106 II 226
46. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 16. Dezember 1980 i.S. A. und B. gegen C., D. und E. (Berufung)
Regeste (de):
- Kündbarkeit der einfachen Gesellschaft.
- 1. Art. 546 Abs. 1
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 546 - 1 Ist die Gesellschaft auf unbestimmte Dauer oder auf Lebenszeit eines Gesellschafters geschlossen worden, so kann jeder Gesellschafter den Vertrag auf sechs Monate kündigen.
- 2. Das gesetzliche Kündigungsrecht kann eine unvollständige vertragliche Kündigungsordnung selbst dann ergänzen, wenn eine Gesellschaft auf Lebenszeit eines Gesellschafters vereinbart worden ist (E. 2b und c).
Regeste (fr):
- Dénonciation du contrat de société simple.
- 1. L'art. 546 al. 1 CO n'est pas de nature impérative (changement de jurisprudence). Il ne touche pas des causes de dissolution extraordinaires (consid. 2a).
- 2. Le droit de dénonciation prévu par la loi peut suppléer à une règlementation contractuelle incomplète, même si le contrat de société a été conclu pour la vie de l'un des associés (consid. 2b et c).
Regesto (it):
- Disdetta del contratto di società semplice.
- 1. L'art. 546 cpv. 1 CO non ha carattere imperativo (cambiamento della giurisprudenza). Esso non concerne le cause di scioglimento straordinarie (consid. 2a).
- 2. Il diritto di disdetta previsto dalla legge può integrare una disciplina contrattuale incompleta anche laddove il contratto sia stato concluso per la vita di uno dei soci (consid. 2b, c).
Sachverhalt ab Seite 226
BGE 106 II 226 S. 226
A.- Der 1908 geborene A. und seine Söhne B., C., D. und E. schlossen sich anfangs 1969 zu einer einfachen Gesellschaft zusammen, die auf unbestimmte Zeit, mindestens aber bis zum Ableben des Vaters bestehen sollte. Dass der Vertrag vorher gekündigt werden konnte, ist seinem Text nicht zu entnehmen. Die Gesellschaft befasst sich insbesondere mit der Vermietung
BGE 106 II 226 S. 227
von zwei in Zürich gelegenen Liegenschaften, die Gesamteigentum der Gesellschafter sind. Im April 1977 kündigten C., D. und E. den Gesellschaftsvertrag auf den 31. Dezember 1977. Vater A. und sein Sohn B. liessen die Kündigung nicht gelten und beharrten auf der Fortsetzung des Vertragsverhältnisses. D. und E. klagten daraufhin gegen die drei anderen Gesellschafter mit dem Begehren, vorfrageweise die Auflösung der Gesellschaft auf den 31. Dezember 1977 festzustellen und sodann die Beklagten zu verpflichten, die Gesellschaft zusammen mit den Klägern zu liquidieren.
B.- C. unterzog sich der Klage. Das Bezirksgericht Zürich nahm davon Vormerk und hiess die Rechtsbegehren der Kläger am 6. Juli 1979 dahin gut, dass es Vater A. und dessen Sohn B. verpflichtete, die Gesellschaft zusammen mit den andern Gesellschaftern zu liquidieren. Vater A. und sein Sohn B. appellierten an das Obergericht des Kantons Zürich, das am 22. Februar 1980 im gleichen Sinne entschied.
C.- Gegen diesen Entscheid haben Vater A. und sein Sohn B. Berufung eingelegt mit den Anträgen, ihn aufzuheben und die Klage abzuweisen oder die Sache zur Ergänzung des Sachverhalts und zu neuer Entscheidung an das Obergericht zurückzuweisen. C., D. und E. schliessen auf Abweisung der Berufung.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
2. Nach dem Gesellschaftsvertrag haben sich die Parteien mit Wirkung ab 1. Januar 1969 auf unbestimmte Zeit, mindestens aber bis zum Tod von Vater A. zu einer einfachen Gesellschaft im Sinne von Art. 530 ff

SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 530 - 1 Gesellschaft ist die vertragsmässige Verbindung von zwei oder mehreren Personen zur Erreichung eines gemeinsamen Zweckes mit gemeinsamen Kräften oder Mitteln. |

SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 546 - 1 Ist die Gesellschaft auf unbestimmte Dauer oder auf Lebenszeit eines Gesellschafters geschlossen worden, so kann jeder Gesellschafter den Vertrag auf sechs Monate kündigen. |
BGE 106 II 226 S. 228
zum Ableben von Vater A. bestehen sollte, denn auch dieser Fall unterstehe der zwingenden Vorschrift des Art. 546 Abs. 1

SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 546 - 1 Ist die Gesellschaft auf unbestimmte Dauer oder auf Lebenszeit eines Gesellschafters geschlossen worden, so kann jeder Gesellschafter den Vertrag auf sechs Monate kündigen. |

SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 546 - 1 Ist die Gesellschaft auf unbestimmte Dauer oder auf Lebenszeit eines Gesellschafters geschlossen worden, so kann jeder Gesellschafter den Vertrag auf sechs Monate kündigen. |

SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 546 - 1 Ist die Gesellschaft auf unbestimmte Dauer oder auf Lebenszeit eines Gesellschafters geschlossen worden, so kann jeder Gesellschafter den Vertrag auf sechs Monate kündigen. |

SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 545 - 1 Die Gesellschaft wird aufgelöst: |

SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 47 - Bei Tötung eines Menschen oder Körperverletzung kann der Richter unter Würdigung der besonderen Umstände dem Verletzten oder den Angehörigen des Getöteten eine angemessene Geldsumme als Genugtuung zusprechen. |

SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 546 - 1 Ist die Gesellschaft auf unbestimmte Dauer oder auf Lebenszeit eines Gesellschafters geschlossen worden, so kann jeder Gesellschafter den Vertrag auf sechs Monate kündigen. |

SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 547 - 1 Wird die Gesellschaft in anderer Weise als durch Kündigung aufgelöst, so gilt die Befugnis eines Gesellschafters zur Geschäftsführung zu seinen Gunsten gleichwohl als fortbestehend, bis er von der Auflösung Kenntnis hat oder bei schuldiger Sorgfalt haben sollte. |
BGE 106 II 226 S. 229
abgeschlossen werden, keine höchstzulässige Dauer vorschreibe; zudem gehe es nicht an, auf dem Umweg über eine Sonderbestimmung, deren Wortlaut einzig einen Nebentatbestand betreffe, für den wichtigen und dem Gesetz wohlbekannten Vertrag auf bestimmte Zeit (Art. 545 Abs. 1 Ziff. 5

SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 545 - 1 Die Gesellschaft wird aufgelöst: |

SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 27 - 1 Auf die Rechts- und Handlungsfähigkeit kann niemand ganz oder zum Teil verzichten. |
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1 | Auf die Rechts- und Handlungsfähigkeit kann niemand ganz oder zum Teil verzichten. |
2 | Niemand kann sich seiner Freiheit entäussern oder sich in ihrem Gebrauch in einem das Recht oder die Sittlichkeit verletzenden Grade beschränken. |

SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 546 - 1 Ist die Gesellschaft auf unbestimmte Dauer oder auf Lebenszeit eines Gesellschafters geschlossen worden, so kann jeder Gesellschafter den Vertrag auf sechs Monate kündigen. |

SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 304 - 1 Ist der Vertrag auf unbestimmte Zeit abgeschlossen, so kann ihn jede Partei auf einen beliebigen Zeitpunkt kündigen, wenn Vertrag oder Ortsgebrauch nichts anderes bestimmen. |

SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 545 - 1 Die Gesellschaft wird aufgelöst: |

SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 545 - 1 Die Gesellschaft wird aufgelöst: |

SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 546 - 1 Ist die Gesellschaft auf unbestimmte Dauer oder auf Lebenszeit eines Gesellschafters geschlossen worden, so kann jeder Gesellschafter den Vertrag auf sechs Monate kündigen. |

SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 267 - 1 Der Mieter muss die Sache in dem Zustand zurückgeben, der sich aus dem vertragsgemässen Gebrauch ergibt. |

SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 336 - 1 Die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses ist missbräuchlich, wenn eine Partei sie ausspricht: |

SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 418q - 1 Ist ein Agenturvertrag nicht auf bestimmte Zeit abgeschlossen, und geht eine solche auch nicht aus seinem Zwecke hervor, so kann er im ersten Jahr der Vertragsdauer beiderseits auf das Ende des der Kündigung folgenden Kalendermonates gekündigt werden. Die Vereinbarung einer kürzeren Kündigungsfrist bedarf der schriftlichen Form. |

SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 476 - 1 Der Aufbewahrer kann die hinterlegte Sache vor Ablauf der bestimmten Zeit nur dann zurückgeben, wenn unvorhergesehene Umstände ihn ausserstand setzen, die Sache länger mit Sicherheit oder ohne eigenen Nachteil aufzubewahren. |

SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 546 - 1 Ist die Gesellschaft auf unbestimmte Dauer oder auf Lebenszeit eines Gesellschafters geschlossen worden, so kann jeder Gesellschafter den Vertrag auf sechs Monate kündigen. |

SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 546 - 1 Ist die Gesellschaft auf unbestimmte Dauer oder auf Lebenszeit eines Gesellschafters geschlossen worden, so kann jeder Gesellschafter den Vertrag auf sechs Monate kündigen. |
BGE 106 II 226 S. 230
Frage, wie es sich damit nach der zweiten Möglichkeit verhält, stellt sich erst nach Ablauf dieser Dauer und unter der Voraussetzung, dass die Gesellschaft bei Ableben von Vater A. nicht aufgelöst wird. Ist der Vertrag der Parteien wegen der streitigen Abrede jedenfalls zur Zeit als ein solcher auf eine bestimmte Mindestdauer zu werten, so können die Kläger dessen Kündigung auf Ende 1977 nicht damit rechtfertigen, dass Art. 546 Abs. 1

SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 546 - 1 Ist die Gesellschaft auf unbestimmte Dauer oder auf Lebenszeit eines Gesellschafters geschlossen worden, so kann jeder Gesellschafter den Vertrag auf sechs Monate kündigen. |

SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 18 - 1 Bei der Beurteilung eines Vertrages sowohl nach Form als nach Inhalt ist der übereinstimmende wirkliche Wille und nicht die unrichtige Bezeichnung oder Ausdrucksweise zu beachten, die von den Parteien aus Irrtum oder in der Absicht gebraucht wird, die wahre Beschaffenheit des Vertrages zu verbergen. |
BGE 106 II 226 S. 231
Die Beklagten Vater A. und sein Sohn B. machten bereits vor Bezirksgericht geltend, bei der Gründung sei die übereinstimmende Willensmeinung sämtlicher Gesellschafter dahin gegangen, dass die Gesellschaft zunächst bis zum Ableben des Vaters dauern, der Vertrag folglich bis dahin unkündbar sein solle. Sie hielten daran auch vor Obergericht fest. Die drei anderen Gesellschafter behaupteten im kantonalen Verfahren dagegen, dass man auf das ordentliche Kündigungsrecht nicht verzichtet habe. Die Vorinstanz hat die Streitfrage offengelassen, weil die Rechtslage so oder anders gleich sei. Dies trifft nach den vorstehenden Ausführungen indes nicht zu. Das angefochtene Urteil ist daher gestützt auf Art. 64 Abs. 1

SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 18 - 1 Bei der Beurteilung eines Vertrages sowohl nach Form als nach Inhalt ist der übereinstimmende wirkliche Wille und nicht die unrichtige Bezeichnung oder Ausdrucksweise zu beachten, die von den Parteien aus Irrtum oder in der Absicht gebraucht wird, die wahre Beschaffenheit des Vertrages zu verbergen. |

SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 545 - 1 Die Gesellschaft wird aufgelöst: |
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht
Die Berufung wird dahin gutgeheissen, dass das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 22. Februar 1980 aufgehoben und die Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen wird.