119 II 157
32. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 23. März 1993 i.S. Marcel W. gegen H. Transport AG (Berufung)
Regeste (de):
- Bemessung der Entschädigung nach Art. 336a
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 336a - 1 Die Partei, die das Arbeitsverhältnis missbräuchlich kündigt, hat der anderen Partei eine Entschädigung auszurichten.
- Das dem Richter bei der Festsetzung der Entschädigung zustehende Ermessen wird nur insoweit eingeschränkt, als die Entschädigung höchstens sechs Monatslöhne betragen darf (E. 2a). Entsprechend ihrer pönalen Funktion hat sich die Entschädigung entscheidend nach der Schwere der Verfehlung des Arbeitgebers zu richten. Mitverschulden des Arbeitnehmers als Reduktionsgrund (E. 2b). Reduktion der Entschädigung des Arbeitnehmers, der als Mitglied einer Betriebskommission zwar berechtigte Arbeitnehmerinteressen vertreten, dabei jedoch ein wenig kooperatives und letztlich renitentes Verhalten an den Tag gelegt hat (E. 2c).
Regeste (fr):
- Calcul de l'indemnité selon l'art. 336a CO.
- Le pouvoir d'appréciation du juge lors de la fixation de l'indemnité n'est limité que dans la mesure où elle ne doit pas dépasser six salaires mensuels (consid. 2a). Conformément à sa fonction pénale, l'indemnité se détermine essentiellement d'après la gravité du manquement de l'employeur. Faute concomitante de l'employé comme facteur de réduction (consid. 2b). Réduction de l'indemnité de l'employé qui, tout en ayant défendu au sein d'une commission d'entreprise des intérêts légitimes des travailleurs, a fait preuve de peu de coopération et, en fin de compte, de rétivité (consid. 2c).
Regesto (it):
- Determinazione dell'ammontare dell'indennità prevista dall'art. 336a CO.
- Nel determinare l'ammontare dell'indennità, il potere di apprezzamento del giudice è limitato unicamente nel senso che la stessa non deve superare i sei salari mensili (consid. 2a). Conformemente alla sua funzione penale, l'indennità va stabilita considerando in modo preponderante la gravità della colpa commessa dal datore di lavoro. Colpa concorrente del lavoratore quale fattore di riduzione (consid. 2b). Riduzione dell'indennità di un lavoratore che, nella sua attività quale membro di una commissione aziendale, pur avendo difeso i legittimi interessi dei lavoratori, ha dato prova di un comportamento poco cooperativo e, in ultima analisi, di renitenza (consid. 2c).
Sachverhalt ab Seite 158
BGE 119 II 157 S. 158
A.- Der seit dem 1. Dezember 1989 als Stadtbus-Chauffeur bei der Firma H. Transport AG angestellte Marcel W. wurde am 14. Dezember 1989 in die Betriebskommission seiner Arbeitgeberin und am 27. November 1990 zum Obmann der VPOD-Gruppe Stadtbus F. gewählt. Nach Auseinandersetzungen wegen der Arbeitszeiten der Chauffeure erhob der VPOD am 7. Dezember 1990 beim Bundesamt für Verkehr Beschwerde und führte am 13. Dezember eine Pressekonferenz durch, an der auch W. teilnahm. Die Arbeitgeberin suspendierte W. am 14. Januar 1991 mit sofortiger Wirkung vom Dienst und eröffnete ihm, dass damit auch seine Teilnahme an der auf diesen Tag angesetzten Sitzung der Stadtbus-Chauffeure dahinfalle. Am 29. Januar wurde W. auf Ende April gekündigt. Am gleichen Tag fand unter dem Vorsitz des Stadtammanns eine Besprechung zwischen der Arbeitgeberin und dem VPOD statt. Die schriftliche Kündigungsbegründung folgte am 7. März, die Einsprache des Arbeitnehmers (Art. 336b Abs. 1

SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 336b - 1 Wer gestützt auf Artikel 336 und 336a eine Entschädigung geltend machen will, muss gegen die Kündigung längstens bis zum Ende der Kündigungsfrist beim Kündigenden schriftlich Einsprache erheben. |
B.- Am 12. Juni 1991 klagte W. beim Bezirksgericht F. gegen die H. Transport AG auf Zahlung von Fr. 28'087.-- Entschädigung wegen missbräuchlicher Kündigung (Art. 336a

SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 336a - 1 Die Partei, die das Arbeitsverhältnis missbräuchlich kündigt, hat der anderen Partei eine Entschädigung auszurichten. |
C.- Beide Parteien fechten das obergerichtliche Urteil vom 30. Juni 1992 mit eidgenössischer Berufung an. Der Kläger fordert die Erhöhung der zugesprochenen Entschädigung auf Fr. 26'979.-- nebst Zins, entsprechend der höchstmöglichen Entschädigung von sechs Monatslöhnen (Art. 336a Abs. 2

SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 336a - 1 Die Partei, die das Arbeitsverhältnis missbräuchlich kündigt, hat der anderen Partei eine Entschädigung auszurichten. |
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
2. Auch für die klägerische Berufung gilt das Begründungserfordernis des Art. 55 Abs. 1 lit. c

SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 336a - 1 Die Partei, die das Arbeitsverhältnis missbräuchlich kündigt, hat der anderen Partei eine Entschädigung auszurichten. |
BGE 119 II 157 S. 159
Entschädigung rein rechnerisch als zu tief beanstandet wird. Im Berufungsverfahren ist sodann von der verbindlichen Feststellung des Obergerichts auszugehen, dass die vom Kläger in der Betriebskommission gegen die Beklagte erhobenen Vorwürfe betreffend die Arbeitszeiten der Chauffeure zwar berechtigt gewesen seien und das Bundesamt für Verkehr sogar zu einer Strafanzeige wegen Verletzung des Arbeitszeitgesetzes veranlasst hätten, dass der Kläger jedoch "nichts" unternommen habe, "um das angespannte Verhältnis zu entschärfen". So hält das Obergericht dem Kläger vor, er habe im Oktober 1990 an einer Sitzung der VPOD-Gruppe Stadtbus teilgenommen, an der die Ausarbeitung neuer Schichtpläne beschlossen worden sei; im Dezember 1990 habe sich dann aber herausgestellt, dass der Kläger von Anfang an nicht bereit gewesen sei, diesen Beschluss zu befolgen und andere als von einer autorisierten Stelle ausgearbeitete Schichtpläne zu akzeptieren. Diese Feststellungen sind das Ergebnis positiver Beweiswürdigung, die entgegen der Auffassung des Klägers den Beweisführungsanspruch des Art. 8

SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 8 - Wo das Gesetz es nicht anders bestimmt, hat derjenige das Vorhandensein einer behaupteten Tatsache zu beweisen, der aus ihr Rechte ableitet. |

SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 336a - 1 Die Partei, die das Arbeitsverhältnis missbräuchlich kündigt, hat der anderen Partei eine Entschädigung auszurichten. |
a) Gemäss Art. 336a Abs. 1

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SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 337c - 1 Entlässt der Arbeitgeber den Arbeitnehmer fristlos ohne wichtigen Grund, so hat dieser Anspruch auf Ersatz dessen, was er verdient hätte, wenn das Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der Kündigungsfrist oder durch Ablauf der bestimmten Vertragszeit beendigt worden wäre. |
BGE 119 II 157 S. 160
Monatslöhne beschränkt und vom Bundesgericht dahin ausgelegt worden ist, dass auch solche Entschädigungen bis zum gesetzlichen Höchstbetrag nach richterlichem Ermessen festgesetzt werden (BGE 116 II 301 f.). Könnten Arbeitnehmer, denen zwar missbräuchlich, aber unter Einhaltung der ordentlichen Fristen gekündigt worden ist, im Normalfall sechs Monatslöhne als Entschädigung beanspruchen, so erhielten sie regelmässig mehr als fristlos entlassene Arbeitnehmer. Hinzu kommt, dass die Entschädigung nach Art. 336a

SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 336a - 1 Die Partei, die das Arbeitsverhältnis missbräuchlich kündigt, hat der anderen Partei eine Entschädigung auszurichten. |

SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 336 - 1 Die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses ist missbräuchlich, wenn eine Partei sie ausspricht: |

SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 336a - 1 Die Partei, die das Arbeitsverhältnis missbräuchlich kündigt, hat der anderen Partei eine Entschädigung auszurichten. |

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BGE 119 II 157 S. 161
nicht bei der Entschädigung zu berücksichtigen sind daher die wirtschaftlichen Folgen der missbräuchlichen Kündigung, die sich aus der Dauer des Arbeitsverhältnisses, aus dem Alter und der Stellung des entlassenen Arbeitnehmers, dessen sozialer Lage und den Verhältnissen auf dem Arbeitsmarkt ergeben (REHBINDER, N. 4 zu Art. 336a

SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 336a - 1 Die Partei, die das Arbeitsverhältnis missbräuchlich kündigt, hat der anderen Partei eine Entschädigung auszurichten. |

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SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 63 - 1 Ist der Täter psychisch schwer gestört, ist er von Suchtstoffen oder in anderer Weise abhängig, so kann das Gericht anordnen, dass er nicht stationär, sondern ambulant behandelt wird, wenn: |
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1 | Ist der Täter psychisch schwer gestört, ist er von Suchtstoffen oder in anderer Weise abhängig, so kann das Gericht anordnen, dass er nicht stationär, sondern ambulant behandelt wird, wenn: |
a | der Täter eine mit Strafe bedrohte Tat verübt, die mit seinem Zustand in Zusammenhang steht; und |
b | zu erwarten ist, dadurch lasse sich der Gefahr weiterer mit dem Zustand des Täters in Zusammenhang stehender Taten begegnen. |
2 | Das Gericht kann den Vollzug einer zugleich ausgesprochenen unbedingten Freiheitsstrafe, einer durch Widerruf vollziehbar erklärten Freiheitsstrafe sowie einer durch Rückversetzung vollziehbar gewordenen Reststrafe zu Gunsten einer ambulanten Behandlung aufschieben, um der Art der Behandlung Rechnung zu tragen. Es kann für die Dauer der Behandlung Bewährungshilfe anordnen und Weisungen erteilen. |
3 | Die zuständige Behörde kann verfügen, dass der Täter vorübergehend stationär behandelt wird, wenn dies zur Einleitung der ambulanten Behandlung geboten ist. Die stationäre Behandlung darf insgesamt nicht länger als zwei Monate dauern. |
4 | Die ambulante Behandlung darf in der Regel nicht länger als fünf Jahre dauern. Erscheint bei Erreichen der Höchstdauer eine Fortführung der ambulanten Behandlung notwendig, um der Gefahr weiterer mit einer psychischen Störung in Zusammenhang stehender Verbrechen und Vergehen zu begegnen, so kann das Gericht auf Antrag der Vollzugsbehörde die Behandlung um jeweils ein bis fünf Jahre verlängern. |

SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 336 - 1 Die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses ist missbräuchlich, wenn eine Partei sie ausspricht: |
BGE 119 II 157 S. 162
wird lediglich zugestanden, berechtigte Interessen der Arbeitnehmer in sachlich vertretbarer und loyaler Weise wahrzunehmen. Auch die Berufung des Klägers ist daher abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist.