123 I 1
1. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 3. Februar 1997 i.S. X. gegen Erziehungsdirektion und Verwaltungsgericht des Kantons Bern (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste (de):
- Art. 4 Abs. 1
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 27 Wirtschaftsfreiheit - 1 Die Wirtschaftsfreiheit ist gewährleistet.
1 Die Wirtschaftsfreiheit ist gewährleistet. 2 Sie umfasst insbesondere die freie Wahl des Berufes sowie den freien Zugang zu einer privatwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit und deren freie Ausübung. - Bedeutung und Geltendmachung des Grundsatzes der Gesetzmässigkeit der Verwaltung (E. 2).
- Bestimmtheitsgebot für Besoldungsregelungen im öffentlichen Dienstrecht (E. 4).
- Ein mit der unterschiedlichen Vorbildung von Logopädinnen (Matura bzw. Lehrerpatent) begründeter Besoldungsunterschied von 8-9% verstösst nicht gegen Art. 4 Abs. 1
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
- Auf Art. 27 Abs. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 27 Wirtschaftsfreiheit - 1 Die Wirtschaftsfreiheit ist gewährleistet.
1 Die Wirtschaftsfreiheit ist gewährleistet. 2 Sie umfasst insbesondere die freie Wahl des Berufes sowie den freien Zugang zu einer privatwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit und deren freie Ausübung. - Das Verhältnismässigkeitsprinzip ist kein selbständiges verfassungsmässiges Recht (E. 10).
Regeste (fr):
- Art. 4 al. 1 Cst., art. 27 al. 2 Cst.; rémunération des maîtres d'école; principe de la légalité; égalité de traitement; principe de la proportionnalité.
- Portée et application du principe de la légalité dans l'administration (consid. 2).
- Exigences relatives à la précision de la réglementation fixant le traitement dans la fonction publique (consid. 4).
- Ne viole pas l'art. 4 al. 1 Cst. une différence de traitement de 8-9% entre deux logopédistes, motivée par une formation différente (maturité, respectivement brevet de maître d'école) (consid. 6).
- Les élèves, respectivement leurs parents, peuvent se réclamer de l'art. 27 al. 2 Cst., mais pas les maîtres (consid. 9).
- Le principe de la proportionnalité n'est pas un droit constitutionnel indépendant (consid. 10).
Regesto (it):
- Art. 4 cpv. 1 Cost, art. 27 cpv. 2 Cost.; retribuzione degli insegnanti; principio della legalità; parità di trattamento; principio della proporzionalità.
- Portata e applicazione del principio della legalità nell'amministrazione (consid. 2).
- Esigenze relative alla precisione della regolamentazione che disciplina la retribuzione nella funzione pubblica (consid. 4).
- Non disattende l'art. 4 cpv. 1 Cost. una differenza di retribuzione dell'8-9% tra due logopedisti, basata su una formazione differente (maturità, rispettivamente brevetto di maestro di scuola) (consid. 6).
- Gli alunni, rispettivamente i loro genitori possono appellarsi all'art. 27 cpv. 2 Cost., non gli insegnanti (consid. 9).
- Il principio della proporzionalità non è un diritto costituzionale con portata propria (consid. 10).
