220 Civilrechtspflege.

Frage auf ein von der Beklagten zu vertretendes Verschulden einer
Anfsichtspersou zurückzuführen ist. Bei der Schadensberechnung der
Vorinstanz ist nun aber übersehen, dass die Alimentationspflicht des
Verstorbenen noch nicht praktisch war, weil die Eltern zur Zeit noch
arbeitsfähig sind und es aller-Voraussicht nach noch eine Reihe von
Jahren sein werden und dass deren Unterstützungsbedürftigkeit zudem erst
nach Aufzehrung ihres Nettovermögens von rund 4500 Fr. wirklich eintreten
wird. Auch kann ernstlich nicht die Rede davon sein, dass der Verunglückte
bei seinem kleinen Verdienst, auch wenn sein Lohn in der Folge etwas
gestiegen wäre, aus die Dauer einen sichern Beitrag von 185 Fr. hätte
leisten können. Vielmehr muss mit der Möglichkeit gerechnet werden,
dass er durch Begründung einer eigenen Familie ausser Stand gesetzt
worden ware, seine Eltern noch irgendwie wesentlich zu unterstützen
Berücksichtigt man diese von der Vorinstanz nicht gewürdigten Momente,
so rechtfertigt es sich, die Entschädigung nach freiem richterlichem
Ermessen auf 1200 Fr. herabzusetzen, welcher Betrag dann ungefähr dem
entspricht, was vom Bundesgericht in ähnlichen Fällen gesprochen worden
isf. Demnach hat das Bundesgericht erkannt:

Die Berufung wird als teilweise begründet erklart und das Urteil
des Obergerichts des Kantons Schasfhausen vom 18. Februar 1905
dahin abgeandert, dass die Beklagte verurteilt wird, dem Klager eine
Entschädigung von 1200 Fr. nebst 5 °,? oZins seit 19. August 1903 zu
bezahlen.lll. Haftpflicht für den Fabrikund Gewerbebetrieb. N° 34. 221

34. Artas vom 21. Juni 1905 in Sachen Jäger-, KI. u. Ber.-Kl., gegen
Hiitkimllmt, Bekl. u. Ber.-Bekl.

Haftpflicht feieeinen Unfall, der sich auf einem Verbindungsgeleise
(Anschlnssgeleise eine-r Fabrik) ewigen-tAnwendbarkeit des EHH, des
FHG, oder beider Gesetze? Art.-. 13 BG über die Rechtswrhdlmisse der
Verbindemgsgeleise, vom 19. Dezember 1874.

A. Durch Urteil vom 14. März 1905 hat die I. Appellationskainmer des
Obergerichts des Kantons Zürich über die Streitfrage :

Ist der Beklagte verpflichtet, an den Kläger als Haftpflichtentschädigung
für erlittenen Unfall den Betrag von 4000 Fr. zu. bezahlen ? in
Bestätigung des Urteils des Bezirksgerichts Zürich vom 31. Januar 1905
erkannt:

Die Klage wird abgewiesen

B. Gegen dieses Urteil hat der Kläger die Berufung ans Bundesgericht
ergriffen mit dem Antrag: Es sei die Klage im vollen Umfange
gutzuheissen. Eventuell es seien die Akten an die Vorinstanz
zurückznweisen behufs Abnahme der vom Kläger angebotenen Beweise.

C. In der heutigen Hauptverhandlung vor Bundesgericht hat der Vertreter
des Klägers diese Anträge begründet.

Der Vertreter des Beklagten hat auf Abweisung der Berufung und Bestätigung
des angefochtenen Urteils angetragen.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1. Der Kläger Josef Jäger erlitt am 18. Dezember 1902 in dem der
Fabrikhaftpflicht unterstehenden Bierbrauereigeschäst des Beklagten,
wo er als Handlanger angestellt ist, einen Unfall. Er war mit andern
Arbeitern damit beschäftigt, drei auf dem Anschlussgeleise der Brauerei
stehende Bahnbierwagen vor die sogen. Spedition zu stossen, und zwar
schob er mit einem Nebenarbeiter speziell den vordersten Wagen. Hiebei
wurde er, während er noch am Puffer stand, von dem nachfolgenden Wagen,
der etwas schneller fuhr, getroffen, und am Vrustkorb und linken Oberarm

