144 III 452
54. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. A.X. Limited gegen B., C. m.b.H. und D. AG (Beschwerde in Zivilsachen) 4A_442/2017 vom 28. August 2018
Regeste (de):
- Art. 86
SR 272 Schweizerische Zivilprozessordnung vom 19. Dezember 2008 (Zivilprozessordnung, ZPO) - Gerichtsstandsgesetz
ZPO Art. 86 Teilklage - Ist ein Anspruch teilbar, so kann auch nur ein Teil eingeklagt werden.
SR 272 Schweizerische Zivilprozessordnung vom 19. Dezember 2008 (Zivilprozessordnung, ZPO) - Gerichtsstandsgesetz
ZPO Art. 90 Klagenhäufung - Die klagende Partei kann mehrere Ansprüche gegen dieselbe Partei in einer Klage vereinen, sofern:
a das gleiche Gericht dafür sachlich zuständig ist; und b die gleiche Verfahrensart anwendbar ist. - Zusammenfassung der bisherigen Bundesgerichtspraxis zur Frage, ob in einer Teilklage mehrere Ansprüche gehäuft werden. In Änderung der Rechtsprechung muss in der Klage nicht präzisiert werden, in welcher Reihenfolge und/oder in welchem Umfang die einzelnen Ansprüche geltend gemacht werden. Erforderlich ist lediglich, dass die klagende Partei hinreichend substanziiert behauptet, es bestehe eine den eingeklagten Betrag übersteigende Forderung (E. 2).
Regeste (fr):
- Art. 86 et 90 CPC; action partielle et cumul de prétentions.
- Résumé de la jurisprudence précédente concernant la possibilité de cumuler plusieurs prétentions dans une action partielle. Modification de cette jurisprudence en ce sens qu'il n'est pas nécessaire de préciser dans la demande en justice l'ordre ou l'étendue de chaque prétention. La partie demanderesse doit seulement alléguer et motiver de manière suffisante qu'une ou plusieurs de ses prétentions excèdent le montant réclamé (consid. 2).
Regesto (it):
- Art. 86 e 90 CPC; azione parziale e cumulo di azioni.
- Riassunto della prassi finora adottata dal Tribunale federale sulla questione di sapere se in un'azione parziale possono essere cumulate più pretese. Modifica della giurisprudenza nel senso che nell'azione non dev'essere precisato in quale ordine e/o in quale misura vengono fatte valere le singole pretese. Necessario è unicamente che la parte attrice abbia sufficientemente sostanziato l'esistenza di un credito superiore alla somma fatta valere giudizialmente (consid. 2).
Sachverhalt ab Seite 453
BGE 144 III 452 S. 453
A. Der mittlerweile verstorbene E. erwarb im März 2006 die F. AG mit Sitz in U. und war fortan deren Alleinaktionär. Er schloss am 23. März 2006 mit der D. AG (Beklagte 3, Beschwerdegegnerin 3) einen Mandatsvertrag ab betreffend die F. AG. Gemäss dessen Ziffer 1 stellte die D. AG den Verwaltungsrat zur Verfügung in der Person von B. (Beklagter 1, Beschwerdegegner 1), damals Verwaltungsratsdelegierter der D. AG. Die D. AG verpflichtete sich dabei, das übernommene Verwaltungsratsmandat treuhänderisch für E. auszuüben und ausschliesslich nach dessen Instruktionen oder solchen von durch diesen bezeichneten Drittpersonen zu handeln. Am 30. März 2006 wurde B. als neuer (einziger) Verwaltungsrat und die C. m.b.H. (Beklagte 2, Beschwerdegegnerin 2) als neue Revisionsstelle der F. AG in das Handelsregister eingetragen. Am 16. November 2009 wurde der Konkurs über die F. AG eröffnet. Die A.X. Limited (Klägerin, Beschwerdeführerin) ist eine im Gesellschaftsregister der Republik Zypern eingetragene Gesellschaft mit Sitz in V. Die A. Bank (Schweiz) AG in Liquidation mit Sitz in W. trat ihr am 5. Februar 2016 ihre im Konkurs der F. AG kollozierte Forderung ab.
B. Am 12. Juli 2012 klagte die A. Bank (Schweiz) AG vor dem Handelsgericht des Kantons Aargau aus aktienrechtlicher Verantwortlichkeit gegen B., die C. m.b.H. sowie die D. AG. Mit Zwischenentscheid vom 5. Mai 2014 erklärte das Handelsgericht die aargauischen Gerichte für örtlich zuständig. Mit Urteil vom 21. Juni 2017 trat es auf die Klage nicht ein. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde der A.X. Limited gut. (Zusammenfassung)
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
2.
2.1 Die Vorinstanz erwog, die Beschwerdeführerin habe mit ihrer Klage sechs Schadensposten/Teilansprüche geltend gemacht, welche durch verschiedene Pflichtverletzungen der Beklagten als
BGE 144 III 452 S. 454
Verwaltungsrat (Beschwerdegegner 1), Revisionsstelle (Beschwerdegegnerin 2) und faktisches Organ (Beschwerdegegnerin 3) schuldhaft verursacht worden seien. Total kumulierten sich die mit der Klage geltend gemachten Schadensposten auf (gerundet) Fr. 6'000'000.-. Davon habe die Beschwerdeführerin unter Vorbehalt des Nachklagerechts nur Fr. 3'000'000.- eingeklagt. Es handle sich um eine Teilklage, die auf verschiedenen Lebenssachverhalten beruhe, somit eine Teilklage in Kombination mit einer objektiven Klagenhäufung. Da nicht angegeben werde, in welcher Reihenfolge beziehungsweise in welchem Umfang das Gericht die Ansprüche prüfen müsse, liege gemäss der in BGE 142 III 683 publizierten bundesgerichtlichen Rechtsprechung eine unzulässige alternative Klagenhäufung vor. Somit könne auf die Klage nicht eingetreten werden. An der mangelnden Bestimmtheit des Rechtsbegehrens ändere nichts, dass die Beschwerdeführerin mit ihrer Stellungnahme vom 24. November 2016 auf ihren Nachklagevorbehalt und damit darauf verzichtet habe, mit einer weiteren Klage die Differenz zwischen der Klagesumme und der Gesamtforderung zusätzlich einzuklagen. Auch nach diesem Verzicht bleibe unklar, welche Teilforderungen beziehungsweise welche Anteile an welchen Teilforderungen auf das Klagebegehren entfielen (und somit vom Gericht zu beurteilen seien) und auf welche Teilforderungen bzw. auf welche Anteile an welchen Teilforderungen die Beschwerdeführerin verzichtet habe. Die Beschwerdeführerin rügt eine in verschiedener Hinsicht fehlerhafte Anwendung der bundesgerichtlichen Rechtsprechung.
2.2 In BGE
142 III 683 war ein Rechtsbegehren auf Bezahlung von Fr. 30'000.- zu beurteilen, wobei es sich aufgrund des ausdrücklichen Nachklagevorbehalts um eine Teilklage handelte. Gestützt wurde dieses Rechtsbegehren auf behauptete Forderungen von insgesamt Fr. 480'000.-, zusammengesetzt aus Bar-Boni in den Jahren 2011 und 2012 à je Fr. 180'000.- sowie demjenigen im Jahr 2013 à Fr. 120'000.-. Die Vorinstanz hatte die Klage gutgeheissen, da jedenfalls für das Jahr 2012 ein Anspruch von mindestens Fr. 30'000.- bestehe. Das Bundesgericht erwog, es liege eine objektive Klagenhäufung vor, da die Ansprüche jeweils unterschiedliche Perioden und damit verschiedene Lebenssachverhalte beträfen. Wenn aber eine Teilklage gemäss Art. 86
SR 272 Schweizerische Zivilprozessordnung vom 19. Dezember 2008 (Zivilprozessordnung, ZPO) - Gerichtsstandsgesetz ZPO Art. 86 Teilklage - Ist ein Anspruch teilbar, so kann auch nur ein Teil eingeklagt werden. |
SR 272 Schweizerische Zivilprozessordnung vom 19. Dezember 2008 (Zivilprozessordnung, ZPO) - Gerichtsstandsgesetz ZPO Art. 90 Klagenhäufung - Die klagende Partei kann mehrere Ansprüche gegen dieselbe Partei in einer Klage vereinen, sofern: |
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a | das gleiche Gericht dafür sachlich zuständig ist; und |
b | die gleiche Verfahrensart anwendbar ist. |
BGE 144 III 452 S. 455
werde, "in welcher Reihenfolge und/oder in welchem Umfang die einzelnen Ansprüche geltend gemacht werden". In diesem Fall genüge das Rechtsbegehren den Bestimmtheitsanforderungen der ZPO nicht, weshalb darauf nicht einzutreten sei (E. 5). Auf die in diesem Entscheid begründete Regel stellte das Bundesgericht seither in seiner Rechtsprechung zum Haftpflichtrecht zweimal ab, gelangte jedoch in beiden Fällen zum Ergebnis, es liege keine unzulässige alternative objektive Klagenhäufung vor: In BGE 143 III 254 hatte es eine Teilklage zu beurteilen, die Schadenersatz und Genugtuung aus einem Unfall zum Gegenstand hatte. Das Bundesgericht erwog, der Kläger könne einen quantitativen Teil seines gesamten aus einer Körperverletzung sich ergebenden Schadens einklagen, ohne dass er seine Klage auf bestimmte Schadenspositionen beschränken müsste. Wenn er eine echte Teilklage - unter Vorbehalt der Nachklage - erhebe, so verlasse er vielmehr den Streitgegenstand nicht, wenn er mehrere unterschiedliche Schadenspositionen und Genugtuung aus demselben Unfallereignis einklage - zumal die Bezifferung einzelner Positionen unter Umständen vom Verhältnis zu anderen Positionen abhänge und im Rahmen der Dispositionsmaxime allein der eingeklagte Gesamtbetrag verbindlich sei. Das Rechtsbegehren genügte demnach den Bestimmungsanforderungen der ZPO, und die Vorinstanz sei zu Recht auf die Klage eingetreten (E. 3). Im Urteil 4A_15/2017 vom 8. Juni 2017 war die Vorinstanz auf eine Teilklage nicht eingetreten. Sie hatte sich auf BGE 142 III 683 gestützt und ausgeführt, das Rechtsbegehren beziehe sich auf einen angeblichen Erwerbsausfall zwischen dem 17. August 2002 und dem 31. März 2015, der insgesamt Fr. 266'278.- betragen solle, ohne dass dabei spezifiziert werde, welche Sachverhalte die eingeklagten Fr. 30'000.- abdecken würden. Das Bundesgericht hiess die gegen diesen Entscheid gerichtete Beschwerde der Klägerin gut. Es erwog unter Berufung auf BGE 143 III 254 : "Liegt der gesamte Schaden, der aus einer Körperverletzung resultiert (also mehrere unterschiedliche Schadenspositionen sowie die Genugtuung), innerhalb desselben Streitgegenstands, wäre es ein unauflösbarer Widerspruch, wenn gleichzeitig eine einzelne dieser Schadenspositionen alleine als sich aus mehreren Streitgegenständen zusammensetzend betrachtet würde." Infolgedessen liege auch vorliegend der ganze Erwerbsausfallschaden, der aus dem Auffahrunfall vom 17. August 2002
BGE 144 III 452 S. 456
resultiere, innerhalb desselben Streitgegenstands. Der Teilklage der Beschwerdeführerin liege demnach ein einziger Streitgegenstand zu Grunde (E. 3.3.5 und 3.3.6).
2.3
2.3.1 In Reaktion auf die dargestellten Entscheide haben verschiedene Autoren auf die Schwierigkeit hingewiesen, zwischen mehreren Streitgegenständen gestützt auf verschiedene Lebenssachverhalte im Sinne von BGE 142 III 683 einerseits und einem einzigen Streitgegenstand gestützt auf einen einheitlichen Streitgegenstand im Sinne von BGE 143 III 254 andererseits zu unterscheiden (in diesem Sinne etwa GUYAZ, Newsletter Rcassurances.ch juillet 2017; HEGETSCHWEILER, SZZP 2017 S. 408 f.; KNEZEVIC/KAMBER, Prozessuale Anforderungen an die objektiv gehäufte Teilklage, AJP 2017 S. 1040 f.). Vereinzelt ist sogar argumentiert worden, die beiden publizierten Entscheide widersprächen sich (siehe WAGNER/SCHMID, Die Teilklage [im vereinfachten Verfahren] kommt nicht zur Ruhe, HAVE 2018 S. 176 f. und 179 f.), respektive, die in BGE 143 III 254 verwendete Argumentation deute auf einen "pragmatischen Lösungsansatz hin, um die mit BGE 142 III 683 eingeführte Praxis teilweise wieder rückgängig zu machen" (so FREY, Teilklage: Unfall als einheitlicher Lebensvorgang und ein Streitgegenstand, ius.focus 7/2017).
Auch die Beschwerdeführerin weist darauf hin, dass die Abgrenzung mehrerer Lebenssachverhalte zueinander gemäss der aktuellen Rechtslage für die klagende Partei mit erheblicher Unsicherheit verbunden ist.
2.3.2 Die bundesgerichtliche Rechtsprechung ist zwar dogmatisch folgerichtig, wenn man von einem zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriff ausgeht. Die konkrete Unterscheidung nach dem Kriterium, ob die Klage einen oder mehrere Lebenssachverhalte und damit Streitgegenstände enthält, erweist sich jedoch in der Tat als problematisch: Der Begriff des Streitgegenstandes ist in der Zivilprozessordnung nicht definiert. Seine zentrale Bedeutung liegt in der Beurteilung, ob zwei Klagen miteinander identisch sind (siehe im Einzelnen etwa GULDENER, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 3. Aufl. 1979, S. 197; OBERHAMMER, in: ZPO, Oberhammer/Domej/Haas [Hrsg.], 2. Aufl. 2014, N. 13 vor Art. 84
SR 272 Schweizerische Zivilprozessordnung vom 19. Dezember 2008 (Zivilprozessordnung, ZPO) - Gerichtsstandsgesetz ZPO Art. 84 Leistungsklage - 1 Mit der Leistungsklage verlangt die klagende Partei die Verurteilung der beklagten Partei zu einem bestimmten Tun, Unterlassen oder Dulden. |
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1 | Mit der Leistungsklage verlangt die klagende Partei die Verurteilung der beklagten Partei zu einem bestimmten Tun, Unterlassen oder Dulden. |
2 | Wird die Bezahlung eines Geldbetrages verlangt, so ist dieser zu beziffern. |
SR 272 Schweizerische Zivilprozessordnung vom 19. Dezember 2008 (Zivilprozessordnung, ZPO) - Gerichtsstandsgesetz ZPO Art. 90 Klagenhäufung - Die klagende Partei kann mehrere Ansprüche gegen dieselbe Partei in einer Klage vereinen, sofern: |
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a | das gleiche Gericht dafür sachlich zuständig ist; und |
b | die gleiche Verfahrensart anwendbar ist. |
BGE 144 III 452 S. 457
Gemäss der bundesgerichtlichen Rechtsprechung beurteilt sich die Identität von Streitgegenständen (im Hinblick auf die negative Wirkung der materiellen Rechtskraft) nach den Klageanträgen und dem behaupteten Lebenssachverhalt, das heisst dem Tatsachenfundament, auf das sich die Klagebegehren stützen (BGE 142 III 210 E. 2.1; BGE 139 III 126 E. 3.2.3; je mit Hinweisen). Im Geltungsbereich des Verhandlungsgrundsatzes haben die Parteien dem Gericht die Tatsachen, auf die sie ihre Begehren stützen, darzulegen (Art. 55 Abs. 1
