127 I 84
10. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 23. April 2001 i.S. P. gegen Stadtrat Luzern, Baudepartement und Verwaltungsgericht des Kantons Luzern (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste (de):
- Art. 10
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 10 Freiheit der Meinungsäusserung - (1) Jede Person hat das Recht auf freie Meinungsäusserung. Dieses Recht schliesst die Meinungsfreiheit und die Freiheit ein, Informationen und Ideen ohne behördliche Eingriffe und ohne Rücksicht auf Staatsgrenzen zu empfangen und weiterzugeben. Dieser Artikel hindert die Staaten nicht, für Radio-, Fernseh- oder Kinounternehmen eine Genehmigung vorzuschreiben.
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 14 Diskriminierungsverbot - Der Genuss der in dieser Konvention anerkannten Rechte und Freiheiten ist ohne Diskriminierung insbesondere wegen des Geschlechts, der Rasse, der Hautfarbe, der Sprache, der Religion, der politischen oder sonstigen Anschauung, der nationalen oder sozialen Herkunft, der Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit, des Vermögens, der Geburt oder eines sonstigen Status zu gewährleisten.
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 18 Begrenzung der Rechtseinschränkungen - Die nach dieser Konvention zulässigen Einschränkungen der genannten Rechte und Freiheiten dürfen nur zu den vorgesehenen Zwecken erfolgen.
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 16 Meinungs- und Informationsfreiheit - 1 Die Meinungs- und Informationsfreiheit ist gewährleistet.
1 Die Meinungs- und Informationsfreiheit ist gewährleistet. 2 Jede Person hat das Recht, ihre Meinung frei zu bilden und sie ungehindert zu äussern und zu verbreiten. 3 Jede Person hat das Recht, Informationen frei zu empfangen, aus allgemein zugänglichen Quellen zu beschaffen und zu verbreiten. SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 35 Verwirklichung der Grundrechte - 1 Die Grundrechte müssen in der ganzen Rechtsordnung zur Geltung kommen.
1 Die Grundrechte müssen in der ganzen Rechtsordnung zur Geltung kommen. 2 Wer staatliche Aufgaben wahrnimmt, ist an die Grundrechte gebunden und verpflichtet, zu ihrer Verwirklichung beizutragen. 3 Die Behörden sorgen dafür, dass die Grundrechte, soweit sie sich dazu eignen, auch unter Privaten wirksam werden. SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 35 Verwirklichung der Grundrechte - 1 Die Grundrechte müssen in der ganzen Rechtsordnung zur Geltung kommen.
1 Die Grundrechte müssen in der ganzen Rechtsordnung zur Geltung kommen. 2 Wer staatliche Aufgaben wahrnimmt, ist an die Grundrechte gebunden und verpflichtet, zu ihrer Verwirklichung beizutragen. 3 Die Behörden sorgen dafür, dass die Grundrechte, soweit sie sich dazu eignen, auch unter Privaten wirksam werden. - Vorliegen eines hoheitlichen Aktes im Sinne von Art. 84 Abs. 1
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 35 Verwirklichung der Grundrechte - 1 Die Grundrechte müssen in der ganzen Rechtsordnung zur Geltung kommen.
1 Die Grundrechte müssen in der ganzen Rechtsordnung zur Geltung kommen. 2 Wer staatliche Aufgaben wahrnimmt, ist an die Grundrechte gebunden und verpflichtet, zu ihrer Verwirklichung beizutragen. 3 Die Behörden sorgen dafür, dass die Grundrechte, soweit sie sich dazu eignen, auch unter Privaten wirksam werden. - Kein (direkter) grundrechtlicher Anspruch auf Zurverfügungstellung eines Fahrzeugs der städtischen Verkehrsbetriebe als Werbeträger zur Verbreitung einer Meinung. Differenzierung zwischen der Benützung öffentlichen Grundes und der Nutzung von Verwaltungsvermögen (E. 4b).
