117 Ia 97
18. Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 22. Februar 1991 i.S. Vincenzo Iaia gegen Familienausgleichskasse der Verbandsfirmen der Maschinen- und Metallindustrie, AHV-Rekurskommission des Kantons Thurgau und Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste (de):
- Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
- 1. Rechtsetzungskompetenz und Gestaltungsspielraum der Kantone im Bereich der Familienzulagen (E. 2).
- 2. Die Regelung in § 12 des thurgauischen Gesetzes über die Kinder- und Ausbildungszulagen (KAZG), wonach für Kinder mit zivilrechtlichem Wohnsitz im Ausland keine Ausbildungszulagen ausgerichtet werden, lässt sich auf ernsthafte, sachliche Gründe stützen und hält demzufolge vor Art. 4 Abs. 1
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
- 3. Das Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Italienischen Republik über Soziale Sicherheit von 1962/1964 bezieht sich nur auf die bundesrechtliche Gesetzgebung über die Familienzulagen; auf kantonalrechtliche Familienzulagenordnungen ist es nicht anwendbar (E. 4).
- 4. Es ist nicht willkürlich, für die Auslegung des in § 12 KAZG verwendeten Ausdrucks "zivilrechtlicher Wohnsitz" auf den tatsächlichen Wohnsitzbegriff des Art. 23 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 23 - 1 Der Wohnsitz einer Person befindet sich an dem Orte, wo sie sich mit der Absicht dauernden Verbleibens aufhält; der Aufenthalt zum Zweck der Ausbildung oder die Unterbringung einer Person in einer Erziehungs- oder Pflegeeinrichtung, einem Spital oder einer Strafanstalt begründet für sich allein keinen Wohnsitz.23
1 Der Wohnsitz einer Person befindet sich an dem Orte, wo sie sich mit der Absicht dauernden Verbleibens aufhält; der Aufenthalt zum Zweck der Ausbildung oder die Unterbringung einer Person in einer Erziehungs- oder Pflegeeinrichtung, einem Spital oder einer Strafanstalt begründet für sich allein keinen Wohnsitz.23 2 Niemand kann an mehreren Orten zugleich seinen Wohnsitz haben. 3 Die geschäftliche Niederlassung wird von dieser Bestimmung nicht betroffen.
Regeste (fr):
- Art. 4 Cst.; allocations pour la formation des enfants.
- 1. Compétence et pouvoir d'appréciation des cantons pour légiférer en matière d'allocations familiales (consid. 2).
- 2. La réglementation prévue au § 12 de la loi thurgovienne sur les allocations pour les enfants et leur formation, selon laquelle aucune allocation n'est versée pour la formation professionnelle des enfants ayant leur domicile civil à l'étranger, repose sur des motifs sérieux et objectifs et ne viole dès lors par l'art. 4 al. 1 Cst. (principe de l'égalité de traitement; consid. 3).
- 3. La Convention entre la Confédération suisse et la République italienne relative à la sécurité sociale du 14 décembre 1962 (RO 1964 p. 730) se réfère uniquement à la législation fédérale en matière d'allocations familiales; elle n'est pas applicable aux réglementations cantonales sur les allocations familiales (consid. 4).
- 4. Pour l'interprétation de l'expression "domicile civil" contenue au § 12 de la loi thurgovienne, il n'est pas arbitraire de se référer à la notion effective de domicile de l'art. 23 al. 1 CC (consid. 5).
Regesto (it):
- Art. 4 Cost.; assegni per la formazione dei figli.
- 1. Competenza e potere d'apprezzamento dei cantoni in sede di legislazione sugli assegni familiari (consid. 2).
- 2. La disciplina prevista dal § 12 della legge del cantone di Turgovia sugli assegni per i figli e la loro formazione, secondo cui non è versato alcun assegno per la formazione dei figli aventi il loro domicilio civile all'estero, può essere fondato su motivi seri e obiettivi e non viola quindi l'art. 4 cpv. 1 Cost. (uguaglianza di trattamento; consid. 3).
- 3. La Convenzione tra la Confederazione Svizzera e la Repubblica Italiana relativa alla sicurezza sociale, del 14 dicembre 1962 (RU 1964 pag. 739) si riferisce unicamente alla legislazione federale in materia di assegni familiari, e non è applicabile all'ambito regolato dal diritto cantonale (consid. 4).
- 4. Ai fini dell'interpretazione del termine "domicilio civile" utilizzato nel § 12 della legge del cantone di Turgovia non è arbitrario fondarsi sulla nozione effettiva di domicilio contenuta nell'art. 23 cpv. 1 CC (consid. 5).
Sachverhalt ab Seite 98
BGE 117 Ia 97 S. 98
Vincenzo Iaia ist italienischer Staatsangehöriger. Er besitzt die Niederlassungsbewilligung und wohnt im Kanton Thurgau. Er arbeitet bei der Firma Hydrel AG, die der Familienausgleichskasse der Verbandsfirmen der Maschinen- und Metallindustrie im Kanton Thurgau angeschlossen ist. Während die älteren Kinder des Ehepaares Iaia in der Schweiz erzogen worden sind, ist der jüngste Sohn Giovanni, geb. am 4. Juni 1971, in Italien bei seinem Onkel aufgewachsen und besucht derzeit das Istituto Tecnico Industriale "G. Galilei" in Ostuni/Brindisi. Am 14. März 1989 ersuchte Vincenzo Iaia um Ausrichtung von Ausbildungszulagen für den in Italien studierenden Sohn. Das Begehren wurde von der thurgauischen Familienausgleichskasse der Verbandsfirmen der Maschinen- und Metallindustrie mit Verfügung vom 28. April 1989 unter Hinweis auf § 12 des thurgauischen Gesetzes über die Kinder- und Ausbildungszulagen vom 29. September 1986 (KAZG, GS/TG 836.1) abgewiesen. Nach dieser kantonalen Bestimmung werden für Kinder mit zivilrechtlichem Wohnsitz im Ausland keine Ausbildungszulagen ausgerichtet. Eine Beschwerde Vincenzo Iaias bei der AHV-Rekurskommission des Kantons Thurgau blieb erfolglos. Mit Urteil vom 20. Dezember 1989 wies das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau die Beschwerde Vincenzo Iaias gegen die
BGE 117 Ia 97 S. 99
Verweigerung der Ausbildungszulagen ab. Das Gericht folgte der Auffassung des Beschwerdeführers nicht, dass die Verweigerung der Ausbildungszulage das Rechtsgleichheitsgebot gemäss Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
1. Der Beschwerdeführer macht geltend, § 12 des thurgauischen Gesetzes über die Kinder- und Ausbildungszulagen widerspreche dem Gleichbehandlungsgebot sowie dem Willkürverbot gemäss Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
BGE 117 Ia 97 S. 100
eine kantonale Norm widerspreche der Bundesverfassung (oder einem Staatsvertrag), kann noch bei der Anfechtung eines diese Norm anwendenden Entscheides vorgebracht werden. Die allfällige vorfrageweise Feststellung der Verfassungs- oder Staatsvertragswidrigkeit der fraglichen Norm führt indessen nicht zu deren Aufhebung, sondern hat lediglich zur Folge, dass die Vorschrift auf den Beschwerdeführer nicht angewendet und der gestützt auf sie ergangene Entscheid aufgehoben wird (BGE 114 Ia 52 E. 2a, mit Hinweisen).
2. a) Die Kantone können auf dem Gebiete der Familienzulagen autonom legiferieren, solange und insoweit der Bund von seiner Kompetenz gemäss Art. 34quinquies Abs. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
b) Wo der Bund einen Sachbereich der Regelung durch den kantonalen Gesetzgeber überlässt, ist dieser an die Vorschriften des Bundesrechts, insbesondere an die Freiheitsrechte und das Rechtsgleichheitsgebot der Bundesverfassung gebunden. Abgesehen davon muss aber den Kantonen, wo sie ihre autonome Gesetzgebungskompetenz wahrnehmen, ein grosser Gestaltungsspielraum zugebilligt werden - auch unter dem Gesichtspunkt der Rechtsgleichheit. So können auf dem Gebiete der Sozialversicherung z.B. die Leistungsberechtigten in Kategorien oder Gruppen zusammengefasst schematisch behandelt werden (BGE 114 Ia 3 /4 E. 4, mit Hinweis auf die Literatur). Auch vermögen nach der Rechtsprechung technische und praktische Gründe eine Ungleichbehandlung jedenfalls dann zu rechtfertigen, wenn dies nicht zu unbilligen Ergebnissen führt (BGE 107 V 206
BGE 117 Ia 97 S. 101
E. 3b, mit Hinweisen). Das ist zu berücksichtigen, wenn - wie vorliegend im Fall des § 12 KAZG - eine kantonale Norm über die Ausrichtung von Ausbildungszulagen vorfrageweise auf ihre Verfassungsmässigkeit zu prüfen und dabei an den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen zum Gleichbehandlungsgebot (Art. 4 Abs. 1
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
3. a) Ein Erlass verletzt den Grundsatz der Rechtsgleichheit und damit Art. 4 Abs. 1
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
BGE 117 Ia 97 S. 102
Eine ganze Anzahl von Kantonen hat den Anspruch (von Ausländern) auf Kinderzulagen für im Ausland wohnende Kinder abweichend von demjenigen für in der Schweiz wohnende Kinder geordnet, was durch die Verschiedenartigkeit der Verhältnisse durchaus gerechtfertigt sein kann (BGE 114 Ia 3 /4 E. 4, mit Quellenhinweis). Das Bundesgericht hat es aus diesen Gründen als mit Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
BGE 117 Ia 97 S. 103
Arbeitnehmereinkommen erfolge. Die Einschränkung der Ausbildungszulagen für Kinder mit Wohnsitz im Ausland lasse sich auch weder mit dem Obhutsprinzip - das nur im Falle der Konkurrenz von Bedeutung sei - noch mit erschwerten Kontroll- und Abklärungsmöglichkeiten oder mit geringeren Lebenshaltungs- und Ausbildungskosten im Ausland generell rechtfertigen. d) Die Argumentation des Beschwerdeführers zielt - über die vom Verwaltungsgericht vorgebrachte Begründung hinaus - direkt auf die gesetzliche Regelung des § 12 KAZG, die der Beschwerdeführer schlechthin als verfassungswidrig kritisiert, weil dafür haltbare sachliche Motive aus allgemeingültigen Gründen überhaupt nicht denkbar seien. Derart absolut formuliert, ist diese Auffassung unzutreffend. Zudem geht sie von falschen Voraussetzungen aus, was die Rechtsetzungskompetenz im Bereich der Familienzulagen anbelangt (siehe vorne E. 2). Wenn es auch stimmt, dass über die Verfassungsmässigkeit von § 12 KAZG im Bundesgerichtsentscheid 114 Ia 1 ff. (insbesondere in E. 5) nicht zu entscheiden war, so ist dem Beschwerdeführer doch entgegenzuhalten, dass er den in E. 4 jenes Urteils in den Grundsätzen aufgezeigten weitgehenden Spielraum des kantonalen Gesetzgebers zu Unrecht übergeht oder aber dessen Bedeutung verkennt. Es genügt daher an dieser Stelle festzuhalten, dass die einschlägigen bundesgerichtlichen Erwägungen (vgl. auch vorne E. 3b), die sich auf Rechtsprechung und Literatur stützen, im Grundsatz nach wie vor gültig und auch im vorliegenden Fall durchaus von Bedeutung sind. Abgesehen davon vermögen die in der Beschwerde angeführten Gründe weder im einzelnen noch insgesamt die Verfassungswidrigkeit der Regelung in § 12 KAZG darzutun. Gewiss wird durch die kantonalen Familienzulagenordnungen eine Ausgleichspflicht von einem Teil der Familienlasten öffentlichrechtlich durchgesetzt und erfolgt die Beitragserhebung im Ergebnis wirtschaftlich zu Lasten der Lohnmasse. Der auszugleichende Teil dieser Familienlasten wird aber von den Kantonen in vielfältiger Art verschieden abgegrenzt. Aus dem System an sich lässt sich daher nicht schliessen, jede Einschränkung der Leistungsansprüche bedeute eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung der Arbeitnehmer von unterstellten Arbeitgebern. Ebensowenig lässt sich daraus folgern, eine Begrenzung der Ansprüche je nach Wohnort der Kinder verletze schon deshalb den Gleichbehandlungsgrundsatz, weil das System der Familienzulagen ausschliesslich auf dem Arbeitsverhältnis
BGE 117 Ia 97 S. 104
selbst beruhe. Die (etwas schematische) Abgrenzung des gesetzlichen Anspruchs auf Ausbildungszulagen nach dem praktikablen Kriterium, ob Kinder nach Vollendung des 16. Altersjahres ihre Ausbildung im Inland fortsetzen oder aber im Ausland, ist nicht von vornherein systemwidrig und jedenfalls nicht sachfremd; das Kriterium des Wohnsitzes kann durchaus auch im Bereich der Familienzulagen eine Differenzierung rechtfertigen, vorausgesetzt, dass sich diese auf ernsthafte, sachlich mit den zu regelnden Umständen in Beziehung stehende Gründe stützen kann. Das Verwaltungsgericht führt im angefochtenen Urteil als Motiv für die getroffene Unterscheidung (ausschliesslich) die beschränkte Überprüfungs- und Kontrollmöglichkeit seitens der kantonalen Behörden bezüglich ausländischer Bescheinigungen an. Damit allein liesse sich die Ungleichheit in der Regelung der Zulagenberechtigung freilich nicht rechtfertigen. Indessen sind andere, stichhaltige und sachgerechte Motive für eine derartige Abgrenzung durch den kantonalen Gesetzgeber durchaus denkbar: So ist ein ernsthafter, sachlicher Grund darin zu sehen, dass mit der Beschränkung ungerechtfertigte Kumulationen vermieden werden sollen, wenn für dasselbe Kind bereits Zulagen im ausländischen Wohnsitzstaat ausgerichtet werden. Weiter kann die ungleiche Behandlung etwa damit durchaus verfassungskonform begründet werden, dass der Gesetzgeber das inländische öffentlichrechtliche Ausgleichssystem in der Phase der Berufs- und Hochschulausbildung auf die im inländischen Ausbildungssystem absolvierte und gezielt auf die inländische Wirtschaft ausgerichtete Ausbildung begrenzen will. Auch spricht die doch beachtliche Zahl von 10 Kantonen, die den Zulagenanspruch für Kinder (ausländischer Arbeitnehmer) im Ausland während dieser Ausbildungsphase gegenüber demjenigen für im Inland ausgebildete Kinder auch 1991 noch einschränken (zum Stand am 1. Januar 1991 vgl. die entsprechenden Zusammenstellungen in ZAK 1/1991 S. 10 ff. Tabellen 1 und 2), für die Ernsthaftigkeit und sachliche Berechtigung der verschiedenen denkbaren Motive des kantonalen Gesetzgebers. e) Lassen sich aber - wie soeben gezeigt - sachliche, vernünftige Gründe für die in § 12 KAZG geregelte Ungleichbehandlung anführen, so hält diese Bestimmung vor Art. 4 Abs. 1
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
BGE 117 Ia 97 S. 105
es selber (anstelle des kantonalen Gesetzgebers) nach der besten Lösung zu suchen, noch hat es darüber zu befinden, ob der autonome kantonale Gesetzgeber innerhalb des ihm zugebilligten Gestaltungsspielraumes die zweckmässigste und angemessenste Regelung getroffen hat.