Sachverhalt ab Seite 2
BGE 123 I 1 S. 2
X. ist diplomierte Logopädin mit Vorbildung Matura. Sie wurde per 1. April 1978 definitiv an die Primarschule W. gewählt, wo sie seither Sprachheilunterricht erteilt. Ihre Besoldung setzt sich zusammen aus 90% der Grundbesoldung für Primarlehrer und einer Zulage für Spezialunterricht. Logopäden, welche vor ihrer logopädischen Ausbildung eine Primarlehrerausbildung absolviert haben, erhalten demgegenüber die volle Grundbesoldung für Primarlehrer und die Zulage für Spezialunterricht. Mit Eingabe vom 26. August 1993 gelangte X. an das Personalamt des Kantons Bern; sie führte aus, die zehnprozentige Kürzung des Grundlohnes lasse sich nicht auf die geltende Gesetzgebung abstützen. Sie ersuchte um entsprechende Erhöhung der Grundbesoldung und rückwirkende Nachzahlung des unrechtmässig abgezogenen Differenzbetrages für die letzten fünf Jahre. Das Amt für Finanzen und Administration der Erziehungsdirektion und auf Rekurs hin die Erziehungsdirektion des Kantons Bern wiesen das Begehren ab. X. erhob dagegen Beschwerde an das Verwaltungsgericht des Kantons Bern, welches diese mit Urteil vom 13. November 1995, zugestellt am 24. November 1995, abwies. X. erhebt staatsrechtliche Beschwerde mit dem Antrag, den Entscheid des Verwaltungsgerichts aufzuheben und die Erziehungsdirektion anzuweisen, den zehnprozentigen Abzug vom Grundlohn ab sofort zu streichen und den Differenzbetrag für die letzten fünf Jahre nachzubezahlen. Sie rügt eine Verletzung des Grundsatzes der Gesetzmässigkeit der Verwaltung, der Rechtsgleichheit, des Willkürverbots, des rechtlichen Gehörs, von Art. 27 Abs. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 27 Wirtschaftsfreiheit - 1 Die Wirtschaftsfreiheit ist gewährleistet. |
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1 | Die Wirtschaftsfreiheit ist gewährleistet. |
2 | Sie umfasst insbesondere die freie Wahl des Berufes sowie den freien Zugang zu einer privatwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit und deren freie Ausübung. |
BGE 123 I 1 S. 3
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
2. Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung des Grundsatzes der Gesetzmässigkeit der Verwaltung, indem für die Kürzung der Grundbesoldung weder eine formellgesetzliche Grundlage noch eine hinreichend bestimmte materiellgesetzliche Grundlage bestehe. a) Es ist unbestritten, dass die zehnprozentige Kürzung der Grundbesoldung der Logopäden ohne Lehrerpatent nicht auf einem ausdrücklichen Rechtssatz des bernischen Rechts, sondern auf einer jeweils im Einzelfall getroffenen Anordnung beruht. Die kantonalen Behörden stützen diese Kürzung auf Art. 15 Abs. 3 des kantonalen Dekrets vom 21. September 1971 über die besonderen Klassen und den Spezialunterricht der Volksschule (DbK). Dieser Artikel lautet wie folgt: "Art. 15 Besoldungen
1 Lehrer, welche an Kleinklassen A B oder C unterrichten, erhalten eine Zulage zur Primarlehrergrundbesoldung gemäss Lehrerbesoldungsgesetz. 2 Der Spezialunterricht wird in der Regel ebenfalls nach den Besoldungsbestimmungen für die Primarlehrerschaft im Verhältnis zur Stundenzahl besoldet. 3 Für Ausnahmefälle nach Absatz 2 und Artikel 9 Absatz 2 werden die Besoldung und eine allfällige Zulage von der Erziehungsdirektion festgesetzt. Im Streitfall trifft das Personalamt eine Verfügung." Nach Ansicht des Verwaltungsgerichts findet dieses Dekret eine formellgesetzliche Grundlage in Art. 5 Abs. 1
SR 748.217.1 Bundesgesetz vom 7. Oktober 1959 über das Luftfahrzeugbuch LBG Art. 5 - Im Luftfahrzeugbuch können vorgemerkt werden: |
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a | Verfügungsbeschränkungen auf Grund einer amtlichen Anordnung zur Sicherung streitiger oder vollziehbarer Ansprüche sowie auf Grund einer Pfändung; |
b | vorläufige Eintragungen zur Sicherung behaupteter dinglicher Rechte oder im Falle der vom Gesetz zugelassenen Ergänzung des Ausweises; |
c | das Recht auf Nachrücken eines Pfandrechts in eine vorgehende leere Pfandstelle; |
d | das Recht auf Benützung des Luftfahrzeugs, sofern es in einem Miet oder Chartervertrag auf mindestens sechs Monate vereinbart ist; |
e | das Aussonderungs- und Pfandrecht des Bundes nach Artikel 37 des Landesversorgungsgesetzes vom 17. Juni 20166. |
BGE 123 I 1 S. 4
Handelns (HANS DUBS, Die Forderung der optimalen Bestimmtheit belastender Rechtsnormen, ZSR 93/1974 II S. 223-247, 224 f.; FRITZ GYGI, Verwaltungsrecht, Bern 1986, S. 78; ULRICH HÄFELIN/GEORG MÜLLER, Grundriss des Allgemeinen Verwaltungsrechts, 2. Aufl. Zürich 1993, S. 72 ff.; PIERRE MOOR, Droit administratif, Vol. 1, 2. Aufl. Bern 1994, S. 330 f.; HANSJÖRG SEILER, Gewaltenteilung - Allgemeine Grundlagen und schweizerische Ausgestaltung, Bern 1994, S. 329). Das Legalitätsprinzip gilt für das ganze Verwaltungshandeln mit Einschluss der Leistungsverwaltung (BGE 103 Ia 369 E. 5 S. 380 f.; BGE 118 Ia 46 E. 5b S. 61 f., mit Hinweisen). Es ist ein verfassungsmässiges Prinzip, aber kein verfassungsmässiges Individualrecht, dessen Verletzung selbständig mit staatsrechtlicher Beschwerde gerügt werden kann (BGE 121 I 22 E. 3a S. 25, mit Hinweisen). Die Verletzung des Legalitätsprinzips kann im Zusammenhang mit der Verletzung des Grundsatzes der Gewaltentrennung (BGE 121 I 22 E. 3a S. 25) oder eines speziellen Grundrechts geltend gemacht werden, wobei sich die Verfassungswidrigkeit daraus ergeben kann, dass die verfassungsmässige Zuständigkeitsordnung verletzt oder ohne hinreichend bestimmte gesetzliche Grundlage in ein Grundrecht eingegriffen wird (vgl. BGE 118 Ia 305 E. 2a S. 309 f.; BGE 115 Ia 277 E. 7a S. 288; BGE 111 Ia 31 E. 4 S. 32 f.; BGE 109 Ia 273 E. 4d S. 282 ff.; WALTER KÄLIN, Das Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde, 2. Aufl. Bern 1994, S. 178 f.; WERNER RITTER, Schutz der Freiheitsrechte durch genügend bestimmte Normen, Diss. St. Gallen 1994, S. 309 f.). Als selbständiges verfassungsmässiges Recht gilt das Legalitätsprinzip zudem im Abgaberecht (BGE BGE 122 I 61 E. 2a S. 63; BGE 120 Ia 265 E. 2a S. 266) sowie - soweit es nicht schon durch Art. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 1 - Eine Strafe oder Massnahme darf nur wegen einer Tat verhängt werden, die das Gesetz ausdrücklich unter Strafe stellt. |
BGE 123 I 1 S. 5
3. Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung von Art. 26 Ziff. 14 und Art. 27 der bis Ende 1994 in Kraft gewesenen bernischen Staatsverfassung vom 4. Juni 1893 (aKV/BE). Art. 15 DbK entbehre einer formellgesetzlichen Grundlage und enthalte zudem, wenn er als Grundlage für die Besoldungskürzung herangezogen werden soll, eine unzulässige Delegation an die Erziehungsdirektion. a) Am 1. Januar 1995 ist die neue bernische Kantonsverfassung vom 6. Juni 1993 in Kraft getreten. Das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts ist am 13. November 1995 ergangen, also bereits unter der Herrschaft der neuen Verfassung. Schafft eine Verfassungsreform eine neue, bisher fehlende Verfassungsgrundlage für eine Delegation, so kann ein bisher allenfalls verfassungswidriger delegierter Rechtsetzungsakt verfassungsmässig werden (BGE 107 Ia 29 E. 2a S. 31 f.; ZBl 90/1989 S. 491, E. 4c). Dies gilt jedoch nur ex nunc; soweit die Beschwerdeführerin ein Besoldungsbegehren für die Zeit bis zum 31. Dezember 1994 gestellt hat, richtet sich die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der beanstandeten Regelung nach der alten Kantonsverfassung. (E. 3b-e: Die Kürzung der Besoldung verstösst nicht gegen Art. 26 Ziff. 14 oder Art. 27 aKV/BE).