- Der Staat bleibt bei der Erfüllung seiner Aufgaben auch dann an die Grundrechte der Bürger gebunden, wenn er als Subjekt des Privatrechts auftritt. Tragweite des Gleichbehandlungsgebotes beim Zugang zu kommerziell genutzten öffentlichen Sachen (E. 4c).
- Zulässigkeit der Zurückweisung eines zur Anbringung auf der Aussenfläche eines Busses bestimmten Werbetextes, weil dieser von einem Teil des Publikums als Beleidigung empfunden werden könnte (E. 4d).
Regeste (fr):
- Art. 10, 14 et 18 CEDH; art. 16 et 35 al. 2 Cst.; art. 84 al. 1 OJ; utilisation par des privés de véhicules de transport public à des fins publicitaires; liberté d'opinion; interdiction de censurer.
- L'intervention étatique qui empêche la conclusion d'un contrat de droit privé souhaité par un particulier constitue-t-elle un acte de puissance publique au sens de l'art. 84 al. 1 OJ (consid. 4a)?
- Il n'existe pas de droit fondamental à disposer d'un véhicule des transports publics urbains, en tant que support de publicité, pour diffuser une opinion. Différence entre l'utilisation du domaine public et l'usage du patrimoine administratif (consid. 4b).
- L'État doit également respecter les droits fondamentaux des citoyens dans l'accomplissement de ses tâches, lorsqu'il agit comme sujet de droit privé. Étendue de l'obligation d'égalité de traitement lors de l'utilisation de biens publics à des fins commerciales (consid. 4c).
- Peut être refusé un texte publicitaire devant figurer sur la surface extérieure d'un bus, parce qu'il pourrait être ressenti comme blessant par une partie de la population (consid. 4d).
Regesto (it):
- Art. 10, 14 e 18 CEDU; art. 16 e 35 cpv. 2 Cost.; art. 84 cpv. 1
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 35 Verwirklichung der Grundrechte - 1 Die Grundrechte müssen in der ganzen Rechtsordnung zur Geltung kommen.
1 Die Grundrechte müssen in der ganzen Rechtsordnung zur Geltung kommen. 2 Wer staatliche Aufgaben wahrnimmt, ist an die Grundrechte gebunden und verpflichtet, zu ihrer Verwirklichung beizutragen. 3 Die Behörden sorgen dafür, dass die Grundrechte, soweit sie sich dazu eignen, auch unter Privaten wirksam werden. - L'intervento dello Stato che impedisce la conclusione di un contratto di diritto privato auspicato da un privato costituisce un atto d'imperio ai sensi dell'art. 84 cpv. 1
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 35 Verwirklichung der Grundrechte - 1 Die Grundrechte müssen in der ganzen Rechtsordnung zur Geltung kommen.
1 Die Grundrechte müssen in der ganzen Rechtsordnung zur Geltung kommen. 2 Wer staatliche Aufgaben wahrnimmt, ist an die Grundrechte gebunden und verpflichtet, zu ihrer Verwirklichung beizutragen. 3 Die Behörden sorgen dafür, dass die Grundrechte, soweit sie sich dazu eignen, auch unter Privaten wirksam werden. - Non esiste un diritto fondamentale alla messa a disposizione di un veicolo dei trasporti pubblici urbani quale supporto pubblicitario per diffondere un'opinione. Distinzione tra utilizzazione del suolo pubblico e uso del patrimonio amministrativo (consid. 4b).
- Lo Stato deve rispettare i diritti fondamentali dei cittadini anche nel quadro dell'adempimento dei suoi compiti espletati come soggetto di diritto privato. Portata del principio dell'uguaglianza di trattamento nell'ambito dell'utilizzazione commerciale di beni pubblici (consid. 4c).
- Un testo pubblicitario destinato alla superficie esterna di un bus può essere rifiutato qualora possa essere avvertito come oltraggioso da una parte della popolazione (consid. 4d).
Sachverhalt ab Seite 85
BGE 127 I 84 S. 85
Die Stadt Luzern hatte der Allgemeinen Plakatgesellschaft Luzern (APG; nachfolgend auch: die Plakatgesellschaft) das Alleinrecht zum Anbringen von Reklamen an Fahrzeugen und Einrichtungen der städtischen Verkehrsbetriebe (VBL; nachfolgend auch: die Verkehrsbetriebe) erteilt. Im Weiteren wurden der Plakatgesellschaft die Aussenflächen einer durch die Verkehrsbetriebe zu bestimmenden Anzahl von Bussen zur Anbringung von sog. "Ganzbemalungen" für Werbezwecke zur Verfügung gestellt. Im Frühling 1998 wandte sich P. an die Plakatgesellschaft mit der Absicht, die Aussenfläche eines Busses zwecks Werbung für den Tierschutz zu mieten, wobei er den folgenden Text anzubringen gedachte: "Im Kanton Luzern leben mehr Schweine als Menschen - warum sehen wir sie nie?" Mit Schreiben vom 21. Januar 1999 an P. erklärten sich die städtischen Verkehrsbetriebe bereit, den fraglichen Text auf Hängeplakaten im Innern des Busses zu akzeptieren. Ein solchermassen beschrifteter "Ganzwerbebus" müsse hingegen abgelehnt werden, da er auffallend und provozierend sei und von grossen Teilen der Bevölkerung als anstössig oder beleidigend empfunden werden könnte. Im Übrigen werde das für "Ganzbemalungen" freigegebene Kontingent von fünf Prozent der Busflotte aufgrund der vorliegenden Anfragen weiterer Interessenten in diesem Jahr vollständig ausgeschöpft.
Dagegen legte P. beim Stadtrat Luzern Verwaltungsbeschwerde ein, mit der er beantragte, die Verkehrsbetriebe seien anzuweisen, den fraglichen Text als "Ganzbemalung" auf einem Bus zuzulassen. Mit Beschluss vom 11. August 1999 trat der Stadtrat Luzern auf die Verwaltungsbeschwerde nicht ein. Zur Begründung führte er an, das angefochtene Schreiben der Verkehrsbetriebe vom 21. Januar 1999
BGE 127 I 84 S. 86
stelle keinen beschwerdefähigen Entscheid dar, beschlage doch die vorliegende Streitigkeit einen Bereich, in dem nicht hoheitlich, sondern privatrechtlich gehandelt werde. Als Aufsichtsbeschwerde entgegengenommen, wies der Stadtrat die Beschwerde ab, da er zum Schluss kam, das Vorgehen der Verkehrsbetriebe sei unter den gegebenen Umständen nicht zu beanstanden. Eine gegen den Entscheid des Stadtrates Luzern gerichtete Verwaltungsbeschwerde von P. wies das Baudepartement des Kantons Luzern am 18. April 2000 ab. Mit Urteil vom 14. August 2000 wies das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern die von P. gegen den Entscheid des Baudepartements erhobene kantonale Verwaltungsgerichtsbeschwerde ab. Das Verwaltungsgericht erwog, dass die Vergabe von Werbeflächen auf Bussen nicht verfügungsweise sondern privatrechtlich vorgenommen werde, weshalb die Anfechtung im Verwaltungsjustizverfahren an sich ausgeschlossen sei; es trat dann allerdings mit Blick auf das in Art. 13
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) EMRK Art. 13 Recht auf wirksame Beschwerde - Jede Person, die in ihren in dieser Konvention anerkannten Rechten oder Freiheiten verletzt worden ist, hat das Recht, bei einer innerstaatlichen Instanz eine wirksame Beschwerde zu erheben, auch wenn die Verletzung von Personen begangen worden ist, die in amtlicher Eigenschaft gehandelt haben. |
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
4. Der Beschwerdeführer bringt vor, indem die kantonalen Behörden die Anbringung des unterbreiteten Werbetextes als "Ganzbemalung" abgelehnt hätten, übten sie eine unzulässige "politische Zensur" aus und verstiessen gegen die Meinungsäusserungsfreiheit (Art. 10
