118 Ia 35
7. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 14. Februar 1992 i.S. X. gegen Staat Solothurn und Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste (de):
- Art. 4 Abs. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
- Aus Art. 4 Abs. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
- Weil es dabei um den Inhalt und Umfang des in Art. 4 Abs. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
Regeste (fr):
- Art. 4 al. 2 3e phrase Cst.: salaire égal pour un travail de valeur égale; devoir d'examen du juge; conseillère soleuroise en orientation professionnelle.
- L'art. 4 al. 2 3e phrase Cst. oblige le juge à procéder à un examen minimum. Si le juge ne se conforme pas à cette exigence, dont la portée dépend du cas particulier, il viole le droit des parties à être entendues et jugées à la lumière de l'art. 4 al. 2 Cst. (consid. 2d et e).
- Comme cela concerne le contenu et l'étendue des droits constitutionnels découlant de l'art. 4 al. 2 3e phrase Cst., le Tribunal fédéral examine la question librement (consid. 2e).
Regesto (it):
- Art. 4 cpv. 2 periodo 3 Cost.: retribuzione uguale per un lavoro di pari valore; consulente professionale solettese.
- L'art. 4 cpv. 2 periodo 3 Cost. impone al giudice di procedere a un esame minimo. Se il giudice non adempie quest'obbligo, la cui portata è da concretizzare nel caso specifico, egli lede il diritto di essere sentita della parte, determinato alla luce dell'art. 4 cpv. 2 Cost. (consid. 2d e e).
- Poiché si tratta del contenuto e del significato del diritto costituzionale ancorato nell'art. 4 cpv. 2 periodo 3 Cost., il Tribunale federale esamina la questione con pieno potere d'esame (consid. 2e).
Sachverhalt ab Seite 35
BGE 118 Ia 35 S. 35
Berufsberaterinnen und Berufsberater werden im Kanton Solothurn seit dem 1. Januar 1982 in die Lohnklassen 13 und 15 eingestuft (Verordnung vom 18. November 1981 über die Besoldungen des Staatspersonals und der Lehrkräfte an den Kantons-, Berufs- und Volksschulen, GS 88 Heft 3 S. 797 ff.; heute: Verordnung (mit dem gleichen Titel) vom 24. Juni 1986, BGS 126.511.1). Die Lohnfestsetzung bei der Wahl erfolgt allgemein aufgrund der Ausbildung und der bisherigen beruflichen Tätigkeit. Als Ausbildungserfordernis wird für Berufsberater ein entsprechendes Fachdiplom verlangt. Wer über dieses verfügt und keine oder nur eine geringe praktische Erfahrung (in der Regel bis acht Jahre) mitbringt, wird unter Anrechnung
BGE 118 Ia 35 S. 36
der Dienstjahre in Klasse 13 eingereiht. Bei Erreichung der Maximalbesoldung in dieser Klasse, in der wie in Klasse 15 acht Stufen bestehen, wobei jährlich ein Anstieg um eine Stufe erfolgt, kann der Regierungsrat die Beförderung in die höhere Klasse beschliessen, sofern Eignung, Leistung und Verhalten nicht zu beanstanden sind. Berufsberater mit langjähriger praktischer Tätigkeit in dieser oder einer vergleichbaren Funktion können unter Anrechnung der Praxisjahre direkt in Klasse 15 eingestuft werden. Eine höherwertige Ausbildung (z.B. ein Lizentiat) wird bei der Lohnfestsetzung nicht berücksichtigt. Dienstjahre in der gleichen Funktion werden in der Regel voll, solche in vergleichbaren Funktionen anteilmässig angerechnet. X. trat 1976 als Sekretärin der Regionalstelle Y. des Amtes für Berufsbildung und Berufsberatung in den Dienst des Kantons Solothurn ein. Auf den 1. Dezember 1979 stellte der Regierungsrat sie neu als Berufsberater-Praktikantin in der Lohnklasse 13/1 an und bewilligte ihr, sich berufsbegleitend zur Berufsberaterin ausbilden zu lassen. Nachdem X. den entsprechenden Studiengang am 12. November 1982 mit dem Diplom abgeschlossen hatte, wählte sie der Regierungsrat auf den 1. Dezember 1982 provisorisch als Berufsberaterin und reihte sie in die Stufe 4 der Lohnklasse 13 ein. Auf 1. März 1984 wurde X. definitiv angestellt. Weil sie nicht wie ihre männlichen Kollegen in Lohnklasse 15, sondern lediglich in Lohnklasse 13 eingestuft war, vermutete X. eine Lohndiskriminierung aufgrund ihres Geschlechts. Nach verschiedenen Abklärungen und Vorstössen erhob sie am 24. März 1988 beim Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn Klage gegen den Staat Solothurn. Sie beantragte die Beseitigung der Lohndiskriminierung sowie, soweit nicht verjährt, eine Lohnnachzahlung seit ihrer Anstellung als Berufsberaterin. An der Hauptverhandlung beschränkte X., nachdem der Regierungsrat sie auf den 1. Januar 1989 in die Lohnklasse 15 befördert hatte, ihre Forderung auf die Besoldungsdifferenz für die Zeit vom 1. Dezember 1982 bis zum 31. Dezember 1988. Das Verwaltungsgericht wies die Klage am 23. März 1990 ab, soweit es darauf eintrat. Zur Begründung führte es im wesentlichen an, die unterschiedliche Einstufung von X. im Vergleich zu ihren Berufskollegen beruhe auf der teilweise anrechenbaren früheren Berufserfahrung. Weil die ungleiche Besoldung sich somit aus einem objektiven Grund rechtfertige, habe der Kanton das verfassungsmässige Recht auf gleichen Lohn für gleiche Arbeit nicht verletzt.
