Urteilskopf

142 III 433

56. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. A. gegen B. AG (Beschwerde in Zivilsachen) 4A_637/2015 vom 29. Juni 2016

Regeste (de):

Regeste (fr):

Regesto (it):


Sachverhalt ab Seite 433

BGE 142 III 433 S. 433

A. Am 30. August 2003 wurden A. (Kläger, Beschwerdeführer) und seine Ehefrau bei einem Autounfall verletzt. A. erlitt eine HWS-Distorsion Grad II. In der Folge wurde bei ihm eine somatoforme Schmerzstörung diagnostiziert. Er macht gestützt auf Art. 58
SR 741.01 Legge federale del 19 dicembre 1958 sulla circolazione stradale (LCStr)
LCStr Art. 58 - 1 Se, con un veicolo a motore che è in esercizio, è cagionata la morte o la lesione corporale di una persona oppure un danno materiale, il detentore è civilmente responsabile dei danni.
1    Se, con un veicolo a motore che è in esercizio, è cagionata la morte o la lesione corporale di una persona oppure un danno materiale, il detentore è civilmente responsabile dei danni.
2    Se un infortunio della circolazione è cagionato da un veicolo a motore che non è in esercizio, il detentore è civilmente responsabile se la parte lesa prova che egli o persone per le quali è responsabile hanno commesso una colpa o che un difetto del veicolo ha contribuito a cagionare l'infortunio.
3    Il detentore è civilmente responsabile, secondo l'apprezzamento del giudice, anche dei danni conseguenti all'assistenza prestata per infortuni in cui il suo veicolo a motore è coinvolto, per quanto egli sia civilmente responsabile dell'infortunio o l'assistenza sia stata prestata a lui stesso o ai passeggeri del suo veicolo.
4    Il detentore è civilmente responsabile, come se si trattasse di colpa propria, per la colpa del conducente e delle persone che coadiuvano all'uso del veicolo a motore.
i.V.m. Art. 65
SR 741.01 Legge federale del 19 dicembre 1958 sulla circolazione stradale (LCStr)
LCStr Art. 65 - 1 La parte lesa può agire direttamente contro l'assicuratore nei limiti della copertura stipulata nel contratto d'assicurazione.
1    La parte lesa può agire direttamente contro l'assicuratore nei limiti della copertura stipulata nel contratto d'assicurazione.
2    Le eccezioni derivanti dal contratto d'assicurazione o dalla legge del 2 aprile 1908160 sul contratto d'assicurazione non possono essere opposte alla parte lesa.161
3    L'assicuratore ha diritto di regresso contro lo stipulante o contro l'assicurato, nella misura in cui avrebbe diritto di negare o ridurre le sue prestazioni secondo il contratto di assicurazione o la legge sul contratto d'assicurazione.162
SVG einen Schadenersatzanspruch wegen Erwerbsausfalls gegen die B. AG (Beklagte, Beschwerdegegnerin) als Motorfahrzeug-Haftpflichtversicherung der Unfallverursacherin geltend.
BGE 142 III 433 S. 434

B. Am 22. August 2011 reichte A. beim Bezirksgericht Lenzburg eine Teilklage über Fr. 30'000.- nebst Zins gegen die B. AG ein. Mit Urteil vom 10. März 2015 verurteilte die Präsidentin des Bezirksgerichts Lenzburg die B. AG zur Zahlung von insgesamt Fr. 20'095.55 nebst Zins und nahm Vormerk davon, dass die Klage in sachlicher und in zeitlicher Hinsicht beschränkt sei und weitere Forderungen aus dem Unfall vom 30. August 2003 vorbehalten blieben. Die Präsidentin des Bezirksgerichts bejahte grundsätzlich einen Anspruch, kürzte den Schadenersatz aber um 40 % wegen unfallfremder Mitursachen. Gegen dieses Urteil erhob die B. AG Berufung beim Obergericht des Kantons Aargau; sie beantragte, das erstinstanzliche Urteil sei aufzuheben und die Klage sei abzuweisen. A. erhob mit seiner Berufungsantwort Anschlussberufung und beantragte, die B. AG sei zur Zahlung von Fr. 30'000.- nebst Zins zu verurteilen. Mit Urteil vom 14. Oktober 2015 hiess das Obergericht des Kantons Aargau die Berufung gut und wies die Klage und die Anschlussberufung ab.
C. Mit Beschwerde in Zivilsachen vom 20. November 2015 beantragt A. dem Bundesgericht, das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau sei aufzuheben und die Streitsache sei zur Beurteilung und Festlegung des Schadenquantitativs an die Vorinstanz zurückzuweisen. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt. (Zusammenfassung)