4. Soweit nicht eine Verletzung der verfassungsmässigen Zuständigkeitsordnung, sondern des rechtsstaatlich begründeten Bestimmtheitsgebots gerügt wird, beschränkt sich die Überpüfungsbefugnis des Bundesgerichts auf eine Willkürprüfung (E. 2b/c). a) Willkürlich ist ein Entscheid nicht schon dann, wenn eine andere Lösung ebenfalls vertretbar erscheint oder gar vorzuziehen wäre, sondern erst dann, wenn er offensichtlich unhaltbar ist, zur tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft. Willkür liegt sodann nur vor, wenn nicht bloss die Begründung eines Entscheides, sondern auch das Ergebnis unhaltbar ist (BGE 122 I 61 E. 3a S. 66 f.; BGE 121 I 113 E. 3a, S. 114; BGE 120 Ia 369 E. 3a S. 373). b) Das Legalitätsprinzip verlangt, dass die angewendeten Rechtssätze eine angemessene Bestimmtheit aufweisen müssen (BGE 113 Ib 60 E. 3b S. 63 f.; DUBS, a.a.O., S. 225; RENÉ RHINOW/BEAT KRÄHENMANN, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, Ergänzungsband, Basel 1990, S. 192). Das Gebot der Bestimmtheit kann nicht in absoluter Weise verstanden werden. Der Gesetzgeber kann nicht darauf verzichten, allgemeine Begriffe zu verwenden. Es ist unvermeidlich, dass viele Rechtssätze mehr oder minder vage Begriffe enthalten, deren Auslegung und Anwendung der Praxis überlassen werden muss (BGE 117 Ia 472 E. 3e S. 479 f.). Der Grad der erforderlichen Bestimmtheit lässt sich nicht abstrakt festlegen. Eine besondere Bedeutung hat die
BGE 123 I 1 S. 6
Forderung der Bestimmtheit bei Verhaltensnormen, die durch Androhung von Sanktionen unmittelbar ein bestimmtes Verhalten des Bürgers bewirken sollen (vgl. BGE 117 Ia 472 E. 3e S. 480; BGE 113 Ib 60 E. 3b S. 63), oder wenn eine Vielzahl von ähnlich gelagerten Entscheiden zu treffen sind. Umgekehrt sind die Anforderungen weniger streng, wenn unterschiedlich gelagerte Sachverhalte zu regeln sind, bei denen im Interesse einer sachgerechten Flexibilität oder der Einzelfallgerechtigkeit Differenzierungen im Anwendungsfall angebracht sind (DUBS, a.a.O., S. 244 f.; MOOR, a.a.O., S. 338 ff.; GEORG MÜLLER, Inhalt und Formen der Rechtssetzung als Problem der demokratischen Kompetenzordnung, Basel 1979, S. 83 ff.; SEILER, a.a.O., S. 333 f.). Unbestimmte Regelungen können insbesondere dann genügen, wenn ein Rechtsverhältnis zur Diskussion steht, welches die Betroffenen freiwillig eingegangen sind (BGE 121 I 230 E. 3g/dd S. 239) oder bei dem die Rechte und Pflichten zwischen Staat und Privaten frei ausgehandelt werden können (nicht publiziertes Urteil des Bundesgerichts i.S. B. vom 21. November 1994, E. 3a). Schliesslich kann dem Bedürfnis nach Rechtsgleichheit auch durch eine gleichmässige und den besonderen Umständen Rechnung tragende Behördenpraxis entsprochen werden (BGE 111 Ia 31 E. 4 S. 32). c) Die Rechte und Pflichten der öffentlichen Bediensteten, insbesondere deren Besoldung, sollen sich im Grundsatz ebenfalls aus einem (zumindest materiellen) Gesetz ergeben (BGE 98 Ia 179). Doch ist nicht erforderlich, dass alle Einzelheiten durch Rechtssatz geregelt werden (Urteil des Bundesgerichts i.S. P. vom 23. März 1995, publiziert in SJ 1995 681, E. 3; HÄFELIN/MÜLLER, a.a.O., S. 90 Rz. 391). Eine gewisse Flexibilität ist im öffentlichen Dienstrecht unvermeidlich und zulässig. d) Vorliegend wird die Differenzierung der Besoldung nicht auf einzelfallrelevante Kriterien wie die individuellen Leistungen oder Fähigkeiten abgestützt. Vielmehr werden sämtliche Logopäden mit Matura als Vorbildung schlechter entlöhnt als diejenigen mit einem Lehrerpatent, was offenbar eine grössere Zahl von Personen betrifft. Eine rechtssatzmässige Regelung wäre somit ohne weiteres möglich und im Interesse der Rechtssicherheit und Vorhersehbarkeit auch erwünscht. Umgekehrt wird aber durch die Besoldungsregelung