4. a) Der Beschwerdeführer rügt - subsidiär - einen Verstoss gegen das einschlägige Sozialversicherungsabkommen mit Italien, dem er unbestrittenermassen unterstehe. Er macht geltend, § 12 KAZG sei bei vertragsgemässer Auslegung jedenfalls ihm gegenüber nicht anwendbar, weil jener Staatsvertrag Beschränkungen der Zulagenberechtigung gegenüber italienischen Staatsbürgern wegen ausländischen Aufenthaltes der Kinder verbiete. b) Mit dem erwähnten Sozialversicherungsabkommen aus dem Jahre 1962/1964 hat der Bund die Gleichstellung der im Ausland wohnenden Kinder italienischer Staatsangehöriger für landwirtschaftliche Arbeitnehmer verwirklicht. Das Abkommen bezieht nur die bundesrechtliche Gesetzgebung über die Familienzulagen ein (Art. 1 Ziff. 1 lit. a), ist folglich schweizerischerseits auf landwirtschaftliche Arbeitnehmer italienischer Staatsangehörigkeit (während der Dauer ihrer Beschäftigung in der Schweiz) beschränkt (Art. 15); auf kantonalrechtliche Familienzulagenordnungen ist es dagegen nicht anwendbar (vgl. zum Ganzen die Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung vom 4. März 1963 im BBl 1963 I 616 ff., speziell 620 Ziff. 3 und 633 Ziff. 2; vgl. ferner die Stellungnahme des Bundesamtes für Sozialversicherung in ZAK 1988 S. 220 Ziff. 3). Aufgrund der bestehenden Rechtslage kann sich der Beschwerdeführer zur Anfechtung des § 12 KAZG somit nicht auf diesen Staatsvertrag berufen. Daran vermögen die Hinweise auf den Verhandlungsverlauf und die Materialien selbst dann nichts zu ändern, wenn eine nachträgliche Einschränkung in der Anspruchsberechtigung, wie der Thurgauer Gesetzgeber sie vorgenommen hat, gegen den Geist des Abkommens verstossen sollte. Unter diesen Umständen braucht nicht geprüft zu werden, ob und inwieweit das angerufene Sozialversicherungsabkommen mit Italien unmittelbar anwendbare Bestimmungen enthält, was überhaupt Voraussetzung für die Zulässigkeit der Staatsvertragsbeschwerde gemäss Art. 84 Abs. 1 lit. c
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
5. Der Beschwerdeführer rügt schliesslich die Auslegung von § 12 KAZG durch das Thurgauer Verwaltungsgericht als eine
BGE 117 Ia 97 S. 106
durch nichts zu rechtfertigende Fehlinterpretation und damit als willkürlich. Ohnehin unhaltbar, da weder mit dem Wortlaut von § 12 KAZG noch mit der Materie zu vereinbaren, sei zudem die Auslegung des "zivilrechtlichen Wohnsitzes" zum Nachteil der Betroffenen. a) Insoweit der Beschwerdeführer über die Rechtsanwendungsrüge mittelbar wiederum die Verfassungswidrigkeit des § 12 KAZG als solche darzulegen versucht, kann auf E. 3 hievor verwiesen werden. Soweit die Willkürrüge damit begründet wird, § 12 KAZG dürfe, wenn überhaupt, nur unter dem Vorbehalt entgegenstehender staatsvertraglicher Vereinbarungen angewendet werden, weshalb die Auslegung des Verwaltungsgerichtes mit dem Völkerrecht nicht vereinbar sei, stösst sie ins Leere. Das Sozialversicherungsabkommen mit Italien, auf das sich der Beschwerdeführer stützt, ist nämlich auf die thurgauische Familienzulagenordnung nicht anwendbar (E. 4b). Und zwar selbst dann nicht, wenn der "Vorbehalt anderslautender Vereinbarungen", wie er angeblich im Gesetzesentwurf (als Abs. 3 zu § 12) vorgesehen war, tatsächlich ins KAZG aufgenommen worden wäre. Der Hinweis auf den Willen des kantonalen Gesetzgebers ist in diesem Zusammenhang unbehelflich. b) Es