SR 272 Schweizerische Zivilprozessordnung vom 19. Dezember 2008 (Zivilprozessordnung, ZPO) - Gerichtsstandsgesetz ZPO Art. 55 Verhandlungs- und Untersuchungsgrundsatz - 1 Die Parteien haben dem Gericht die Tatsachen, auf die sie ihre Begehren stützen, darzulegen und die Beweismittel anzugeben. |
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1 | Die Parteien haben dem Gericht die Tatsachen, auf die sie ihre Begehren stützen, darzulegen und die Beweismittel anzugeben. |
2 | Vorbehalten bleiben gesetzliche Bestimmungen über die Feststellung des Sachverhaltes und die Beweiserhebung von Amtes wegen. |
SR 272 Schweizerische Zivilprozessordnung vom 19. Dezember 2008 (Zivilprozessordnung, ZPO) - Gerichtsstandsgesetz ZPO Art. 84 Leistungsklage - 1 Mit der Leistungsklage verlangt die klagende Partei die Verurteilung der beklagten Partei zu einem bestimmten Tun, Unterlassen oder Dulden. |
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1 | Mit der Leistungsklage verlangt die klagende Partei die Verurteilung der beklagten Partei zu einem bestimmten Tun, Unterlassen oder Dulden. |
2 | Wird die Bezahlung eines Geldbetrages verlangt, so ist dieser zu beziffern. |
SR 272 Schweizerische Zivilprozessordnung vom 19. Dezember 2008 (Zivilprozessordnung, ZPO) - Gerichtsstandsgesetz ZPO Art. 90 Klagenhäufung - Die klagende Partei kann mehrere Ansprüche gegen dieselbe Partei in einer Klage vereinen, sofern: |
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a | das gleiche Gericht dafür sachlich zuständig ist; und |
b | die gleiche Verfahrensart anwendbar ist. |
SR 272 Schweizerische Zivilprozessordnung vom 19. Dezember 2008 (Zivilprozessordnung, ZPO) - Gerichtsstandsgesetz ZPO Art. 90 Klagenhäufung - Die klagende Partei kann mehrere Ansprüche gegen dieselbe Partei in einer Klage vereinen, sofern: |
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a | das gleiche Gericht dafür sachlich zuständig ist; und |
b | die gleiche Verfahrensart anwendbar ist. |
SR 272 Schweizerische Zivilprozessordnung vom 19. Dezember 2008 (Zivilprozessordnung, ZPO) - Gerichtsstandsgesetz ZPO Art. 93 Streitgenossenschaft und Klagenhäufung - 1 Bei einfacher Streitgenossenschaft und Klagenhäufung werden die geltend gemachten Ansprüche zusammengerechnet, sofern sie sich nicht gegenseitig ausschliessen. |
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1 | Bei einfacher Streitgenossenschaft und Klagenhäufung werden die geltend gemachten Ansprüche zusammengerechnet, sofern sie sich nicht gegenseitig ausschliessen. |
2 | Bei einfacher Streitgenossenschaft bleibt die Verfahrensart trotz Zusammenrechnung des Streitwerts erhalten. |
SR 272 Schweizerische Zivilprozessordnung vom 19. Dezember 2008 (Zivilprozessordnung, ZPO) - Gerichtsstandsgesetz ZPO Art. 59 Grundsatz - 1 Das Gericht tritt auf eine Klage oder auf ein Gesuch ein, sofern die Prozessvoraussetzungen erfüllt sind. |
|
1 | Das Gericht tritt auf eine Klage oder auf ein Gesuch ein, sofern die Prozessvoraussetzungen erfüllt sind. |
2 | Prozessvoraussetzungen sind insbesondere: |
a | die klagende oder gesuchstellende Partei hat ein schutzwürdiges Interesse; |
b | das Gericht ist sachlich und örtlich zuständig; |
c | die Parteien sind partei- und prozessfähig; |
d | die Sache ist nicht anderweitig rechtshängig; |
e | die Sache ist noch nicht rechtskräftig entschieden; |
