652 s Obligationenrecht. N° 102.

2. ' Ob der Beklagte schon von Gesetzes wegen, als Mitglied die Firma
Guggenheim & Cle in Basel, halte, fällt für die bundesgeriehtliche
Beurteilung als gegenstandslos ausser Betracht. Müsste man nämlich
mit dem Beklagten eine solche Haltbarkeit verneinen, so Würde eben
die Zahlungspflicht des Beklagten dennoch bestehen kraft der dem
angefochtenen Entscheid zu Grunde gelegten Schuldübernahme, die genügt,
um den Vorentscheid zu stützen und in welcher Beziehung dieser nach dem
Gesagten einer Nachprüfung. und Abänderung nicht zugänglich ist.

Demnach hat das Bundesgericht erkannt :

Auf die Berufung wird nicht eingetreten.

102. Urteil der I. Zivilabteilung vom 29. Dezember 1916 i. S. Schuler,
Kläger und Berufungskläger gegen Borla, Beklagter und Berufungsbeklagter.

Anschluss berufung gegen die Abweisung einer Einr e d c bei
Abweisung auch der Klageforderung. L e g al isation der gefälschten
Unterschrift eines Bürgers. durch einen Notar. Schadenersatzklage des
Mitbürgen gegen den Notar, weil der Kläger den Anteil des scheinbaren
Mithürgen bezahlt habe und ihm aus dessen Belangung Kosten entstanden
seien. Begründung der Ersatzforderung teils als persönliche, teils als
solche aus einer Abtretungserklärung nach A r t. 5 0 5 OR. A n w e n
dI) ares Recht. Einrede der Verjährung. KausalZ 11 s a m m e n h a n
g zwischen Legalisation und Schaden. Vers chul dien sfr age. Adäquate
Verursaehung.Rechts-

vo der Thatsachenirrtum bei der Zahlung ?

1. Am 19. April 1905 hat Samuel Schaffner, damals

Pfarrer in Kerzers, zu Gunsten der Sparund Hülfskasse--

Madretsch einen Schuldschein von 5000 Fr. aus Darlehen

Obligationenrecht.' N° 102. ? 653

ausgestellt. Laut den auf der Urkunde befindlichen Unterschriften
Verpflichteten sich für diese Schuld als Solidarbiirgen der Bruder des
Hauptschuldners, Arnold Schaffner in Schöftland, Rudolf Netz in Kerzers
und der Kläger, Sekundarlehrer Adolf Schuler in Kirchberg. Alle drei
Unterschriften sind von dem Beklagten, Notar Borle in Bern, als echt
hekundet. In Wirklichkeit ist die des Arnold Schaffner "vom Hauptschuldner
Samuel Schaffner gefälscht, der später, am 28. August 1912, wegen
dieser und anderer Fälschungen vom freiburgischen Schwurgerichte mit
Strafe belegt wurde. Wie die Vorinstanz annimmt, hat der Beklagte die
gefälschte Unterschrift auf die Erklärung des angeblichen Bürgen Arnold
Schaffner hin heglaubigt, die (bereits auf dem Schriftstück befindliche)
Unterschrift sei die seinige.

Im Jahre 1911 wurde über den Hauptschuldner der Konkurs erkannt und die
Gläubigerin erlitt auf ihrer noch für einen Restanzhetrag von 3840 Fr.
bestehenden F orderung einen Ausfall von 3571 Fr. In Voraussicht dieses
Verlustes hatte der Kläger schon vorher, im August 1911, den auf ihn
entfallenden Dritteil der Restschuld mit 1280 Fr. bezahlt, wogegen ihm die
Gläubiger-in ihre Rechte gegen den Hauptschuldner abtrat. Der Bürge Netz
bezahlte auf Rechnung seines Dritteils 1095 Fr. ; für den Rest von 185
Fr. nebst 114 Fr. 80 Cts. Zinsen, zusammen 299 Fr. 80 Cts. erhielt die
Gläubigerin einen Verlustschein auf ihn ausgestellt. Arnold Schaffner,
als Bürge angesucht, verweigerte im August 1911 die Zahlung mit der
Begründung, er habe sich für die fragliche schuld nicht verbürgt, seine
Unterschrift sei gefälscht. Darauf forderte die Gläubigerin vom Kläger
die Schuldrestanz ein und dieser entsprach der Aufforderung, indem er am
1. Oktober 1914 der Gläubigerin sowohl die von Netz nicht entrichteten
299 Fr. 80 Cts als den Anteil des Arnold Schaffner von 1280 Fr., nebst
210 Fr. zugehörigen Zinsen und Kosten, bezahlte. Am gleichen Tage stellte

,die Gläubigerin dem Kläger die Erklärung aus, dass er

654 Ohiigstiouenreeht. N° 102.

für die Hälfte der genannten 299 Fr. 80 Cts., die genannten 1280 Fr. und
210 Fr., zusammen für 1639 Fr. 90Cts., rückgriiisberechtigt sei und dass
ihm alle gläubigerischen Rechte hiemit förmlich abgetreten werden . In
der Folge belangte der Kläger den Arnold Schaffner im Regresswege auf
Bezahlung der 1639 Fr. 90 Cts.,. wurde aber (im Aberkennungsprozess)
durch Urteil des. Bezirksgerichts Kulm vom 22. Juni 1915 abgewiesen,
weil die Unterschrift des Aberkennungsklägers Schaffner auf dem
Bürgschaftsakte gefälscht sei und dieser daher nicht als Bürge
hafte. Infolge dieses Verfahrens hatte der Kläger Schuler 634 Fr. 45
Cts. Kosten zu bezahlen gehabt.. Im nunmehrigen Prozesse, der Anfang
Januar 1915durch Aussöhnungsversuch eingeleitet wurde, verlangt.
der Kläger vom Beklagten Bezahlung von 2375 Fr. (als aufgerundete Summe
der beiden Beträge von 1639 Fr. 90? Cis. und 634 Fr. 45 Cts. nebst
weiteren 100 Fr. Auslagen für persönliche Bemühungen und Anwaltskosten),
samt Zinsen und Verzugszinsen. Eventuell beantragt er Bezahlung einer vom
Gericht zu bemessenden Summe. DieKlageforderung wird damit begründet,
dass die unrichtige Legalisierung der Unterschrift Arnold Schafiners
ein Verschulden des Beklagten bei der Ausübung seiner Berufstätigkeit
als Notar darstelle, dass der Kläger im Vertrauen auf jene Legalisation
vorgegangen seiund der Beklagte ihm daher den erlittenen Schaden ersetzen
müsse.. Der Beklagte hält der Klage in erster Linie die Einrede der
Verjährung entgegen, indem er, unter Berufung auf die mit dem Kläger
gewechselte Korrespondenz und diestrafgerichtliche Verurteilung des
Hauptschuldners geltend macht, der Kläger habe die Unechtheit der
Unterschrift Arnold Schaffners schon seit länger als Jahresfrist vor der
gerichtlichen Geltendmachung seiner Ansprüche. gekannt. In der Sache
selbst bestreitet er, dass ihn ein Verschulden treffe und allfällig,
dass er den angeblichen Schaden verursacht habe. Die Vorinstanz hat
durch Urteil vom 28. September

