101 IV 42
12. Urteil des Kassationshofes vom 27. Januar 1975 i.S. Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich gegen X.
Regeste (de):
- Art. 181
SR 311.0 Codice penale svizzero del 21 dicembre 1937
CP Art. 181 - Chiunque, usando violenza o minaccia di grave danno contro una persona, o intralciando in altro modo la libertà d'agire di lei, la costringe a fare, omettere o tollerare un atto, è punito con una pena detentiva sino a tre anni o con una pena pecuniaria.
- 1. Die Nötigung ist nur dann strafbar, wenn der damit verfolgte Zweck oder das dazu verwendete Mittel gegen die Rechtsordnung oder die guten Sitten verstösst (Erw. 1).
- 2. Begriff und Rechtswidrigkeit der Gewaltanwendung (Erw. 3a u. b).
- 3. Rechtswidrigkeit des verfolgten Zwecks (Erw. 3c).
- 4. Frage des Vorsatzes (Erw. 4).
Regeste (fr):
- Art. 181 CP; contrainte.
- 1. La contrainte n'est punissable que lorsque le but poursuivi par ce moyen ou la méthode utilisée est illicite ou contraire aux moeurs (consid. 1).
- 2. Notion et illicéité de l'utilisation de la force (consid. 3a et b).
- 3. Illicéité du but poursuivi (consid. 3c).
- 4. Question de l'intention (consid. 4).
Regesto (it):
- Art. 181 CP; coazione.
- 1. La coazione è punibile solamente quando il fine perseguito o il metodo usato è illecito o contrario ai buoni costumi (consid. 1).
- 2. Concetto e illiceità della violenza (consid. 3a e b).
- 3. Illiceità del fine perseguito (consid. 3c).
- 4. Questione dell'intenzione (consid. 4).
Sachverhalt ab Seite 42
BGE 101 IV 42 S. 42
A.- In der am 4. November 1972 geschlossenen Ehe X. entstanden seit Sommer 1973 wiederholt grosse Spannungen zwischen den Ehegatten. X. war durch die Überzeugung von der Untreue seiner Gattin getrieben und hat diese in der Folge mehrmals geschlagen und gewürgt. Am 6. oder 13. Oktober 1973 fand in einem Zürcher Café zunächst in Gegenwart von R. eine längere Aussprache zwischen
BGE 101 IV 42 S. 43
den Eheleuten statt, in deren Verlauf X. seine Frau zu überreden versuchte, wieder mit ihm nach Hause zu kommen, was diese - weil sie sich von ihm bedroht und verfolgt fühlte - ablehnte. Hierauf packte X. seine Frau und zwang sie, mit ihm zur Haltestelle des Trams Nr. 11 zu gehen. An der Tramhaltestelle hat R. Frau X. geraten, mit ihrem Mann sich in das Tram zu begeben und nach Hause zu fahren; inzwischen werde er die Polizei alarmieren. Frau X. ist dieser Aufforderung freiwillig nachgekommen. Am 30. und 31. Oktober 1973 ereigneten sich weitere schwere tätliche Auseinandersetzungen zwischen den Ehegatten X.
B.- Am 27. Juni 1974 verurteilte das Zürcher Geschworenengericht X. wegen unvollendeten Versuchs der schweren Körperverletzung und weiterer Delikte zu drei Jahren Zuchthaus, abzüglich 239 Tage Untersuchungshaft, zu einer Busse von Fr. 300.-- sowie zur Ausweisung aus dem Gebiet der Eidgenossenschaft für die Dauer von 10 Jahren. Hinsichtlich des Vorfalles vom 6. bzw. 13. Oktober 1973 wurde X. freigesprochen.
C.- Gegen das Geschworenenurteil erhoben sowohl die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich als auch X. kantonale Nichtigkeitsbeschwerde. Diesen Rechtsmitteln wurde jedoch keine Folge gegeben, weil die Staatsanwaltschaft ihre Beschwerde zurückzog und der Verurteilte keine Begründung einreichte.
D.- Die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Geschworenengerichts aufzuheben und die Sache zur Bestrafung von X. auch wegen vollendeter Nötigung an die Vorinstanz zurückzuweisen. X., der seinerseits eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde erhoben, diese aber nicht begründet hat, beantragt Abweisung der Beschwerde.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Der Nötigung im Sinne von Art. 181
SR 311.0 Codice penale svizzero del 21 dicembre 1937 CP Art. 181 - Chiunque, usando violenza o minaccia di grave danno contro una persona, o intralciando in altro modo la libertà d'agire di lei, la costringe a fare, omettere o tollerare un atto, è punito con una pena detentiva sino a tre anni o con una pena pecuniaria. |
BGE 101 IV 42 S. 44
Schweizerisches Strafrecht, BT I, S. 91 lit. b). Nach ständiger Rechtsprechung ist die Nötigung jedoch nur strafbar, wenn sie rechtswidrig ist oder gegen die guten Sitten verstösst. Dies trifft dann zu, wenn entweder der mit der Nötigung verfolgte Zweck oder das dazu verwendete Mittel gegen die Rechtsordnung oder die guten Sitten verstösst (BGE 96 IV 60 E. 1, BGE 94 IV 114 und BGE 87 IV 14).
2. Nach dem angefochtenen Urteil steht für den Kassationshof verbindlich fest, dass beim einzig noch strittigen Vorfall vom 6. evtl. 13. Oktober 1973 X. seine Frau, als sie sich weigerte mit ihm nach Hause zu gehen, gepackt und gezwungen hat, sich mit ihm zur Tramhaltestelle zu begeben. Dieser Sachverhalt wird vom Beschwerdegegner ausdrücklich zugegeben. Ebenso darf nach der Beweiswürdigung der Vorinstanz angenommen werden, dass Frau X. auf Veranlassung von R. schliesslich freiwillig in das Tram einstieg. Hingegen ist nicht erstellt, dass X. seine Frau auch geohrfeigt, gewürgt oder an den Haaren gerissen hätte. Aufgrund dieser tatsächlichen Annahmen des Geschworenengerichts steht fest, dass Frau X, jedenfalls nicht aus freiem Willen, sondern nur unter dem physischen Zwang ihres Mannes zur Haltestelle des Trams Nr. 11 mitgegangen ist. Damit hat sich der Beschwerdeführer in objektiver Hinsicht der vollendeten Nötigung im Sinne des Gesetzes schuldig gemacht.
3. Die Vorinstanz hat X. in diesem Punkt trotzdem freigesprochen mit der Begründung, der auf die Frau ausgeübte Zwang habe nicht jenen Grad von Intensität erreicht, dass dieser im Sinne des Gesetzes als Gewaltanwendung bezeichnet werden müsste und damit gegen die Rechtsordnung oder die guten Sitten verstossen würde. Diese Argumentation verkennt jedoch den Sinn des Art. 181
SR 311.0 Codice penale svizzero del 21 dicembre 1937 CP Art. 181 - Chiunque, usando violenza o minaccia di grave danno contro una persona, o intralciando in altro modo la libertà d'agire di lei, la costringe a fare, omettere o tollerare un atto, è punito con una pena detentiva sino a tre anni o con una pena pecuniaria. |
SR 311.0 Codice penale svizzero del 21 dicembre 1937 CP Art. 181 - Chiunque, usando violenza o minaccia di grave danno contro una persona, o intralciando in altro modo la libertà d'agire di lei, la costringe a fare, omettere o tollerare un atto, è punito con una pena detentiva sino a tre anni o con una pena pecuniaria. |
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gegenüber einem unerfahrenen, jugendlichen, weiblichen oder schwächeren Opfer dazu möglicherweise bereits genügen. Das Opfer kann auch deshalb auf stärkeren Widerstand verzichten, weil es erkennt, dass auch dieser angesichts der überlegenen Kraft des Angreifers nutzlos wäre. Eine Gewaltanwendung im Sinne von Art. 181
SR 311.0 Codice penale svizzero del 21 dicembre 1937 CP Art. 181 - Chiunque, usando violenza o minaccia di grave danno contro una persona, o intralciando in altro modo la libertà d'agire di lei, la costringe a fare, omettere o tollerare un atto, è punito con una pena detentiva sino a tre anni o con una pena pecuniaria. |
SR 210 Codice civile svizzero del 10 dicembre 1907 CC Art. 169 - 1 Un coniuge non può, senza l'esplicito consenso dell'altro, disdire un contratto di locazione, alienare la casa o l'appartamento familiare o limitare con altri negozi giuridici i diritti inerenti all'abitazione familiare. |
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1 | Un coniuge non può, senza l'esplicito consenso dell'altro, disdire un contratto di locazione, alienare la casa o l'appartamento familiare o limitare con altri negozi giuridici i diritti inerenti all'abitazione familiare. |
2 | Il coniuge che non può procurarsi questo consenso, o cui il consenso è negato senza valido motivo, può ricorrere al giudice. |
SR 311.0 Codice penale svizzero del 21 dicembre 1937 CP Art. 181 - Chiunque, usando violenza o minaccia di grave danno contro una persona, o intralciando in altro modo la libertà d'agire di lei, la costringe a fare, omettere o tollerare un atto, è punito con una pena detentiva sino a tre anni o con una pena pecuniaria. |
SR 210 Codice civile svizzero del 10 dicembre 1907 CC Art. 170 - 1 Ciascun coniuge può esigere che l'altro lo informi su i suoi redditi, la sua sostanza e i suoi debiti. |
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1 | Ciascun coniuge può esigere che l'altro lo informi su i suoi redditi, la sua sostanza e i suoi debiti. |
2 | A sua istanza, il giudice può obbligare l'altro coniuge o terzi a dare le informazioni occorrenti e a produrre i documenti necessari. |
3 | Resta salvo il segreto professionale degli avvocati, dei notai, dei medici, degli ecclesiastici e dei loro ausiliari. |
BGE 101 IV 42 S. 46
Zweck, seine Frau gegen ihren Willen und ohne Rücksicht auf ihr allfälliges Recht zum Getrenntleben nach Hause zu bringen, war somit ebenfalls rechts- und sittenwidrig.
4. Weil die Vorinstanz eine Nötigung schon in objektiver Hinsicht verneinte, hat sie zur Frage des Vorsatzes nicht Stellung bezogen. Von einer Rückweisung an die Vorinstanz zur diesbezüglichen Ergänzung in tatsächlicher Hinsicht kann jedoch Umgang genommen werden, weil die sonstigen tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils zur Bejahung des Vorsatzes genügen. Danach steht fest, dass sich der Beschwerdeführer bewusst war, durch seine Gewaltanwendung die Willensfreiheit seiner Frau zu beeinträchtigen. Handelte er trotz dieser Erkenntnis in solcher Weise, so wollte er sie mit direktem Vorsatz zu einem Verhalten zwingen, zu dem sie sich aus freien Stücken nicht entschlossen hätte. Zumindest aber nahm er einen solchen Erfolg in Kauf. Denn auf das Einverständnis der Tatbestandsverwirklichung hat der Richter zu schliessen, wenn sich dem Täter der Erfolg seines Verhaltens als so wahrscheinlich aufdrängte, dass sein Verhalten vernünftigerweise nur als Inkaufnahme dieses Erfolges ausgelegt werden kann (BGE 80 IV 191 mit Hinweis auf weitere Präjudizien).
5. Das angefochtene Urteil ist demnach aufzuheben, soweit es X. für den Vorfall vom 6. bzw. 13. Oktober 1973 von der Anklage der vollendeten Nötigung gemäss Art. 181
SR 311.0 Codice penale svizzero del 21 dicembre 1937 CP Art. 181 - Chiunque, usando violenza o minaccia di grave danno contro una persona, o intralciando in altro modo la libertà d'agire di lei, la costringe a fare, omettere o tollerare un atto, è punito con una pena detentiva sino a tre anni o con una pena pecuniaria. |
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird gutgeheissen, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zur Verurteilung des Beschwerdegegners und zur Neufestsetzung des Strafmasses im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen.