122 I 53
10. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 20. März 1996 i.S. X. gegen X. und Zivilgericht des Kantons Basel-Stadt (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste (de):
- Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
- Es genügt der Verfassung, wenn die Eltern zum Ergebnis des Gesprächs, das der Richter im Verfahren nach Art. 145
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
Regeste (fr):
- Art. 4 Cst.; droit d'être entendu.
- Au regard de la Constitution, il suffit que les parents puissent se déterminer, avant la décision sur l'attribution des enfants, sur le compte rendu de l'entretien confidentiel que le juge a eu avec leur enfant dans le cadre de la procédure de mesures provisoires (consid. 4a). Les détails de l'entretien n'ont pas à être communiqués aux parents (consid. 4c). Il est dès lors superflu de dresser un procès-verbal (consid. 5).
Regesto (it):
- Art. 4 Cost.; diritto di essere sentito.
- Dal profilo costituzionale, è sufficiente che i genitori, prima della decisione sull'attribuzione del figlio giusta l'art. 145 CC, possano esprimersi sul colloquio che questi ha avuto a quattr'occhi con il giudice (consid. 4a). I dettagli del colloquio non devono venire comunicati ai genitori (consid. 4c). Di conseguenza, la redazione di un verbale è superflua (consid. 5).
Sachverhalt ab Seite 54
BGE 122 I 53 S. 54
Mit Urteil vom 23. November 1994 schied das Zivilgericht des Kantons Basel-Stadt die Eheleute X. und übertrug die elterliche Gewalt über die Kinder E. (geboren 1979) und M. (geboren 1987) der Mutter; der 1981 geborene Sohn R. wurde derjenigen des Vaters unterstellt. Nach Einreichung der Appellation gegen dieses Urteil erwirkte Sohn E. ein Gespräch unter vier Augen mit dem erstinstanzlichen Instruktionsrichter, dem er den Wunsch vortrug, dem Vater statt der Mutter zugeteilt zu werden. Dem darauf abzielenden Gesuch des Vaters gab der Richter mit Verfügung vom 20. Februar 1995 statt mit der Begründung, Sohn E. habe anlässlich des Gesprächs überzeugend glaubhaft gemacht, er wolle lieber beim Vater als bei der Mutter sein; dieser Wille sei angesichts des Alters von Sohn E. zu respektieren. Frau X. stellte ein Wiedererwägungsgesuch, das vom Instruktionsrichter des Zivilgerichts des Kantons Basel-Stadt am 7. März 1995 mit etwas ausführlicherer Begründung abgewiesen wurde. Den von Frau X. gleichzeitig mit dem Wiedererwägungsgesuch eingereichten Rekurs gegen die Verfügung vom 20. Februar 1995 wies die II. Kammer des Zivilgerichts des Kantons Basel-Stadt nach Anhörung beider Parteien am 16. November 1995 ohne Begründung ab. Die von Frau X. gegen den Rekursentscheid eingereichte staatsrechtliche Beschwerde weist das Bundesgericht ab, soweit es auf sie eintritt.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
4. Die Beschwerdeführerin begründet die Verletzung der Verfassung damit, das Zivilgericht hätte ihr das rechtliche Gehör nur gewähren können, wenn es den Instruktionsrichter verpflichtet hätte, den Inhalt des Gesprächs zwischen ihm und Sohn E. festzuhalten und den Parteien zugänglich zu machen. Die Unterlassung der Erstellung eines ausführlichen Protokolls erwecke den Eindruck von Geheimjustiz und habe ihren Anspruch auf Stellungnahme und Beweisführung illusorisch gemacht.
BGE 122 I 53 S. 55
a) Das durch Art. 4
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SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 307 - 1 Ist das Wohl des Kindes gefährdet und sorgen die Eltern nicht von sich aus für Abhilfe oder sind sie dazu ausserstande, so trifft die Kindesschutzbehörde die geeigneten Massnahmen zum Schutz des Kindes. |
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1 | Ist das Wohl des Kindes gefährdet und sorgen die Eltern nicht von sich aus für Abhilfe oder sind sie dazu ausserstande, so trifft die Kindesschutzbehörde die geeigneten Massnahmen zum Schutz des Kindes. |
2 | Die Kindesschutzbehörde ist dazu auch gegenüber Kindern verpflichtet, die bei Pflegeeltern untergebracht sind oder sonst ausserhalb der häuslichen Gemeinschaft der Eltern leben. |
3 | Sie kann insbesondere die Eltern, die Pflegeeltern oder das Kind ermahnen, ihnen bestimmte Weisungen für die Pflege, Erziehung oder Ausbildung erteilen und eine geeignete Person oder Stelle bestimmen, der Einblick und Auskunft zu geben ist. |
BGE 122 I 53 S. 56
sind und dass die Beschwerdeführerin auch zum im Wiedererwägungsentscheid ausführlicher begründeten Beweisergebnis hatte Stellung nehmen können, wozu Detailkenntnisse über den Gesprächsinhalt nicht erforderlich waren). c) Streitig ist weiter, ob es Art. 4
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5. Die Beschwerdeführerin macht weiter erfolglos geltend, es sei nicht einzusehen, wieso der Inhalt des genannten Gesprächs stärker unterdrückt werden müsse als die Unterhaltungen, die in den Gutachten des psychologischen Dienstes ihren Niederschlag fänden. Nach der für Gutachten geltenden Praxis in Basel-Stadt hätte zumindest dem Vertreter der Beschwerdeführerin der Inhalt des Gesprächs offenbart werden müssen. Der von der Beschwerdeführerin zitierte Revers verpflichtet den unterzeichnenden Rechtsvertreter nur dazu, den Inhalt eines Gutachtens nicht seinem Mandanten weiterzugeben (STAEHELIN/SUTTER, Zivilprozessrecht, § 11 Rz. 57 S. 121). Daraus lässt sich kein Anspruch auf Einsicht in
BGE 122 I 53 S. 57
allfällige Gesprächsprotokolle ableiten, die Grundlage des Gutachtens gebildet hatten. Wenn die Beschwerdeführerin schliesslich die Aufzeichnung des Gespräches verlangt mit der Begründung, was nicht in den Akten enthalten sei, existiere für das Verfahren nicht, bleibt sie ebenfalls erfolglos. Hat das Zivilgericht ohne Verletzung von Art. 4
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