Obligaflon'enrecm. N° 102. 655

1916 die Verjährungseinrede und das Klagebegehren abgewiesen.

2. Die B e r 11 f u n g ist zulässig. Dabei ist über die Frage des
anzuwendenden Rechts zu bemerken : Die Legalisation der Unterschrift,
aus der als 'schuldhafter Handlung der Kläger seine Ersatzansprüche
.ableitet, wurde im April 1905, also unter der Herrschaft des alten OR,
vorgenommen. Dessen Art. 64
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 64 - Die Rückerstattung kann insoweit nicht gefordert werden, als der Empfänger nachweisbar zur Zeit der Rückforderung nicht mehr bereichert ist, es sei denn, dass er sich der Bereicherung entäusserte und hierbei nicht in gutem Glauben war oder doch mit der Rückerstattung rechnen musste.
besagt, dass Bundesoder Kantonalgesetze vom
OR abweichende Bestimmungen über die Ersatzpflicht für Schaden aufstellen
können, welchen öffentlich Beamte oder Angestellte in Ausübung ihrer
amtlichen Verrichtungen verursachen. Ob Notare als solche anzusehen sind,
hängt vom jeweilisigen kantonalen Recht ab. (Vergl. für Basel-Stadt BGE 27
II S. 298
f. Erw. 2.). Aus den Erwägungen des angefochtenen Entscheides
muss man nun schliessen, dass der Kanton Bern über die Ersatzpflicht der
Not a re keine solchen vom OR abweichenden und damit dessen Anwendbarkeit
ausschliessenden Vorschriften erlassen hat. Die Vorinstanz geht bei
der Beurteilung des Falles freilich von der Anwendung des bernischen
Notariatsreehtes aus, indem sie erklärt, dieses gebiete dem Notar, nur
sinnlich wahrgenommene Tatsachen, die sich vor ihm abgespielt haben,
zu verurkunden. und gegen sidieses Verbot habe der Beklagte verstossen,
indem er die Unterschrift des Arnold Schaffner beglaubigt habe, die ihm
der Träger zwar als die seinige bezeichnet habe, die er ihn aber nicht
habe hinsetzen sehen. Insoweit kann das Bundesgericht den Vorentscheid
auf seine RichtigkeiÎ nicht nachprüfen, und zwar nicht nur, was die
angewendeten kantonalen Rechtsnormen anlangt, sondern auch in Hinsicht
auf die Behauptung des Klägers, die Annahme der Vorinstanz, Arnold
Schaffner habe die gefälschte Unterschrift gegenüber dem Beklagten
als die .seinige bezeichnet, sei aktenwidrig (BGE 38 II S. 550 f.) Nun
gründet aber die Vorinstanz die Folgerung, die sie .aus dem Bestande
des genannten Verbotes und der Tat-

656 J Obugationenrecht. N° 102.

sache seiner Uebertretung durch den Beklagten zieht,. dass nämlich
der Beklagte aus dieser Widerhandlung dem Geschädigten zum Ersatze
verpflichtet sei, nicht. ,auf die bernische Notariatsgesetzgebung,
sondern auf das OR, indem sie dessen Art. 51 als anwendbar erklärt..
Hienach hat also das Bundesgericht einerseits als festste hend anzunehmen,
dass der Beklagte durch die Legalisation der gefälschten Unterschrift
im Sinne von Art. 5
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 5 - 1 Wird der Antrag ohne Bestimmung einer Frist an einen Abwesenden gestellt, so bleibt der Antragsteller bis zu dem Zeitpunkte gebunden, wo er den Eingang der Antwort bei ihrer ordnungsmässigen und rechtzeitigen Absendung erwarten darf.
1    Wird der Antrag ohne Bestimmung einer Frist an einen Abwesenden gestellt, so bleibt der Antragsteller bis zu dem Zeitpunkte gebunden, wo er den Eingang der Antwort bei ihrer ordnungsmässigen und rechtzeitigen Absendung erwarten darf.
2    Er darf dabei voraussetzen, dass sein Antrag rechtzeitig angekommen sei.
3    Trifft die rechtzeitig abgesandte Annahmeerklärung erst nach jenem Zeitpunkte bei dem Antragsteller ein, so ist dieser, wenn er nicht gebunden sein will, verpflichtet, ohne Verzug hievon Anzeige zu machen.
(} OR widerrechtlich gehandelt habe, anderseits
aber kann es selbständig prüfen, ob und inwieweit sein Handeln ein
schuldhaftes gewesen sei (vergl. BGE 41 II S. 66Erw. 5) - wobei keine
im kantonalen Rechte beruhenden besondern Gründe ersichtlich sind, die
die Verschuldensfrage beeinflussen würden und ob ferner sein Handeln zu
Ungunsten des Klägers schädigend gewirkt habe.