Erwägungen

Aus den Erwägungen:

4. Für die Prüfung des Schadenersatzanspruchs des Beschwerdeführers ist vom vorinstanzlich festgestellten Sachverhalt auszugehen: Der Unfall vom 30. August 2003 ist nur insofern natürlich kausal für die somatoforme Schmerzstörung des Beschwerdeführers, als dabei dessen Ehefrau verletzt wurde und dies beim Beschwerdeführer in der Folge zu einer Überlastung geführt hat. Das Miterleben des Unfalls an sich und die beim Unfall erlittenen Verletzungen des Beschwerdeführers sind mithin nach den verbindlichen Sachverhaltsfeststellungen nicht natürlich kausal für die somatoforme Schmerzstörung. Die Vorinstanz hat sowohl die Widerrechtlichkeit als auch die adäquate Kausalität des schädigenden Verhaltens verneint. Nach
BGE 142 III 433 S. 435

Ansicht des Beschwerdeführers hat die Vorinstanz damit Bundesrecht verletzt und (im Rahmen der Prüfung des adäquaten Kausalzusammenhangs) wesentliche Tatsachen willkürlich nicht berücksichtigt.
4.1 Die Vorinstanz kam zum Schluss, der Beschwerdeführer sei durch den Unfall nicht direkt geschädigt worden. Vielmehr habe er einzig aufgrund seiner besonderen Beziehung zur Direktgeschädigten, seiner Ehefrau, einen (Reflex-)Schaden erlitten. Es liege mithin eine Reflexverletzung eines absoluten Rechts vor. Solche Reflexverletzungen absoluter Rechte begründeten nur dann eine Haftung, wenn sie die von der Rechtsprechung entwickelten Kriterien des Schockschadens erfüllten. Da dies vorliegend nicht zutreffe, sei die Widerrechtlichkeit zu verneinen. Der Beschwerdeführer rügt, nach der objektiven Widerrechtlichkeitstheorie sei die Widerrechtlichkeit ohne weiteres zu bejahen, wenn - wie hier - der Geschädigte in seiner psychischen Integrität und damit in einem absoluten Rechtsgut verletzt worden sei. Das Bundesgericht hat in BGE 138 III 276 wieder bestätigt, dass der Dritte, der nur aufgrund einer besonderen Beziehung zum Direktgeschädigten einen Reflexschaden - bzw. indirekten Schaden - erleidet, grundsätzlich keinen Anspruch gegen den Schadensverursacher hat (BGE 138 III 276 E. 2.2 S. 279; vgl. auch BGE 127 III 403 E. 4b/aa S. 407). Gleichzeitig gilt nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung der mittelbar geschädigte Dritte prinzipiell als widerrechtlich und mithin direkt Geschädigter, wenn er durch ein Schreckerlebnis in seinen absoluten, von der Rechtsordnung geschützten Rechten wie der psychischen bzw. körperlichen Integrität verletzt ist (BGE 138 III 276 E. 2.2 S. 280 und E. 3.1 S. 280; BGE 112 II 118 E. 5e S. 128). Ob diese Rechtsprechung auf die sog. Schockschäden begrenzt ist (wie die Vorinstanz annimmt) oder ob allgemein bei Reflexverletzungen absoluter Rechte der Geschädigte als Direktgeschädigter gilt (wie der Beschwerdeführer geltend macht), kann indessen offenbleiben, wenn ein adäquater Kausalzusammenhang fehlt; dies ist nachfolgend zu prüfen.
4.2 Die Vorinstanz hat einen adäquaten Kausalzusammenhang verneint. Sie führte dazu aus, ein Unfallopfer könne im Nachgang an das Unfallereignis zwar psychische Beeinträchtigungen erleiden. Indes passe die allgemeine Umschreibung der Adäquanz bei Autounfällen vorliegend gerade nicht, da der Beschwerdeführer nicht durch den Autounfall an sich, sondern erst als "Folge der Folgen des
BGE 142 III 433 S. 436

Unfalls" verletzt worden sei. Gerade bei solchen Reflexschäden sei eine vernünftige Haftungsbegrenzung anhand der Adäquanztheorie vorzunehmen. Die seitliche Kollision mit der Unfallverursacherin sei nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge nicht geeignet gewesen, einen Schaden von der Art des eingetretenen zu begründen. Zu berücksichtigen sei dabei insbesondere der Umstand, dass die körperliche Schädigung beim Beschwerdeführer nicht aufgrund des Autounfalls an sich, sondern nur indirekt aufgrund der Folgen des Unfalls für seine damalige Ehefrau sowie aufgrund weiterer Umstände wie einer Überlastung eingetreten sei. Eine solche Schädigung könne der Unfallverursacherin billigerweise nicht mehr zugerechnet werden.
4.3