bleibt somit noch zu prüfen, ob die Auslegung des "zivilrechtlichen Wohnsitzes" im Sinne von § 12 KAZG, wie sie das Verwaltungsgericht vornahm, vor dem Willkürverbot standhält. Willkür im Sinne von Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 25 - 1 Als Wohnsitz des Kindes unter elterlicher Sorge26 gilt der Wohnsitz der Eltern oder, wenn die Eltern keinen gemeinsamen Wohnsitz haben, der Wohnsitz des Elternteils, unter dessen Obhut das Kind steht; in den übrigen Fällen gilt sein Aufenthaltsort als Wohnsitz. |
|
1 | Als Wohnsitz des Kindes unter elterlicher Sorge26 gilt der Wohnsitz der Eltern oder, wenn die Eltern keinen gemeinsamen Wohnsitz haben, der Wohnsitz des Elternteils, unter dessen Obhut das Kind steht; in den übrigen Fällen gilt sein Aufenthaltsort als Wohnsitz. |
2 | Bevormundete Kinder haben ihren Wohnsitz am Sitz der Kindesschutzbehörde.27 |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 23 - 1 Der Wohnsitz einer Person befindet sich an dem Orte, wo sie sich mit der Absicht dauernden Verbleibens aufhält; der Aufenthalt zum Zweck der Ausbildung oder die Unterbringung einer Person in einer Erziehungs- oder Pflegeeinrichtung, einem Spital oder einer Strafanstalt begründet für sich allein keinen Wohnsitz.23 |
|
1 | Der Wohnsitz einer Person befindet sich an dem Orte, wo sie sich mit der Absicht dauernden Verbleibens aufhält; der Aufenthalt zum Zweck der Ausbildung oder die Unterbringung einer Person in einer Erziehungs- oder Pflegeeinrichtung, einem Spital oder einer Strafanstalt begründet für sich allein keinen Wohnsitz.23 |
2 | Niemand kann an mehreren Orten zugleich seinen Wohnsitz haben. |
3 | Die geschäftliche Niederlassung wird von dieser Bestimmung nicht betroffen. |
BGE 117 Ia 97 S. 107
selbst das schweizerisch-italienische Sozialversicherungsabkommen mit seiner Formulierung Art. 23 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 23 - 1 Der Wohnsitz einer Person befindet sich an dem Orte, wo sie sich mit der Absicht dauernden Verbleibens aufhält; der Aufenthalt zum Zweck der Ausbildung oder die Unterbringung einer Person in einer Erziehungs- oder Pflegeeinrichtung, einem Spital oder einer Strafanstalt begründet für sich allein keinen Wohnsitz.23 |
|
1 | Der Wohnsitz einer Person befindet sich an dem Orte, wo sie sich mit der Absicht dauernden Verbleibens aufhält; der Aufenthalt zum Zweck der Ausbildung oder die Unterbringung einer Person in einer Erziehungs- oder Pflegeeinrichtung, einem Spital oder einer Strafanstalt begründet für sich allein keinen Wohnsitz.23 |
2 | Niemand kann an mehreren Orten zugleich seinen Wohnsitz haben. |
3 | Die geschäftliche Niederlassung wird von dieser Bestimmung nicht betroffen. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 25 - 1 Als Wohnsitz des Kindes unter elterlicher Sorge26 gilt der Wohnsitz der Eltern oder, wenn die Eltern keinen gemeinsamen Wohnsitz haben, der Wohnsitz des Elternteils, unter dessen Obhut das Kind steht; in den übrigen Fällen gilt sein Aufenthaltsort als Wohnsitz. |
|
1 | Als Wohnsitz des Kindes unter elterlicher Sorge26 gilt der Wohnsitz der Eltern oder, wenn die Eltern keinen gemeinsamen Wohnsitz haben, der Wohnsitz des Elternteils, unter dessen Obhut das Kind steht; in den übrigen Fällen gilt sein Aufenthaltsort als Wohnsitz. |
2 | Bevormundete Kinder haben ihren Wohnsitz am Sitz der Kindesschutzbehörde.27 |