BGE 123 I 1 S. 7
nicht unmittelbar und hoheitlich ein sanktionierbares Verhalten vorgeschrieben. Vielmehr handelt es sich bei der Anstellung eines öffentlichen Bediensteten um einen mitwirkungsbedürftigen Verwaltungsakt. Der Lehrer hat - wie ein Arbeitnehmer in der Privatwirtschaft - die Wahl, die Stelle zu den gebotenen Bedingungen anzunehmen oder aber darauf zu verzichten und allenfalls eine Stelle in einem anderen Kanton oder in einer privaten Institution zu suchen, wo eine bessere Entlöhnung angeboten wird. Hinzu kommt, dass es der Erziehungsdirektion trotz der sehr weiten und unbestimmten Formulierung von Art. 15 Abs. 3 DbK nicht frei steht, jede beliebige Ausnahmeregelung zu treffen; vielmehr ist sie dabei an verfassungsmässige Rechte und Grundsätze, wie namentlich Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
6. Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung der Rechtsgleichheit, da Logopäden mit Matura die gleiche Tätigkeit ausübten wie solche mit Primarlehrerpatent, so dass sich eine unterschiedliche Besoldung nicht rechtfertige. a) Eine Regelung verletzt den Grundsatz der Rechtsgleichheit und damit Art. 4 Abs. 1
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
BGE 123 I 1 S. 8
wenn der Kanton mit den Unterscheidungen, die er trifft, eine Grenze zieht, die sich nicht vernünftig begründen lässt, die unhaltbar und damit in den meisten Fällen auch geradezu willkürlich ist (BGE 114 Ia 221 E. 2b S. 224, mit Hinweisen; ULRICH HÄFELIN/WALTER HALLER, Schweizerisches Bundesstaatsrecht, 3. Aufl. Zürich 1993, S. 494).
b) Ein grosser Ermessensspielraum der kantonalen Behörden besteht in besonderem Masse in Organisations- und Besoldungsfragen (BGE 121 I 49 E. 3b S. 51, 102 E. 4a S. 104). Eine besondere Zurückhaltung des Verfassungsrichters drängt sich hier um so mehr auf, als es nicht nur um einen Vergleich zwischen zwei Kategorien von Berechtigten, sondern um das ganze Besoldungssystem geht; der Gesetzgeber oder Verfassungsrichter läuft daher stets Gefahr, neue Ungleichheiten zu schaffen, wenn er im Hinblick auf zwei Kategorien von Bediensteten Gleichheit erzielen will (vgl. BGE 120 Ia 329 E. 3 S. 333). Anders verhält es sich nur im Falle einer geschlechterbedingten Ungleichheit der Besoldung, wo gemäss Art. 4 Abs. 2
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c) Art. 4 Abs. 1
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
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BGE 123 I 1 S. 9
d) In seiner bisherigen Praxis hat das Bundesgericht einen Besoldungsunterschied zwischen Primar- und Orientierungsschullehrern von fast 22% als mit Art. 4
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BGE 123 I 1 S. 10
Primarlehrerpatent verfüge über ein breiteres Wissen und Verständnis für die übrigen schulischen Belange und Lerninhalte. Ihre auf die ganze Schulbildung bezogenen methodischen, didaktischen und pädagogischen Kenntnisse liessen einen besseren Erfolg auch im Spezialgebiet und eine optimale Zusammenarbeit innerhalb des Lehrkörpers erwarten. Zudem dauere die Vorbildung Primarlehrerpatent länger als die Vorbildung Matura. Diese Überlegungen sind objektiv und sachlich haltbar. f) Die Beschwerdeführerin bringt dagegen vor, Logopädie sei nicht der Erteilung von Schulunterricht gleichzustellen, sondern sei therapeutisch ausgerichtet, weshalb der sachliche Vorsprung von Primarlehrern gegenüber Maturanden für die Berufsausübung nicht von Bedeutung sei. Hinsichtlich der logopädisch relevanten Kenntnisse bestehe kein Unterschied zwischen Logopäden mit Matura und solchen mit einem Lehrerpatent. Das ergebe sich auch daraus, dass die bundessozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen über Logopäden