4.3.1 Dagegen bringt der Beschwerdeführer vorab vor, die Vorinstanz verletze mit ihrer knappen Begründung die Begründungspflicht gemäss Art. 29 Abs. 2
SR 101 Costituzione federale della Confederazione Svizzera del 18 aprile 1999
Cost. Art. 29 Garanzie procedurali generali - 1 In procedimenti dinanzi ad autorità giudiziarie o amministrative, ognuno ha diritto alla parità ed equità di trattamento, nonché ad essere giudicato entro un termine ragionevole.
1    In procedimenti dinanzi ad autorità giudiziarie o amministrative, ognuno ha diritto alla parità ed equità di trattamento, nonché ad essere giudicato entro un termine ragionevole.
2    Le parti hanno diritto d'essere sentite.
3    Chi non dispone dei mezzi necessari ha diritto alla gratuità della procedura se la sua causa non sembra priva di probabilità di successo. Ha inoltre diritto al patrocinio gratuito qualora la presenza di un legale sia necessaria per tutelare i suoi diritti.
BV und Art. 112 Abs. 1 lit. b
SR 173.110 Legge del 17 giugno 2005 sul Tribunale federale (LTF) - Organizzazione giudiziaria
LTF Art. 112 Notificazione delle decisioni - 1 Le decisioni impugnabili mediante ricorso al Tribunale federale sono notificate per scritto alle parti. Contengono:
1    Le decisioni impugnabili mediante ricorso al Tribunale federale sono notificate per scritto alle parti. Contengono:
a  le conclusioni, i motivi, le allegazioni probatorie e le dichiarazioni processuali delle parti, in quanto non risultino dagli atti;
b  i motivi determinanti di fatto e di diritto, segnatamente l'indicazione delle disposizioni legali applicate;
c  il dispositivo;
d  l'indicazione dei rimedi giuridici, con menzione del valore litigioso nei casi in cui la presente legge prevede un valore litigioso minimo.
2    Se il diritto cantonale lo prevede, l'autorità può notificare la sua decisione senza motivarla. In tal caso le parti possono chiedere, entro 30 giorni, il testo integrale della decisione. La decisione non può essere eseguita finché tale termine non scade infruttuoso o il testo integrale della stessa non è notificato.
3    Se una decisione non soddisfa le esigenze di cui al capoverso 1, il Tribunale federale può rinviarla all'autorità cantonale affinché la completi o annullarla.
4    Nei campi in cui autorità federali hanno diritto di ricorrere al Tribunale federale, il Consiglio federale determina quali decisioni devono essere loro notificate dalle autorità cantonali.
BGG. Es sei überhaupt nicht ersichtlich, durch welche Überlegungen sich die Vorinstanz habe leiten lassen. Zudem habe die Vorinstanz wesentliche Tatsachen willkürlich nicht berücksichtigt. Dazu gehöre insbesondere, dass das Versicherungsgericht des Kantons Aargau das Auftreten weiterer Beschwerden rund einen Monat nach dem Unfall als nicht ungewöhnlich bezeichnet und die SUVA den (sozialversicherungsrechtlichen, engeren) adäquaten Kausalzusammenhang anerkannt habe. Der Beschwerdeführer benennt zudem weitere Umstände aus dem Alltag und der Lebenssituation der Eheleute, welche die Vorinstanz seiner Ansicht nach hätte berücksichtigen müssen.
4.3.2 Die aus dem verfassungsmässigen Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2
SR 101 Costituzione federale della Confederazione Svizzera del 18 aprile 1999
Cost. Art. 29 Garanzie procedurali generali - 1 In procedimenti dinanzi ad autorità giudiziarie o amministrative, ognuno ha diritto alla parità ed equità di trattamento, nonché ad essere giudicato entro un termine ragionevole.
1    In procedimenti dinanzi ad autorità giudiziarie o amministrative, ognuno ha diritto alla parità ed equità di trattamento, nonché ad essere giudicato entro un termine ragionevole.
2    Le parti hanno diritto d'essere sentite.
3    Chi non dispone dei mezzi necessari ha diritto alla gratuità della procedura se la sua causa non sembra priva di probabilità di successo. Ha inoltre diritto al patrocinio gratuito qualora la presenza di un legale sia necessaria per tutelare i suoi diritti.
BV) fliessende Verpflichtung der Behörde, ihren Entscheid zu begründen, verlangt nicht, dass diese sich mit allen Parteistandpunkten einlässlich auseinandersetzt und jedes einzelne Vorbringen ausdrücklich widerlegt; vielmehr genügt es, wenn der Entscheid gegebenenfalls sachgerecht angefochten werden kann (BGE 136 I 184 E. 2.2.1 S. 188; BGE 134 I 83 E. 4.1 S. 88; BGE 133 III 439 E. 3.3 S. 445; je mit Hinweisen). Die Begründung muss kurz die wesentlichen Überlegungen nennen, von denen sich das Gericht hat leiten lassen und auf die es seinen Entscheid stützt (BGE 141 III 28 E. 3.2.4 S. 41; BGE 139 V 496 E. 5.1 S. 504; BGE 138 I 232 E. 5.1 S. 237; je mit Hinweisen). Diesen Anforderungen genügt das vorinstanzliche Urteil. Die Vorinstanz hat zunächst angegeben, von welchem rechtlichen
BGE 142 III 433 S. 437