3. Die Anschlussberufung, wodurch der Beklagte die von ihm erhobene V
e r j a h r u n g s e i nr e d e der bundesgerichtlichen Entscheidung
unterbreiten will, ist mangels eines Interesses an der Ergreifung dieses
Rechtsmittels als prozessualisch unzulässig anzusehen. Der angefochtene
Entscheid weist die Klage als sachlich unbegründet ab. Die Rechtsstellung
des Beklagten wird also durch diesen Entscheid, mindestens theoretisch,
noch bessergewahrt, als bei Zusprechung des Anschlussberufungsantrages,
der auf Abweisung der Klage wegen Verjährung lautet, in welchem Falle
das richterliche Urteil lediglich ausspräche, dass die eingeklagten
Ersatzansprüche nicht zu erfüllen seien, weil ihnen die Verjährungseinrede
hemmend entgegen stehe. Der Beklagte erklärt denn auch selbst, dass
er sich bei dem angefochtenen Urteil natürlich beruhigen könne-und
die Anschlussberufung nur vorsorglicherweise ergreife, nämlich damit
dasBundesgericht gegebenenfalls die Verjährungseinrede überhaupt
prüfen könne. Die Nach prüfung dieser Einrede ist aber vorzunehmen,
ohne dass. es eines besondern Begehrens bedarf. Denn der bundesgerichl
lichen Beurteilung unterliegen das materielle

Obligationenrecht. N° 102. 657'

streitverhältnis und das Prozessverhältnis in ihrer Gesamtheit, soweit
eine Verletzung von Bundesrecht in Frage steht, und daher kann das
Bundesgericht eine von

.der Vorinstanz abgewiesene Forderung nur dann ganz

oder teilweise zusprechen, wenn es auch die ihr entgegengehaltenen
Einreden geprüft und als unbegründet be-

funden hat. Nun kommt allerdings im vorliegenden Falle

noch der vom Beklagten heniorgehobene Umstand hinzu, dass die Vorinstanz
über die Verjährungseinrede in Form

ceines besondern, die Einrede abweisenden Dispositivs entschieden hat. Ob
sich aber in solchen Fällen eine an-

dere Behandlung der Frage rechtfertige, kann unerörtert bleiben in
Hinsicht auf die später-n Ausführungen über die Verjährungseinrede,
die diesen Punkt unberührt lassen.

4. Auf die sachliche Beurteilung des Streitfalles eintretend ist vorerst
der Auffassung des Vor derrichters beizustimmen, dass nach der dem aOR
durch die Rechtssprechunggegebenen Auslegung der Bürge nicht einzustehen
hat für den Anteil der verbürgten S c h u l d, der auf eine andere
als Bürge betrachtete Person entfallen wäre, deren H a f t u n g sich
nachträglich als n i c h t b e s t e h e n d herausstellt, dass Vielmehr
der Nichtbestand dieser Haftung an sich nur dem Gläubiger zum Nachteil
gereicht, indem dessen Forderung für die entsprechende Quote nicht
verbürgt ist (vergl. BGE 21 S. 802 f. Zeitschr. d. bern. Juristensvereins
36 S. 272 und 41 s 150). Durch die Legalisation der gefälschten

Unterschrift des Arnoid Schaffner ist also der Kläger für

sich allein noch nicht geschädigt werden ; im Gegenteil hat er sich
dadurch insofern rechtlich besser gestellt, als im Falle der Echtheit
der Unterschrift, wie er sie bei der Verbürgung irrtümlich voraussetzte,
seine Haftung sich,. im Sinne eines Einstehens für den dritten Mitbürgen,
auf den ganzen Schuldbetrag erstreckt hätte. Damit also der Kläger durch
das Verhalten des Beklagten geschädigt sein kannmuss dieses Verhalten mit
anderweitigen Umständen, die erst den Schaden herbeigeführt haben, zu--

658 Obligatione'nrecht. N° 102.

sammenhangen und in dieser Weise mittelbar kausal auf den Schadenseintritt
eingewirkt haben. Als solche _ Umstände nennt der Kläger einerseits
seine Zahlung vom

1. Oktober 1914 an die Gläubigetin und sodann die Tatsache, dass ihm
aus dem gegen Arnold Schaffner ergebnislos geführten Prozesse Kosten
entstanden sind. Beide Schadensgründe sind, weil in ihrer Bedeutung
verschieden, besonders zu betrachten.

5. WasdieZahlungvoml. Oktober1914 anlangt, so fällt zunächst der
Teilbetrag von 299 Fr. 80 Cts., den der Kläger zur Hälfte von 1 4 9
Fr. 90 Cts. durch den Beklagten ersetzt wissen will, ausser Betracht. Er
bezieht sich auf die Zahlung, die der Kläger an den Anteil des Mitbürgen
Netz geleistet hat, und diese hat mit der Legalisation der gefälschten
Unterschrift des angeblichen Burgen Arnold Schaffner nichts zu tun.

Von Bedeutung kann die Zahlung vom 1. Oktober 1914 nur für den
verbleibenden Betrag sein, also soweit damit der Hauptschuldner den
Restanzanteil, der auf Arnold Schaffner als Bürgen entfallen Wäre, 1280
Fr nebst dem zugehörigen Zins und Kostenbetrag von 210 Fr. erhalten hat. -

a) In dieser Beziehung ist die Klageforderung zunächst insofern
unbegründet, als der Kläger sie aus abgeleitetem Rechte, aus der
Abtretungserklärung der Gläubigerin vom 1. Oktober 1914 herleitet, mit
der Behauptung, durch die Abtretung sei die Schadenersatzforderung,
die auch die Gläubigerin gegenüber dem Beklagten aus der unrichtigen
Legalisation erlangt habe, auf ihn übergegangen. Wie die Vorinstanz mit
Recht annimmt, kann die Abtretungserklärung nur als eine solche im Sinne
von A r t. 5 0 5 O R aufgefasst werden, also als eine Beurkundung der
durch den Bürgcn geleisteten Zahlung und des damit gesetzlich verbundenen
Uebergangs der Gläubigerrechte. Nach dem Inhalte der Erklärung und den
Umständen des Falles hat der Kläger offenbar als Bürge, in der Meinung,
für einen auf Arnold