222 Givilrechtspflege.

verletzt. Nach dem behandelnden Arzt betrug die voraussichtliche
Arbeitsunfähigkeit des Klägers 2 3 Wochen und war nachher vollständige
Heilung zu erwarten. Der Kläger nahm denn auch die Arbeit am 23. Dezember
1902 wieder auf. Für die vorübergehende Arbeitsunfähigkeit und die
Heilungskosten ist er entschädigt. Am 26. Januar 1903 erstattete der
Beklagte die Anzeige (B) über den Ausgang des Unfalls mit folgenden hier
in Betracht kommenden Angaben: Arbeitsunfähigkeit vom 13. Dezember bis
und mit 22. Dezember 1902. Bleibender Nachteil: feiner. Der Kläger hat
seit Wiederaufnahme der Arbeit stets beim Beklagten gearbeitet zum selben
Lohn von 5 Fr. wie vor dem Unfall.

Der Unfall ereignete sich auf dem Verbindungsgeleise, das von der Brauerei
des Beklagten zum Gemeinschaftsgeleise der Ütlibergbahn und Sihltalbahn
und zum Bahnhof Giesshübel führt. Aus dem Vertrag zwischen dem Beklagten
und der Sihltalbahngesellschast über die Erstellung und den Betrieb dieses
Anschlussgeleifes vom LL. April 1898 ist folgendes hervorzuheben: Das
Verbringen und Abholen der für die Brauerei bestimmten Wagen geschieht
durch die Lokomotiven der Sihltalbahn zwischen 11 Uhr 15 und 11 Uhr
45 vormittags Die Sihltalbahn verpflichtet sich, dem Beklagten so viel
leere Wagen zur Verfügung zu stellen, als verlangt werden. Der Beklagte
fibernimmt die Haftpflicht für alle Unfälle, die durch sein Personal,
und die Bahn diejenigen, die durch das Bahnpersonal verschuldet werden.

L. Mit Klage, eingeleitet am 9. November 1904, belangte der Kläger
den Beklagten auf Zahlung einer Entschädigung von 4000 Fr. aus
Eisenbahneventuell Fabrikhaftpflicht. Er behauptete, gestützt auf
ärztliche Zeugnisse, dass infolge des Unfalls vom 13. Dezember 1902
seine Crwerbsfähigkeit dauernd um 20 0O vermindert sei, was vom Beklagten
bestritten wurde. Der auf Art. 12
SR 611.0 Bundesgesetz vom 7. Oktober 2005 über den eidgenössischen Finanzhaushalt (Finanzhaushaltgesetz, FHG) - Finanzhaushaltgesetz
FHG Art. 12
1    Bundesversammlung und Bundesrat halten die Ausgaben und Einnahmen auf Dauer im Gleichgewicht; dabei richten sie sich nach Artikel 126 der Bundesverfassung (Schuldenbremse).
2    Sie tragen bei der Führung des Bundeshaushalts sowohl der Finanzierungs- als auch der Erfolgssicht Rechnung.
3    Sie stimmen soweit möglich die Sach- und Finanzierungsentscheide aufeinander ab.
4    Bundesrat und Verwaltung führen den Bundeshaushalt nach den Grundsätzen der Gesetzmässigkeit, der Dringlichkeit und der Sparsamkeit. Sie sorgen für einen wirksamen und wirtschaftlichen Einsatz der Mittel.
FHG gestützten Verjährungseinrede des
Beklagten gegenüber machte der Kläger für den Fall, dass das FHG zur
Anwendung kommen sollte, geltend, dass die Verjährung nicht habe ablaufen
können nach Art. 8 Abs. 4
SR 836.1 Bundesgesetz vom 20. Juni 1952 über die Familienzulagen in der Landwirtschaft (FLG)
FLG Art. 8 Verrechnung - Die Familienzulagen für selbstständigerwerbende Landwirte können mit den Beiträgen, die diese gemäss Bundesgesetz vom 20. Dezember 194628 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG) sowie gemäss Artikel 18 dieses Gesetzes schulden, verrechnet werden.
der Novelle zum FLG, weil die Unfallanzeige B
vom 26. Januar 1903 objektiv unrichtig gewesen fei, und weil der Beklagte
noch vor Ablauf der

[II. Haftpflicht für den Fabrikund Gewerbebetrieb. N° 34. 223

Verjährungsfrist hievon Kenntnis erhalten und trotzdem keine berichtigte
Anzeige gemacht habe.