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) EMRK Art. 10 Freiheit der Meinungsäusserung - (1) Jede Person hat das Recht auf freie Meinungsäusserung. Dieses Recht schliesst die Meinungsfreiheit und die Freiheit ein, Informationen und Ideen ohne behördliche Eingriffe und ohne Rücksicht auf Staatsgrenzen zu empfangen und weiterzugeben. Dieser Artikel hindert die Staaten nicht, für Radio-, Fernseh- oder Kinounternehmen eine Genehmigung vorzuschreiben. |
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) EMRK Art. 18 Begrenzung der Rechtseinschränkungen - Die nach dieser Konvention zulässigen Einschränkungen der genannten Rechte und Freiheiten dürfen nur zu den vorgesehenen Zwecken erfolgen. |
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) EMRK Art. 10 Freiheit der Meinungsäusserung - (1) Jede Person hat das Recht auf freie Meinungsäusserung. Dieses Recht schliesst die Meinungsfreiheit und die Freiheit ein, Informationen und Ideen ohne behördliche Eingriffe und ohne Rücksicht auf Staatsgrenzen zu empfangen und weiterzugeben. Dieser Artikel hindert die Staaten nicht, für Radio-, Fernseh- oder Kinounternehmen eine Genehmigung vorzuschreiben. |
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) EMRK Art. 14 Diskriminierungsverbot - Der Genuss der in dieser Konvention anerkannten Rechte und Freiheiten ist ohne Diskriminierung insbesondere wegen des Geschlechts, der Rasse, der Hautfarbe, der Sprache, der Religion, der politischen oder sonstigen Anschauung, der nationalen oder sozialen Herkunft, der Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit, des Vermögens, der Geburt oder eines sonstigen Status zu gewährleisten. |
BGE 127 I 84 S. 87
Diese kann ihrerseits nur dann (indirekt) Gegenstand einer staatsrechtlichen Beschwerde bilden, wenn es sich um einen hoheitlichen Akt handelt (vgl. BGE 126 I 250 E. 1a S. 251 f. mit Hinweisen). Das Rechtsverhältnis zwischen der Allgemeinen Plakatgesellschaft (APG) und den einzelnen privaten Kontrahenten untersteht, wie das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen hat, dem Privatrecht (vgl. das den Aushang von Plakaten in Personenzügen betreffende unveröffentlichte Urteil vom 7. Oktober 1999 i.S. Verein gegen Tierfabriken gegen die SBB, E. 3b). Wenn die Plakatgesellschaft den Abschluss eines Vertrages mit einem interessierten Privaten ablehnt, liegt darin grundsätzlich kein hoheitlicher Akt, gegen den - nach Erschöpfung des kantonalen Instanzenzuges - staatsrechtliche Beschwerde geführt werden könnte (BGE 126 I 250 E. 2c S. 254). Im vorliegenden Fall beruht das Nichtzustandekommen des vom Beschwerdeführer anbegehrten Vertrages mit der Plakatgesellschaft indessen auf einem Entscheid der städtischen Verkehrsbetriebe, welche sich in der der Plakatgesellschaft erteilten Konzession bezüglich der Verwendung von Aussenflächen von Bussen für Werbezwecke ein Genehmigungs- bzw. "Vetorecht" ausbedungen und gestützt hierauf die vorliegend streitige Bus-Werbung abgelehnt haben (Schreiben der Verkehrsbetriebe an den Beschwerdeführer vom 21. Januar 1999). Diese - dem Beschwerdeführer als interessiertem Vertragspartner der Plakatgesellschaft direkt eröffnete - Mitteilung könnte an sich auch Inhalt einer förmlichen Verfügung bilden, durch welche das beteiligte Gemeinwesen von der ihm in der Konzession vorbehaltenen Aufsichtsbefugnis in hoheitlicher Form Gebrauch macht, indem es den Abschluss eines mit der Plakatgesellschaft angestrebten Werbevertrags autoritativ untersagt. Auch wenn das Verwaltungsgericht dem Beschluss des Stadtrates vom 11. August 1999, welcher die Haltung der Verkehrsbetriebe in der Folge bestätigte, den Charakter einer Verfügung an sich abgesprochen hat, hat es mit Rücksicht auf Art. 13