BGE 118 Ia 35 S. 37
Das Bundesgericht heisst die hiergegen eingereichte staatsrechtliche Beschwerde gut aus den folgenden
Erwägungen
Erwägungen:
2. a) Die Beschwerdeführerin macht eine Verletzung von Art. 4 Abs. 2
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BGE 118 Ia 35 S. 38
Gründen wie Alter, Dienstalter, familiären Belastungen, Erfahrung, Qualifikationsgrad, Risiken usw. beruhen. In BGE 117 Ia 276 E. 4a hielt das Bundesgericht fest, hierzu sei auch eine qualifiziertere Ausbildung zu zählen, zumindest soweit diese vom Arbeitsplatz gefordert oder für die Arbeit, die verrichtet werden muss, doch von Nutzen ist. Bei diesen Gründen handelt es sich um solche, welche die Leistung oder die Person des Arbeitnehmers geschlechtsunabhängig betreffen und damit auch zwischen Arbeitnehmern gleichen Geschlechts zu unterschiedlicher Entlöhnung Anlass geben. Nach BGE 113 Ia 116 E. 4a können weitere objektive Umstände, die nicht geschlechtsspezifisch motiviert sind und sich nicht auf die Person oder die Tätigkeit des Arbeitnehmers beziehen, ebenfalls einen Einbruch in den Grundsatz des Rechts auf gleichen Lohn rechtfertigen. Als Beispiel nennt der zitierte Entscheid die konjunkturelle Lage. Sie vermag zumindest zeitweise eine unterschiedliche Entlöhnung zu begründen, wenn diese in keiner Weise an das Geschlecht der betroffenen Arbeitnehmer gebunden ist. d) Im Urteil i.S. R. D. und Mitbeteiligte vom 14. Mai 1987 (sogenannter "Zweiter Zürcher Krankenschwestern-Entscheid") tönte das Bundesgericht die Möglichkeit einer direkt in Art. 4 Abs. 2
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BGE 118 Ia 35 S. 39
Anspruch, wie ihn Art. 4 Abs. 2
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3. Im folgenden ist abzuklären, ob das Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn diese Prüfungspflicht erfüllt hat. Unbestrittenermassen leisten alle Berufsberaterinnen und Berufsberater im vorliegenden Fall nicht nur gleichwertige, sondern genau die gleiche Arbeit. In Frage steht lediglich die Art und Weise, wie das Verwaltungsgericht den Grund ermittelt hat, der eine lohnmässige Ungleichbehandlung trotzdem rechtfertigen soll. Die Beschwerdeführerin
BGE 118 Ia 35 S. 40
kritisiert, dass nur ihre Situation mit jener von vier (männlichen) Arbeitskollegen verglichen worden ist und nicht auch jene ihrer Arbeitskolleginnen. b) Die vom Verwaltungsgericht beigezogene Vergleichsbasis zur Beurteilung der Frage, ob die Beschwerdeführerin aufgrund ihres Geschlechtes schlechter eingestuft worden ist als ihre Kollegen, erweist sich als äusserst schmal. Wenn auch grundsätzlich die unterschiedliche berufliche Erfahrung einen objektiven Grund für eine ungleiche Entlöhnung darstellen kann, muss doch im Einzelfall geprüft werden, ob in der vom Arbeitgeber geltend gemachten Rechtfertigung effektiv der Grund für die lohnmässige Ungleichbehandlung liegt. Im konkreten Fall, in dem das zur Rechtfertigung der Lohnungleichheit beigezogene Kriterium nur gerade bei zwei von vier Vergleichspositionen zutraf, hätte das Verwaltungsgericht seine Untersuchung auf weitere Fälle ausdehnen und insbesondere zumindest auch die von der Beschwerdeführerin namentlich bezeichneten anderen Berufsberaterinnen in die Abklärungen einbeziehen müssen. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts ging es dabei nicht darum, zu untersuchen, "ob diese Personen aufgrund ihres Geschlechts diskriminiert werden", sondern abzuklären, ob das erarbeitete objektive Kriterium, aufgrund weiterer Vergleiche, im streitigen Fall als wirklich entscheidend betrachtet werden kann. Gerade in Fällen wie dem vorliegenden, wo eine generelle, für eine ganze Berufsgruppe geltende Einstufungsregelung existiert, ergibt sich der Nachweis der geschlechtsneutralen Handhabung am ehesten aus der Betrachtung der Gesamtpraxis. Diese konnte das Verwaltungsgericht aber gerade nicht prüfen, weil es neben der Situation der Beschwerdeführerin nicht auch jene der anderen Berufsberaterinnen in den Vergleich miteinbezog. Das Verwaltungsgericht verletzte somit seine sich aus Art. 4 Abs. 2
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