Chiudiamo-Lt. N° 102. ug

Schaffner entfallenden Anteil mitzuhaften, bezahlen wollen und
die Gläubigerin die Zahlung als Bürgschaftsgläubigerin des Klägers
angenommen. Alsdann aber kann in der Abtretungserklärung nicht auch
die Erklärung enthalten sein, dass der erwähnte Schadenersatzanspruch
als Nebenrecbt mitabzutreten sei. Dieser Anspruch setzt eben voraus,
dass Arnold Schaffner hinsichtlich des für ihn vorgesehenen Anteils n
i c h t als Bürge verpflichtet worden sei, in dieser Beziehung also
auch keine Mitverpflichtung des Klägers als Bürge bestehe und dass
die Gläubigerin gegenüber dem Beklagten eine Schadenersatzforderung
deshalb besitze, weil durch sein schuldhaftes Verhalten die Hauptsehuld
zu einem Dritteil ohne Bürgschaftsdeckung geblieben sei. Hätte die
Gläubigerin diese Schadenersatzforderung dem Kläger abtreten wollen,
so würde dies anderseits den Willen, eine Abtretung nach Art. 505
vorzunehmen, ausschliessen. Sie hätte sich dann nicht dahin ausgedrückt,
dass sie dem Kläger alle glänberischen Rechte hiemit förmlich abtrete ,
sondern als abzutretendes Recht lediglich diese Schadenersatz-forderung
bezeichnet. DerKläger andrerseits hätte nicht als Mithin-ge Arnold
Schaffners bezahlt, sondern im Bewusstsein und in der Meinung, für Arnold
Schaffner nicht mitzuhaften und den ungedeckten Dritteil freiwillig, ohne
rechtliche Verpflichtung dazu, gegen Abtretung des Schadenersatzanspruches
der Gläubigerin zu leisten.Wie so er aber zu einer solchen Zahlung aus
freien Stücken hätte kommen sollen, ist nicht zu ersehen. --

Kann somit der Kläger seine Klagebegehren nicht auf ' eine Abtretung
der fraglichen Schadenersatzforderung stützen, so erübrigt sich eine
Prüfung der Frage, ob diese Forderung v e r j ä h r t sei, eine Frage,
deren Beantwortung eine genauere Untersuchung der Beziehungen zwischen der
Gläubigerin und dem Beklagten in Hinsicht auf die unrichtige Legalisation
der Unterschrift Arnold Schaffners und die nachherigen Verhandlungen
dieser Parteien voraussetzen würde.

AS 42 ll 1916 M-

GSO Obligationenrecht. N' 102.

b) Soweit sodann der Kläger aus eigenem Rechte, im Sinne eines
persönlichen Schadenersatza n s p r u c h e 5, den Beklagten belaugt,
ist die dem Anspruche entgegengehaltene V e r j ä h r u n g s e i nr
e d e mit der Vorinstanz abzuweisen. Wenn auch das dem Beklagten zum
Vorwurf gemachte rechtswidrige Verhalten auf das Jahr 1905 zurückreicht,
zu welcher Zeit er die Unterschrift Arnold Schafiners legalisierte, so
ist doch der Kläger, wie schon oben in Erwägung 4 bemerkt, erst durch
die Zahlung vom 1. Oktober 1914 geschädigt worden. Erst von da an hat
also die Verjährungsfrist zu laufen begonnen und da der vorliegende
Prozess Anfang 1915 durch Friedensrichtervorstand eingeleitet wurde,
ist nach den Art. 60
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 60 - 1 Der Anspruch auf Schadenersatz oder Genugtuung verjährt mit Ablauf von drei Jahren von dem Tage an gerechnet, an welchem der Geschädigte Kenntnis vom Schaden und von der Person des Ersatzpflichtigen erlangt hat, jedenfalls aber mit Ablauf von zehn Jahren, vom Tage an gerechnet, an welchem das schädigende Verhalten erfolgte oder aufhörte.35
1    Der Anspruch auf Schadenersatz oder Genugtuung verjährt mit Ablauf von drei Jahren von dem Tage an gerechnet, an welchem der Geschädigte Kenntnis vom Schaden und von der Person des Ersatzpflichtigen erlangt hat, jedenfalls aber mit Ablauf von zehn Jahren, vom Tage an gerechnet, an welchem das schädigende Verhalten erfolgte oder aufhörte.35
1bis    Bei Tötung eines Menschen oder bei Körperverletzung verjährt der Anspruch auf Schadenersatz oder Genugtuung mit Ablauf von drei Jahren von dem Tage an gerechnet, an welchem der Geschädigte Kenntnis vom Schaden und von der Person des Ersatzpflichtigen erlangt hat, jedenfalls aber mit Ablauf von zwanzig Jahren, vom Tage an gerechnet, an welchem das schädigende Verhalten erfolgte oder aufhörte.36
2    Hat die ersatzpflichtige Person durch ihr schädigendes Verhalten eine strafbare Handlung begangen, so verjährt der Anspruch auf Schadenersatz oder Genugtuung ungeachtet der vorstehenden Absätze frühestens mit Eintritt der strafrechtlichen Verfolgungsverjährung. Tritt diese infolge eines erstinstanzlichen Strafurteils nicht mehr ein, so verjährt der Anspruch frühestens mit Ablauf von drei Jahren seit Eröffnung des Urteils.37
3    Ist durch die unerlaubte Handlung gegen den Verletzten eine Forderung begründet worden, so kann dieser die Erfüllung auch dann verweigern, wenn sein Anspruch aus der unerlaubten Handlung verjährt ist.
und 135
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 135 - Die Verjährung wird unterbrochen:
1  durch Anerkennung der Forderung von seiten des Schuldners, namentlich auch durch Zins- und Abschlagszahlungen, Pfand- und Bürgschaftsbestellung;
2  durch Schuldbetreibung, durch Schlichtungsgesuch, durch Klage oder Einrede vor einem staatlichen Gericht oder einem Schiedsgericht sowie durch Eingabe im Konkurs.
2 OR die Verjährung nicht eingetreten. Aus
den Akten ergibt sich ferner, dass die-Verjährung durch einen neuen
Friedensrichtervorstand vom 21. Oktober 1915 vor der Klageeinreichung
vom 1. Februar 1916 im Sinne von Art. 138
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 138 - 1 Wird die Verjährung durch Schlichtungsgesuch, Klage oder Einrede unterbrochen, so beginnt die Verjährung von Neuem zu laufen, wenn der Rechtsstreit vor der befassten Instanz abgeschlossen ist.58
1    Wird die Verjährung durch Schlichtungsgesuch, Klage oder Einrede unterbrochen, so beginnt die Verjährung von Neuem zu laufen, wenn der Rechtsstreit vor der befassten Instanz abgeschlossen ist.58
2    Erfolgt die Unterbrechung durch Schuldbetreibung, so beginnt mit jedem Betreibungsakt die Verjährung von neuem.
3    Geschieht die Unterbrechung durch Eingabe im Konkurse, so beginnt die neue Verjährung mit dem Zeitpunkte, in dem die Forderung nach dem Konkursrechte wieder geltend gemacht werden kann.
OR unterbrochen wurde.