Adäquanzbegriff sie ausgehe. Weiter hat sie nach ihren Erwägungen insbesondere berücksichtigt, dass die körperliche Schädigung des Beschwerdeführers nur indirekt auf den Unfall zurückzuführen sei, und kam zum Schluss, dass aufgrund der Notwendigkeit einer vernünftigen Haftungsbegrenzung gerade bei Reflexschäden die Schädigung der Unfallverursacherin billigerweise nicht mehr zugerechnet werden könne. Damit hat die Vorinstanz die für sie entscheidenden Überlegungen genannt und dem Beschwerdeführer eine sachgerechte Anfechtung ermöglicht. Die Rüge der Verletzung seines rechtlichen Gehörs ist unbegründet.

4.3.3 Auch die Rüge des Beschwerdeführers, wonach die Vorinstanz die Beurteilung des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau und der SUVA willkürlich ausser Acht gelassen habe, ist unbegründet. Da die Zivilgerichte an sozialversicherungsrechtliche Urteile ohnehin nicht gebunden sind (BGE 123 III 110 E. 3c S. 114 f.; Urteil 4A_115/2014 vom 20. November 2014 E. 6.3), musste die Vorinstanz diese unter dem Gesichtspunkt der Willkür nicht in ihre Sachverhaltsfeststellungen und ihre Beweiswürdigung einfliessen lassen. In Bezug auf die weiteren Umstände aus dem Alltag und der Lebenssituation der Eheleute zeigt der Beschwerdeführer nicht auf, inwiefern die Vorinstanz diese willkürlich unberücksichtigt liess. Darauf kann nicht eingetreten werden.
4.4 In der Sache sind gemäss dem Beschwerdeführer die durch das Bundesgericht in BGE 138 III 276 entwickelten Kriterien für die Adäquanz "reflektorischer Schockschäden" analog anzuwenden. Entscheidend seien demnach im Wesentlichen erstens die besondere Nähe/Beziehung zwischen dem direkten Unfallopfer und dem Schockgeschädigten, zweitens die Schwere der Betroffenheit des direkten Unfallopfers und drittens die Nähe des den Schock auslösenden Miterlebens. Diese Voraussetzungen seien erfüllt: Der Beschwerdeführer habe eine besondere Nähe und Beziehung zum direkten Unfallopfer (seiner Ehefrau) gehabt und diese sei schwer vom Unfall betroffen gewesen. Ohnehin könnte aber die Adäquanz nicht mit der Begründung verneint werden, es hätte sich lediglich ein leichter Unfall ereignet. Der Beschwerdeführer selbst sei durch den Unfall massiv belastet gewesen. Diese Situation sei offenkundig geeignet gewesen, eine psychische Reaktion nach sich zu ziehen. Der Beschwerdeführer stützt sich zudem auf das Urteil des Bundesgerichts 4A_115/2014 vom 20. November 2014. In diesem Fall
BGE 142 III 433 S. 438

sei der bei einem Unfall Geschädigte nach einer zwischenzeitlich wieder bestehenden Arbeitsfähigkeit erst Monate später psychisch schwer erkrankt; Grund dafür sei im Wesentlichen die im Anschluss an den Unfall erhobene grundlose strafrechtliche Anklage gewesen. Das Bundesgericht habe in diesem Fall - dessen Sachverhalt eine verblüffende Ähnlichkeit zum vorliegend zu beurteilenden Sachverhalt aufweise - die adäquate Kausalität bejaht.
4.5 Im vom Beschwerdeführer angerufenen BGE 138 III 276 (E. 2.2 S. 280) referierte das Bundesgericht seine mit BGE 112 II 118 begründete Rechtsprechung: Die Person, die als Folge des Unfalls in ihrer körperlichen Integrität und damit in einem absolut geschützten Rechtsgut verletzt ist, sei im Lichte der allgemeinen Grundsätze des Haftpflichtrechts direkt durch eine widerrechtliche Handlung Geschädigte und könne vom Verursacher des daraus resultierenden Schadens Ersatz verlangen, unabhängig davon, ob die Kausalkette kürzer oder länger sei, d.h. ob die Beeinträchtigung direkt durch den Unfall verursacht sei oder bloss indirekt eine Person betreffe, die mit dem direkten Unfallopfer verbunden sei. Zwar kommt es nach dieser - allerdings bei der Prüfung der Widerrechtlichkeit verorteten - Erwägung nicht darauf an, ob die Kausalkette kürzer oder länger sei; gleichzeitig wies das Bundesgericht aber auf die gerade bei Reflexschädigungen ausgeprägt bestehende Gefahr einer Ausuferung der Haftung und das Bedürfnis nach einer vernünftigen Haftungsbegrenzung hin (BGE 138 III 276 E. 4 S. 286). Das Bundesgericht deutete dabei an, im Einklang mit der Lehre eine solche vernünftige Haftungsbegrenzung mithilfe der Adäquanztheorie sicherstellen zu wollen.
Ein Ereignis gilt als adäquate Ursache eines Erfolges, wenn es nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge und nach der allgemeinen Lebenserfahrung an sich geeignet ist, einen Erfolg von der Art des eingetretenen herbeizuführen, der Eintritt des Erfolges also durch das Ereignis allgemein als begünstigt erscheint (BGE 129 II 312 E. 3.3 S. 318; BGE 125 V 456 E. 5a S. 461 f.; BGE 123 III 110 E. 3a S. 112; BGE 122 V 415 E. 2a; BGE 121 V 45 E. 3a S. 49; BGE 121 III 358 E. 5 S. 363; je mit Hinweisen; BGE 113 II 174 E. 2 S. 178; BGE 107 II 238 E. 5a S. 243; vgl. in der neueren Rechtsprechung auch Urteile 4A_171/2012 vom 25. Juni 2012 E. 2.3; 4A_444/2010 vom 22. März 2011 E. 2.2). Rechtspolitischer Zweck der Adäquanz ist (sowohl im Sozialversicherungs- als auch im Haftpflichtrecht) eine Begrenzung der Haftung (BGE 123 III 110 E. 3a S. 112; BGE 117 V 369 E. 4a S. 382;
BGE 142 III 433 S. 439

BGE 115 V 133 E. 7 S. 142; BGE 96 II 392 E. 2 S. 397). Sie dient als Korrektiv zum naturwissenschaftlichen Ursachenbegriff, der unter Umständen der Einschränkung bedarf, um für die rechtliche Verantwortung tragbar zu sein (BGE 123 III 110 E. 3a S. 112; BGE 107 II 269 E. 3 S. 276; BGE 122 V 415 E. 2c). Beim adäquaten Kausalzusammenhang im Sinne der genannten Umschreibung handelt es sich um eine Generalklausel, die im Einzelfall durch das Gericht gemäss Art. 4
SR 210 Codice civile svizzero del 10 dicembre 1907
CC Art. 4 - Il giudice è tenuto a decidere secondo il diritto e l'equità quando la legge si rimette al suo prudente criterio o fa dipendere la decisione dall'apprezzamento delle circostanze, o da motivi gravi.
ZGB nach Recht und Billigkeit konkretisiert werden muss. Die Beantwortung der Adäquanzfrage beruht somit auf einem Werturteil. Es muss entschieden werden, ob eine unfallbedingte Störung billigerweise noch dem Schädiger oder Haftpflichtigen zugerechnet werden darf (BGE 123 III 110 E. 3a S. 112; BGE 109 II 4 E. 3 S. 7; BGE 96 II 392 E. 2 S. 397; vgl. auch BGE 132 III 715 E. 2.2 S. 718). In BGE 138 III 276 war nicht Thema der bundesgerichtlichen Beurteilung, ob der geltend gemachte Schockschaden der Eltern des Unfallopfers dem Unfallverursacher billigerweise zugerechnet werden konnte. Das Bundesgericht wies jedoch darauf hin, dass sich bei der Prüfung der Adäquanz etwa folgende, in der Lehre aufgeworfene Fragen stellen könnten: Wie eng die Beziehung zwischen dem direkten Unfallopfer und dem Schockgeschädigten sein muss, wie schwer die Betroffenheit des direkten Unfallopfers und wie nahe das schockauslösende Miterleben.
4.6 Der Beschwerdeführer erachtet eine analoge Anwendung dieser Kriterien auf seinen Fall für angezeigt. Wie bei den in BGE 112 II 118 und BGE 138 III 276 zu beurteilenden Schockschäden geht es vorliegend um den Schaden eines Angehörigen einer (durch einen Unfall) Direktgeschädigten. Aus diesem Grund ist der zu beurteilende Sachverhalt entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers nicht mit jenem vergleichbar, der dem Urteil 4A_115/2014 vom 20. November 2014 zugrunde lag, ging es dort doch einzig um den beim Unfall direkt Geschädigten. Wieweit die Rechtsprechung zu den Schockschäden herangezogen werden kann, ist fraglich. Der Beschwerdeführer macht zu Recht nicht geltend, seine somatoforme Schmerzstörung sei auf einen Schockschaden zurückzuführen. Zwischen dem vorliegend zu beurteilenden Sachverhalt und Schockschäden besteht denn auch ein bedeutender Unterschied. Bei Letzteren erleiden die Angehörigen den sie schädigenden Schock unmittelbar aufgrund der Nachricht über den Unfall. Demgegenüber hat der Beschwerdeführer den Unfall zwar selbst miterlebt und dabei auch Verletzungen erlitten; dieses Miterleben und seine Verletzungen sind
BGE 142 III 433 S. 440

aber nach den vorinstanzlichen Feststellungen nicht natürlich kausal für die somatoforme Schmerzstörung. Vielmehr ist der Unfall nur insofern natürlich kausal für die Schmerzstörung, als dabei die Ehefrau des Beschwerdeführers verletzt wurde und dies beim Beschwerdeführer in der Folge zu einer Überlastung geführt hat. Die somatoforme Schmerzstörung hat sich dabei kontinuierlich im Verlauf der Zeit entwickelt und ist erst mit einer Latenz von einigen Monaten aufgetreten. Während mithin Schockschäden eine unmittelbare Reaktion auf den Unfall darstellen, ist die (natürliche) Kausalkette zwischen dem Unfall und der somatoformen Schmerzstörung des Beschwerdeführers wesentlich länger. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers können daher nicht einfach die Kriterien angewendet werden, die im Zusammenhang mit Schockschäden angesprochen wurden; vielmehr ist - um eine vernünftige Haftungsbegrenzung zu erreichen - noch grössere Zurückhaltung zu üben bei der Bejahung des adäquaten Kausalzusammenhangs.
4.7 Die Ursache für die somatoforme Schmerzstörung des Beschwerdeführers liegt in seinen Mehrfachbelastungen nach dem Unfall, die zu einer Überlastung führten. Weil seine Ehefrau nach dem Unfall an gravierenden Beeinträchtigungen litt, erbrachte der Beschwerdeführer Pflege- und Hilfeleistungen. Insofern bestehen Parallelen zum Fall, den das Bundesgericht im Verfahren 4A_7/2007 zu beurteilen hatte (Urteil vom 18. Juni 2007): Nachdem ein Lavasteingrill auf einem Balkon Feuer gefangen hatte und das Feuer auf das Haus übergriff, versuchte ein Nachbar und Bewohner desselben Hauses den Brand zu löschen. Dabei stürzte er von einem Balkongeländer rund 5 Meter in die Tiefe auf einen Vorplatz. Das Bundesgericht verneinte eine Haftung der Herstellerin und Vertreiberin des Grills. Es kam zum Schluss, der Geschädigte sei nicht unmittelbar durch den wegen des defekten Grills ausgelösten Brand verletzt worden. Vielmehr habe er mit seinem Entschluss, den Brand zu bekämpfen, eine selbständige Ursache gesetzt, in deren Verlauf sich der Unfall ereignete. Dieser Unfall könne bei wertender Betrachtung billigerweise nicht mehr dem Hersteller des fehlerhaften Grills zugerechnet werden. Ansonsten müsste von vornherein in jedem Fall ein Schaden, den jemand beim Versuch erleidet, einem anderen zu helfen und die Schädigung eines anderen abzuwenden, dem Verursacher jener Schädigung zugerechnet werden. Eine solchermassen generalisierende Zurechnung führe zu keiner vernünftigen Begrenzung der Haftung.
BGE 142 III 433 S. 441