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) EMRK Art. 13 Recht auf wirksame Beschwerde - Jede Person, die in ihren in dieser Konvention anerkannten Rechten oder Freiheiten verletzt worden ist, hat das Recht, bei einer innerstaatlichen Instanz eine wirksame Beschwerde zu erheben, auch wenn die Verletzung von Personen begangen worden ist, die in amtlicher Eigenschaft gehandelt haben. |
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) EMRK Art. 13 Recht auf wirksame Beschwerde - Jede Person, die in ihren in dieser Konvention anerkannten Rechten oder Freiheiten verletzt worden ist, hat das Recht, bei einer innerstaatlichen Instanz eine wirksame Beschwerde zu erheben, auch wenn die Verletzung von Personen begangen worden ist, die in amtlicher Eigenschaft gehandelt haben. |
BGE 127 I 84 S. 88
b) Die durch Art. 16
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 16 Meinungs- und Informationsfreiheit - 1 Die Meinungs- und Informationsfreiheit ist gewährleistet. |
|
1 | Die Meinungs- und Informationsfreiheit ist gewährleistet. |
2 | Jede Person hat das Recht, ihre Meinung frei zu bilden und sie ungehindert zu äussern und zu verbreiten. |
3 | Jede Person hat das Recht, Informationen frei zu empfangen, aus allgemein zugänglichen Quellen zu beschaffen und zu verbreiten. |
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) EMRK Art. 10 Freiheit der Meinungsäusserung - (1) Jede Person hat das Recht auf freie Meinungsäusserung. Dieses Recht schliesst die Meinungsfreiheit und die Freiheit ein, Informationen und Ideen ohne behördliche Eingriffe und ohne Rücksicht auf Staatsgrenzen zu empfangen und weiterzugeben. Dieser Artikel hindert die Staaten nicht, für Radio-, Fernseh- oder Kinounternehmen eine Genehmigung vorzuschreiben. |
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 27 Wirtschaftsfreiheit - 1 Die Wirtschaftsfreiheit ist gewährleistet. |
|
1 | Die Wirtschaftsfreiheit ist gewährleistet. |
2 | Sie umfasst insbesondere die freie Wahl des Berufes sowie den freien Zugang zu einer privatwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit und deren freie Ausübung. |
BGE 127 I 84 S. 89
des öffentlichen Verkehrs dienen dem Gemeinwesen unmittelbar zur Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe, weshalb sie zum Verwaltungsvermögen (sog. öffentliche Sachen im Anstaltsgebrauch) zu zählen sind (TOBIAS JAAG, Gemeingebrauch und Sondernutzung öffentlicher Sachen, in: ZBl 93/1992 S. 146 f.). Beim Verwaltungsvermögen gilt - im Unterschied zu den öffentlichen Sachen im Gemeingebrauch - der Grundsatz, dass der ordentlichen (bestimmungsgemässen) Nutzung gegenüber einer ausserordentlichen Nutzung durch Private - sofern sich eine solche überhaupt mit der Zweckbestimmung der Sache vereinbaren lässt - Priorität einzuräumen ist (vgl. JAAG, a.a.O., S. 164). Zwar wird vorliegend der bestimmungsgemässe Gebrauch der Fahrzeuge der Verkehrsbetriebe durch die Anbringung einer "Ganzbemalung" nicht beeinträchtigt. Daraus kann indessen nicht der Schluss gezogen werden, es bestehe - vergleichbar zur Benützung öffentlichen Grundes - ein direkter grundrechtlicher Anspruch auf eine solche Inanspruchnahme, besitzt doch das Gemeinwesen für Kommunikationsmöglichkeiten dieser Art, anders als bei Einrichtungen, die nur auf Strassen oder öffentlichen Plätzen sinnvoll möglich sind, kein faktisches Monopol. Es können auch geeignete private Fahrzeuge als Werbeflächen bzw. andere Werbemittel überhaupt benützt werden. Auch ist die Anbringung einer "Ganzbemalung" nicht direkt vergleichbar mit der Benützung von - ebenfalls im Verwaltungsvermögen stehenden - Gemeindesälen, auf welche das Bundesgericht die Rechtsprechung über die Benützung öffentlichen Grundes für analog anwendbar erklärt hat (Urteil vom 18. Februar 1991 i.S. Unité jurassienne Tavannes, in: ZBl 93/1992 S. 40 ff., E. 3, sowie unveröffentlichtes Urteil vom 19. März 1980 i.S. Unité jurassienne Péry-La Heutte, E. 3), stehen doch solche Räumlichkeiten bereits aufgrund ihrer Zweckbestimmung für die Durchführung öffentlicher Veranstaltungen offen; im Übrigen hat das Bundesgericht auch in den genannten Urteilen betont, beim Bewilligungsentscheid gelte es insbesondere zu berücksichtigen, ob es sich bei den kommunalen Räumlichkeiten um die einzigen zur Durchführung einer Versammlung geeigneten Lokale handle oder ob für derartige Veranstaltungen nicht auch Säle in Hotels oder Restaurants zur Verfügung ständen. Nach dem Gesagten muss daher vorliegend ein direkter grundrechtlicher Zulassungsanspruch entfallen. c) Der Zugang zu einer institutionalisierten öffentlichen Kommunikationsmöglichkeit, wie sie die Zurverfügungstellung der Fahrzeuge der Verkehrsbetriebe Luzern als Werbeträger darstellt, darf
BGE 127 I 84 S. 90
allerdings auch dann, wenn das Gemeinwesen für diese Werbemethode kein Monopol besitzt, sondern in Konkurrenz zu anderen vergleichbaren Einrichtungen steht, keinen diskriminierenden Schranken unterworfen werden. Die Grundrechte der Bürger müssen grundsätzlich auch dann gewahrt werden, wenn das Gemeinwesen privatrechtlich handelt; "privatautonome Willkür", wie sie die Privaten besitzen, steht dem Staat nicht zu (vgl. vor allen anderen: PETER SALADIN, Grundrechtsprobleme, in: Bernd-Christian Funk [Hrsg.], Die Besorgung öffentlicher Aufgaben durch Privatrechtssubjekte, Wien 1981, S. 72 f.; ferner: YVO HANGARTNER, Öffentlich-rechtliche Bindungen privatrechtlicher Tätigkeit des Gemeinwesens, in: Festschrift zum 65. Geburtstag von Mario M. Pedrazzini, Bern 1990, S. 143). Dies gilt zunächst in jenen Bereichen, in denen der Staat selbst in Erfüllung öffentlicher Aufgaben privatrechtlich handelt (vgl. BGE 109 Ib 146 E. 4 S. 155). So hat das Bundesgericht etwa im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme öffentlicher Sachen ausgeführt, eine Gemeinde habe den Grundsatz der Gleichbehandlung und das Willkürverbot auch dann zu beachten, wenn sie bei der Vermietung von Bootsliegeplätzen als Subjekt des Privatrechts auftrete (unveröffentlichtes Urteil vom 3. April 1992 i.S. F., E. 3c). Die Delegation von öffentlichen Aufgaben oder von Verwaltungsbefugnissen an einen Privaten hebt diese verfassungsrechtliche Pflicht grundsätzlich nicht auf (BGE 103 Ia 544 E. 5c S. 551; Urteil vom 10. Juli 1986, in: ZBl 88/1987 S. 205 ff., E. 3c/bb; SALADIN, a.a.O., Ziff. 4b, S. 74; TOBIAS JAAG, in: derselbe [Hrsg.], Dezentralisierung und Privatisierung öffentlicher Aufgaben, Zürich 2000, S. 43 f.), was sich neuerdings auch aus Art. 35 Abs. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 35 Verwirklichung der Grundrechte - 1 Die Grundrechte müssen in der ganzen Rechtsordnung zur Geltung kommen. |
|
1 | Die Grundrechte müssen in der ganzen Rechtsordnung zur Geltung kommen. |
2 | Wer staatliche Aufgaben wahrnimmt, ist an die Grundrechte gebunden und verpflichtet, zu ihrer Verwirklichung beizutragen. |
3 | Die Behörden sorgen dafür, dass die Grundrechte, soweit sie sich dazu eignen, auch unter Privaten wirksam werden. |
BGE 127 I 84 S. 91
zu stellen. Je eher dagegen die privaten Interessenten auf andere Anbieter (bzw. auf andere geeignete Werbemöglichkeiten) ausweichen können, desto mehr Freiheit muss dem öffentlichen Unternehmen bei der Wahl seiner Vertragspartner oder der zu erbringenden Leistungen zustehen. d) Im vorliegenden Fall wären die Verkehrsbetriebe bereit gewesen, einem Vertrag des Beschwerdeführers mit der Plakatgesellschaft über die Anbringung von Hängeplakaten mit der streitigen Inschrift im Innern der Busse zuzustimmen. Hingegen lehnten sie es ab, den betreffenden Text als "Ganzbemalung" eines Busses zuzulassen. Hierin liegt, entgegen der Meinung des Beschwerdeführers, keine politische Zensur. Der Entscheid der städtischen Behörde beruht vielmehr auf dem zulässigen Anliegen, die Fahrzeuge der Verkehrsbetriebe nicht in besonders auffälliger Weise mit einem Text in Verbindung zu bringen, der von einem Teil des Publikums als Beleidigung empfunden werden könnte, indem er die Zahl der Einwohner des Kantons Luzern mit der Zahl der dort gehaltenen Schweine vergleicht. Eine solche provokative Wirkung mag dem Ziel dieses Werbespruches entsprechen. Der Beschwerdeführer muss aber in Kauf nehmen, dass die Verkehrsbetriebe aus den von ihnen geltend gemachten vertretbaren Gründen die "Ganzbemalung" eines Busses mit einer solchen Werbung ablehnen. Dass vergleichbare andere Werbetexte zugelassen worden seien, wird nicht behauptet. Im Übrigen ist nicht ersichtlich, inwieweit die Auffassung der kantonalen Behörden, der fragliche Text sei provokativ formuliert, willkürlich sein soll. Der Entscheid des Verwaltungsgerichts verletzt damit die Meinungsfreiheit (Art. 16
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 16 Meinungs- und Informationsfreiheit - 1 Die Meinungs- und Informationsfreiheit ist gewährleistet. |
|
1 | Die Meinungs- und Informationsfreiheit ist gewährleistet. |
2 | Jede Person hat das Recht, ihre Meinung frei zu bilden und sie ungehindert zu äussern und zu verbreiten. |
3 | Jede Person hat das Recht, Informationen frei zu empfangen, aus allgemein zugänglichen Quellen zu beschaffen und zu verbreiten. |
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) EMRK Art. 10 Freiheit der Meinungsäusserung - (1) Jede Person hat das Recht auf freie Meinungsäusserung. Dieses Recht schliesst die Meinungsfreiheit und die Freiheit ein, Informationen und Ideen ohne behördliche Eingriffe und ohne Rücksicht auf Staatsgrenzen zu empfangen und weiterzugeben. Dieser Artikel hindert die Staaten nicht, für Radio-, Fernseh- oder Kinounternehmen eine Genehmigung vorzuschreiben. |
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) EMRK Art. 14 Diskriminierungsverbot - Der Genuss der in dieser Konvention anerkannten Rechte und Freiheiten ist ohne Diskriminierung insbesondere wegen des Geschlechts, der Rasse, der Hautfarbe, der Sprache, der Religion, der politischen oder sonstigen Anschauung, der nationalen oder sozialen Herkunft, der Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit, des Vermögens, der Geburt oder eines sonstigen Status zu gewährleisten. |
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) EMRK Art. 18 Begrenzung der Rechtseinschränkungen - Die nach dieser Konvention zulässigen Einschränkungen der genannten Rechte und Freiheiten dürfen nur zu den vorgesehenen Zwecken erfolgen. |