In der S a ch e s e 1 h s t kommt die Vorinstanz in diesem Punkte zur
Abweisung der Klage. mit der Begründung : Der Schade des Klägers stehe
nicht in unmittelbarem ursäehlichem Zusammenhange mit der Beglaubigung der
Unterschrift, sondern habe seinen eigentlichen Grund im Rechtsirrtum des
Klägers, der sich zur Zahlung des Anteils des dritten Bürgen verpflichtet
geglaubt habe, während er es in Wirklichkeit nicht gewesen sei.

Dem ist zunächst entgegenzuhalten, dass für die Schadenshaftung des
Beklagten ein u n mit t e 1 b a r e r ursächlicher Zusammenhang nicht
erforderlich ist, namentlich auch nicht in der Meinung, dass die
vom Beklagten (a lltällig) gesetzte Ursache die einzige und allein
ausschlaggebende für den eingetretenen schädigenden Erfolg sein
müsste. Nach dem von der bundesgerichtlichen Rechtssprechung befolgten
Grundsatz der a d a q 11 a t e n V e ru r s a c h u n g (vergl. BGE 41 II
S. 88
und 94) können vielmehr verschiedene Momente als rechtlich für die

Obligationenrecht. N° 102. 661

Frage der Ersatzpflicht wesentliche Ursachen in Betracht

. kommen und daher kann eine der Bedeutung dieser

Ursachen entsprechende Teilung der Schadenshaftung zwischen mehreren
Personen eintreten. Und ebenso kann eineblossmittelbare Ursacheeinen
ihrerBedeutung entsprechenden Ersatzgrund abgeben (vergl. z. B. BGE 38
II S. 474
).

Ferner fällt die Ersatzpflicht des Beklagten auch nicht etwa von selbst
dann weg, wenn man mit der Vorinstanz den Irrtum, in dem sich der Kläger
bei der Zahlung befunden hat, als R e c h t s i r r t u m ansicht. Auch
dann kann eine Pflicht des Beklagten, den Schaden mittragen zu helfen,
bestehen, falls nämlich ein Verschulden des Beklagten mitgewirkt hat,
um den Rechtsirrtum im Kläger zu erregen. In dieser Hinsicht aber ist zu
bemerken : Die Frage, ob der Kläger auch für jenen Anteil der Hauptschuld
als Bürge aufzukommen habe, für den keine Haftung des nicht Bürge
gewordenen Arnold Schaffner besteht, ist eine zweifelhaft-e Rechtsfrage,
hinsichtlich der dem Kläger als Laien ein zuverlässiges Urteil nicht
zuzumuten war. Er muss sich daher allerdings zum Verschulden anrechnen
lassen, dass er gezahlt hat, ohne sich vorher über die Frage seiner
Zahlungspflicht zuverlässig zu erkundigen. Insoweit hat er also auf seine
Gefahr hin bezahlt, wobei immerhin in etwelchem Mass als Entlastungsmoment
gelten darf, dass die Gläubigerin, die ihn zur Zahlung aufforderte, eine
Bank war, von der er eine bessere Kenntnis der in Betracht kommenden
rechtlichen Verhältnisse voraussetzen durfte und annehmen mochte, sie
halte sich an ihn als wirklich Verpflichteten. Namentlich aber war auch
dem Beklagten als Notar ein zutreffenderes Urteil über die Zahlungspflicht
des Klägers zuzumuten. Bei ihm fällt sodann im besondern noch in Betracht,
dass'ihm gegenüber dem Kläger eine gewisse Aufklärungspflicht oblag, um
diesen vor einer solchen ungerechtfertigten Zahlung zu bewahren. Sobald
nämlich der Beklagte ernstlich Anlass hatte, die Echtheit

662 Obligationenreeht. N° 102.

der Unterschrift zu bezweifeln und es muss dies nach seiner eigenen
Darstellung der Verhältnisse schon lange vor der Zahlung vom 1. Oktober
1914 der Fall gewesen sein hatte er sich zu fragen, welche Folgen die
von ihm zu Unrecht ausgestellte Legalisation für die Interessen der
Beteiligten haben könne, und er musste diese vorsorglicherweise auf die
wahrscheinliche Unrichtigkeit der Legalisationserklärung aufmerksam
machen. Dem Kläger im besondern hätte er also mitteilen sollen, dass
Arnold Schaffner in Wirklichkeit oder wahrscheinlich nicht Mitbürge sei
und ihm zugleich nahelegen sollen, dass er sich die Bedeutung dieses
Umstandes bei einer allfälligen Zahlungsaufiorderung der Gläubigerin
überlege. In der Unterlassung dessen liegt eine in der Ausübung seiner
beruflichen Verpflichtungen unterlaufene Fahrlässigkeit, die, neben der
dem Kläger selbst anzurechnenden, bei der Zahlung vom 1. Oktober 1914
mitverursachend gewirkt hat.

