunternehmen gegenüber dem Anspruchsberechtigten an den Vertrag nicht gebunden.
BGE Register
30-II-220 • 30-II-402 • 31-II-221
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
beklagter • bundesgericht • vorinstanz • inventar • versicherungsvertrag • kantonsgericht • frage • kenntnis • schaden • falsche angabe • stein • betreibungsamt • einwendung • sprache • 1919 • tag • aberkennungsklage • baute und anlage • versicherer • angabe
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