121 I 102
15. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 10. Mai 1995 i.S. K. gegen Regierungsrat des Kantons Zürich (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste (de):
- Art. 4 Abs. 1
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
- Die unterschiedliche Entlöhnung von Hauptlehrern und Lehrbeauftragten an den Zürcher Berufsschulen hält - auch soweit allgemeinbildende Fächer zur Diskussion stehen - mit Blick auf die Unterschiede in Funktion und Rechtsstellung der beiden Lehrerkategorien vor Art. 4 Abs. 1
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
- Anspruch auf besoldungsmässige Gleichbehandlung von Lehrbeauftragten mit den Hauptlehrern bei besonders langdauernden Lehrauftragsverhältnissen? (E. 4e).
Regeste (fr):
- Art. 4 al. 1 Cst.; rémunération différente des maîtres titulaires et des maîtres chargés de cours dans les écoles professionnelles zurichoises.
- Au regard des différences de fonction et de statut des deux catégories d'enseignants, la rémunération différente des maîtres titulaires et des maîtres chargés de cours des écoles professionnelles zurichoises est compatible avec l'art. 4 al. 1 Cst., même lorsqu'il s'agit de branches de formation générale (consid. 4a-d).
- Droit des maîtres chargés de cours à recevoir une rémunération égale à celle des maîtres titulaires après de longues années d'enseignement? (consid. 4e).
Regesto (it):
- Art. 4 cpv. 1 Cost.; diversa retribuzione dei docenti nominati e dei docenti incaricati nelle scuole professionali zurighesi.
- Considerate le differenze relative alla funzione e allo statuto delle due classe di docenti, la diversa retribuzione dei docenti nominati e di quelli incaricati nelle scuole professionali zurighesi è compatibile con l'art. 4 cpv. 1 Cost., e ciò anche quando si tratta di materie facenti parte dell'insegnamento di base (consid. 4a-d).
- Diritto dei docenti incaricati di ottenere una retribuzione uguale a quella dei docenti nominati dopo un lungo periodo d'insegnamento? (consid. 4e).
Sachverhalt ab Seite 103
BGE 121 I 102 S. 103
Die Zürcher Verordnung vom 1. Oktober 1986 über das Dienstverhältnis der Lehrer an Berufsschulen (in der Fassung vom 3. Oktober 1990; Berufsschullehrerverordnung, BSLV; Zürcher Gesetzessammlung 413.105) unterscheidet zwischen Hauptlehrern (vom Regierungsrat auf eine Amtsdauer von sechs Jahren gewählt; §§ 11 ff. BSLV), Lehrbeauftragten I und II (semesterweise durch die Schulleitung ernannt; §§ 15 f. BSLV) sowie Lehrbeauftragten III (durch die Aufsichtskommission mit einer garantierten Zahl von Lektionen für sechs Semester ernannt; § 17 BSLV). Die Lehrbeauftragten II mit abgeschlossener pädagogischer Ausbildung und die Lehrbeauftragten III werden besoldungsmässig grundsätzlich gleich behandelt (vgl. § 3 Abs. 2 BSLV); Hauptlehrer sind dagegen lohnmässig besser gestellt (vgl. § 2 BSLV). K. unterrichtet seit Mai 1986 an der Abteilung "Druck-, Gestalter- und Malerberufe" der Allgemeinen Berufsschule Zürich die allgemeinbildenden Fächer Deutsch, Rechnen, Geschäfts- und Rechtskunde sowie Staats- und Wirtschaftskunde. Am 22. Februar 1991 eröffnete ihm das Amt für Berufsbildung auf seinen Wunsch seine Besoldungseinreihung als Lehrbeauftragter II, Kategorie B, mit begründeter Verfügung, wogegen er erfolglos an die Direktion für Volkswirtschaft und anschliessend an den Regierungsrat des Kantons Zürich rekurrierte. Gegen den regierungsrätlichen Entscheid hat K. staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4
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Erwägungen
Aus den Erwägungen:
4. In der Sache rügt der Beschwerdeführer vor allem die Verletzung des Rechtsgleichheitsgebotes nach Art. 4 Abs. 1
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unterschiedlichen Besoldung von Hauptlehrern und Lehrbeauftragten II und III an Berufsschulen. Damit verlangt der Beschwerdeführer eine vorfrageweise Überprüfung der Bestimmungen der kantonalen Berufsschulverordnung auf ihre Verfassungsmässigkeit, was im Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde zulässig ist. Die Rüge, eine kantonale Norm widerspreche der Bundesverfassung, kann noch bei der Anfechtung eines diese Norm anwendenden Entscheides vorgebracht werden. Die allfällige Verfassungswidrigkeit der fraglichen Norm führt indessen in diesem Verfahren nicht zu deren Aufhebung, sondern hat lediglich zur Folge, dass die Vorschrift auf den Beschwerdeführer nicht angewendet und der gestützt auf sie ergangene Entscheid aufgehoben wird (BGE 117 Ia 97 E. 1 S. 99 f. mit Hinweis). a) Ein Erlass verletzt den Grundsatz der Rechtsgleichheit und damit Art. 4 Abs. 1
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Verfügung, während die überwiegend in Teilzeit beschäftigten Lehrbeauftragten nur lose an die Schule gebunden seien. Aufgrund der Berufsschullehrerverordnung seien nur die Hauptlehrer grundsätzlich verpflichtet, ein volles Pensum mit 25-26 Lektionen pro Woche zu übernehmen (§ 19 BSLV); nur sie treffe rechtlich die Pflicht zur Übernahme von Stellvertretungen (§ 25 BSLV), die Wohnsitzpflicht (§ 29 BSLV) und die Bewilligungspflicht für Nebenbeschäftigungen (§ 27 BSLV). c) Der Beschwerdeführer räumt ein, dass die besonderen Erfordernisse des Berufsschulunterrichts die Unterscheidung zwischen gewählten Hauptlehrern und befristet ernannten Lehrbeauftragten rechtfertigten; dies gelte allerdings nur für den berufskundlichen Unterricht, der oft von Lehrkräften erteilt werde, die eine hauptberufliche Tätigkeit in einem Betrieb ausübten, nicht aber für Lehrkräfte, die - wie er - allgemeinbildende Fächer unterrichteten. Für diese stelle der Berufsschulunterricht in der Regel die Existenzgrundlage dar; zudem sei die Anzahl der Schüler sowie der Fächer relativ konstant.
Wie bereits dargelegt, steht dem kantonalen Gesetz- bzw. Verordnungsgeber hinsichtlich Organisation und Besoldung im öffentlichen Dienst ein grosser Spielraum zu. Innerhalb der Grenzen des Willkürverbots und des Rechtsgleichheitsgebots ist er befugt, aus der Vielzahl denkbarer Anknüpfungspunkte die Tatbestandsmerkmale auszuwählen, die für die Einteilung und Besoldung von Lehrkräften massgebend sein sollen, und damit festzulegen, welche Kriterien eine Gleich- bzw. eine Ungleichbehandlung rechtfertigen. Im vorliegenden Fall hat der Verordnungsgeber bei der Besoldungsfestsetzung nur die Schulart (Berufsschule), die Ausbildung (vgl. § 3 Abs. 2 BSLV) und den Status (Lehrbeauftragter oder Hauptlehrer) berücksichtigt und von einer weiteren Differenzierung nach der Art der unterrichteten Fächer abgesehen. Die grundsätzliche Gleichbehandlung von Lehrkräften berufskundlicher und allgemeinbildender Fächer entspricht dem doppelten Auftrag der Berufsschulen, die notwendigen theoretischen Grundlagen zur Ausübung des Berufs zu vermitteln und durch eine allgemeine Bildung die Entfaltung der Persönlichkeit zu fördern (Art. 27 Abs. 1
SR 412.10 Bundesgesetz vom 13. Dezember 2002 über die Berufsbildung (Berufsbildungsgesetz, BBG) - Berufsbildungsgesetz BBG Art. 27 Formen der höheren Berufsbildung - Die höhere Berufsbildung wird erworben durch: |
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a | eine eidgenössische Berufsprüfung oder eine eidgenössische höhere Fachprüfung; |
b | eine eidgenössisch anerkannte Bildung an einer höheren Fachschule. |
BGE 121 I 102 S. 106