Nun kommt aber noch dazu, dass die Auffassung der Vorinstanz, der Irrtum
des Klägers sei ein reiner Rechtsirrtum gewesen, den Verhältnissen
nicht entspricht. Die fragliche Zahlung beruht vielmehr auf einer t a t
s ä c hlich unrichtigen Würdigung der Sachlage, insofern der Kläger aus
Verschulden des Beklagten sich nicht voll bewusst gewesen war, dass die
Unterschrift Arnold Schaffners falsch sei.

Die Vorinstanz beruft sich hier für ihren gegenteiligen Standpunkt
zunächst auf einen Brief des Klägers vom 10. August 1911 an den Beklagten,
in welchem jener den Beklagten als zur Deckung der verbürgten Schuld
verpflichtet angesehen wissen Will und dabei erklärt, Arnold Schaffner
bestreite, Mitbürge zu sein, und der Kläger habe wirklich durch die
Besichtigung der Schuldurkunde den Eindruck bekommen , die Unterschrift
des Arnold Schaffner (und die des Bürgen Netz) seien gefälscht. In dieser
Hinsicht ist aber noch auf die von der Vorinstanz nicht erwähnte -Antwort
des Beklagten vom Obllaaflonenrecht. N' 102. 683

16. August 1911 auf den genannten Brief zu verweisen, worin der Beklagte
die Vermutung des Klägers als unrichtig bezeichnet und erklärt,
bestätigen zu können, dass die beiden Unterschriften echt seien. In
einem spätern Schreiben vom 7. Juli 1912 an den Beklagten äussert
sich der Kläger dahin, dass der Beklagte die Echtheit der Unterschrift
Arnold Schafiners behaupte, während der letztere erkläre, fest von deren
Unechtheit überzeugt zu sein ; nach der Ansicht des Klägers sei zunächst
das Er-

gebnis des Strafprozesses gegen Samuel Schaffner abzusi warten, was die
Situation bedeutend abklären und das

weitere Vorgehen vereinfachen werde. Auf dies antwortet der Beklagte am
13. Juli 1912 in dem Sinne, dass er die Möglichkeit einer Fälschung der
Unterschrift nicht schlechthin ablehnt, sondern dazu Stellung nimmt,
aber immerhin die Unechtheit der Unterschrift neuerdings bestreitet.

Aus diesen gegenseitigen brieflichen Aeusserungen ist zu ersehen, dass
der Kläger, veranlasst durch die Angaben Arnold Schaffners, ernstliche
Zweifel an der Echtheit von dessen Unterschrift gehabt, der Beklagte aber
diese Zweifel zu zerstreuen versucht hat, letzteres immerhin anfänglich
entschiedener als später. Freilich hat diese psychische Beeinflussung
des Klägers durch den Beklagten nicht vermocht, jenen Wieder zur vollen
Ueberzeugung von der Echtheit der Unterschrift zu bringen. Dem steht
namentlich auch der weitere Umstand entgegen, dass noch vor der Zahlung
vom ]. Oktober 1914 der Hauptschuldner Schaffner wegen verschiedener
Urkundenfälschungen verurteilt wurde, und dass diese Verurteilung nach der
aktengemässen Feststellung der Vorinstanz dem Kläger bekannt geworden und
geeignet war, im Kläger neuerdings ernstliche Bedenken an der Echtheit
der Unterschrift wachzurufen. Trotzdem aber musste der Umstand, dass
der Notar, der die Unterschrift legalisiert hatte, an deren Echtheit
festhielt, auf den Kläger einen gewissen andauernden Eindruck machen,
die Erlangung

664 Obligationenrecht. N° 102.

der vollen Ueberzeugung von der Unechtheit ausschliessen und bei der
Bildung des Willensentschlusses, die Zahlung zu leisten, als treibendes
Motiv mitwirken.

Nach dem allem ist für die Schädigung, die der Kläger durch die Zahlung
vom 1. Oktober erlitten hat, ein V e rschulden des Klägers sowohl als
des Beklagten kausal gewesen. Jenes liegt darin, dass der Kläger, von
der Bank zur Zahlung aufgefordert, diese leistete, ohne sich klar zu
machen, wie es sich eigentlich mit seiner Zahlungspflicht verhalte. Der
Beklagte seinerseits muss es sich zum Verschulden anrechnen lassen,
dass er nicht nur den Kläger über die Frage der Zahlungspflicht in
keiner Weise aufgeklärt, sondern sogar versucht hat, ihn glauben zu
lassen die Unterschrift sei echt und der Kläger deshalb zur Zahlung
gehalten. Insoweit ist sein Verhalten für die Willensentschliessung
des Klägers mitbestimmend gewesen. Bei dieser können, da sie auf einer
unklaren Ueberlegung beruhte, sich widersprechende, aber auf das gleiche
Ziel gerichtete Beweggründe mitgewirkt haben, wie sie einerseits in dem
erwähnten Rechtsirrtum und anderseits in der Vorstellung der möglichen
Echtheit der Unterschrift gegeben sind. Das beiderseitige Verschulden
der Parteien darf nach seiner Schwere ungefähr als g l e i c h w e r
t i g betrachtet werden und es rechtfertigt sich so, den Beklagten für
rund die Hälfte des bezahlten Betrages, 820 Fr., gegenüber dem Kläger
als erstattungspflichtig zu erklären. Zinsen und Verzugszinsen sind vom
Zeitpunkt der Zahlung (I. Oktober 1914) an zu 5% geschuldet (BGE 41 II
S. 259
unten).