Beide kantonalen Jnstanzen gingen davon aus, dass der Unfall unter die
Fabrikhaftpflicht und nicht unter die Eisenbahnhaftpflicht falle, das
Obergericht mit folgender wesentlicher Begründung: Zwar könne auch eine
Fabrik Eisenbahnunternethng oder Transportanstalt im Sinne von Art. 1
SR 836.1 Bundesgesetz vom 20. Juni 1952 über die Familienzulagen in der Landwirtschaft (FLG)
FLG Art. 8 Verrechnung - Die Familienzulagen für selbstständigerwerbende Landwirte können mit den Beiträgen, die diese gemäss Bundesgesetz vom 20. Dezember 194628 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG) sowie gemäss Artikel 18 dieses Gesetzes schulden, verrechnet werden.
4
EHG sein, z. B. dann, wenn sie auf dem konzedierten Verbindungsgeleise
den Betrieb des Rollniaterials von und nach der Station zwar unter
einer gewissen Oberaufsicht der Eisenbahnunternehmuug, aber auf eigene
Rechnung und Gefahr mit eigenen Lokomotiven ausführe. Dabei wäre
der Umstand bedeutungslos, dass nur eigene Waren und Personen des
Etablissements befördert würden. Aus dein Vertrag des Beklagten mit der
Sihltalbahn ergebe sich aber, dass die letztere den gesamten Betrieb auf
dem Verbindungsgeleise zwischen der Station Giesshübel und der Brauerei
übernommen habe. Die letztere sei also keine Transportanstalt im Sinne des
EHG und werde es auch dadurch nicht, dass sie durch ihre Angestellten die
mit Dampfkraft herbeigeschafften Güterwagen von den Rampen zurechtstellen,
beladen, entladen und wieder zur Abholung bereitstellen lasse. Denn nicht
jede Manipulation, die, von den Angestellten einer Transportunternehmung
vorgenommen, als zum Bahnbetriebe gehörig erscheine, sei dies auch dann,
wenn sie im Betriebe eines nicht unter dem EHG stehenden Unternehmens
ausgeführt werde. Die Klage aus FHG sodann wurde von beiden Jnstanzen
wegen Verjährung abgewiesen, weil die Schlussanzeige des Beklagten vom
26. Januar 1903 den gesetzlichen Anforderungen entsprochen habe. Das
Gesetz enthalte keine Anhaltspunkte, so führt das Obergericht aus,
dass die Schlussauzeige als nicht erfolgt und rechtlich unwirksam zu
betrachten wäre, wenn sich später heraus-stelle, dass die Unfallsfolgen
schwerere gewesen seien, als bei Erstattung der Anzeige angenommen
worden fei. Als nicht rechtsverbindlich sei die Schlussanzeige nur dann
zu betrachten, wenn sie dem im Zeitpunkte der Abgabe festgestellten oder
leicht feststellbaren Krankheitszustand des Klägers widerspreche. Eine
absolute Vollständigkeit und unumstössliche Richtigkeit des Inhaltes
könne aber der Natur der Sache nach nicht ge-

224 civilrectitsptlege.

fordert werden, und es liege dies auch nicht im Sinne der vom Gesetze
verlangten raschen Abwicklung der Hastpslichtsälle und der damit im
Zusammenhang stehenden Vorschrift (Art. 8 Abs. 2), dass die Schlussanzeige
spätestens neun Monate nach dem Unfall zu erstatten sei. -

3. Die kantonalen Gerichte sind mit Recht davon ausgegangen, das, wenn
das FHG auf den Unfall des Klägers Anwendung findet, die Klage nach dessen
Art. 12 verjährt ist, weil der Beklagte rechtzeitig eine den gesetzlichen
Anforderungen entsprechende Schlussanzeige nach Formular B erstattet hat
(Art. 8 Abs. 4 d
SR 836.1 Bundesgesetz vom 20. Juni 1952 über die Familienzulagen in der Landwirtschaft (FLG)
FLG Art. 8 Verrechnung - Die Familienzulagen für selbstständigerwerbende Landwirte können mit den Beiträgen, die diese gemäss Bundesgesetz vom 20. Dezember 194628 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG) sowie gemäss Artikel 18 dieses Gesetzes schulden, verrechnet werden.
. Novelle zum FLG). Es genügt in dieser Beziehung auf die
zutreffende Begründung der Vorinstanz zu verweisenz die darin entwickelte
Auffassung über die Erfordernisse einer genügenden Unfallanzeige B deckt
sich mit den Ausführungen des Bundesgerichts im Falle Kindler gegen Möri
(Amd. Samml. XXX, 2. Teil, Nr. 29).