f | der Vorschuss und die Sicherheit für die Prozesskosten sind geleistet worden. |
2.3.3 In BGE 143 III 254 E. 3.2 hat das Bundesgericht ausgeführt, ob der Kläger bei teilbarem Leistungsbegehren mit dem behaupteten Lebenssachverhalt aus objektiver Sicht mehrere Streitgegenstände zur Beurteilung stelle, beurteile sich "auch mit Rücksicht auf das materielle Recht". Abgesehen von diesem Grundsatz lassen sich der Rechtsprechung allerdings keine allgemeingültigen Kriterien zur Abgrenzung von einheitlichen Lebenssachverhalten entnehmen, wie im Schrifttum denn auch in verschiedener Hinsicht bemängelt wurde:
BGE 144 III 452 S. 458
Einerseits wurde in einer Urteilsanmerkung zu BGE 142 III 683 als fraglich bezeichnet, "ob der Ablauf eines Kalenderjahres für sich allein genommen einen neuen Lebenssachverhalt" schaffe (MARGHITOLA, Die Eintretensfrage bei der Teilklage, ius.focus 6/2017). Dieser Entscheid ist vor dem Hintergrund zu verstehen, dass das Bundesgericht im Hinblick auf die Frage, ob Boni als Gratifikation im Sinne von Art. 322d
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 322d - 1 Richtet der Arbeitgeber neben dem Lohn bei bestimmten Anlässen, wie Weihnachten oder Abschluss des Geschäftsjahres, eine Sondervergütung aus, so hat der Arbeitnehmer einen Anspruch darauf, wenn es verabredet ist. |
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1 | Richtet der Arbeitgeber neben dem Lohn bei bestimmten Anlässen, wie Weihnachten oder Abschluss des Geschäftsjahres, eine Sondervergütung aus, so hat der Arbeitnehmer einen Anspruch darauf, wenn es verabredet ist. |
2 | Endigt das Arbeitsverhältnis, bevor der Anlass zur Ausrichtung der Sondervergütung eingetreten ist, so hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf einen verhältnismässigen Teil davon, wenn es verabredet ist. |
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 322 - 1 Der Arbeitgeber hat dem Arbeitnehmer den Lohn zu entrichten, der verabredet oder üblich oder durch Normalarbeitsvertrag oder Gesamtarbeitsvertrag bestimmt ist. |
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1 | Der Arbeitgeber hat dem Arbeitnehmer den Lohn zu entrichten, der verabredet oder üblich oder durch Normalarbeitsvertrag oder Gesamtarbeitsvertrag bestimmt ist. |
2 | Lebt der Arbeitnehmer in Hausgemeinschaft mit dem Arbeitgeber, so bildet der Unterhalt im Hause mit Unterkunft und Verpflegung einen Teil des Lohnes, sofern nichts anderes verabredet oder üblich ist. |
2.3.4 Im Übrigen bieten auch die Rechtsprechung und Lehre zum deutschen Zivilprozessrecht, auf welche das Bundesgericht in BGE 142 III 683 E. 5.4 S. 690 Bezug genommen hat, kaum verallgemeinerungsfähige Regeln. Wohl besteht in Deutschland eine gewisse Kasuistik dazu, wann mehrere selbständige prozessuale Ansprüche vorliegen, bei denen die klagende Partei die Reihenfolge angeben muss,
BGE 144 III 452 S. 459
in der sie diese dem Gericht zur Entscheidung stellt, und wann es sich um blosse Rechnungsposten innerhalb eines einheitlichen Ersatzanspruches handelt, bei denen keine solche Angabe erforderlich ist. So wird denn etwa angenommen, bei aus demselben Ereignis (etwa einem Verkehrsunfall) erwachsenen Schadensarten (Heilungskosten, Ersatz für Sachschäden und Schmerzensgeld) handle es sich jeweils um selbständige Streitgegenstände (siehe ROTH, in: Kommentar zur Zivilprozessordnung, Stein/Jonas [Hrsg.], Bd. III, 23. Aufl. 2016, N. 28 f. zu § 253 dZPO mit Hinweisen auf die Rechtsprechung). In der deutschen Kommentarliteratur wird allerdings auch darauf hingewiesen, dass sich bei der Abgrenzung des Lebenssachverhalts "vielfach Unklarheiten" ergäben (ROTH, a.a.O., N. 11 vor § 253 dZPO). Das Verbot der alternativen Klagenhäufung ist in Deutschland denn auch nicht unbestritten: Der Bundesgerichtshof hat es in seiner Rechtsprechung bejaht (Urteil des BGH vom 24. März 2011, I ZR 108/09, Rz. 12 mit Hinweis auf weitere Entscheide zur Teilleistungsklage), jedoch erwähnt, dass es von einem Teil der Lehre abgelehnt werde (Rz. 9-11). Er begründet seine Rechtsprechung mit dem Wortlaut von § 253 Abs. 2 Nr. 2 dZPO und mit dem Grundsatz der "Waffengleichheit", weil der Beklagte bei der alternativen Klagenhäufung nicht ohne weiteres wisse, "gegen welchen aus einer Vielzahl von Streitgegenständen er seine Rechtsverteidigung in erster Linie richten [müsse]" (Rz. 12-15). Im Schrifttum wurde darauf hingewiesen, dass das Verbot der alternativen Klageerhebung auch damit zusammenhängt, welcher Streitgegenstandsbegriff (eingliedrig oder zweigliedrig) zugrundegelegt wird (ROTH, a.a.O., N. 55 zu § 253 dZPO und N. 11 f. zu § 260 dZPO).
2.3.5 Der vorliegende Fall zeigt exemplarisch, welche Unsicherheit die dargestellte Rechtsprechung mit sich bringt: Die Beschwerdeführerin hatte an der Hauptverhandlung geltend gemacht, ihre Klage stütze sich auf zwei massgebliche Lebenssachverhalte, nämlich eine erste Kreditgewährung durch die A. Bank (Schweiz) AG einerseits und eine Krediterhöhung andererseits. Die Vorinstanz hielt dem entgegen, dass die geltend gemachten Ansprüche zwar mit der Kreditgewährung zusammenhingen, sich jedoch nicht darauf stützten, sondern auf die behaupteten Pflichtverletzungen, die im Nachgang zu diesen Kreditgewährungen erfolgt seien. Sie knüpfte ihrerseits an die in der Klage geltend gemachten Schadensposten an. Da
BGE 144 III 452 S. 460
verschiedene Einzelschäden behauptet worden seien, die durch unterschiedliche Pflichtverletzungen der Beschwerdegegner schuldhaft verursacht worden sein sollten, ging sie von selbständigen Lebenssachverhalten und Streitgegenständen aus. Die Beschwerdeführerin meint demgegenüber, die beiden von ihr definierten Lebenssachverhalte würden sich "aufgrund normativer Wertung als einheitliche Geschehen darbieten". Überdies weist sie auf die besondere Situation im Verantwortlichkeitsprozess hin, da Art. 759 Abs. 2
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 759 - 1 Sind für einen Schaden mehrere Personen ersatzpflichtig, so ist jede von ihnen insoweit mit den anderen solidarisch haftbar, als ihr der Schaden aufgrund ihres eigenen Verschuldens und der Umstände persönlich zurechenbar ist. |
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1 | Sind für einen Schaden mehrere Personen ersatzpflichtig, so ist jede von ihnen insoweit mit den anderen solidarisch haftbar, als ihr der Schaden aufgrund ihres eigenen Verschuldens und der Umstände persönlich zurechenbar ist. |
2 | Der Kläger kann mehrere Beteiligte gemeinsam für den Gesamtschaden einklagen und verlangen, dass das Gericht im gleichen Verfahren die Ersatzpflicht jedes einzelnen Beklagten festsetzt. |
3 | Der Rückgriff unter mehreren Beteiligten wird vom Gericht in Würdigung aller Umstände bestimmt. |
Die Abgrenzung ist somit untrennbar damit verbunden, wie der vorgetragene Sachverhalt rechtlich gewürdigt wird. Dass aber die Meinungen hierzu auseinandergehen können, liegt in der Natur des Zivilprozesses.