Nach dem unter Erwägung 4 Gesagten hat der Kläger dadurch, dass er der
Gläubigerin den für Arnold Schaffner als Bürgen vorgesehenen Anteil mit
1280 Fr. und 210 Fr. vergütete, eine Nichtschuld bezahlt undes steht
ihm deshalb, sofern alle erforderlichen Voraussetzungen hiezu vorhanden
sind, ein Rückforderungsrecht zu und zwar nach der bundesgerichtlichen
Rechtssprechung (BGE 40 II 8.254 lt. Erw. 5) auch soweit, als seine
ZahlungObligatlonenreeht. N102. 665

auf einem Rechtsirrtum beruht. Muss nun der Beklagte dem Kläger einen
Teil der bezahlten Summe entrichten, so verlangt anderseits eine gerechte
Ausgleichung der in Betracht kommenden Interessen, für diesen Teil den
Rückforderungsanspruch kraft des vorliegenden Urteils auf ihn übergehen zu
lassen (vergl. Urteil des Bundesgerichts i. S. Eidenbenz gegen Dr. Camp,
vom 2. Juni 1916, Erw. 5), wobei natürlich der Gläubigerin für den Fall,
dass der Beklagte den übergegangenen Anspruch gegen sie geltend macht,
auch alle Einwendungen vorbehalten bleiben, die ihr gegenüber ihm
persönlich zustehen mögen.

6. soweit endlich mit der Klage E r s a t z d e r Prozessund
anderwe'itigen Kosten von zusammen 734 Fr. 45 Cts. verlangt wird, die
der Kläger infolgederBelangungdesArnold Schaffner bezahlen musste, ist
seine Forderung als unbegründet abzuweisen. Bevor der Kläger seinen
angeblichen Rückgriltsanspruch gegen Schaffner gerichtlich geltend
machte, musste er sich hinreichend über die Frage Rechenschaft geben,
ob er mit seinem Standpunkte durchdringen werde, dass die Unterschrift
Arnold Schafi'ners echt sei, welche Annahme die Voraussetzung für-die
Zusprechung seiner Klage bildete, deren Richtigkeit aber Schaffner schon
vor seiner Belangung entschieden in Abrede gestellt hatte. Eine solche
Prüfung aber hätte, wenn mit der zuzumutenden Sorgfalt vorgenommen und
so, wie sich die Sachlage bereits abgeklärt hatte (namentlich durch das
Strafverfahren gegen Samuel Schaffner), schon bei der Einleitung des
Prozesses zu der Ueberzeugung führen müssen, dass dieser aussichtslos
sei· Wenn daher der Kläger ihn dennoch anstrengte und es bis zum Urteil
kommen liess, so hat er den ihm daraus entstandenen Vermögensschaden an
sich selbst zu tragen. In seiner Antwort auf die Streitverkündigung vom
31. Dezember 1914 hat zudem der Beklagte die Echtheit der Unterschrift
nicht mehr ausdrücklich behauptet. Der Kläger hätte denn auch, nach dem
der Beklagte den Eintritt in den Prozess abgelehnt

666 Markenschutz. N° 103.

hatte, ohne irgend welchen prozessualischen Nachteil den Abstand erklären
können (5. § 41 der aargauischen ZPO).

Demnach hat das Bundesgericht erkannt :

Die Berufung wird dahin gutgeheissen, dass der Beklagte dem Kläger 280
Fr. zu bezahlen hat.

V. MARKÈNSCHUTZ

PROTECTION DES MARQUES DE FABRIQUE

103. Urteil der I. Zivila'bteilung vom 9. Dezember 1916 i. S. Gesellschaft
für Chemische Industrie, Klägerin und Berufungsklägerin, gegen
Schaffhauser, Beklagten und Berufungsheklagten.

Klage wegen Markenrechtsverl etzu ng und zugleich wegen unlautern Vettb
ew-erb es. Stellung der einzigen kantonalen Instanz des Art. 29 M
S chG. Auslegung des Klageund des Berufungsbegehrens. Gemischte Marke
B a s o lin , gleichzeitig als reine Wortmarke ge- braucht. Frage der
Aehnlichkeit mit der reinen Vortmarke Bursolin .

1. Die Klägerin, die Gesellschaft für chemische Industrie in Basel, hat
am 22. Juni 1912 beim schweizerischen Amt für geistiges Eigentum unter
Nr. 31550 die Wortmarke BURSOLIN für chemisch-technische Produkte
jeder Art hinterlegt.

Am 25. Januar 1913 hat der Beklagte, Anton Schaffhauser in Basel, die
gemischte Marke N° 32984 eintragen lassen. Ihr Wortbestandteil bildet
das Wort BASOLIN .

Markenschutz. N° 103. : 667

Es wird zweimal verwendet und zwar so, dass es einerseits horizontal
VO'] links nach rechts geschrieben ist, und anderseits vertikal von oben
nach unten, wobei hier die Buchstaben senkrecht unter einander gelagert
sind. Die beiden Worte haben das im Mittelpunkt stehende O gemeinsam
und bilden so zusammen ein Kreuz. Dieses ist von zwei konzentrischen
Kreisen umgeben. Laut der Eintragung dient die Marke für Wachswaren,
Schuhcremes, Tinten, Lacke, Schwarzen, Oele, Fette, Farben und Seifen
aller Art, Sattelpaste, Metallputzmittel, Holzglasuren, Lederkitt,
Gummilösung, kosmetische und pharmazeutische Fabrikate.

Im nunmehrigen Prozesse hat die Klägerin das Begehren gestellt : Dem
Beklagten sei gerichtlich zu verbieten, die Bezeichnung Basolin für
Produkte zur Behandlung von Leder sowohl als Handelsmarke zu verwenden,
als auch auf Anpreisungen, Fakturen, Preislisten und dergleichen zu
gebrauchen. Der Beklagte sei zu verurteilen, innert kurzer richterlich zu
bestimmender Zeit die Anmeldung beim schweiz. Amt für geistiges Eigentum
dahin abzuändern, dass das Varenverzeichnis der Eintragung N° 32984 jede
Verwendung dieser Marke Basolin für Produkte zur Behandlung von Leder
ausschliesst. Kommt der Beklagte dieser Verpflichtung zur Beschränkung
der Marke nicht oder nicht in richtiger Weise nach, so sei auf Löschung
der Marke N° 32984 zu erkennen. Die Klägerin macht geltend, sie bringe
unter ihrer Wortmarke Bursolin ein Fischöl enthaltendes Präparat in
den Handel, das zur Behandlung von Leder diene. Der Beklagte erstelle
ein Konkurrrenzprodukt und habe dafür mit der Absicht, Verwechslungen
hervorzurufen, die Marke Basolin gewählt. Abgesehen von jeder
Täuschungsabsicht des Beklagten unterscheide sich objektiv dessen Marke
von jener der Klägerin nicht genügend. Sodann verwende der Kläger das Wort
Basolin auch für sich allein als gewerbliche Benennung auf Ver-packungen,
Fakturen, Produkten u. s. w., was ebenfalls
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 42 II 652
Datum : 29. Dezember 1916
Publiziert : 31. Dezember 1916
Quelle : Bundesgericht
Status : 42 II 652
Sachgebiet : BGE - Zivilrecht
Gegenstand : 652 s Obligationenrecht. N° 102. 2. ' Ob der Beklagte schon von Gesetzes wegen,