keine diesbezügliche Differenzierung treffen. g) Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin ist für die Beurteilung der Besoldungsdifferenzierung durch den Kanton nicht erheblich, dass nach der Auffassung von logopädischen Ausbildungsstätten oder Berufsverbänden die Logopädie eine medizinische oder therapeutische Massnahme ist. Im Kanton Bern ist die Logopädie als Spezialunterricht zum ordentlichen Schulunterricht in das Schulsystem integriert und wird nicht als medizinische, sondern als schulische Tätigkeit betrachtet. Der Kanton ist zu dieser Regelung kraft seiner Hoheit im Schul- wie im Gesundheitswesen befugt. Demgemäss wäre es auch verfassungsrechtlich zulässig, für den logopädischen Unterricht nur Personen zuzulassen, die über eine Lehrerausbildung verfügen. Wenn der Kanton auch Logopäden anerkennt, die als Vorbildung eine Matura haben, so ist er deshalb nicht verpflichtet, sie besoldungsmässig gleich zu behandeln. Das Bundesgericht hat erkannt, dass Unterschiede in der Ausbildung besoldungsmässig berücksichtigt werden können, wenn eine bessere Ausbildung für die Ausübung einer Funktion von Nutzen ist (BGE 117 Ia 270 E. 4a S. 276). Wird die Logopädie zulässigerweise als Teil der Schule betrachtet, so ist es haltbar, eine Lehrerausbildung als für die Ausübung des Logopädenberufs nützlich zu betrachten und dementsprechend besoldungsmässig zu berücksichtigen. Der Umstand, dass französischsprachige Logopäden offenbar gar nicht anders als über die Matura das Logopädiestudium absolvieren können, ändert daran nichts, da die Kantone nicht verfassungsrechtlich
BGE 123 I 1 S. 11
verpflichtet sind, ihre Besoldungsregelungen an die Gestaltung ausserkantonaler Ausbildungslehrgänge anzupassen. h) Die Zulässigkeit von Besoldungsunterschieden ist auch eine Frage des Masses (BGE 121 I 102 E. 4d/aa S. 107). Angesichts der quantitativen und qualitativen Unterschiede in der Vorbildung ist die Besoldungsdifferenz von fast 10% im Lichte der bisherigen Praxis des Bundesgerichts (vorne E. 6d) und aufgrund des den Kantonen zustehenden grossen Gestaltungsspielraumes noch als verfassungsrechtlich haltbar zu betrachten. i) Unerheblich ist schliesslich, dass die bundessozialversicherungsrechtlichen Regelungen keine Differenzierung zwischen Logopäden mit Matura und solchen mit Lehrerpatent kennen. Wenn der Bund im Rahmen seiner Zuständigkeiten eine bestimmte Regelung trifft, so heisst das nicht, dass der Kanton im Rahmen seiner Befugnisse daran gebunden wäre. k) Der Besoldungsunterschied zwischen der Beschwerdeführerin und einer Logopädin mit Lehrerpatent verstösst nach dem Gesagten nicht gegen das Rechtsgleichheitsgebot.
9. Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung von Art. 27 Abs. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 27 Wirtschaftsfreiheit - 1 Die Wirtschaftsfreiheit ist gewährleistet. |
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1 | Die Wirtschaftsfreiheit ist gewährleistet. |
2 | Sie umfasst insbesondere die freie Wahl des Berufes sowie den freien Zugang zu einer privatwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit und deren freie Ausübung. |
10. Schliesslich rügt die Beschwerdeführerin eine Verletzung des Verhältnismässigkeitsprinzips. Das Verhältnismässigkeitsprinzip ist zwar ein verfassungsmässiges Prinzip, aber kein verfassungsmässiges Recht, dessen Verletzung der einzelne selbständig, ohne Zusammenhang mit der Anrufung eines besonderen Grundrechts, geltend machen kann (ZBl 95/1994 S. 264, E. 2b; ZBl 89/1988 S. 461, E. 2; KÄLIN, a.a.O., S. 69). Die Rüge der Verletzung der Verhältnismässigkeit hat deshalb nebst den bereits behandelten Rügen der Willkür und der Rechtsungleichheit keine selbständige Bedeutung (BGE 102 Ia 69 E. 2 S. 71).