Kommt dagegen, wie der Kläger in erster Linie behauptet, das EHG
zur Anwendung, so ist die Klage nicht verjährt, weil sie innert der
zweijährigen Frist des Art. 10 Abs. 2seit dem Unsall angebracht ist. Die
Frage, ob man es, eventuell neben der Fabrikhaftpflicht, dem Beklagten
gegenüber mit einem Falle der Eisenbahnhaftpflicht zu tun habe, bedarf
daher der Erörterung

4. Nach am. 13 des BG über die Rechtsverhältnisse der Verbindungsgeleise
vom 19. Dezember 1874 finden die bundesgesetzlichen Bestimmungen
über die Verbindlichkeit der Eisenbahnen für die beim Bau und
Betrieb herbeigeführten Tötungen und Verletzungen auch auf die
Privatverbindungsgeleise gewerblicher Anstalten Anwendung, welche
Vorschrift offenbar aus der Erwägung beruht, dass der Transport auf einem
Verbindungsgeleise im wesentlichen die nämliche Eigenartigkeit aufweist
und namentlich mit denselben oder ähnlichen Gefahren verbunden ist, wie
der auf den Hauptgeleiseanlagen sich vollziehende Eisenbahntransport. Es
entspricht daher nicht nur dem Wortlaut jener Norm, die objektiv den
Betrieb auf den Verbindungsgeleisen der Eisenbahnhaftpflicht unterstellt,
sondern vor allem auch ihrem Zweck, dass alle bei diesem Betrieb sich
ereignenden Unsälle die Eisenbahnhastpflicht begründen, gleichgültig wer
Betriebsunternehmer ist, d. h. wer inIll. Haftpflicht für den Fahrikund
Gewerbebetrieb. N° 34. 225

eigenem Interesse und auf eigene Kosten den Transport auf dem Geleise
besorgt, ob die Bahn oder der Besitzer des Anschlussgeleises. Und da
nun als haftpslichtiges Subjekt stets nur der Betriebsunternehmer in
Betracht kommen kann, so ist mit der Vorinstanz davon auszugehen, dass
auch der Besitzer des Verbindungsgeleises, sofern er den Betrieb des
letztern ganz oder teilweise selber besorgt, in dieser Beziehung der
Eisenbahnhaftpflicht unterstellt ist, obgleich er keine Transportanstalt
oder Eisenbahnunternehmung im Sinne des Art. 2
SR 836.1 Bundesgesetz vom 20. Juni 1952 über die Familienzulagen in der Landwirtschaft (FLG)
FLG Art. 8 Verrechnung - Die Familienzulagen für selbstständigerwerbende Landwirte können mit den Beiträgen, die diese gemäss Bundesgesetz vom 20. Dezember 194628 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG) sowie gemäss Artikel 18 dieses Gesetzes schulden, verrechnet werden.
und 3
SR 836.1 Bundesgesetz vom 20. Juni 1952 über die Familienzulagen in der Landwirtschaft (FLG)
FLG Art. 8 Verrechnung - Die Familienzulagen für selbstständigerwerbende Landwirte können mit den Beiträgen, die diese gemäss Bundesgesetz vom 20. Dezember 194628 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG) sowie gemäss Artikel 18 dieses Gesetzes schulden, verrechnet werden.
EHG darstellt. Nur
kann hiebei die Einschränkung der Vorinstanz, dass Lokomotivbetrieb
vorliegen müsse, nicht zugelassen werden; denn die eigentümliche
Gefährlichkeit des Eisenbahnbetriebes beruht zu einem wesentlichen Teil
auf der Bewegung schwerer Wagen auf Eisenschienen, mag diese Bewegung
durch Dampfkraft, tierische oder menschliche Muskelkrast bewirkt sein,
und es steht denn auch in der Praxis fest, dass die Beförderung der
Wagen aus der Schienenautage allgemein und ohne Rücksicht auf die
Art der treibenden Kraft zum Eisenbahnbetrieb im Sinne des EHG gehört
(siehe Ath Samml. XVI, S. 124, Erw. 4). Sobald aber der Besitzer des
Verbindungsgeleises Betriebsunternehmer in Bezug auf das letztere oder
einen Teil davon ist, was das erwähnte BG von 1874 (Art. 6) als Regel
vorsieht, und als solcher der Eisenbahnhastpslicht unterliegt, so ist
es möglich, dass, indem Eisenbahnund Fabrikbetrieb ineinandergreifen,
derselbe Unfall eines Arbeiters oder Angestellten den Tatbestand
der Eisenbahnund der Fabrikhaftpslicht erfüllt, und in einem solchen
Falle wäre, weil weder aus positiven Gesetzesvorschriften, noch aus
der Natur der Rechtsverhältnisse etwas anderes folgt, anzunehmen,
dass dem Betroffenen zwei verschiedene Hastpslichtansprüche erwachsen,
für deren gegenseitiges Verhältnis die Grundsätze über Klagenkonkurrenz
massgebend waren.

Frägt es sich daher, ob der Kläger bei dem vom Beklagten als Unternehmer
besorgten Betrieb des Verbindungsgeleises verunglückt sei, so kommt in
Betracht: Der Unsall hat sich nicht beim Transport der Wagen von der
Brauerei zum Anschlusspunkt, worin in erster Linie die bestimmungsund
zweckgemässe Benutzung des Verbindungsgeleises liegt, ereignet. In Bezug
aus diesen Trans-

236 civilrechtspilege.

port wäre zudem der Beklagte nicht Betriebsunternehmer, weil er nach
dem Vertrag mit der Bahn der letztern oblag und aus den Akten nicht
ersichtlich ist, dass der Vertrag in diesem Punkte nicht beobachtet worden
wäre. Die Arbeit, bei welcher der Kläger verunglückte, bestand vielmehr
dai in, dass die von-der Bahn herangebrachten und zum Beund Entladen
hingestellten Wagen etwas verschoben wurden. Ob und inwieweit nun ein
derartiges-, unabhängig vom Transport von und zum Anschlusspunkt sich
vollziehendes Spin: und Herschieben der Wagen in der Fabrik durch deren
Arbeiter, insofern es regelmässig geschieht und notwendig ist, damit die
Wagen zum Beund Entladen zurechtund zur Abholung bereitgestellt werden,
mit zur zweckund bestimmungsgemässen Benutzung der Verbindungsgeleise
und damit zum eisenbahnartigen und eisenbahnhaftpflichtigen Betrieb
der letzteren zu rechnen ist, braucht hier nicht näher erörtert zu
werden; denn auf ein bloss gelegentliches Verrücken der Wagen über
geringe Raumstrecken, das nur vereinzelt, nicht regelmässig, aus
momentanen Bedürfnissen vorgenommen wird, trifft diese Qualifikation
einer bestimmungsund zweckgemässen Benützung des Geleier jedenfalls
nicht zu, und nach den Akten liegt nun nichts dafür vor, dass man es bei
der kritischen Bewegung mit einem regelmässig vorgenommenen Manöver und
nicht bloss mit einem vereinzelten und gelegentlichen Verschieben der
Wagen im Interesse der augenbiicklichen Bedürfnisse des Fabrikbetriebs
zu tun habe. Das Urteil der Vorinstanz ermangelt zwar in dieser Beziehung
einer besondern Feststellung, doch ergiebt sich das Nötige aus den Akten
ohne weiteres-. Denn der Kläger, dem die Beweislast in Bezug ans den
behaupteten Eisenbahnbetriebsunfall oblag, hat vor erster Instanz gar
keine nähern Angaben über die Art und Weise, wie das Geleise in der
Brauerei beim (Ein: und Aus-laden beniitzt wird, gemacht und nicht
behauptet, dass hiebei jeweilen ein regelmässig-es Verschieben und
Zurechtstellen der Wagen stattfinde, das sich zu einem eigentlichen
Betrieb des Geleises im angegebenen Sinn zusammenschliessen würde. Auch
aus der Darstellung-, welche die Parteien vom Unfall geben, ist in dieser
Beziehung kein näherer Aufschluss zu gewinnen. Die Behauptung sodann, die
der Nägerische Anwalt vor der zweiten Instanz neu aufgestellt hat, dass

Ill. Haftpflicht für den Fabrikund Gewerbebetrieb. N° 35. '22'?

die Arbeiter des Beklagten die Wagen bis an das Bahngeleise herangebracht
hätten, ist vom Beklagten bestritten und vom Obergericht, offenbar
weil als novum prozessualisch unzulässig, nicht gewürdigt worden; sie
steht auch im Widerspruch mit dem Vertrag des Bekiagten mit der Bahn,
ganz abgesehen davon, dass ja der Kiäger offenbar nicht bei einem solchen
Transport der Wagen nach dem Anschlusspunkt, sondern bei einem Verschieben
innerhalb der Brauerei sich verletzt hat-

Sind somit die Voraussetzungen eines unter das EHG fallenden
Betriebsunfalles vorliegend nicht erstellt, so muss die Klage, weil der
Anspruch aus Fabrikhaftpslicht nach dem gesagten verfährt ist, mit der
Vorinstanz ohne weitere materielle Prüfung abgewiesen werden. Demnach
hat das Bundesgericht

erkannt:

Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil der I. Appeliationskammer
des Obergerichts des Kantons Zürich vom 14. März 1905 bestätigt.

35. Anteil vom 22. Zum 1905 in Sachen Hause-r & Cie.,
Bekl. u. Hanptber.-Kl., gegen éiingfl, Kl., Berus.-Vekl. u. Anschlber.-Kl.

Haftpflicht für Bruchaustritt. Keeusalzusammenhang zwischen
Unfallereig-nis und Bruchausm'tt ; Unfallnatur des Brunnen-stritten
Umfang des durch den Bruchaustritt bewirkten Scieadms.

A. Durch Urteil vom 25. März 1905 hat das Obergericht des Kantons Zürich
über die Streitfrage:

Ist die Beklagte schuldig, dem Kläger aus Unfall 2700 Fr. zu bezahlen
'?" erkannt :

Die Beklagte ist pflichtig, dem Ktäger 600 Fr. nebst Verzugszinsen zu
50/0 seit dem 9. Mai 1904 zu bezahlen. Die Mehrforderung wird abgewiesen
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 31 II 221
Datum : 18. Februar 1905
Publiziert : 31. Dezember 1905
Quelle : Bundesgericht
Status : 31 II 221
Sachgebiet : BGE - Zivilrecht
Gegenstand : 220 Civilrechtspflege. Frage auf ein von der Beklagten zu vertretendes Verschulden


Gesetzesregister
EHG: 1  2  3
FHG: 12
SR 611.0 Bundesgesetz vom 7. Oktober 2005 über den eidgenössischen Finanzhaushalt (Finanzhaushaltgesetz, FHG) - Finanzhaushaltgesetz
FHG Art. 12
1    Bundesversammlung und Bundesrat halten die Ausgaben und Einnahmen auf Dauer im Gleichgewicht; dabei richten sie sich nach Artikel 126 der Bundesverfassung (Schuldenbremse).
2    Sie tragen bei der Führung des Bundeshaushalts sowohl der Finanzierungs- als auch der Erfolgssicht Rechnung.
3    Sie stimmen soweit möglich die Sach- und Finanzierungsentscheide aufeinander ab.
4    Bundesrat und Verwaltung führen den Bundeshaushalt nach den Grundsätzen der Gesetzmässigkeit, der Dringlichkeit und der Sparsamkeit. Sie sorgen für einen wirksamen und wirtschaftlichen Einsatz der Mittel.
FLG: 8
SR 836.1 Bundesgesetz vom 20. Juni 1952 über die Familienzulagen in der Landwirtschaft (FLG)
FLG Art. 8 Verrechnung - Die Familienzulagen für selbstständigerwerbende Landwirte können mit den Beiträgen, die diese gemäss Bundesgesetz vom 20. Dezember 194628 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG) sowie gemäss Artikel 18 dieses Gesetzes schulden, verrechnet werden.
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
beklagter • weiler • vorinstanz • ehg • brauerei • bundesgericht • fabrik • frage • stelle • lohn • benutzung • uhr • unternehmung • kenntnis • richtigkeit • dauer • arbeitsunfähigkeit • berufung ans bundesgericht • bedürfnis • bruchteil
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