Das Bundesgericht führte zudem weitere Fälle an, in welchen die Adäquanz in der bundesgerichtlichen oder kantonalen Rechtsprechung verneint wurde: erstens im Fall, in dem ein Hund ein Mädchen verfolgte und der zu Hilfe eilende Vater stolperte und sich das Bein brach; zweitens im Rahmen einer Tierhalterhaftung beim Sturz eines Mannes, den dieser unterwegs zum Versuch erlitt, zwei aufeinander losgehende Kühe zu trennen; drittens bei einem Brand infolge eines Werkmangels, wo die Schädigung (Tod eines Feuerwehrmannes) bei der Brandbekämpfung eintrat.
4.8 Diese Erwägungen können auch im vorliegenden Fall Gültigkeit beanspruchen. Der Beschwerdeführer war zwar aufgrund der ehelichen Beistandspflicht (Art. 159 Abs. 3
SR 210 Codice civile svizzero del 10 dicembre 1907
CC Art. 159 - 1 La celebrazione del matrimonio crea l'unione coniugale.
1    La celebrazione del matrimonio crea l'unione coniugale.
2    I coniugi si obbligano a cooperare alla prosperità dell'unione ed a provvedere in comune ai bisogni della prole.
3    Essi si devono reciproca assistenza e fedeltà.
ZGB) gehalten, seine Ehefrau zu unterstützen und zu pflegen. Dass sich dabei aber mit einer Latenz von einigen Monaten eine somatoforme Schmerzstörung entwickelte, darf billigerweise nicht mehr der Haftpflichtigen zugerechnet werden. Es ginge unter dem Gesichtspunkt von Recht und Billigkeit zu weit, die Haftung der Person, die für die Pflegebedürftigkeit einer Direktgeschädigten verantwortlich ist, auf sämtliche Schäden wegen psychischer oder körperlicher Beeinträchtigung der pflegenden Angehörigen auszuweiten. Wie das Bundesgericht bereits im Urteil 4A_7/2007 vom 18. Juni 2007 ausführte, würde eine solchermassen generalisierende Zurechnung zu keiner vernünftigen Begrenzung der Haftung führen. Es liegen zudem keine besonderen Umstände vor, aufgrund welcher der Schaden des pflegenden Angehörigen ausnahmsweise nach Recht und Billigkeit und ohne Gefahr einer Haftungsausuferung der Haftpflichtigen des Unfalls vom 30. August 2003 zugerechnet werden könnte. Die Vorinstanz hat somit kein Bundesrecht verletzt, indem sie einen adäquaten Kausalzusammenhang verneint und die Klage des Beschwerdeführers abgewiesen hat.(...)
Informazioni decisione   •   DEFRITEN
Documento : 142 III 433
Data : 29. giugno 2016
Pubblicato : 09. novembre 2016
Sorgente : Tribunale federale
Stato : 142 III 433
Ramo giuridico : DTF - Diritto civile
Oggetto : Art. 58 e 65 LCStr; responsabilità per il danno del marito della vittima diretta dell'incidente (danno di un congiunto);


Registro di legislazione
CC: 4 
SR 210 Codice civile svizzero del 10 dicembre 1907
CC Art. 4 - Il giudice è tenuto a decidere secondo il diritto e l'equità quando la legge si rimette al suo prudente criterio o fa dipendere la decisione dall'apprezzamento delle circostanze, o da motivi gravi.
159
SR 210 Codice civile svizzero del 10 dicembre 1907
CC Art. 159 - 1 La celebrazione del matrimonio crea l'unione coniugale.
1    La celebrazione del matrimonio crea l'unione coniugale.
2    I coniugi si obbligano a cooperare alla prosperità dell'unione ed a provvedere in comune ai bisogni della prole.
3    Essi si devono reciproca assistenza e fedeltà.
Cost: 29
SR 101 Costituzione federale della Confederazione Svizzera del 18 aprile 1999
Cost. Art. 29 Garanzie procedurali generali - 1 In procedimenti dinanzi ad autorità giudiziarie o amministrative, ognuno ha diritto alla parità ed equità di trattamento, nonché ad essere giudicato entro un termine ragionevole.
1    In procedimenti dinanzi ad autorità giudiziarie o amministrative, ognuno ha diritto alla parità ed equità di trattamento, nonché ad essere giudicato entro un termine ragionevole.
2    Le parti hanno diritto d'essere sentite.
3    Chi non dispone dei mezzi necessari ha diritto alla gratuità della procedura se la sua causa non sembra priva di probabilità di successo. Ha inoltre diritto al patrocinio gratuito qualora la presenza di un legale sia necessaria per tutelare i suoi diritti.
LCStr: 58 
SR 741.01 Legge federale del 19 dicembre 1958 sulla circolazione stradale (LCStr)
LCStr Art. 58 - 1 Se, con un veicolo a motore che è in esercizio, è cagionata la morte o la lesione corporale di una persona oppure un danno materiale, il detentore è civilmente responsabile dei danni.
1    Se, con un veicolo a motore che è in esercizio, è cagionata la morte o la lesione corporale di una persona oppure un danno materiale, il detentore è civilmente responsabile dei danni.
2    Se un infortunio della circolazione è cagionato da un veicolo a motore che non è in esercizio, il detentore è civilmente responsabile se la parte lesa prova che egli o persone per le quali è responsabile hanno commesso una colpa o che un difetto del veicolo ha contribuito a cagionare l'infortunio.
3    Il detentore è civilmente responsabile, secondo l'apprezzamento del giudice, anche dei danni conseguenti all'assistenza prestata per infortuni in cui il suo veicolo a motore è coinvolto, per quanto egli sia civilmente responsabile dell'infortunio o l'assistenza sia stata prestata a lui stesso o ai passeggeri del suo veicolo.
4    Il detentore è civilmente responsabile, come se si trattasse di colpa propria, per la colpa del conducente e delle persone che coadiuvano all'uso del veicolo a motore.
65
SR 741.01 Legge federale del 19 dicembre 1958 sulla circolazione stradale (LCStr)
LCStr Art. 65 - 1 La parte lesa può agire direttamente contro l'assicuratore nei limiti della copertura stipulata nel contratto d'assicurazione.
1    La parte lesa può agire direttamente contro l'assicuratore nei limiti della copertura stipulata nel contratto d'assicurazione.
2    Le eccezioni derivanti dal contratto d'assicurazione o dalla legge del 2 aprile 1908160 sul contratto d'assicurazione non possono essere opposte alla parte lesa.161
3    L'assicuratore ha diritto di regresso contro lo stipulante o contro l'assicurato, nella misura in cui avrebbe diritto di negare o ridurre le sue prestazioni secondo il contratto di assicurazione o la legge sul contratto d'assicurazione.162
LTF: 112
SR 173.110 Legge del 17 giugno 2005 sul Tribunale federale (LTF) - Organizzazione giudiziaria
LTF Art. 112 Notificazione delle decisioni - 1 Le decisioni impugnabili mediante ricorso al Tribunale federale sono notificate per scritto alle parti. Contengono:
1    Le decisioni impugnabili mediante ricorso al Tribunale federale sono notificate per scritto alle parti. Contengono:
a  le conclusioni, i motivi, le allegazioni probatorie e le dichiarazioni processuali delle parti, in quanto non risultino dagli atti;
b  i motivi determinanti di fatto e di diritto, segnatamente l'indicazione delle disposizioni legali applicate;
c  il dispositivo;
d  l'indicazione dei rimedi giuridici, con menzione del valore litigioso nei casi in cui la presente legge prevede un valore litigioso minimo.
2    Se il diritto cantonale lo prevede, l'autorità può notificare la sua decisione senza motivarla. In tal caso le parti possono chiedere, entro 30 giorni, il testo integrale della decisione. La decisione non può essere eseguita finché tale termine non scade infruttuoso o il testo integrale della stessa non è notificato.
3    Se una decisione non soddisfa le esigenze di cui al capoverso 1, il Tribunale federale può rinviarla all'autorità cantonale affinché la completi o annullarla.
4    Nei campi in cui autorità federali hanno diritto di ricorrere al Tribunale federale, il Consiglio federale determina quali decisioni devono essere loro notificate dalle autorità cantonali.
Registro DTF
107-II-238 • 107-II-269 • 109-II-4 • 112-II-118 • 113-II-174 • 115-V-133 • 117-V-369 • 121-III-358 • 121-V-45 • 122-V-415 • 123-III-110 • 125-V-456 • 127-III-403 • 129-II-312 • 132-III-715 • 133-III-439 • 134-I-83 • 136-I-184 • 138-I-232 • 138-III-276 • 139-V-496 • 141-III-28 • 142-III-433 • 96-II-392
Weitere Urteile ab 2000
4A_115/2014 • 4A_171/2012 • 4A_444/2010 • 4A_637/2015 • 4A_7/2007
Parole chiave
Elenca secondo la frequenza o in ordine alfabetico
autorità inferiore • tribunale federale • disturbo somatico doloroso • danno • fattispecie • argovia • mese • causalità adeguata • interesse • prato • diritto assoluto • fuoco • integrità fisica • ricorso in materia civile • accertamento dei fatti • direttore • latenza • tribunale delle assicurazioni • responsabilità fondata sul diritto privato • diritto di essere sentito
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