2.4 Insgesamt erweist sich die in BGE 142 III 683 vorgenommene Unterscheidung zwischen Fällen, in denen mehrere Streitgegenstände gehäuft werden, und solchen, in denen verschiedene Schadensposten innerhalb eines einzigen Streitgegenstandes eingeklagt werden, als nicht praktikabel. Mangels eindeutiger Kriterien ist für die klagende Partei nicht zuverlässig vorherzusehen, ob die von ihr zur Begründung vorgetragenen Tatsachen als ein einziger, einheitlicher Lebenssachverhalt gewürdigt oder ob und gegebenenfalls wie sie vom Gericht aufgegliedert werden. Folglich hat sie keine Klarheit darüber, inwieweit sie - unter sonstiger Nichteintretensfolge - angeben muss, in welcher Reihenfolge und in welchem Umfang die einzelnen Teilbeträge geprüft werden müssen. Demgegenüber muss sich die beklagte Partei ohnehin - also auch bei Angabe der Prüfungsreihenfolge - gegen alle vorgetragenen Ansprüche verteidigen. Unter diesen Umständen kann an dieser Unterscheidung nicht festgehalten werden. Vielmehr ist in Änderung der Rechtsprechung auf das Erfordernis zu verzichten, dass, wenn mehrere Ansprüche in einer Teilklage gehäuft werden, in der Klage zu präzisieren ist, in welcher Reihenfolge und/oder in welchem Umfang die einzelnen Ansprüche geltend gemacht werden. Im Sinne der Praxis vor Inkrafttreten der ZPO ist lediglich zu verlangen, dass die klagende Partei hinreichend substanziiert behauptet, es bestehe eine den eingeklagten Betrag übersteigende Forderung (siehe die in BGE 142 III 683 E. 4 zitierten Entscheide). Dabei hat sie jeden einzelnen (Teil-) Anspruch gemäss den allgemeinen Substanziierungsanforderungen
BGE 144 III 452 S. 461
schlüssig vorzutragen, so dass das Gericht durch Subsumtion unter die einschlägigen Gesetzesbestimmungen die Begründetheit beurteilen und die beklagte Partei sich dagegen verteidigen kann (BGE 136 III 322 E. 3.4.2; BGE 127 III 365 E. 2b mit weiteren Hinweisen). Tut sie dies, ist die Klage gemäss Art. 86
SR 272 Schweizerische Zivilprozessordnung vom 19. Dezember 2008 (Zivilprozessordnung, ZPO) - Gerichtsstandsgesetz ZPO Art. 86 Teilklage - Ist ein Anspruch teilbar, so kann auch nur ein Teil eingeklagt werden. |
SR 272 Schweizerische Zivilprozessordnung vom 19. Dezember 2008 (Zivilprozessordnung, ZPO) - Gerichtsstandsgesetz ZPO Art. 52 Handeln nach Treu und Glauben - Alle am Verfahren beteiligten Personen haben nach Treu und Glauben zu handeln. |
2.5 Auf die Klage ist somit einzutreten. Da das Urteil der Vorinstanz bereits aus dem dargelegten Grund aufzuheben ist, ist auf die weiteren Rügen der Beschwerdeführerin nicht einzugehen. Die gegen die vorinstanzliche Kostenregelung gerichteten Eventualbegehren werden gegenstandslos.