Urteilskopf

126 III 305

54. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 7. Juli 2000 i.S. A. gegen Verlag Ringier AG u. Mitb. (Berufung)
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Erwägungen ab Seite 305

BGE 126 III 305 S. 305

Aus den Erwägungen:

4. Wer in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt wird, kann gemäss Art. 28 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 28 - 1 Wer in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt wird, kann zu seinem Schutz gegen jeden, der an der Verletzung mitwirkt, das Gericht anrufen.
1    Wer in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt wird, kann zu seinem Schutz gegen jeden, der an der Verletzung mitwirkt, das Gericht anrufen.
2    Eine Verletzung ist widerrechtlich, wenn sie nicht durch Einwilligung des Verletzten, durch ein überwiegendes privates oder öffentliches Interesse oder durch Gesetz gerechtfertigt ist.
ZGB zu seinem Schutz gegen jeden, der an der Verletzung mitwirkt, den Richter anrufen. Das Obergericht
BGE 126 III 305 S. 306

ist - wie erwähnt - davon ausgegangen, dass der Kläger durch verschiedene Zeitungsbeiträge in seinem beruflichen und gesellschaftlichen Ansehen empfindlich herabgesetzt worden ist. Damit hat das Obergericht das verletzte Persönlichkeitsgut bezeichnet. a) Die Verletzung fremder Persönlichkeitsrechte wie der Ehre ist grundsätzlich stets widerrechtlich (Art. 28 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 28 - 1 Wer in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt wird, kann zu seinem Schutz gegen jeden, der an der Verletzung mitwirkt, das Gericht anrufen.
1    Wer in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt wird, kann zu seinem Schutz gegen jeden, der an der Verletzung mitwirkt, das Gericht anrufen.
2    Eine Verletzung ist widerrechtlich, wenn sie nicht durch Einwilligung des Verletzten, durch ein überwiegendes privates oder öffentliches Interesse oder durch Gesetz gerechtfertigt ist.
ZGB). Einer Klage auf Feststellung der Persönlichkeitsverletzung (Art. 28a Abs. 1 Ziff. 3
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 28a - 1 Der Kläger kann dem Gericht beantragen:
1    Der Kläger kann dem Gericht beantragen:
1  eine drohende Verletzung zu verbieten;
2  eine bestehende Verletzung zu beseitigen;
3  die Widerrechtlichkeit einer Verletzung festzustellen, wenn sich diese weiterhin störend auswirkt.
2    Er kann insbesondere verlangen, dass eine Berichtigung oder das Urteil Dritten mitgeteilt oder veröffentlicht wird.
3    Vorbehalten bleiben die Klagen auf Schadenersatz und Genugtuung sowie auf Herausgabe eines Gewinns entsprechend den Bestimmungen über die Geschäftsführung ohne Auftrag.
ZGB) darf jedoch dann nicht entsprochen werden, wenn es dem Urheber gelingt, nachzuweisen, dass Rechtfertigungsgründe bestehen, welche die an sich gegebene Widerrechtlichkeit zu beseitigen vermögen. Die drei in Art. 28 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 28 - 1 Wer in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt wird, kann zu seinem Schutz gegen jeden, der an der Verletzung mitwirkt, das Gericht anrufen.
1    Wer in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt wird, kann zu seinem Schutz gegen jeden, der an der Verletzung mitwirkt, das Gericht anrufen.
2    Eine Verletzung ist widerrechtlich, wenn sie nicht durch Einwilligung des Verletzten, durch ein überwiegendes privates oder öffentliches Interesse oder durch Gesetz gerechtfertigt ist.
ZGB aufgezählten Gründe haben generellen Charakter, sind nicht endgültig im Gesetz definiert und überschneiden sich teilweise (Botschaft über die Änderung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches [Persönlichkeitsschutz: Art. 28
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 28 - 1 Wer in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt wird, kann zu seinem Schutz gegen jeden, der an der Verletzung mitwirkt, das Gericht anrufen.
1    Wer in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt wird, kann zu seinem Schutz gegen jeden, der an der Verletzung mitwirkt, das Gericht anrufen.
2    Eine Verletzung ist widerrechtlich, wenn sie nicht durch Einwilligung des Verletzten, durch ein überwiegendes privates oder öffentliches Interesse oder durch Gesetz gerechtfertigt ist.
ZGB und 49 OR] vom 5. Mai 1982, BBl 1982 II 660). Rechtmässig handelt derjenige, der ein Interesse nachweisen kann, das dem grundsätzlich schutzwürdigen Interesse des Verletzten mindestens gleichwertig ist. Das bedingt eine Abwägung der auf dem Spiel stehenden Interessen durch den Richter (BGE 122 III 449 E. 3b und c S. 456 f.; BGE 120 II 225 E. 3 S. 227; BUCHER, Natürliche Personen und Persönlichkeitsschutz, 3. Aufl., Basel 1999, N. 534; DESCHENAUX/STEINAUER, Personnes physiques et tutelle, 3. Aufl., Bern 1995, N. 589). Dieser hat zu prüfen, ob sowohl die Ziele, die der Urheber verfolgt, als auch die Mittel, derer er sich bedient, schutzwürdig sind. Damit verbunden ist ein gewisses Ermessen (Art. 4
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 4 - Wo das Gesetz das Gericht auf sein Ermessen oder auf die Würdigung der Umstände oder auf wichtige Gründe verweist, hat es seine Entscheidung nach Recht und Billigkeit zu treffen.
ZGB; BGE 122 III 449 E. 3c; BGE 95 II 481 E. 7 S. 494). In diesen Ermessensentscheid greift das Bundesgericht nur ein, wenn den von Lehre und Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen grundlos nicht Rechnung getragen worden ist, wenn Tatsachen berücksichtigt worden sind, die keine Rolle hätten spielen dürfen, oder wenn umgekehrt Umstände ausser Betracht geblieben sind, die zwingend hätten beachtet werden müssen (BGE 123 III 10 E. 4c/aa S. 13; BGE 119 II 157 E. 2a S. 160). b) Die Presse kann auf zwei Arten in die Persönlichkeit eingreifen, einerseits durch die Mitteilung von Tatsachen und andererseits durch deren Würdigung (BGE 71 II 191 S. 193; BGE 95 II 481 E. 8 S. 494). aa) Die Verbreitung wahrer Tatsachen ist grundsätzlich durch den Informationsauftrag der Presse gedeckt, es sei denn, es handle sich um Tatsachen aus dem Geheim- oder Privatbereich oder die betroffene Person werde in unzulässiger Weise herabgesetzt, weil die Form der Darstellung unnötig verletzt (BGE 122 III 449 E. 3a S. 456).
BGE 126 III 305 S. 307

Handelt es sich bloss um den Verdacht einer Straftat oder eine Vermutung, gilt nur eine Formulierung als zulässig, die hinreichend deutlich macht, dass einstweilen nur ein Verdacht oder eine Vermutung besteht und - bei einer Straftat - eine abweichende Entscheidung des zuständigen Strafgerichts noch offen ist (BGE 116 IV 31 E. 5b S. 42). Massgebend ist stets der beim Durchschnittsleser erweckte Eindruck (BGE 111 II 209 E. 2 S. 211). Ist eine sogenannte Person der Zeitgeschichte betroffen, d.h. eine Persönlichkeit des öffentlichen Interesses, worunter auch relativ prominente Personen fallen können, so kann sich je nach der konkreten Interessenlage auch eine Berichterstattung unter Namensnennung rechtfertigen (BUCHER, a.a.O., N. 545; MEILI, Basler Kommentar, N. 52 und 54 zu Art. 28
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 28 - 1 Wer in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt wird, kann zu seinem Schutz gegen jeden, der an der Verletzung mitwirkt, das Gericht anrufen.
1    Wer in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt wird, kann zu seinem Schutz gegen jeden, der an der Verletzung mitwirkt, das Gericht anrufen.
2    Eine Verletzung ist widerrechtlich, wenn sie nicht durch Einwilligung des Verletzten, durch ein überwiegendes privates oder öffentliches Interesse oder durch Gesetz gerechtfertigt ist.
ZGB). Dies selbst dann, wenn es bloss um den Verdacht einer Straftat geht, wobei - wie erwähnt - mit Rücksicht auf die Unschuldsvermutung ausdrücklich auf den Verdacht hinzuweisen ist. In jedem Fall gilt aber der Grundsatz der Verhältnismässigkeit: Auch die in der Öffentlichkeit stehende Person braucht sich nicht gefallen zu lassen, dass die Massenmedien mehr über sie berichten, als durch ein legitimes Informationsbedürfnis gerechtfertigt ist; ihrem Schutzbedürfnis ist nach Möglichkeit ebenfalls Rechnung zu tragen (vgl. BGE 97 II 97 E. 4b S. 105 f.). Von der Veröffentlichung eines blossen Verdachts oder einer Vermutung ist zudem abzusehen, wenn die Quelle der Information Zurückhaltung gebieten muss, und zwar umso eher, je schwerwiegender sich die daraus resultierende Beeinträchtigung in den persönlichen Verhältnissen des Verletzten erweisen könnte, sofern sich der strafrechtliche Verdacht oder die Vermutung später nicht bestätigen bzw. zu keiner Verurteilung führen sollte. Die Veröffentlichung unwahrer Tatsachen ist demgegenüber an sich widerrechtlich; an der Verbreitung von Unwahrheiten kann nur in seltenen, speziell gelagerten Ausnahmefällen ein hinreichendes Interesse bestehen (vgl. BGE 126 III 209). Indessen lässt noch nicht jede journalistische Unkorrektheit, Ungenauigkeit, Verallgemeinerung oder Verkürzung eine Berichterstattung insgesamt als unwahr erscheinen. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung erscheint eine in diesem Sinne unzutreffende Presseäusserung nur dann als insgesamt unwahr und persönlichkeitsverletzend, wenn sie in wesentlichen Punkten nicht zutrifft und die betroffene Person dergestalt in einem falschen Licht zeigt bzw. ein spürbar verfälschtes Bild von ihr zeichnet, das sie im Ansehen der Mitmenschen - verglichen mit dem tatsächlich gegebenen Sachverhalt - empfindlich
BGE 126 III 305 S. 308

herabsetzt (BGE 105 II 161 E. 3b; BGE 107 II 1 E. 4b; vgl. auch BGE 111 II 209 E. 4e S. 222; BGE 119 II 97 E. 4a/bb S. 101; BGE 123 III 354 E. 2a S. 363). Problematisch ist die Publikation von Unwahrheiten mit dem Hinweis, diese seien dem Presseorgan zugetragen worden. Das Presseunternehmen kann sich der Verantwortung für seine Berichterstattung nicht dadurch entziehen, dass es sich darauf beruft, es habe lediglich die Behauptung eines Dritten originalgetreu wiedergegeben; denn Schutzansprüche des Verletzten richten sich gegen jeden, der an der Verletzung mitgewirkt hat (BGE 123 III 354 E. 2a S. 363; BGE 126 III 161 E. 5a). Eine Unwahrheit wird durch das Dazwischenschalten eines Dritten deshalb nicht zur Wahrheit, nur weil der Dritte die Unwahrheit tatsächlich verbreitet hat (vgl. GEISER, Persönlichkeitsschutz: Pressezensur oder Schutz vor Medienmacht?, in SJZ 92/1996 S. 73 ff., S. 77). Es gelten daher auch in solchen Fällen die oben dargelegten Grundsätze. bb) Meinungsäusserungen, Kommentare und Werturteile sind zulässig, sofern sie auf Grund des Sachverhalts, auf den sie sich beziehen, als vertretbar erscheinen. Sie sind einer Wahrheitsprüfung nicht zugänglich. Soweit sie allerdings zugleich auch Tatsachenbehauptungen darstellen, wie es z.B. in einem sogenannten gemischten Werturteil der Fall ist, gelten für den Sachbehauptungskern der Aussage die gleichen Grundsätze wie für Tatsachenbehauptungen. Zudem können Werturteile und persönliche Meinungsäusserungen - selbst wenn sie auf wahrer Tatsachenbehauptung beruhen - ehrverletzend sein, sofern sie von der Form her eine unnötige Herabsetzung bedeuten (BGE 106 II 92 E. 2c S. 99; TERCIER, Le nouveau droit de la personnalité, Zürich 1984, N. 483 f. u. 730; PEDRAZZINI/OBERHOLZER, Grundriss des Personenrechts, 4. Aufl., Bern 1993, S. 138). Da die Veröffentlichung einer Wertung unter die Meinungsäusserungsfreiheit fällt, ist diesbezüglich aber eine gewisse Zurückhaltung am Platz, wenn für das Publikum erkennbar ist, auf welche Fakten sich das Werturteil stützt. Eine pointierte Meinung ist hinzunehmen. Ehrverletzend ist eine Wertung nur, wenn sie den Rahmen des Haltbaren sprengt bzw. auf einen tatsächlich nicht gegebenen Sachverhalt schliessen lässt (BGE 71 II 191 S. 194; TERCIER, a.a.O., N. 742) oder der betroffenen Person jede Menschen- oder Personenehre streitig macht.
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Document : 126 III 305
Date : 07. Juli 2000
Published : 31. Dezember 2000
Source : Bundesgericht
Status : 126 III 305
Subject area : BGE - Zivilrecht
Subject : Persönlichkeitsschutz; Ausschluss der Widerrechtlichkeit der Persönlichkeitsverletzung; Verletzung der Persönlichkeit durch


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ZGB: 4  28  28a
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BBl
1982/II/660
SJZ
92/1996 S.73