stehenden Hauptlehrern und den auf kürzere Dauer ernannten, nur mit einem Teilpensum betrauten Lehrbeauftragten bei Berücksichtigung der besonderen Bedürfnisse des Berufsschulunterrichts verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, und zwar auch soweit, als sie die Lehrkräfte allgemeinbildender Fächer betrifft. Diesen steht von Verfassungs wegen kein genereller Anspruch darauf zu, als Hauptlehrer beschäftigt bzw. besoldungsmässig den Hauptlehrern gleichgestellt zu werden. d) Der Beschwerdeführer ist allerdings der Auffassung, Statusunterschiede allein könnten eine unterschiedliche Besoldung nicht rechtfertigen. Auch wenn das öffentliche Interesse die Einreihung einer Lehrkraft in die Kategorie der Lehrbeauftragten rechtfertige, habe diese Anspruch auf das gleiche Gehalt, wenn sie dieselbe Leistung wie ein Hauptlehrer erbringe, dieselben Fähigkeiten besitze und denselben Belastungen ausgesetzt sei. Diese Voraussetzungen seien bei Lehrbeauftragten II mit abgeschlossener pädagogischer Ausbildung bzw. Lehrbeauftragten III - jedenfalls in den allgemeinbildenden Fächern - grundsätzlich gegeben und träfen insbesondere auch auf seine Person zu. Die vom Regierungsrat genannten rechtlichen Unterschiede zwischen Hauptlehrern und Lehrbeauftragten vermöchten angesichts der tatsächlichen Verhältnisse an den Berufsschulen eine unterschiedliche Besoldung nicht zu rechtfertigen: Die meisten Lehrbeauftragten in allgemeinbildenden Fächern würden es vorziehen, höhere Pensen zu erhalten, anstatt sich für schlechter bezahlte Stellvertretungen melden zu müssen, um einen Zusatzverdienst zu erhalten. Auf der anderen Seite nehme unter den Hauptlehrern der Trend zu Teilpensen zu. Die tatsächliche Belastung von Lehrbeauftragten mit Stellvertretungen, Verpflichtungen ausserhalb der eigentlichen Unterrichtsstunden und ähnlichem sei nicht geringer als diejenige der Hauptlehrer. aa) Es mag zutreffen, dass im Fall des Beschwerdeführers hinsichtlich Ausbildung, Berufserfahrung, Verantwortung und Aufgabenbereich kein Unterschied zu Hauptlehrern an Berufsschulen besteht. Dass die Wahl zum Hauptlehrer eine entsprechende - in einem besonderen Wahlverfahren festzustellende - Qualifikation voraussetzt und diese Funktion in der Regel auch mit bestimmten zusätzlichen administrativen Aufgaben verbunden ist, darf jedoch bei der verfassungsrechtlichen Beurteilung der gerügten Ungleichbehandlung nicht ausser acht gelassen werden. Es wäre auch realitätswidrig zu verlangen, dass der Status eines Beamten in diesem Zusammenhang völlig ohne Einfluss bleiben muss und die Besoldung allein
BGE 121 I 102 S. 107
nach der Qualität der geleisteten Arbeit bzw. den tatsächlich gestellten Anforderungen bestimmt werden dürfe. Der für den öffentlichen Dienst typischen Zuordnung bestimmter Stellen zu bestimmten Besoldungsstufen ist ein gewisser Schematismus inhärent, da an typische generelle Merkmale und nicht oder nicht primär an die individuelle Leistung und den Einsatz des konkreten Beamten angeknüpft wird. Der allgemeine Gleichheitsgrundsatz gemäss Art. 4 Abs. 1
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BGE 121 I 102 S. 108
betreffend Lehrkräfte an zürcherischen Mittelschulen hat das Bundesgericht erwogen, dass ein Anspruch auf Gleichbehandlung mit Hauptlehrern bei besonders langdauernden Lehrauftragsverhältnissen aus dem Rechtsgleichheitsgebot abgeleitet werden könne, sofern der Nachweis erbracht sei, dass sich der oder die betreffende Lehrbeauftragte hinsichtlich Ausbildung, Berufserfahrung, Verantwortung und Aufgabenbereich nicht von den Hauptlehrern unterscheide. Dabei wurde eine zeitliche Grenze von 15 Jahren in Betracht gezogen (a.a.O., E. 5a/dd). Diese Grenze war im vorliegenden Fall zum Zeitpunkt des regierungsrätlichen Entscheids längst nicht erreicht und ist auch heute noch nicht überschritten worden.