Gesetzesregister
OR: 5 
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 5 - 1 Wird der Antrag ohne Bestimmung einer Frist an einen Abwesenden gestellt, so bleibt der Antragsteller bis zu dem Zeitpunkte gebunden, wo er den Eingang der Antwort bei ihrer ordnungsmässigen und rechtzeitigen Absendung erwarten darf.
1    Wird der Antrag ohne Bestimmung einer Frist an einen Abwesenden gestellt, so bleibt der Antragsteller bis zu dem Zeitpunkte gebunden, wo er den Eingang der Antwort bei ihrer ordnungsmässigen und rechtzeitigen Absendung erwarten darf.
2    Er darf dabei voraussetzen, dass sein Antrag rechtzeitig angekommen sei.
3    Trifft die rechtzeitig abgesandte Annahmeerklärung erst nach jenem Zeitpunkte bei dem Antragsteller ein, so ist dieser, wenn er nicht gebunden sein will, verpflichtet, ohne Verzug hievon Anzeige zu machen.
60 
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 60 - 1 Der Anspruch auf Schadenersatz oder Genugtuung verjährt mit Ablauf von drei Jahren von dem Tage an gerechnet, an welchem der Geschädigte Kenntnis vom Schaden und von der Person des Ersatzpflichtigen erlangt hat, jedenfalls aber mit Ablauf von zehn Jahren, vom Tage an gerechnet, an welchem das schädigende Verhalten erfolgte oder aufhörte.35
1    Der Anspruch auf Schadenersatz oder Genugtuung verjährt mit Ablauf von drei Jahren von dem Tage an gerechnet, an welchem der Geschädigte Kenntnis vom Schaden und von der Person des Ersatzpflichtigen erlangt hat, jedenfalls aber mit Ablauf von zehn Jahren, vom Tage an gerechnet, an welchem das schädigende Verhalten erfolgte oder aufhörte.35
1bis    Bei Tötung eines Menschen oder bei Körperverletzung verjährt der Anspruch auf Schadenersatz oder Genugtuung mit Ablauf von drei Jahren von dem Tage an gerechnet, an welchem der Geschädigte Kenntnis vom Schaden und von der Person des Ersatzpflichtigen erlangt hat, jedenfalls aber mit Ablauf von zwanzig Jahren, vom Tage an gerechnet, an welchem das schädigende Verhalten erfolgte oder aufhörte.36
2    Hat die ersatzpflichtige Person durch ihr schädigendes Verhalten eine strafbare Handlung begangen, so verjährt der Anspruch auf Schadenersatz oder Genugtuung ungeachtet der vorstehenden Absätze frühestens mit Eintritt der strafrechtlichen Verfolgungsverjährung. Tritt diese infolge eines erstinstanzlichen Strafurteils nicht mehr ein, so verjährt der Anspruch frühestens mit Ablauf von drei Jahren seit Eröffnung des Urteils.37
3    Ist durch die unerlaubte Handlung gegen den Verletzten eine Forderung begründet worden, so kann dieser die Erfüllung auch dann verweigern, wenn sein Anspruch aus der unerlaubten Handlung verjährt ist.
64 
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 64 - Die Rückerstattung kann insoweit nicht gefordert werden, als der Empfänger nachweisbar zur Zeit der Rückforderung nicht mehr bereichert ist, es sei denn, dass er sich der Bereicherung entäusserte und hierbei nicht in gutem Glauben war oder doch mit der Rückerstattung rechnen musste.
135 
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 135 - Die Verjährung wird unterbrochen:
1  durch Anerkennung der Forderung von seiten des Schuldners, namentlich auch durch Zins- und Abschlagszahlungen, Pfand- und Bürgschaftsbestellung;
2  durch Schuldbetreibung, durch Schlichtungsgesuch, durch Klage oder Einrede vor einem staatlichen Gericht oder einem Schiedsgericht sowie durch Eingabe im Konkurs.
138
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 138 - 1 Wird die Verjährung durch Schlichtungsgesuch, Klage oder Einrede unterbrochen, so beginnt die Verjährung von Neuem zu laufen, wenn der Rechtsstreit vor der befassten Instanz abgeschlossen ist.58
1    Wird die Verjährung durch Schlichtungsgesuch, Klage oder Einrede unterbrochen, so beginnt die Verjährung von Neuem zu laufen, wenn der Rechtsstreit vor der befassten Instanz abgeschlossen ist.58
2    Erfolgt die Unterbrechung durch Schuldbetreibung, so beginnt mit jedem Betreibungsakt die Verjährung von neuem.
3    Geschieht die Unterbrechung durch Eingabe im Konkurse, so beginnt die neue Verjährung mit dem Zeitpunkte, in dem die Forderung nach dem Konkursrechte wieder geltend gemacht werden kann.
BGE Register
27-II-295 • 38-II-471 • 38-II-542 • 40-II-7 • 41-II-258 • 41-II-77
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
beklagter • unterschrift • vorinstanz • frage • echtheit • bundesgericht • schaden • notar • verhalten • weiler • wille • wortmarke • verurteilung • leder • wissen • richtigkeit • brief • beglaubigung • angabe • zweifel
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